Feuilleton Wädenswil

Neuguet-Konzerte auf der Heubühne

Wer die Heubühne in Wädenswil und die Neugut-Konzerte, wie auch deren Geschichte noch nicht kennt, bekommt nachfolgend einen kleinen Einblick. Philipp Bachofner, der mit seiner Frau Brita Ostertag die Neuguet-Konzerte gegründet hat, sowie Jürg Minder vom dazugehörigen Förderverein, geben einen Einblick.

Text: Ingrid Eva Liedtke
Bilder: zvg

Wer von Richterswil nach Wädenswil fährt, sieht auf der rechten Höhe die Burgruine, und links schlängelt sich ein schmales Strässchen den Berg hoch zu einem schönen Ensemble alter, sorgsam renovierter Gebäude, dem Neuguet. Als erstes sticht die imposante Scheune ins Auge, die Heubühne. Sie wurde 1999 als letztes Gebäude renoviert und dient seither als Konzertsaal für die «Neuguetkonzerte», die von Brita Ostertag und ihrem Mann Philipp Bachofner 1994 ins Leben gerufen worden sind.

Das ganze Gebäude-Ensemble steht unter kantonalem Denkmalschutz. Das Haupt- und auch das Nebengebäude – beide waren ziemlich vernachlässigt – sind schon 1994 umfassend renoviert worden. Die Eltern von Brita Ostertag haben das Gut der Stadt Wädenswil abgekauft und, zusammen mit der Denkmalpflege, renoviert. Schliesslich konnten sie auch die Scheune erstehen und 1999 umbauen. Bis dahin spielte man die Neugut-Konzerte in der Trotte.

Geschichte der Neuguet-Konzerte

Über das Entstehen und die Geschichte der Neugut-Konzerte berichten Philipp Bachofner und Jürg Minder, der Präsident von artarena, des Fördervereins, der extra  dafür gegründet wurde. Philipp Bachofner: «Wir fanden die Scheune sei fantastisch, um darin einen Konzertsaal einzubauen. In der Trotte, wo wir vorher Konzerte spielten, hatte es Platz für 120 Leute. Die Heubühne bot nun Platz für 170 und zudem einen unvergleichlichen warmen, vollen und transparenten Klang. Wir haben schnell ein Podium eingebaut. Dann wurden die Säulen herausgenommen und zur Abstützung ein neuer Balken eingefügt, sodass man eine bessere Sicht erlangte. Auf das 25-jährige Jubiläum hin haben wir die Beleuchtung verbessert», schwärmt Bachofner.

Die Neugutkonzerte sind jetzt in der 29. Saison. Sie finden immer nur im Sommerhalbjahr statt, weil die Scheune nicht isoliert ist. (Vorschriften der Denkmalpflege).

Grundidee und erweitertes Konzept

Die Grundidee war, in der Heubühne einen Ort für klassische Kammermusik zu schaffen. «Eines der sechs Konzerte spielen wir immer selber», so Bachofner. «Somit ist die Flöte immer vertreten. Aber auch Vocal, Zupf- und Streichinstrumente sind zu hören.»

Das Konzept hat sich schnell erweitert. Heute steht die Vielseitigkeit im Vordergrund.

Philipp Bachofner spricht voller Engagement und Leidenschaft von der Diversität der verschiedenen Darbietungen auf der Heubühne.

Im August zum Beispiel spiele eine reine Volksmusikgruppe. Es sei eine Abschiedstournee, die letzte CD. Es werden Volkslieder dargeboten, die von einem klassisch ausgebildeten Cellisten neu arrangiert worden sind.

Mitte September singe eine Sopranistin Aribert Reimann-Lieder, romantisches Liedgut, verbunden mit einem modernen Klangkleid.

Letztes Jahr habe Matthias Rüegg, eigentlich ein reiner Jazzmusiker, klassische romantische Lieder neu, jazzig, arrangiert. Es wurden Neukompositionen für eine Jazzsängerin (Sopran) und eine Rhythmusgruppe, heisst Klavier, Schlagzeug, Kontrabass, plus Bass.

Qualität ist entscheidend

«Grundsätzlich schauen wir immer darauf, einen Bezug zur Klassik zu haben. Wir engagieren nur Profimusiker; damit meine ich, ausgebildete Musiker, gerne auch junge, noch nicht bekannte. Die Qualität ist schlussendlich entscheidend.» Auch Ausnahmekünstlern gefalle es sehr auf der Heubühne zu spielen, weil die Atmosphäre einzigartig sei. Die Künstler kämen immer wieder gerne. «Unser Programm ist vielseitig, auf einem hohen Niveau abwechslungsreich. Darum kommen auch unsere Zuschauer teilweise von weit her.»

