Richterswil Wädenswil Wirtschaft

SOB baut Servicezentrum Samstagern aus

Seit fast hundert Jahren befinden sich die Werkstätten der Südostbahn in Samstagern. Um tägliche und periodische Arbeiten an der Fahrzeugflotte weiterhin sicher und effizient auszuführen, werden die Hallen auf über 160 Meter Länge neu gebaut und mit modernsten Anlagen ausgestattet.

Strategisch gut platziert, stand die Aufgabe des Servicezentrums Samstagern nicht zur Diskussion. Der zweite Standort befindet sich in Herisau. Dort können lange Züge im Ganzen gewartet werden, auch wenn die Anlage schon etwas in die Jahre gekommen ist. Deshalb fiel der Entscheid zugunsten von Samstagern, hier zu modernisieren und entsprechend zu vergrössern. Ein Zug hat eine ungefähre Lebensdauer von dreissig Jahren, eine Generalüberholung wird in der Regel nach fünfzehn Jahren gemacht. Somit steht dieser Check bei den Flirt-Zügen nächstens an.
Von der Einfahrt an der Stationsstrasse steht man vor dem grossen roten Eingangstor zur Schwerinstandhalte-Halle. Dort werden beispielsweise Revisionen an Drehgestellen oder Klimaanlagen durchgeführt – zum Zeitpunkt der Begehung wurden einem Zug gerade neue Fensterscheiben eingebaut –, also alle Arbeiten, welche mehr als drei Tage in Anspruch nehmen. Rund 50 Mitarbeitende sind hier alleine in der Fahrzeuginstandhaltung tätig, dazu kommen weitere unterstützende Stellen im Bereich der Fahrzeugtechnik und Logistik.
Durch schwere Türen abgetrennt, befindet sich parallel zum Bahnhof hinter der Schwerinstandhaltung die 75 Meter lange Werkstatthalle mit vier Gleisen. Hier beginnt der Bauperimeter.

Schrittweiser Neubau

Die alte Halle wird in zwei Teilen abgebrochen und neu gebaut, denn die Instandsetzungen der SOB-Flotte muss gewährleistet sein und könnte mit dem Servicewerk in Herisau allein nicht funktionieren. «Wir brauchen eben die Herausforderung», schmunzelt Stefan Hähnlein, Leiter der Instandhaltung der SOB. Bereits die 1973 in Betrieb genommene Halle wurde in zwei Schritten gebaut und die in der Mitte angebrachten Betonpfeiler werden wie damals beim Neubau als Trennung fungieren. «Sobald die neue Halle mit allen Komponenten angebaut und die Zwischenabnahme erfolgt ist, kann der zweite Teil abgebrochen und neu gebaut werden», erklärt Thomas Albrecht, Leiter Immobilien der SOB. Damit kann die Instandhaltung während der Bauzeit auf wenigstens zwei Gleisen arbeiten, und so schlagen auch die Auslagerungskosten nicht so stark zu Buche.
Ein Teil der Belegschaft wird während der Bauzeit allerdings im Werk Herisau arbeiten müssen, um die Zugflotte instandzuhalten, welche normalerweise in Samstagern abgefertigt wird. «Wir können nur so mit dieser Einschränkung umgehen», erklärt Hähnlein. Die SOB stünde zusätzlich in Abklärungen mit den Bundesbahnen, dass sie deren Werkstätte in Luzern mitbenützen dürfte.

Der gesamte Neubau wird 164 Meter lang, bei drei Gleisen beträgt die Nutzlänge 158 Meter, ein Gleis wird 80 Meter lang, weil auf dessen Höhe draussen vor der Halle ein Schaltpost der Fahrleitungen eingebaut ist. Der Neubau wird den alten um 1,5 Meter überragen. Die Kurve im Gleisvorfeld wird beim Bau übernommen werden, da es keine der Umgebung angemessene Möglichkeit gibt, diese zu versetzen. In der Servicehalle befinden sich vier Geleise, ebenso viele werden es in der neuen Werkstatthalle sein. Die Lage der Gleise wird beibehalten, denn in der Breite kann aus technischen Gründen nicht weiter ausgebaut werden.
Auf Gleis 2 wird über die Gesamtlänge eine Grube von 4,5 Metern Tiefe gegraben, um eine Unterflur-Abhebeanlage einzubauen. «Damit ist es möglich, einen ganzen Zug von 150 Metern Länge anzuheben», sagt Thomas Albrecht. So können die Drehgestelle gelöst, runtergelassen und wenn nötig ersetzt werden, wieder angehoben und am Zug festgeschraubt werden. Heute muss ein Traverso-Zug in der Hälfte getrennt werden, um entsprechende Arbeiten ausführen zu können. Das dauert je nach Fahrzeug mehrere Stunden, wie Stefan Hähnlein ausführt. Anschliessend muss noch die Inbetriebsetzung des Systems gemacht werden. Die Zeitersparnis dürfte mit der neuen Anlage enorm sein. Wie lange eine solche Zuganhebung dauert, muss noch getestet werden.
Die Abhebebühne bringt noch weitere Vorteile: «Dadurch, dass die neue Anlage im Boden versenkt ist, kann ohne Grube gearbeitet werden, was die Unfallgefahr massiv reduziert», erläutert Albrecht. Durch den Grubenbau wird allerdings die Statik des Gebäudes beeinträchtig, ein weiterer Grund, die neue Halle zu bauen. Diese kommt auf 140 Pfählen zu stehen, damit es in dem schlecht tragenden Boden nicht zu unterschiedlichen Setzungen kommt. Zusätzlich wird ein Dachkran installiert, um ein Zugdach abheben zu können. Dieses kann dann über den Zug hinweg nach hinten gefahren und in der Halle abgesetzt werden.

Rundumservice optimiert

Die neuen Zugmodelle haben die meisten Komponenten (Kompressoren, Beleuchtung usw.) hinter den Schürzen auf dem Dach. Die dadurch immer wichtiger werdenden Arbeiten am Fahrzeugdach sind derzeit aufgrund der geringen Hallenhöhe nur eingeschränkt möglich. Neu werden Dacharbeitsbühnen eingebaut: 155 Meter lang auf Gleis 3 und auf dem halben Gleis 4 auf 77 Metern.
Momentan muss ein Arbeiter mit einer Hebebühne auf Dachhöhe gebracht werden, wo er sich an einer Absturzsicherung befestigen muss. Künftig kann der Strom lokal ausgeschaltet werden und der Mitarbeiter kann ohne zusätzliche Absicherung auf dem Zugdach hin- und hergehen, ohne Gefahr zu laufen, sich mit dem Sicherungsseil am Fahrdraht zu verheddern. «Das neue System kann auch bei Doppelstockzügen eingesetzt werden, sollte sich die SOB jemals dafür entscheiden, sich solche anzuschaffen», führt Hähnlein weiter aus.

Eigenes Kraftwerk

Zusätzlich zu der bereits bestehenden Photovoltaikanlage auf dem Bürogebäude, welche 100 kWp erzeugt, wird das Servicezentrum mit einer 2100 Quadratmeter grossen Anlage ausgerüstet. Deren Leistung wird rund 430 kWp pro Jahr betragen. «Vergangenes Jahr haben wir 480 kWp verbraucht, produzieren künftig also mehr Strom, als wir brauchen», sagt Thomas Albrecht. Momentan kommt die SOB-Anlage auf einen Nutzungsgrad von 98 Prozent. Der Überschuss wird dem EKZ-Netz zugeführt.

Bis zum 18. Oktober lagen die Pläne auf den Gemeinden Richterswil und Wollerau auf. Das Jahr während der Prüfung des Projektes nutzen die SOB bereits für die Ausschreibungen, um Zeit zu gewinnen. Das Team hofft, dass die erste Bauetappe im Oktober/November 2023 in Angriff genommen und im August 2024 beendet werden kann. «Das ist recht sportlich gerechnet», meint Albrecht, man sei aber zuversichtlich. Danach geht es in die zweite Bauphase.
Die Kosten für das Projekt betragen rund 33,1 Millionen Franken. Darin sind bereits die Preisanstiege durch die Corona- und Ukraine-Krise enthalten. «In der Studie war diese Zahl deutlich kleiner», bedauern Albrecht und Hähnlein kopfnickend. «Wir hoffen, dass es keine weiteren Eskalationen gibt».

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