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Sergio Herencias: Filmemacher mit Auszeichnung

Schon seit Urzeiten erzählen sich die Menschen gerne Geschichten, erfundene, aber auch überlieferte Begebenheiten und Schicksale, die anderen widerfahren sind.

Interview: Ingrid Eva Liedtke

Auch in dieser heutigen, sehr speziellen Zeit tun wir das und berichten von Menschen, die mit und um uns leben. Wir erzählen von ihren Tätigkeiten, ihren Leidenschaften, ihrem Beruf und ihren Freuden. 

Dies ist die Geschichte eines Mannes aus Schönenberg, von Sergio Herencias, 38, jung, kreativ, Unternehmer. Er hat 2008 mit Kollegen eine Firma gegründet, die Filme produziert: Guave Studios GmbH. Sie haben sich auf Auftrags- und Werbefilmproduktionen spezialisiert und schon einige beachtenswerte Preise gewonnen. 

Die Leidenschaft für das ­bewegte Bild

Sergio Herencias ist auf dem Lande, im idyllischen Dörfchen Degersheim, aufgewachsen. Die Leidenschaft für das bewegte Bild scheint dem kleinen Sergio schon in die Wiege gelegt worden zu sein. 

Der Vater war Berufsfotograf und ist ausserdem ein begeisterter Filmfan und Sammler.

«Er begann schon früh damit, mir fantastische Filme zu zeigen. Abends, wenn ich dann zu Bett musste, ratterte es ständig in meinem Kopf. Ich stellte mir diese fiktiven Welten immer weiter vor und versank selbst in abenteuerliche Geschichten. Zudem faszinierte mich die Filmtechnik und die Entstehung der Filme. Ich war schon als Kind ein ‹Macher› und musste ständig beschäftigt sein: ob zeichnen, musizieren, Lego bauen oder basteln, alles bereitete mir mächtig Spass.»

Auf Ausflügen war immer eine Kamera mit dabei, und der Sohn darf sie manchmal selber einstellen und auslösen. «Durch das Okular zu schauen empfand ich schon damals als Blick durch ein Rohr in eine andere Welt», erinnert er sich. Zu seinem 10. Geburtstag erhält er dann seine erste Fotokamera, um seine eigenen Sichtweisen und Interpretationen zu inszenieren und festzuhalten.

In der Teenagerzeit verliert der Jugendliche ein wenig diese Begeisterung für die Fotografie und widmet mehr Zeit seinem Hobby «Filme schauen». 

«Ich interessierte mich vor allem für Steven Spielbergs Filme. Nachdem ich ‹Jurassic Park› mit elf im Kino gesehen hatte, quälten mich danach für mindestens zwei Monate Alpträume. Doch es war der Punkt, wo mich das Filmfieber total packte. Der Film prägte mich dermassen, dass ich ein wirklich grosser ‹Jurassic Park›-Fan wurde (und heute noch bin!). Ich wollte alles über die Entstehung und die Techniken des Filmemachens erlernen.» Auch TV-Werbungen faszinierten den jugendlichen Filmemacher. Er analysiert sie und spielte sie dann mit der Schwester und Cousinen nach. Gefilmt wird mit einer alten JVC-VHS Schulterkamera, die direkt an einen VHS-Rekorder gekoppelt wird. Die ganze Familie habe an den Resultaten sehr viel Spass gehabt.

Das Zeitalter der Computer nähert sich, und somit eröffnen sich neue Möglichkeiten. Eine Lehre als Detailhandelsfachmann in der Fotoabteilung der Migros ist ein erster Schritt seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Zeitgleich besucht Sergio Herencias die Kunstschule in Zürich, wo er sein Fachwissen über die Fotografie vertiefen kann. «Ich hatte immer den Drang etwas selbst zu machen. Die Lehre reichte da nicht. Also begann ich mich weiterzubilden in Richtung Fotografie und Film. Damals gab es nicht viele Hilfsmittel, und das Internet war auch nicht so weit. Der Austausch mit Gleichgesinnten war umso wichtiger. Auch mein Vater vermittelte mir viel technisches Know-how.»