Ein grosses Netzwerk und ein Förderverein

Um neue Künstler zu engagieren, besucht Philipp Bachofner vorher deren Konzerte. Er möchte die Musiker auch auf einer persönlichen Ebene kennenlernen. Das schaffe Vertrauen. Jürg Minder ist Präsident des Fördervereins artarena. Dieser wurde vor fünf Jahren nur zu dem Zweck gegründet, die finanzielle und ideelle Unterstützung der Neuguet-Konzerte zu sichern. 

Er sagt: «Philipp hat ein unglaubliches Netzwerk. Der persönliche Kontakt ist das A und O. Auch Künstler, die schon in grossen Sälen spielten, kommen gerne auf die Heubühne, weil die Atmosphäre sehr persönlich und intim ist. Zum Beispiel Sol Gabetta, die weltberühmte Celistin. Ich konnte mit ihr am Apéro, nach ihrem Konzert, sprechen. Sie sagte, hier erlebe sie, was sie herüberbringen könne, weil sie das Publikum viel direkter spüre.»

Publikum

65% des Publikums ist aus Wädenswil und Richterswil, eher regional, aber wenn ein sehr bekanntes Ensemble spiele, dann kämen die Leute schon mal von weit her. Philipp Bachofner: «Wir haben ein wunderbares Publikum. Es ist immer sehr interessiert. Es hat ein grosses Vertrauen zu uns aufgebaut, sodass wir uns auch etwas Spezielles leisten können, das in den Jazz, ins Improvisieren oder auch in das Spielen spezieller Instrumente hineingeht. Wir können unserem Publikum Dinge bieten, wofür es sich unter anderen Umständen vielleicht nicht interessieren würde, auch zum Teil sehr moderne Produktionen, und so sind sogar konservative Zuschauer sehr begeistert.»

Jürg: « Ja, wir hatten schon ganz schräge Produktionen, wovon alle begeistert waren. Schön ist auch der Apéro nachher, der immer gesponsert wird, und man kann sich unterhalten, darüber, was man erlebt hat und kann sogar die Musiker kennenlernen.» 

Philipp: «Das hatten wir von Anfang an, diesen Apéro. Und wir haben auch von Anfang an die Eintrittspreise, der Dienstleistung entsprechend, angesetzt. Ich fand, für eine kulturelle Veranstaltung sollte man bereit sein etwas zu zahlen. Jeder Zuschauer zeigt damit, dass es ihm wert ist. Das führte dazu, dass wir einen Eigenfinanzierungsgrad bis zu 60% erreicht haben. Das wird kaum von einem Veranstalter erreicht. Wir haben natürlich jahrelang kaum etwas mit unseren Konzerten verdient. 

Geldbeschaffung und Sponsoren

Jürg: «Qualitativ gute Konzerte und den Künstlern eine gute Entlöhnung zu bieten und nicht zu hohe Eintrittspreise zu verlangen, das ist ein Spagat. Trotzdem ist es ein Glücksfall, dass wir hier in Wädenswil weit genug weg sind von Zürich, Gleichwertiges bieten können für weniger Geld. Aber ohne Drittgelder geht es trotzdem nicht. Es braucht Sponsoren, denn Kultur kostet!» Die Stadt Wädenswil subventioniert die Heubühne, und es gibt weitere gute Sponsoren. «Aber die Suche nach finanzieller Unterstützung hört nie auf», sagt Jürg Minder. «In den Pandemiejahren haben wir ein Defizit gemacht, und der Förderverein hat einen Beitrag gestellt. Der Förderverein sieht sich als Türöffner. Wir arbeiten unentgeltlich. Es geht darum Leute anzugehen, sie aufmerksam auf uns zu machen und sie mit Philipp in Kontakt zu bringen, um so weitere Quellen zu erschliessen. Seit der Pandemie ist das eine sehr schwierige Angelegenheit geworden. Auch hier geht es in allererster Linie um persönliche Beziehungen.»

Jubiläum

Nächstes Jahr steht das 30-Jahr-Jubiläum an. Ein Festanlass in der reformierten Kirche Wädenswil ist geplant, mit dem Arpeggione Kammerorchester Hohenems. Es wird die in Auftrag gegebene Komposition von Matthias Rüegg «Two singing flutes» aufführen, am 5. Mai 2023. Am 7. Mai dann ist die Eröffnung der Konzertreihe auf der Heubühne.

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