Richterswil

Seilziehen um die Dreifachturnhalle

Podium «Halle für Alle»

Am 2. Februar lud der Gemeindeverein Richterswil zur Podiumsdiskussion in einem rappelvollen Haaggeri-Saal ein. Grund dafür war die anstehende Urnenabstimmung «Halle
für Alle» am 12. März 2023.

Text & Bild: Reni Bircher

Die hohen Kosten, aber auch der Standort im Feld 1 für die geplante Dreifachturnhalle mit Lernschwimmbecken, wurden an diesem Abend zum Streitpunkt. Die von ZSZ-Ressortleiterin Daniela Haag moderierte Diskussion fand zwischen dem «Ja»- und dem «Ja, aber»-Lager statt. 

Mit einer Dreifachturnhalle sind der ehemalige Gemeindepräsident Ruedi Hatt und Walter Leuthold – dem einzigen IRS-Mitglied, das dagegen ist, wie er sagte – einverstanden, jedoch nicht mit den Kosten und dem Standort. Sie möchten den Neubau im Burgmoos hinten und zum vom Souverän goutierten Preis von 21,7 Millionen Franken sehen. Jetziger Gemeindepräsident Marcel Tanner und Hans Jörg Huber, ehemaliger Gemeindepräsident und Präsident der IG Halle für Alle, verteidigten das Projekt. Es sei in seinem Umfang, dem regelkonformen und vielfältig nutzbaren Ausbau gerechtfertigt, zudem sei im Feld auch tagsüber die Nutzung durch die Schulen gewährleistet. Ein Preisvergleich in der Region habe gezeigt, dass anderswo Dreifachturnhallen gebaut würden für 22 Millionen, und dort gebe es weder Schwimmbecken noch Tiefgarage.

Kein Luxus, sondern Notwendigkeit

Die Kosten seien nach Möglichkeit gesenkt worden, etwa die Tiefgarage kommt nicht mehr unter die Halle, sondern unter den Allwetterplatz, was weniger Aushub bedeute, erklärt Marcel Tanner. Erschwerend kämen die gestiegenen Material- und Baukosten sowie das neue Energiegesetz hinzu. Zusätzlich möchten Gemeinderat und Schulpflege den Schulkindern während der Bauphase für das Angebot von Sport- und Schwimmunterricht Ersatz anbieten (Anmietung von Schwimmbädern im Bezirk, Sportprojektwochen usw.) und rechnen mit einer zusätzlichen Investition von 1 Million, um solche «Ausweichmöglichkeiten» zu finanzieren. Die aktuelle Kostenschätzung geht also laut Weisung von Gesamtkosten in der Höhe von brutto 31,2 Millionen Franken aus (± 15%).

Vom Projektierungskredit seien noch 1,1 Millionen Franken übrig, welche investiert werden, und das Sportamt des Kantons Zürich sprach sich in einer Absichtserklärung für eine Beteiligung von 1,6 Millionen Franken aus.

Im gegnerischen Lager wurden Hände verworfen, und Ruedi Hatt meinte, dass im Burgmoos weniger Erdbewegung stattfinden müsste. Der Boden müsste gepfählt werden wegen des schlecht tragenden Untergrundes, danach könne man ein Parkdeck bauen und die Halle draufstellen. Dabei würde zweifelsohne der Schulbetrieb nicht tangiert, danach bleibe die Halle aber von der Schule ungenützt, kontert Huber: «Ein Schultag ist eng getaktet, die Schulkinder haben keine Zeit, auch noch hin- und herzulaufen, und die Halle steht somit tagsüber leer». 

Doch Walter Leuthold versprach den Anwesenden, dass er bei einem Nein an der Urne den Bau einer Dreifachturnhalle im Burgmoos lancieren werde. Und das für die ursprünglich gutgeheissenen 21,7 Millionen Franken. Was beim Standort Feld ins Geld gehe, sei doch der Abbruch der Halle und des Schwimmbeckens. «Das ist zwar nicht modern und nicht sonderlich attraktiv, aber es müsste erst in 7–15 Jahren saniert werden». 

Diese Aussagen hingegen wurde in Frage gestellt: es gebe keine verifizierten Zahlen, was ein neues Projekt im Burgmoos tatsächlich kosten werde, und ein Zuhörer machte darauf aufmerksam, dass bei der Hallen-Realisierung im Burgmoos nachher zwei Gebäude unterhalten werden müssen, zusätzlich zur Sanierung von Turnhalle und Schwimmbad im Feld 1: «Das dürfte dann bald mal gleich viel kosten, wie die jetzt projektierte ‹Halle für Alle›».

Mehrwert im Burgmoos 

nicht gegeben

Einen Bärendienst erwies sich wohl Ruedi Hatt und den Gegnern der Halle, als dieser wiederholt Vergleiche mit dem Bau der Tennishalle Burgmoos zog und monierte, dass dieser von der Gemeinde statt der beantragten CHF 300 000 nur deren CHF 100 000 bekommen habe. Die geforderte Summe wurde jedoch von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern an einer Gemeindeversammlung 2021 abgelehnt, was Gemeindepräsident Marcel Tanner «sehr erstaunt» habe, wie er sagte.