Im Jahr 2000, mit 18 Jahren, gründet Herencias seine erste Firma, wobei er sich auf die Fotografie und das Filmemachen spezialisiert. Die Lehre beendet er zwei Jahre später. Danach ist er freischaffend mit eigener Firma. 

Guave Studios GmbH wird gegründet

2005 wird Sergio Herencias mit einem grösseren Online-Projekt in Wädenswil beauftragt. Dazu braucht er Hilfe und mehr Fachwissen. Seine heutigen Geschäftspartner kommen zum Projekt dazu, und in dieser Zeit kristallisiert sich heraus, dass sie eigentlich ganz gut alle miteinander funktionieren. Und so kommt es im Jahr 2008 zum Zusammenschluss und zur Gründung von Guave Studios GmbH. Das Studio für Film und Animation trägt den Namen Guave Motion.

Zurzeit beschäftigt das Unternehmen zehn Mitarbeiter, die vier Inhaber miteingeschlossen. «Wenn es so gut weitergeht, brauchen wir bald mehr Unterstützung», freut sich Herencias. «In der Filmproduktion kann es temporär auch dazu kommen, dass wir das Team auf weitere 10–15 Mitarbeiter aufstocken müssen, je nach Projekt und dessen Disziplinen.»

Guave Studios GmbH ist eine Full-Service-Filmproduktionsfirma. «Wir erzählen Geschichten mit Bewegtbild und dies von der Konzeption, also vom Drehbuch bis zur Drehplanung und Durchführung der Dreharbeiten, die Post-Produktion (Schnitt, Visuelle Effekte, Animationen, Farbkorrekturen usw.) bis zum fertigen Film. Und dies für Realbildprojekte und reine 2D- sowie 3D-Animationsprojekte. Die Resultate sind: Klassische TV- und Kino-Spots, Unternehmensfilme, Kurzfilme, Erklärvideos usw. Der Schwerpunkt liegt aber klar in der Kombination unserer Stärken. Das ist die Kombination von Realbild mit Visuellen Effekten und Animationen. Wir legen grossen Wert auf cineastische Erlebnisse und unterhaltsame Geschichten.»

Begeisterung und Herzblut

Die Begeisterung und das Herzblut sind aus Herencias Schilderungen herauszuhören. Dies braucht es wohl auch, um in dieser Branche und in diesen schwierigen Zeiten zu bestehen.

Er sagt: «Nicht alle Projekte schenken kommerziell ein. Vieles entsteht durch Leidenschaft und mit Herzblut, wofür wir auch gerne einen Teil unserer Freizeit hergeben. Dennoch erfüllen uns diese Projekte mit Freude, und man kann sich austoben, kreativ sein und experimentieren, was dann oft auch zu noch besseren Resultaten führt.

Die Branche verlangt, dass man sich stetig weiterentwickelt, eigene Stile kreiert und auf neue Technologien setzt. Man muss Neues wagen. Wohl nur so ist es möglich dann auch wichtige Preise zu gewinnen, die zu noch mehr Aufmerksamkeit führen.

Preise

«2010 produzierten wir unseren ersten international gedrehten Kurzspielfilm ‹The Prague Assignment›. Diese Erfahrung bereicherte uns mit neuem Know-how und einen grösseren Einblick in die Filmbranche. 2013 entstand mein Kurzfilm ‹Muñeca›, welcher mittlerweile über 14 internationale Auszeichnungen erhalten hat, u.a. für ‹Beste Kamera› und ‹Bester Schnitt› am New York Film Festival 2020.»

Der Kurzfilm «Wirtschaft ist Care» aus dem Jahr 2019 hat den Nerv der Zeit getroffen. Bei den Cannes Corporate Media&TV Awards hat er gleich drei Preise abgeholt, eine goldene Delphin-Trophäe in der Kategorie «Informationsfilme», Silber in der Kategorie «Fundraising, Non-Profit, CSR» und eine Schwarze Delphin-Trophäe für «Beste Animation, Grafik und Spezialeffekte». Dieser letzte Preis habe für sie eine besondere Bedeutung, da er gesamthaft an diesem Festival nur einmal vergeben werde. Herencias meint, dass auch Glück eine grosse Rolle gespielt habe – neben hoher Handwerkskunst und einem nachhaltigen Eindruck auf der Gefühlsebene.

Sergio Herencias bezeichnet sich selber stolz als Filmnerd. Er konnte seine Leidenschaft zum Beruf machen. Sein Herz brennt noch heute, wie in Kindertagen, für Film und Animation und das Unternehmertum, und er kann sich nur schwer vorstellen in seinem Leben etwas anderes zu machen. Obwohl es ihm an Vorstellungskraft keinesfalls fehlt.

«Zusätzlich zum Filmemachen hat mich das Unternehmersein schon immer fasziniert. Strategien und Pläne erstellen, komplexe Konzepte usw. Das hat alles etwas Spannendes. Ich konnte in meiner ersten Firma bereits ein Team von über zwanzig Leuten führen und koordinieren. Das ermöglichte mir so auch grössere Visionen zu realisieren.»

Doch es sei nicht immer einfach diese zwei so verschiedenen Disziplinen zu kombinieren. Das unternehmerische, wirtschaftliche Denken mit dem grenzenlosen, kreativen Gestalten zu vereinbaren, erweise sich manchmal als Widerspruch in sich. «Aber hier ist es wichtig eine Balance für sich zu finden, so dass die Projekte nicht darunter leiden», weiss Herencias.

Denn so richtig aufblühen tut er dann doch in der Filmproduktion, beim Zusehen wie aus einer anfänglich verschwommenen Idee ein farbenfroher und lebhafter Film entsteht. «Filme erzählen nicht nur Geschichten. Sie erwecken Träume, Gedanken, Gefühle und Visionen vom Leben», schwärmt er.

Und da ein Film immer für ein Publikum gemacht wird, ist es dann auch die Freude des Zuschauers, sein Lachen oder der Applaus, die unvergessliche Momente kreieren und der Lohn sind für das grosse Engagement.

Freizeit

Aber manchmal hat auch Sergio Herencias Freizeit – «ein purer Luxus als selbstständig Erwerbender», wie er sagt. Diese Zeit verbringe er mit seiner wundervollen Frau Patricia beim gemeinsamen Kochen oder – wer hätte es nicht gedacht? – im selbstgebauten Heimkino mit Grossleinwand. Auch findet er Ruhe und Entspannung in der Natur. 

Das Leben auf dem Lande ist schon früh eine Kraftquelle. Und so ist Sergio Herencias sehr glücklich darüber, dass er seit 2020 mit seiner Frau Patricia in Schönenberg seinen neuen Wohnsitz auf dem Land gefunden hat. «Da ich früher 200 Meter von meinem Arbeitsort wohnte (Au, Appital), wollte ich etwas mehr Abstand gewinnen, um in meiner Freizeit besser abschalten zu können.»

«Ich fühle mich extrem wohl im ländlichen Schönenberg. Gerade in dieser sonderbaren Pandemiezeit ist ein Spaziergang in der Natur, zum Beispiel am Teufenbachweiher, der perfekte Ausgleich. Durch die Ruhe kann ich besser in mich hineingehen und meine Gedanken besser kanalisieren, was zu mehr Ideen und Kreativität bei der Arbeit führt. Also kurz zusammengefasst: Wir sind überglücklich hier an einem so schönen Ort wohnen zu dürfen.»

Sergio Herencias persönliche Website: sergioherencias.com
Studio-Website: guavemotion.ch

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