Feuilleton History

Theres, Tochter der Dienstmagd – ein Roman von Hanna Steinegger

Nun ist er da, der neue Roman der Schönenbergerin Hanna Steinegger. Mit Spannung erwartet, erfüllt er die Erwartungen, wie auch ihre anderen lokal-historisch inspirierten Werke.

Text : Ingrid Eva Liedtke

Wieder steht eine Frau im Zentrum der Geschichte. Sie lebt diesmal in der Zeit um den ersten Weltkrieg.

Eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen

Theres ist eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen. Das bedeutet im Jahr 1914, kurz vor dem Ersten Weltkrieg, noch etwas anderes als heute. Theres muss im Alter von 15 Jahren, nach dem Tod ihrer Mutter, deren Haushaltsstelle in einer Herrschaftsvilla in Herrliberg übernehmen. Das ist eigentlich sogar ein Glücksfall, kann sie so ihrer herrischen Tante entfliehen und dem bäuerlichen Leben auf deren Hof.
In der Lampert-Villa wird sie von der Köchin Elsie unter deren Fittiche genommen. Diese ersetzt Theres ein wenig die Mutter. Daraus entwickelt sich eine lebenslange Freundschaft und Verbindung.
In den verschiedenen alltäglichen Ereignissen und den damit verbundenen Verrichtungen zeigt Hanna Steinegger einmal mehr ein Frauenschicksal auf, das sich in schwierigen Zeiten durchkämpfen muss und sich doch auch irgendwie einen Entfaltungsraum schafft. Trotz vieler Widrigkeiten erkämpft sich Theres ihren Platz, um zu bestehen, ja mehr noch, um sich schliesslich ein gutes Leben aufzubauen. Die Menschen, die Theres begegnen, ihr Gutes wollen und tun, ebenso wie die anderen, die Widersacher und immer auch die Männer, die es in dieser Welt des angehenden 20. Jahrhunderts immer noch gewohnt sind, über die Frauen zu bestimmen, sie kommen und gehen. Manche bleiben! Doch die Geschichte orientiert sich am richtigen Leben, am Leben der Theres, durchzogen von Schicksalsschlägen. Nicht immer ist ein Happy End zu erwarten.

Das Leben ist hart, verlangt der Protagonistin viel ab, harte Arbeit ist ein täglich Los. Die Liaison mit dem Hausherrn der Villa Lampert, zu der sich die junge, träumerische Theres hinreissen lässt, endet erwartungsgemäss in einer Katastrophe und mit Thereses Rausschmiss, währenddessen Heinrich Lampert und seine Familie völlig unbehelligt ihr feudales Leben weiterführen, auch ziemlich unberührt von den Wirren des Krieges. Im Haushalt Lampert gibt es immer genügend Essen, während das Personal, wie auch viele Menschen in der Schweiz, hungern. Theres’ Weg zurück auf den Bauernhof der Tante erweist sich dann – wider Erwarten – als Glücksfall. Dort wird sie jetzt gebraucht und – anders als früher – kann sie sich nun entfalten. Mehr soll nicht verraten sein.

Eine gut recherchierte Geschichte mit eigenem Familienhintergrund

Steinegger beschreibt Theres’ Wege und Umwege, ihren Alltag, wie auch ihre Wünsche in der gewohnt reduzierten, dem einfachen Leben einer Theres angepassten Sprache. Sie hält uns vor Augen, wie ein so einfaches Leben als Dienstmädchen oder Bäuerin wirklich war.

Hanna Steineggers Geschichten sind immer sehr gut recherchiert. Die eigene Familiengeschichte bietet da viel Stoff, dass sie sich darin immer auch umtun kann und viele Anregungen für ihre fiktiven Personen findet. Ihr «Gröseli» mütterlicherseits stammte nämlich vom Küsnachterberg, wo sie als Bauerntochter auf einem Hof aufwuchs. Sie waren elf Kinder! Als überzählige Tochter vom Hof weg zu müssen, um anderswo ein Auskommen zu finden, dieses Schicksal hatte Steineggers Grossmutter, wie viele andere Bauerntöchter, auch ereilt.

Gesellschaftliche Unterschiede

Hanna Steineggers Romane handeln auch immer von den gesellschaftlichen Unterschieden und sind ein Protokoll einerseits der Armut und der Entbehrungen der Unterschicht, wie auch der Ausschweifungen und Anmassungen der Oberen. Dieses führt sie ohne Sentimentalität und bleibt doch nah an den Empfindungen ihrer mutigen Frauenfiguren dran.

Wie sie letzthin sagte, mag sie ihre Frauenfiguren, auch ihre Theres nicht «stark» nennen. Denn das sind sie nicht immer, auch Theres bei weitem nicht, aber irgendwann wächst in ihnen der Mut, sich den schwierigen Herausforderungen ihres Lebens zu stellen. Daran wachsen sie und wenn man dann unbedingt will: erstarken sie.

Der Roman «Theres – Die Tochter der Dienstmagd», von Hanna Steinegger ist im Th. Gut Verlag erschienen. Weitere Informationen über Hanna Steinegger, ihre Bücher und allfällige Lesungen finden sie unter: www.hanna-steinegger.ch

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