Ein Anwesender beschwert sich bei Hatt: «Hör auf, die Vereine gegeneinander auszuspielen. In einer Tennishalle spielen vier Leute gegeneinander. In einer Halle spielen je nachdem 10, 20, 30 Leute miteinander, und das mal drei.» Was den Standort betreffe, so hätten auch Horgen, Wädenswil oder Schönenberg ihre grossen Hallen auf dem Schulhausareal realisiert. Und weiter: «Mich stört auch diese Salamitaktik: hier eine kleine Halle, dort eine kleine Halle, aber wirklich brauchen davon kann man keine».

Der oft durch Ruedi Hatt in den Fokus gerückte Tennisclub wurde 1980 gegründet. Die Gemeinde stellte dem Tennisclub das notwendige Land im Baurecht zum symbolischen Betrag von CHF 1.00/Jahr zur Verfügung. Die Infrastruktur hat der Tennisclub dann selbst erstellt und finanziert. Wie Gemeindeschreiber Roger Nauer ausführt, stellte die Gemeinde beim Neubau der Tennishalle im Jahr 2022 zusätzliches Land zur Verfügung (ebenfalls für CHF 1.00 pro Jahr) und übernahm die Kosten für die Anpassungen der Werkleitungen.

Natürlich beschäftigte die Anwesenden auch die Verhältnisse während der Bauphase, mit denen sich Lehrkörper und Schülerschaft arrangieren müssten. So ging eine Publikumsfrage an IG-Präsident Huber: «Mir fehlt bei dieser Diskussion die Stimme der Betroffenen. Rasen- und Pausenplatzfläche werden kleiner, aber wir haben immer mehr Schüler. Wurde auch an sie gedacht oder nur an die Vereine?». 

Da der Abstimmungskampf schon lange laufe, seien auch Gespräche an den verschiedenen Stellen geführt worden, erklärt Hans Jörg Huber. So sei die Frage vom Lehrkörper «Wohin mit den Schülern?» auch aus diesem selbst beantwortet worden, beispielsweise ins Sportlager nach Filzbach. Vereinzelt hätten sich Vereinsmitglieder schon bereiterklärt, eine solche Sportwoche zu begleiten. «Der Prozess, um gute Lösungen für diese Übergangszeit zu finden, hat bereits begonnen. Dass diese Zeit schwierig werden wird, das schleckt keine Geiss weg». Doch diese Herausforderung kann gemeistert werden, das habe schon der Neubau der Turnhalle in Samstagern gezeigt. Und ganz wichtig sei der Blick nach vorne: «Wir haben nachher eine fantastische Infrastruktur, einen attraktiven (Arbeits-)Ort, der möglicherweise bei der Entscheidung hilft, wo eine Lehrkraft die Stelle antreten möchte».

Das Burgmoos und seine Besitzverhältnisse

Die Gemeinde plante in den vergangenen zwanzig Jahren Erweiterungsmöglichkeiten im Rahmen des GESAK (GemeindeSportanlagenKonzept), um künftig vor allem eine Lösung für neue Fussballfelder zu haben. Es konnten jedoch nur einzelne Parzellen erworben werden.

Würde die «Halle für Alle» mit Lernschwimmbecken an der Urne abgelehnt und die Realisation einer Dreifachturnhalle im Burgmoos in Betracht gezogen, müsste grundsätzlich kein Land dazugekauft werden. Jedoch würde wohl die Finnenbahn hinfällig oder müsste stark verkleinert werden. Eine Verkleinerung würde auch den Rasenplatz (Sportplatz Hirzenfeld), welcher aktuell sehr intensiv genutzt wird, deutlich kleiner werden. «Lösungsansätze für künftige Fussballfelder würden wieder schwieriger werden», erklärt Roger Nauer. «Aktuell befinden sich das Land vom Tennisclub und die Wiese innerhalb der Finnenbahn in der Erholungszone und sind mit einer Gestaltungsplanpflicht belegt». 

Ein Gestaltungsplan muss von der Gemeindeversammlung bewilligt werden. «Der Zeithorizont ist schwierig einzuschätzen und kann unterschiedlich lange dauern», erläutert der Gemeindeschreiber, «ungefähr zwei Jahre dürften realistisch sein». Die restlichen Parzellen im Burgmoos sind alle noch in der Landwirtschaftszone.

Ob das Generationenprojekt «Halle für Alle» mit dem Lernschwimmbecken an der Urne beschlossen werden soll, muss nun jede Stimmbürgerin und jeder Stimmbürger selbst überprüfen.  n

Urnenabstimmung «Halle für Alle»: 12. März.

Das Weisungsheft ist bereits auf der Gemeindehomepage einsehbar, Ende Februar wird es in alle Haushaltungen verteilt.

 

 

Podiumsteilnehmer

Marcel Tanner

Seit 2018 Gemeindepräsident,
von 2010–2018 Finanzvorstand

 

Hans Jörg Huber

2010–2018 Gemeindepräsident, von 2006–2010 Finanzvorstand

 

Ruedi Hatt 

1998–2010 Gemeindepräsident, bzw. übernahm das Amt im Okt. 1997 nach dem plötzlichen Tod des Vorgängers Franz Pfister. Zuvor seit 1986 Finanzvorstand.

Walter Leuthold
1988–1998 Gemeinderatsmitglied im Ressort Soziales

Teilen mit: