Nun geht die Corona-Krise und das Abstandhalten schon in die siebte Woche. Seit dem 16. März bleiben wir schweizweit möglichst zuhause, um uns und andere zu schützen und das Gesundheitssystem möglichst nicht zu be- oder gar zu überlasten.
Wie geht es den Leuten vom Dorf, von Schönenberg und Hütten in dieser Krise? Was tun sie in dieser Zeit der sozialen Distanz, der Angst und der wirtschaftlichen Ungewissheit? Wie leben Familien mit dem Homeschooling und dem Homeoffice? Wie schützen sich die älteren Menschen und Risikofälle? Worauf können wir bauen, was hält uns aufrecht? Ich habe einige gefragt. Hier sind ihre Antworten:
Hanna Steinegger: Corona oder die unheimliche Krone
Hätte mir vor einem Jahr jemand vorausgesagt, dass ich als Hochrisikoperson eingestuft und deshalb zu Hausarrest verknurrt würde, ich hätte ungläubig den Kopf geschüttelt. Plötzlich hat das Wort Pandemie eine wieder erwachte Bedeutung.
Inzwischen ist zum Hausarrest noch vieles mehr dazugekommen. Ein für unsere Augen unsichtbares Lebewesen, ein Virus names Corona, hat die Welt aus den Fugen gehoben. Was Klimademonstrationen nicht fertig gebracht haben, schaffte dieses Wesen mit links. Und das gleich global. Anfänglich nicht wirklich ernst genommen, macht mittlerweile die Angst vor einer Ansteckung die meisten von uns gehorsam. Was der Bund befiehlt, wird eingehalten.
Flugzeuge bleiben am Boden, Menschenansammlungen sind verboten, Läden verbarrikadiert. Einschränkungen wohin man blickt. Grosseltern dürfen ihre Enkel nicht sehen. Gut, dass es Skype gibt. In den Medien gibt es praktisch kein anderes Thema mehr. Corona dominiert den Äther. Theorien lösen einander ab. Eine Fernsehmoderatorin meinte letzthin mit einem Lachen, da ja auch die Coiffeursalons schliessen mussten, gäbe es mit der Zeit keine Blondinen mehr.
Eltern stürmen mit ihren Kindern die Wälder, um sich vom Stress des «Homeschooling» zu erholen. Wohnstuben werden zu Büros. Den Begriff «Homeoffice» kennt inzwischen jedes Kind. Abstand halten ist Vorschrift, mindestens zwei Meter sollten es sein. Wehe es hustet oder schneuzt einer öffentlich. Ein Glück, dass das Vermummungsverbot kein Thema ist. Man trägt schliesslich jetzt Maske.
An sich kann ich gut leben mit der Quarantäne, zumal ich längere Zeit krank war und die Zwangspause mir die nötige Ruhe verschafft, die ich zur Erholung brauche.
Natürlich gibt es Dinge, die mich nerven. Nicht mehr spontan im nächsten Laden einkaufen zu können, ist nur eine der vielen Einschränkungen, mit denen wir fertig werden müssen. Auch der Gedanke an die vielen, dem Untergang geweihten Unternehmen, oder an Menschen, die mit Kurzarbeit oder ohne Job dastehen, wirft Fragen auf: Wie sieht wohl dann die anschliessende «Normalität» aus? Befindet sich das nächste Virus bereits in den Startlöchern?
Vielleicht aber bringt uns Corona das Bewusstsein zurück, dass es auch ausserhalb der grenzenlosen Mobilität Schönes gibt. Dass die Luft sauberer ist, dass die Natur sich erholen kann.
Bernard Aebi, Präsident des Quartiervereins Hütten
Wie engagiert sich der Quartierverein Hütten in dieser Krisensituation?
Der Quartierverein wurde schon früh in der Krise von Waedistark.ch kontaktiert und so auf das Angebot aufmerksam gemacht. Ohne lange zu Zögern haben wir uns der Bewegung angeschlossen und verweisen auch auf unserer Webseite auf diese organisierte lokale Nachbarschaftshilfe. Nebst diesem Angebot kann auch weiterhin unser Kummerkasten benutzt werden, falls das Angebot von Waedistark.ch aus irgendeinem Grund für die Situation nicht passend wäre. Meines Wissens wurde bislang davon kein Gebrauch gemacht.
Ich habe vor Kurzem die Ausbildung als Mental Health First Aider abgeschlossen und habe mich entsprechend unter Waedistark.ch eingetragen. First Aider (Ersthelfende) können anderen Personen bei psychischen Problemen Erste Hilfe leisten.
Mir persönlich geht es den Umständen entsprechend gut. Die ganze Familie ist gesund zu Hause und auch unsere Wohnsituation ist sehr komfortabel. Ich arbeite seit gut einem Monat im Homeoffice, was im Grundsatz gut funktioniert. Die Arbeitsbelastung hat eher zugenommen, da die Gespräche mit den Mitarbeitern und Kollegen meistens länger dauern als zuvor.
Wie geht es der Familie?
Die Kinder haben sich mittlerweile gut auf die neue Situation eingestellt. Skype und Videochat gehören schon fast zur Alltagsroutine. Auch der Musikunterricht funktioniert via Skype sehr gut. Da wir Eltern beide im Homeoffice arbeiten stellt die Betreuung aber schon eine grosse Herausforderung dar. Alle Aufgaben wie Arbeit, Schule und Betreuung, Kochen und Haushalt vermischen sich und so wird der Arbeitstag gefühlt zur Arbeitswoche, die am Montag Morgen beginnt und Freitag Abend wieder aufhört. Da braucht es viel Disziplin, diesen Rhythmus zu durchbrechen und sich auch wieder mal einen Moment für sich selber zu gönnen.
Ist Angst ein Thema?
Ich habe keine Angst vor dem Virus, aber dennoch grossen Respekt davor, dass ich möglicherweise das Virus ohne zu Wissen verbreiten und so andere Menschen gefährden könnte.
Pflegen Sie noch Kontakte zu Freunden, anderen Menschen?
Wir versuchen uns als Familie so gut wie möglich zu isolieren und jeglichen Kontakt zu Freunden oder Nachbarn zu minimieren, bzw. nur aus sicherer Distanz zu pflegen. Unsere Regierung hat sich aus gutem Grund zu einer einigermassen verträglichen Suppressionsstrategie entschieden und wir sollten dieser Massnahme und Empfehlung unbedingt Folge leisten. Die sogenannte Basisreproduktionsrate muss auf einen Wert unter 1 gedrückt werden, d.h. eine infizierte Person steckt im Durchschnitt weniger als eine neue Person an. Dadurch können wir wertvolle Zeit gewinnen, welche genutzt werden kann, um die Testverfahren zu verbessern, Nachverfolgungsmethoden auszubauen, Kapazitäten im Gesundheitswesen aufzubauen, und Forschung zu betreiben, um möglichst bald geeignete Impfstoffe und Medikamente auf den Markt zu bringen.
Befürchtungen?
Ich befürchte, dass noch nicht alle Menschen verstehen wollen, weshalb unsere Regierung solchen Massnahmen erlassen hat und somit die Empfehlung nicht strikt genug befolgen. Es geht aus meiner Sicht nicht um richtig oder falsch, sondern alleine darum sich solidarisch in der Gruppe zu verhalten, um so die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das ist immer einfach gesagt und kann aufgrund persönlicher Situationen nicht immer priorisiert werden, aber ich denke jeder kann dazu beitragen, nicht absolut notwendige Aktivitäten und Kontakte einzuschränken oder ganz einzustellen.
Was können wir aus dieser Krise lernen?
Eine solche Krise birgt auch immer Gefahr, dass das entstandene Ungleichgewicht durch starke Reaktionen zu einer weiteren Krise führt (wie damals die 1920er Wirtschaftskrise zum 2. Weltkrieg).
Andererseits ist die Welt ruhiger geworden und an manchen Orten hat sich die Natur sehr schnell und beeindruckend erholt.
Letztendlich können wir nur etwas daraus lernen, wenn wir die Handlungen und Auswirkungen reflektieren und es wird sich zeigen, ob wir diese Möglichkeit zum Guten oder weniger Guten für uns Menschen nutzen werden.
Eigene Gedanken?
Ich habe aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit bei der Swiss Re eine sehr klare Vorstellung, was in so einer Situation zu tun wäre, da wir uns von Berufes wegen mit solchen Situationen auseinandersetzen. Gerne verweise ich hier auf den Artikel ‹The Hammer and the Dance› von Tomas Pueyo, welcher aus meiner Sicht klar und statistisch unterlegt aufzeigt, was man in solchen Situationen überhaupt für Möglichkeiten hat.
Christine und Ueli Landis, pensioniert
Ueli, Du als Präsident des Dorfvereins, wie siehst Du dessen Aufgabe in dieser Krisensituation? Nachbarschaftshilfe? Was allenfalls noch?
Letztlich sind die Aufgaben unseres Vereins in den Statuten festgehalten: «Der Verein organisiert oder unterstützt kulturelle, gesellschaftliche oder gemeinnützige Veranstaltungen und Aktivitäten in Schönenberg ZH. Mit seiner Arbeit stärkt er das Gemeinschaftsgefühl und übernimmt im Rahmen seines Zwecks sowie seiner personellen und finanziellen Möglichkeiten Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit.»
Unser Angebot mit der Nachbarschaftshilfe entspricht dieser Zweckbestimmung optimal, so wie im seuchenfreien Alltag auch unsere anderen Aktivitäten. – Die Krise mobilisiert hoffentlich noch vermehrt Solidarität und Hilfsbereitschaft, die wir nach Möglichkeit gerne in unserem Verein bündeln und koordinieren.
Wie geht es Euch in der momentanen Krise?
Wir haben fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen, denn uns geht es beinahe unanständig gut: Da die Agenda nahezu leer ist und da wir uns von den jüngeren Generationen fernhalten sollen, haben wir uns in unser Ferienhäuschen im Toggenburg zurückgezogen. Hier ist im Moment wunderbares Wetter und wir entwickeln so etwas wie Feriengefühle. Wenn wir frische Luft schnuppern und Sonne tanken, ist es hier gar keine Schwierigkeit, Abstand zu wahren. Also, uns geht es wirklich gut und wir fühlen uns privilegiert, dass wir dies so haben dürfen. Als Pensionierte haben wir keine Arbeits- und Einkommenssorgen, als in verschiedenen Bereichen freiwillig für die Gemeinschaft Tätige haben wir zum Teil verordnete Pause und als Grosseltern ebenso.
Ueli, Du gehörst zur Risikogruppe. Wie geht es Dir damit? Triffst Du besondere Schutzvorkehrungen?
Christine und ich haben uns wie gesagt aus dem Betrieb herausgenommen und wir meiden körperliche Nähe mit anderen Leuten. Beim Einkaufen oder allgemein an Orten, wo auch andere Leute verkehren, achten wir auf strikte Einhaltung der Grundregeln des BAG.
Wie geht es Eurer Familie? Ihr habt ja auch Enkel, die ganz nah wohnen. Gibt es da noch Kontakt?
Wir wohnen mit den Familien unserer zwei ebenfalls im Neubad wohnenden Söhne so nahe zusammen, dass wir die Distanzregeln insbesondere mit den Enkelkindern kaum einhalten könnten. Daher haben wir hier im Toggenburg das Weite gesucht und die Kontakte zu all unseren Familienmitgliedern finden fast ausschliesslich über Medien statt.
Christine, Deine Eltern sind im Pflegeheim. Du kannst sie wohl momentan nicht besuchen. Wie schwer ist das für Dich und sie?
Im Pflegeheim ist es für meine Eltern schon etwas schwierig: keine Besuche von aussen, alle Pflegenden hinter Masken, Essenstische weit auseinander und kaum Gesprächspartner. So ist es nicht erstaunlich, dass meine Eltern von «Zeit totschlagen» sprechen. So geben wir halt gelegentlich an der Rezeption des Pflegeheims ein kleines Geschenk für sie ab. Unterdessen haben wir auch ein sehr einfaches Internettool für Video-Meetings gefunden. Über dieses führen wir gelegentlich Gespräche mit Sichtkontakt, manchmal sogar mit der ganzen Familie. Solche Anlässe freuen dann meine Eltern sehr und sind eine Abwechslung im jetzt oft recht eintönigen Tagesablauf. Meine Schwiegermutter bekommt täglich Besuch von der Spitex und mit Lesen, Fernsehen und gelegentlichen Aussenaufenthalten mit Sicht- und Rufkontakten zu den Familien ihrer Enkel ist sie sehr zufrieden mit ihrem Alltag.
Ist Angst ein Thema?
Angst hat in unserem Familienkreis niemand. Dass wir jetzt auch Zeit finden, uns gelegentlich grundsätzliche Gedanken zu Leben und Tod, Beziehungen, Sinnfragen und globalen Entwicklungen zu machen, das nehmen wir dankbar an.
Habt Ihr noch Kontakt zu Freunden, anderen Menschen?
Selbstverständlich haben wir noch viele Kontakte zu Verwandten, Freundinnen und Freunden und Bekannten – nur begegnen wir uns dabei nicht mehr physisch. Wir haben unsere Kompetenzen in der Nutzung sozialer Medien noch einmal ziemlich ausgebaut. Als Nebenerscheinung zu dieser Art von Kontaktpflege begrüssen wir auch den damit verbundenen Lerneffekt. Aber so positiv dies alles tönt: Wir freuen uns auf Zeiten, in denen man sich auch wieder ordentlich umarmen kann. Und: Enkel hüten ist ja manchmal recht anstrengend, aber vermissen tun wir den Kontakt mit ihnen trotzdem.
Befürchtungen?
Unsere grösste Befürchtung ist eigentlich, dass die positiven Effekte der aktuellen Krise (z.B. mehr Zeit für Grundsätzliches, Erholung von Umwelt und Natur) nach der Krise schnell verblassen. Zusätzlich befürchten wir, dass nebst dem persönlichen Leid, das viele Betroffene in der Krise erfahren, sich auch viele Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft eher verstärken könnten (Arbeitssicherheit, Löhne, Vermögen).
Was können wir aus dieser Krise lernen?
Der Hauptlerneffekt wird wohl sein, dass man sich nie in Sicherheit wiegen kann, wie es weitergeht. Trotz all unseren Versicherungen lässt sich die kommende Zeit nie versichern.
Eigene Gedanken
Wie in diesem Interview schon mehrfach betont: Unsere Stellungnahme geschieht aus einer sehr komfortablen Situation hinaus. Uns würde interessieren, wie es denjenigen Leuten geht, die von der aktuellen Krise gesundheitlich, finanziell oder in ihrer allgemeinen Befindlichkeit negativ betroffen sind. Wir denken, es ist Aufgabe von uns allen, diese Leute zu unterstützen.
Thomas Villwock, reformierter Pfarrer der Kirchgemeinde Schönenberg-Hütten
Momentan werden keine Gottesdienste mehr durchgeführt. Wie erreichst Du die Leute?
Auch Kirchgemeinden unterliegen dem Veranstaltungsverbot. Das betrifft selbstverständlich auch Gottesdienste und sämtliche Angebote für Kinder und Jugendliche. Gleich am 16. März habe ich begonnen, die Haushalte in Hütten und Schönenberg anzurufen, in denen reformierte Kirchenmitglieder über 65 Jahren leben. Das ergab viele schöne Gespräche mit bekannten und unbekannten Menschen. Hier und da konnte ich auch Nachbarschaftshilfe vom Dorfverein Schönenberg oder von der Initiative waedistark.ch der Stadt Wädenswil vermitteln.
Überhaupt findet der Kontakt zu den Leuten momentan per Telefon, Mail oder mittels anderer technischer Lösungen statt. Aber den Blumenstrauss zum 80. Geburtstag konnte ich hier und da auch vor die Tür stellen und klingeln. Mit entsprechendem Abstand konnten wir uns dann auch unterhalten. Das wirkt für alle etwas surreal – aber durchaus machbar.
Wie funktioniert die Seelsorge jetzt?
Seelsorge funktioniert jetzt eben per Telefon etc. Das gab es aber vorher auch schon. Aber auch per Mail konnte ich in den letzten Wochen gut kommunizieren und Angebote machen. Gerade die Situation rund um Abdankungen ist sehr herausfordernd für alle. Das betrifft nicht nur Fälle mit Coronainfektionen. Derzeit ist der Besuch im Spital oder im Seniorenheim sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich. Das ist für die Betroffenen vor allem beim Sterben sehr belastend. Aber auch die Tatsache, dass nur der engste Familienkreis bei der Beisetzung dabei sein darf, ist eine besondere Herausforderung. Wir hatten bis vor Ostern noch keine Beisetzung. Aber zusammen mit Pfarrkolleginnen und -kollegen konnte ich ein Ritual entwerfen, das die Möglichkeit aufzeigt, in den Tagen oder Wochen nach der Beisetzung dem persönlichen Abschied am Grab eine Form zu geben. Vorgeschlagene Formulierungen und Gebete können gesprochen oder im Stillen gelesen und meditiert werden. Vielleicht hilft auch schon der Hinweis, dass ja wenig dagegen spricht, alleine oder zu zweit an das Grab einer verstorbenen Person zu gehen und dort ganz individuell Abschied zu nehmen. Es kommt da nicht auf die Frömmigkeit oder Religion an. Wie wichtig gelingende Abschiede im Leben sind, wird in diesen Tagen wieder mehr bewusst. Und da weiss man aus Psychologie, Soziologie und der Seelsorge, dass Abschiede auch nachgeholt werden können.
Gottesdienste und Predigten werden vielerorts online gestellt. Ich biete dazu ergänzend am Donnerstagabend eine Online-Hausandacht an. Der persönlichen Frömmigkeit kommt in diesen Zeiten eine besondere Bedeutung zu. Wenn ich da unterstützen kann, ist schon viel gelungen. Ich möchte nicht anleiten, sondern vielmehr erinnern, welche Möglichkeiten uns der christliche Glaube und die reformierte Tradition bieten, und ermutigen, eigene Ressourcen zu aktivieren. Psalmen, Gebete und das Nachdenken über biblische Texte – das sind Steinbrüche für viele gute Anregungen, die jetzt helfen können. Das Bewusstsein, dass Glaube durch solche Zeiten hindurchtragen kann.
Nehmen die Menschen in solchen Zeiten vermehrt Zuflucht zum Glauben, zu Gott?
Das kann ich nicht pauschal beantworten. Aber ich beobachte in diesen Tagen immer wieder, wie Menschen in die Kirche neben dem Pfarrhaus gehen. Das haben viele auch davor getan. Jetzt scheint mir das aber etwas mehr der Fall zu sein. Auch die Bänke vor der Kirche sind immer wieder mal besetzt. Gut möglich, dass Menschen in diesen Tagen die Nähe zur Kirche und zum Glauben mehr und bewusster suchen als sonst. Wir Menschen sind sehr unterschiedlich. Jemand, der dieser Tage mehr in die Natur geht, sucht und findet dort Gott und seinen Glauben womöglich ebenso wie der, der in die Kirche kommt und persönliche Andacht hält. Die momentane Situation bietet die Chance, das zu suchen und vielleicht wieder zu entdecken, was im Leben trägt.
Wie bewältigst Du die Situation persönlich mit Deiner Familie?
Als Pfarrer bin ich Homeoffice gewohnt. Seelsorge und Gottesdienst habe ich bereits angesprochen. Meine Frau ist derzeit zu 100% im Homeoffice. Das Pfarrhaus bietet die Möglichkeit, ungestört zu arbeiten. Die Kinderbetreuung ist unverändert. Als Familie haben wir gerade mehr Zeit füreinander, was wir sehr schätzen und geniessen. Wir wünschen den vielen Familien, dass sie es ähnlich empfinden. Hier und da und vor allem dort, wo sich die Corona-Krise auch wirtschaftlich auf das private Budget auswirkt, sehen sich die Menschen nochmal ganz anderen Herausforderungen gegenübergestellt. Ich habe grössten Respekt vor den Familien, die jetzt gerade mit schulpflichtigen Kindern in einer ganz speziellen Situation und womöglich auch wirtschaftlich herausgefordert sind.
Persönlich versuche ich vorbereitet zu sein. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch in Hütten und Schönenberg Menschen durch das Corona-Virus sterben. Letztlich kann man sich da nicht wirklich vorbereiten. Sich darauf einstellen trifft es vielleicht eher: Ich befürchte das Schlimmste und hoffe das Beste.
Eigene philosophische oder religiöse Folgerungen
Derzeit solche Überlegungen anzustellen, halte ich für verfrüht. Ich versuche mit den Menschen im Berg so gut es geht unterwegs zu sein. «Die» Sicht der reformierten Kirche gibt es nicht. Die reformierte Tradition lebt davon, dass vor Ort und in der Situation von den Verantwortlichen für und mit den Menschen in Übereinstimmung mit der biblischen Überlieferung und den reformatorischen Erkenntnissen um das Richtige und Gebotene gerungen wird. Das versuche ich. Ob es gelingt? Sicher nicht immer.
Ruth Chautems, Schönenberg, koordiniert die Nachbarschaftshilfe
Ich koordiniere die Nachbarschaftshilfe von Schönenberg. Es sind aktuell 12 Helfer, welche verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Am meisten ist Einkaufen gefragt, dann auch Medikamente abholen und dringende Briefe zur Post bringen.
Die Menschen, die unsere Hilfe möchten, rufen bei mir an und schildern mir ihr Anliegen. Darauf sende ich den Wunsch per WhatsApp an die Helfer, wer die Aufgabe übernehmen kann nimmt direkt Kontakt mit der betreffenden Person auf. Diese regeln alles Weitere untereinander. Die anderen Helfer sehen dann in der Gruppe, dass der Auftrag übernommen worden ist. Bei der Auslieferung werden die Abstandsregeln eingehalten, indem man die Sachen vor die Türe stellt oder im Briefkasten deponiert.
Margaretha Ritter aus Hütten, 67, pensioniert
Wie geht es Dir in dieser Krise?
Ich halte gerade einen Moment inne – es geht mir gut – ich bin nicht allein. Da ist mein Mann, mit dem ich Entscheidungen oder getroffene Massnamen diskutieren kann, sowohl private, wie auch all die Vorschriften und Empfehlungen die getroffen sind und werden. Da schätze ich mich sehr glücklich!
Gehörst Du zur Risikogruppe und wenn ja, wie gehst Du damit um?
Ja, ich gehöre zur Risikogruppe. Ich werde 67 Jahre alt. Es ist so, wie es ist.
Wie sehr schützt Du Dich und schottest Dich allenfalls ab?
Händewaschen, so wenig Kontakt wie möglich – aber ich fühle mich nicht isoliert.
Wie eng ist der Kontakt zur Familie?
Am Ostersonntag war ein Familienbrunch geplant. Wir haben ihn abgesagt, weil da zu viele Personen zusammen gegessen wären.
Hast Du noch Aussenkontakte?
Ein Osternest für die zwei Jungs mit «Böllehuut» verzierten Eiern ist Tradition.
Der eine kam über Mittag und der andere Sohn am Abend, um den moosgeschmückten Teller abzuholen. Wir sassen auf dem Sitzplatz mit Blick auf Hüttner- und Zürichsee und haben die Gespräche und den Sonnenschein genossen. Für den Kontakt nach Aussen wurden Internet und WhatsApp auch wichtig! Mit einer Freundin aus Schönenberg ist der Kontakt täglich. Da kann ich schmunzeln, nachdenklich sein oder lachen. Vreny, vielen herzlichen Dank!
Arbeitest Du noch?
Nein, ich bin pensioniert und habe die Gesundheitsmassagen abgesagt. Die kirchlichen Tätigkeiten sind eingeschränkt und der Senioren-Mittagstisch findet auf Weiteres auch nicht statt. Vom Besuchsdienst Schönenberg-Hütten und von der Pro Senectute Hütten aus werden die zu Besuchenden mit Telefonaten überrascht. Da ist die Freude auf beiden Seiten spürbar.
Hast Du Möglichkeiten Dich zu beschäftigen? Was geht momentan nicht? Was geht? Was hast Du Dir neu erschlossen?
Ich bin im Garten. Mit meinen drei Jassgruppen treffe ich mich einmal im Monat.
Das geht jetzt leider nicht. Nach Rueun fahren und weiter das Häuschen sanieren.
Unser Nachbar da ist der verlassene Fussballplatz, der Rhein und der Wald. Wir nennen den Ort, little Kanada. Da gefährden wir niemanden und uns auch nicht.
Das nächste Haus ist der Bahnhof und der ist ein Kilometer entfernt. Ich lese viel, kann meine liegengebliebenen Näharbeiten in Angriff nehmen!
Hast Du Angst?
Angst ist kein guter Ratgeber. Doch ich habe grossen Respekt vor dieser schwierigen Situation. Die Bundesräte und die Menschen, die Entscheidungen treffen müssen, nicht mit einer Etikette zu versehen oder in eine «Schublade» zu stecken, ist gerade eine Aufgabe von mir.
Gehst Du selber einkaufen?
Wie funktioniert in Hütten die Nachbarschaftshilfe?
Unser Sohn hat uns angeboten, einkaufen zu gehen. Im Volg Hütten tätige ich meine Einkäufe noch selber. Da sind zwei bis vier Menschen am Einkaufen, da habe ich vertrauen, dass ich niemanden anstecke und selber gesund bleibe. Da sind die verschiedenen Organisationen tätig, Pfarrer Thomas Villwock von der Kirchgemeinde und man kann seine Bestellung im Volg aufgeben und dann abholen. Ich weiss, eine Hüttnerin geht in Wädenswil für Bekannte einkaufen.
Was kann uns diese Krise lehren?
Oh, ob uns das etwas lehren wird, kann ich nicht beantworten. Was ich versuchen werde: Schubladen -Etiketten und Aufkleber so gut ich es vermag, wegzulassen.
Eigene Gedanken
Wenn dir ein Fels vom Herzen fällt, so fällt er auf den Fuss dir prompt! So ist es nun mal auf der Welt: ein Kummer geht, ein Kummer kommt … (Heinz Erhardt).
Yvonne Fiedler, Gründerin von animal happyend, Schönenberg
16.3.2020, Lock down, Stillstand, Pause, soziale Distanz, Atem anhalten!! Die Pandemie ist bei uns angekommen und in Zeiten wie diesen macht sich Angst breit, so auch bei mir. Ich informiere mich viel und halte mich an die Regeln.
Hast Du Kinder und wenn ja wie gehen sie mit der Situation um?
Meine Stiefkinder sind erwachsen und leben mit ihren Partnern. Sie arbeiten im Homeoffice, und auch sie nehmen die Situation ernst und halten sich an die Regeln. Wir haben per WhatsApp-Chat Kontakt.
Wo sind Deine Eltern? Wie geht es ihnen? Seid Ihr noch in Kontakt?
Meine Eltern sind im Pflegeheim und da ist Besuch strikt verboten. Zum Glück haben wir unserem Vater auf den 90sten Geburtstag einen iPad geschenkt und das Skypen beigebracht. Dies hilft uns den Kontakt zu halten, und auch mit meiner Schwester, welche in Amerika lebt, lässt sich so der Kontakt zu den Eltern aufrechterhalten.
Hast Du Menschen in Deiner Familie, die gefährdet sind oder gar krank?
Nein, zum Glück nicht.
Seht Ihr noch Freunde?
Aus Sicherheitsgründen verzichten wir darauf. Am meisten freue ich mich auf den Tag, wo ich wieder Gäste bei uns einladen darf. Da wird dann der beste Wein im Keller aufgemacht.
Hältst Du Dich strikt an alle Regeln? Wo denkst Du gibt es gewissen Spielraum?
Mein Mann und ich halten uns strikte an die Regeln und die Empfehlungen des BAG. Meine Freiheit ist, dass ich mit meinem Hund schöne Spaziergänge in der Natur geniessen darf.
Leidest Du unter den mangelnden Sozialkontakten?
Nein das tun wir nicht. Wir haben zum Glück ein schönes Zuhause und sind in einem Alter, wo sich für uns die Situation zu vorher nicht drastisch verändert hat.
Arbeitet Ihr zuhause?
Wir arbeiten im Handel/Parfumbranche und schon immer von Zuhause aus. Dies erleichtert natürlich die Situation. Wie die wirtschaftliche Situation unser Geschäft beeinflussen wird, stellt sich noch heraus.
Deine Herzensangelegenheit ist animal happyend. Wie ist die Situation für die Hunde/Tiere momentan?
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Massnahmen – deshalb haben wir uns entschieden weiterhin im Rahmen des Möglichen unsere Arbeit im Tierschutz zu tätigen. Doch wie geht es in Ungarn im Tierheim weiter? Innerhalb von wenigen Tagen hat sich alles geändert. Ca. 70 Hunde warten auf ihr neues Zuhause in der Schweiz und in Deutschland. Und täglich kommen neue Hunde ins Tierheim.
Werden noch mehr Tiere ausgesetzt?
Nein, dies können wir so nicht sagen. Es kommen täglich nicht weniger und nicht mehr Hunde ins Tierheim. Vielleicht weil die Menschen zu Hause sind und die ausgesetzten Tiere nicht wahrnehmen können oder weil tatsächlich die Leute Zeit für ihre Tiere haben?
Sind die Hunde schwerer zu vermitteln oder gar leichter, weil in manchen Ländern nur noch die Hundebesitzer an die frische Luft dürfen? Ist das gar ein Grund sich noch schnell einen Hund zuzulegen, den man dann nachher nicht mehr will?
So viele tolle Menschen warten auf ihre Vierbeiner aus dem Tierschutz. Die Vorkontrollen können wir durchführen und so vermeiden wir, dass wir Hunde an Leute vermitteln, welche aus lauter Langeweile nichts anderes zu tun wissen, als einen Hund zu adoptieren und dieser dann wieder in einem Tierheim landet, wenn Corona vorbei ist und der Alltag wieder Normalität aufnimmt. Dies ist uns ganz wichtig!
Könnt Ihr Eure Transporte von Ungarn in die Schweiz noch durchführen?
Für animal-happyend und die Hunde ist die Grenze offen!! Alle Anforderungen und Bedingungen der Behörden wurden erfüllt und wir konnten am 3. April unter speziellen Umständen 37 Hunde in die Schweiz bringen und ihre neuen Besitzer durften sie endlich in den Arm schliessen.
Zu bedenken ist, dass die armen Leute vor Ort bald nicht mehr ihre Hunde halten können. Eine finanzielle Krise trifft unaufhaltsam auf die Tiere. Wir brauchen Futter für die Privatleute, noch mehr Futter für unser Tierheim und daher ist jede Spende willkommen.
Werden die Menschen weniger spenden, jetzt wo viele um die eigene Existenz fürchten? Kann man generell sagen, dass der Mensch, dem es selber schlecht geht, sich weniger um das Wohlsein seiner Tiere kümmert?
Das Gegenteil erfahren wir, und wir danken allen Menschen, welche in dieser schweren Zeit auch an die Tiere denken und uns unterstützen!
Befürchtungen?
Wir sind überzeugt, dass die Krise vorbei geht und der Moment kommen wird, da auch diese schwierige Zeit Geschichte ist. Solidarität ist dann das Wort, welches uns in Erinnerung bleibt. Wir werden uns nach wie vor für die Armen unter uns einsetzen, im Falle von animal happyend für die Hunde in Not.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Wir werden durch jede Krise stärker. Der Mensch wird sich hoffentlich wieder auf das Elementare besinnen: Die Natur zu achten und Tiere zu respektieren! Und ich hoffe, dass die Menschen, egal ob im Beruf oder privat, wieder lernen, dass Respekt wichtig ist, damit wir uns als Person wertgeschätzt fühlen. Respekt ist eine Investition. Nur wer bereit ist, einen respektvollen Umgang zu pflegen, kann erwarten, dass ihm dasselbe zuteil wird.
Willi Schilling, 74, ehemaliger Gemeindepräsident von Schönenberg
Willi Schilling gehört mit 74 Jahren klar zur Risikogruppe.
Auf die Frage, wie es ihm geht, antwortet er spontan: «Ich bin alt» und muss lachen.
«Aber ich fühle mich gesund,» fährt er fort. «Trotzdem ist es momentan ein bisschen wie im «Chefig». Ich habe gelernt allein zu sein und schätze es teilweise auch. Aber meine Freunde nicht mehr sehen zu können, das fällt mir auf die Dauer schon schwer.»
Im Schönenberg sieht man Willi Schilling oft auf Spaziergängen mit seinem Enkel. Ist das noch möglich?
«Ich wohne zum Glück sehr nah bei meiner Tochter und ihrer Familie. Das ist momentan mein Bezugspunkt, und dafür bin ich auch froh und dankbar. Alle anderen Aussenkontakte habe ich abgebrochen. Ich hüte meinen kleinen Enkel Nino. So kann ich meine Tochter und ihren Mann entlasten. Der Kleine ist eineinhalb und sehr lebendig, immer in Bewegung, will alles anschauen, runterreissen, auseinandernehmen. Homeoffice würde mit ihm richtig schwierig. Da der Kleine jetzt auch keine Kontakte zu anderen Kindern mehr hat, bin ich für ihn da, und so ist allen geholfen. Dafür wird eingekauft und sogar gekocht für mich.
Doch man ist ja nicht nur Familie.
Momentan schon. Alles andere ist auf Eis gelegt. Ich bin eigentlich sportlich immer sehr aktiv gewesen, habe früher Fussball gespielt, dann Tennis und jetzt auch noch Golf gelernt. Das Wetter wäre jetzt traumhaft, im Tennis wäre bald Interclub-Saison, doch alles ist abgesagt. Das ist frustrierend, keine sportliche Betätigung an der frischen Luft, keine Kollegen, die ich dabei treffe. Sogar unsere Jasstreffen zu viert haben wir abgesagt.
Doch viele ältere Leute sind offensichtlich noch unterwegs. Man sieht sie hier oben am Wandern und Radfahren und auch beim Einkaufen.
Das ist unvorsichtig und unverständlich. Ich habe auch schon Gruppen älterer Menschen morgens vor dem Coop stehen sehen, was ich nicht verstehen kann. Da werden vielleicht alte Ängste aus Kriegszeiten wieder aktiviert. Ich habe letzthin gelesen, dass das Angstzentrum bei gewissen Menschen das Hirn dominiert.
In meinem Bekanntenkreis halten sich alle an die Empfehlungen. Ich habe tolle Menschen um mich und da herrscht viel Solidarität.
Astrid Blümlein, Landgut enerQi, Schönenberg
Wie geht es Euch?
Uns geht es gesundheitlich gut. Wir empfinden aber einen immer tiefer werdenden Vertrauensverlust gegenüber unserem Bundesrat, der aus unserer Sicht eine Fehlentscheidung getroffen hat aufgrund von möglicherweise vorgängig falscher Beratung durch die WHO und die Stäbe des Bundesrats. Der Verlust der Grundrechte und das Aussetzen der Demokratie beunruhigt uns wesentlich mehr in Bezug auf die Zukunft der Schweiz, unserer Familie, unseres landwirtschaftlichen Betriebs und der kleinen Unternehmen, die wir führen, als die Gefahr, die von einem Coronavirus ausgeht, wie wir langsam immer mehr beobachten. Am nicht validierten Test, an den zugrunde gelegten Zahlen und deren Erhebung und an vielem mehr, bestehen erhebliche Mängel und keine Verhältnismässigkeit zu den ergriffenen Massnahmen. Eine öffentliche Diskussion wird nicht zugelassen, andere Meinungen als die offiziell bekannt gegebene werden vielfach medial unterdrückt oder diffamiert. Ein Land, das von den Nachbarländern für seine direkte Demokratie bewundert wird, lässt sich einen Maulkorb verpassen und in ein wirtschaftliches und soziales Desaster führen.
Wer arbeitet noch in Eurer Familie?
Wir arbeiten alle noch, sogar mehr als vorher, um unseren Unternehmen in diesem schwierigen Umfeld das Überleben zu ermöglichen. Natürlich haben wir in der Tierpension einen extremen Einnahmeneinbruch. Es ist eine sehr strenge Zeit. Ich musste wertvolle Mitarbeiter entlassen, um nicht in die Falle der Kurzarbeit zu geraten. So geht die enerQi nicht Konkurs und die Mitarbeiter können ab Juni wieder zu gewissen Stellenprozenten angestellt werden. Wir eröffnen uns permanent neue Geschäftsbereiche und hoffen so zu überleben. Die Internetpräsenz wurde erweitert, ein Webshop und Webinare sind entstanden. Auf dem Hof arbeiten wir fleissig; wertvolle Nahrungsmittel (Gemüse, Obst) sind jetzt ein hohes Gut und wachsen und gedeihen prächtig.
Habt Ihr jetzt mehr Zeit für die Tiere, resp. den Hof?
Wir haben gleich viel Zeit für die Tiere wie vorher, würde ich meinen. Wir nehmen uns jede Zeit, die wir vorfinden, für den Anbau der Nahrungsmittel. Es ist schön, die eigenen Setzlinge wachsen zu sehen und dann in die gut vorbereitete Erde zu setzen, in der es von Regenwürmern wimmelt. Unsere Töchter sind mit vollem Elan und ganzem Herzen dabei. In der Coronazeit haben viele Menschen mehr Zeit für das Sein in der freien Natur. Wir haben dadurch mehr Spaziergänger, die vorbeiwandern und sich für unsere Tiere und den Betrieb interessieren.
Welche Einschränkungen oder Folgen hat die Coronakrise auf Euren Hof, auf die Tiere, allenfalls deren Versorgung?
Das können wir zurzeit noch nicht vollständig abschätzen. Je länger der Verlust der Grundrechte dauert und damit die Einschränkung der Freiheit, desto länger können wir z.B. keine Wanderungen mit Tieren anbieten und keine Events. Wir empfangen zurzeit keine Besucher direkt auf dem Landgut. Gespräche entwickeln sich über den Zaun in «social distancing». Vielen Besuchern gibt auch ein Gespräch mit den Tieren oder das Streicheln der Tiere Kraft. Die Versorgung der Tiere für dieses Jahr sollte sichergestellt sein, sofern wir kein so trockenes Jahr erleben wie 2018.
Sind schon längerfristige Folgen absehbar?
Das kommt darauf an, wie lange der Lockdown dauert und wie, ob er gar nach einer vorübergehenden Lockerung wieder angeworfen wird.
Wie sehr schottet Ihr Euch ab?
Zu Besuchern oder Spaziergängern halten wir den vorgeschriebenen Abstand. Wir befolgen die vorgeschriebenen Regeln eines Versammlungsverbots. In der Tierpension arbeiten wir einzeln, die Tiere werden über einen vorgeschalteten Bereich übergeben, der Tierhalter bleibt ausserhalb der Pension, der Tierpfleger empfängt das Tier innen. In der Praxis arbeite ich über telefonische Beratungen.
Gibt es auch positive Entwicklungen zu beobachten?
Oh ja. Sogar sehr viele! Vieles, was als selbstverständlich empfunden wurde, wird wieder geschätzt. Die Knappheit von bestimmten Produkten zeigt uns, wie wertvoll es ist und wie glücklich wir uns schätzen können, ein Landgut zu führen und für Nahrungsmittel, auch für die Bevölkerung um uns herum, sorgen zu können, falls dies notwendig würde. Einiges, was wir erst zu einem späteren Zeitpunkt getan hätten, wurde jetzt schon verwirklicht oder zumindest in die Wege geleitet. Die positive Ausstrahlung der Tiere auf die Wandernden – vielfach komplette Familien, die wir sonst in seltenen Fällen gemeinsam unterwegs sahen – ist unglaublich. Das «social distancing» zwischen Menschen ermöglicht den Landgut-Tieren mehr Nähe und Streicheleinheiten als je zuvor. Diese wachsende Herzlichkeit zwischen Menschen und Tieren erfreut uns jeden Tag aufs Neue. Auch besonders ältere Menschen, denen ja zurzeit der Kontakt zu ihren Enkeln und Familien unterbunden wurde, geniessen den körperlichen Kontakt zu unseren Tieren. Um älteren Menschen, die seit Wochen von der Umwelt und ihren Familien abgeschottet im Altersheim leben, eine Freude zu machen, dürfen wir mit unseren Altershoftieren einen Besuch abstatten, natürlich unter den erforderlichen Abstands- und Hygieneregeln für Menschen. Der Zusammenhalt in der Familie und in den Unternehmen ist gross. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Die Solidarität von anderen Menschen, die unsere Tierpension oder auch das Landgut nicht verlieren möchten, wächst und gibt uns eine tiefe Kraft und den nötigen Mut in eine für jeden Bürger wackelige Zukunft zu gehen und die kommenden Herausforderungen der vielfältigsten Art für uns alle positiv zu meistern.
Annahita de la Mare, Kinderbuchautorin
Meine tägliche Arbeit ist normalerweise aufgesplittet in meine Tätigkeit als Kinderbuchautorin, also Schreiben, und der Betreuung der Kinder, wenn sie von der Schule nach Hause kommen.
Die Schulbesuche sind jetzt leider für die nächsten Zeit gestrichen. Schreiben kann ich, wenn die Kinder zuhause sind, nicht so gut.
Das Homeschooling funktioniert bei uns so: Ich habe zwei Kinder (Olivia, 7, und Emilia, 6) und beide bekommen Hausarbeit von der Schule. Zwei Stunden am Tag sind dafür reserviert, meistens am Vormittag, und das geht ganz gut. Ich muss meistens neben meinen Töchtern sitzen, während sie arbeiten, obwohl ich mir sicher bin, dass sie sehr selbstständig sind in der Schule! Aber das ist nur während dieser zwei Stunden, danach spielen sie einfach miteinander.
Eigentlich gehen die Kinder mit dieser Situation ziemlich gut um. Es ist für sie ein bisschen wie in den Sommerferien.
Ich denke, wir sind sehr, sehr, sehr privilegiert, dass wir einen Garten mit Trampolin haben. Die Kinder hüpfen stundenlang darauf herum. Und sonst spielen sie sehr viel mit Lego. Sie streiten momentan aber schon auch relativ viel!!
Wo sind Eure Eltern/Grosseltern?
Die Grosseltern sind alle im Ausland. Es geht ihnen gut. Ich rede jeden Tag mit meinen Eltern in England. Dort ist es viel schlimmer als hier, und ich mache mir schon Sorgen um sie, aber sie halten sich an die Regeln und kommen so hoffentlich gut durch.
Kontakt zu Freunden?
Wir sehen unsere Freunde nur via Videokonferenz.
Wir leiden nicht sonderlich darunter. Ich bin in unserer Familie, die «Sozialste» und ich halte den Kontakt mit Freunden eben mit Videokonferenzen aufrecht. Eigentlich rede ich so vermehrt auch mit Leuten, mit denen ich schon Jahre lang nicht mehr gesprochen habe. Das ist echt schön.
Befürchtungen?
Ja, dass viele Leute in der nächsten Zeit von der Wirtschaftskrise hart getroffen werden. Das tut mir schon leid. Und ich habe schon Angst um unsere älteren Angehörigen, da diese alle in Gebieten wohnen, die stark betroffen sind von Corona
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Dass wir nicht immer die Billigflüge nehmen müssen, um Zeit miteinander zu verbringen. Aber ich weiss, das ist eine privilegierte Ansicht, da wir selber einen Garten haben und das Wetter sehr schön ist. Das ist natürlich nicht immer der Fall.
Nadja Dougan-Schuler, Lehrerin, Schönenberg
Wie kommst Du mit der momentanen Krisensituation klar?
Es geht mir soweit gut. Ich bin gesund und meine Familie auch. Wir sind in der privilegierten Lage, dass wir ein sehr schönes Zuhause haben und genügend Platz haben, einander auch mal aus dem Weg zu gehen.
Als Lehrerin hast Du ja möglicherweise noch mehr zu tun?
Ja, ich würde sagen, dass ich im Moment statt 70% etwa 90% arbeite.
Was stellt das Homeschooling für Anforderungen an Dich/die Lehrer?
Wir müssen komplett anders planen und die Abläufe sind sehr komplex. Wir müssen verschiedene Plattformen nutzen und auch in Kauf nehmen, dass nicht alle Kinder die gleichen Voraussetzungen haben. Wir treffen aber auch sehr gute Zusammenarbeit mit den Eltern, die es ja momentan auch nicht gerade einfach haben.
Manche glauben ja, dass jetzt die Eltern Euren Job erledigen müssen? Ist das so?
Sie müssen sicher einen Teil unseres Jobs übernehmen. Viele haben grosse Dankbarkeit ausgedrückt, für die Arbeit, die wir normalerweise leisten. Die Eltern machen täglich den Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Haushalt. Das ist je nachdem eine sehr grosse Herausforderung für alle Beteiligten.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Wie schon erwähnt, hat alles auch positive Seiten. Ich persönlich habe viel im technischen Bereich gelernt, aber auch die Solidarität der Menschen zu spüren bekommen. Das zeigt mir, dass wir Menschen zu Grossem fähig sind oder sein könnten.
Finley, 17, 2. Lehrjahr als Informatiker, Sohn von Nadja
Hast Du Homeschooling?
Ja, ich habe Berufsschule und BMS in Online-Lektionen und -Aufträgen und sonst arbeite ich von zu Hause.
Was geschieht mit Euren Abschlüssen?
Da ist man noch am Schauen, wie lange das noch dauert. Aber mich betrifft es nicht so sehr, weil ich im 2. Lehrjahr noch keine Fächer abschliesse. Den Lehrern ist es aber wichtig, dass wir im Stoff nicht in Rückstand geraten, damit wir dann unsere Berufsmatura abschliessen können.
Seht Ihr noch Freunde?
Ich sehe eigentlich fast nie jemanden. Gestern habe ich mich mal wieder mit einem Freund getroffen. Das fehlt mir und anderen Jugendlichen. Sonst stehen wir mit Facetime oder so in Kontakt.
Befürchtungen?
Dass es noch sehr lange geht.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Dass die Menschheit nicht auf so etwas vorbereitet ist …
Francesca, 16, Gestalterischer Vorkurs F+F,
Tochter von Nadja
Hast Du homeschooling?
Arbeitest Du zuhause (Lehre?)
Ja, ich bekomme jeden Morgen um ca. 9.15 Uhr ein Mail mit einem Auftrag für den Tag, die Woche oder ein paar Tage. Wir reichen dann die Arbeiten zum vereinbarten Zeitpunkt wieder ein.
Was geschieht mit Euren Abschlüssen?
Das Diplom und das Zeugnis werden wir bekommen. Das Abschlussprojekt wird mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht stattfinden. Eventuell online – aber es sieht nicht gut aus.
Siehst Du noch Freunde?
Nein, und ich vermisse sie mega fest. Wir sagen es uns auch jeden Tag. Es wäre schon schön, jetzt bei ihnen zu sein, sie zu umarmen und so. Aber ich weiss ja, dass es wieder vorbei geht.
Befürchtungen?
Ja, ich habe Angst, dass es zu lange geht und die Menschen durchdrehen. Aber der Umwelt tut es gut und uns tut es eigentlich auch nicht so sehr schaden.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Die Schweiz kann die Schweiz etwas mehr schätzen. Wir haben es nämlich so schön hier, das merkt man jetzt erst richtig. Unsere Freunde sollten wir mehr schätzen. Hätte ich damals gewusst, dass ich meine Freunde das letzte Mal für lange Zeit sehe, hätte ich sie noch mehr umarmt.
Nun geht die Corona-Krise und das Abstandhalten schon in die siebte Woche. Seit dem 16. März bleiben wir schweizweit möglichst zuhause, um uns und andere zu schützen und das Gesundheitssystem möglichst nicht zu be- oder gar zu überlasten.
Wie geht es den Leuten vom Dorf, von Schönenberg und Hütten in dieser Krise? Was tun sie in dieser Zeit der sozialen Distanz, der Angst und der wirtschaftlichen Ungewissheit? Wie leben Familien mit dem Homeschooling und dem Homeoffice? Wie schützen sich die älteren Menschen und Risikofälle? Worauf können wir bauen, was hält uns aufrecht? Ich habe einige gefragt. Hier sind ihre Antworten:
Hanna Steinegger: Corona oder die unheimliche Krone
Hätte mir vor einem Jahr jemand vorausgesagt, dass ich als Hochrisikoperson eingestuft und deshalb zu Hausarrest verknurrt würde, ich hätte ungläubig den Kopf geschüttelt. Plötzlich hat das Wort Pandemie eine wieder erwachte Bedeutung.
Inzwischen ist zum Hausarrest noch vieles mehr dazugekommen. Ein für unsere Augen unsichtbares Lebewesen, ein Virus names Corona, hat die Welt aus den Fugen gehoben. Was Klimademonstrationen nicht fertig gebracht haben, schaffte dieses Wesen mit links. Und das gleich global. Anfänglich nicht wirklich ernst genommen, macht mittlerweile die Angst vor einer Ansteckung die meisten von uns gehorsam. Was der Bund befiehlt, wird eingehalten.
Flugzeuge bleiben am Boden, Menschenansammlungen sind verboten, Läden verbarrikadiert. Einschränkungen wohin man blickt. Grosseltern dürfen ihre Enkel nicht sehen. Gut, dass es Skype gibt. In den Medien gibt es praktisch kein anderes Thema mehr. Corona dominiert den Äther. Theorien lösen einander ab. Eine Fernsehmoderatorin meinte letzthin mit einem Lachen, da ja auch die Coiffeursalons schliessen mussten, gäbe es mit der Zeit keine Blondinen mehr.
Eltern stürmen mit ihren Kindern die Wälder, um sich vom Stress des «Homeschooling» zu erholen. Wohnstuben werden zu Büros. Den Begriff «Homeoffice» kennt inzwischen jedes Kind. Abstand halten ist Vorschrift, mindestens zwei Meter sollten es sein. Wehe es hustet oder schneuzt einer öffentlich. Ein Glück, dass das Vermummungsverbot kein Thema ist. Man trägt schliesslich jetzt Maske.
An sich kann ich gut leben mit der Quarantäne, zumal ich längere Zeit krank war und die Zwangspause mir die nötige Ruhe verschafft, die ich zur Erholung brauche.
Natürlich gibt es Dinge, die mich nerven. Nicht mehr spontan im nächsten Laden einkaufen zu können, ist nur eine der vielen Einschränkungen, mit denen wir fertig werden müssen. Auch der Gedanke an die vielen, dem Untergang geweihten Unternehmen, oder an Menschen, die mit Kurzarbeit oder ohne Job dastehen, wirft Fragen auf: Wie sieht wohl dann die anschliessende «Normalität» aus? Befindet sich das nächste Virus bereits in den Startlöchern?
Vielleicht aber bringt uns Corona das Bewusstsein zurück, dass es auch ausserhalb der grenzenlosen Mobilität Schönes gibt. Dass die Luft sauberer ist, dass die Natur sich erholen kann.
Bernard Aebi, Präsident des Quartiervereins Hütten
Wie engagiert sich der Quartierverein Hütten in dieser Krisensituation?
Der Quartierverein wurde schon früh in der Krise von Waedistark.ch kontaktiert und so auf das Angebot aufmerksam gemacht. Ohne lange zu Zögern haben wir uns der Bewegung angeschlossen und verweisen auch auf unserer Webseite auf diese organisierte lokale Nachbarschaftshilfe. Nebst diesem Angebot kann auch weiterhin unser Kummerkasten benutzt werden, falls das Angebot von Waedistark.ch aus irgendeinem Grund für die Situation nicht passend wäre. Meines Wissens wurde bislang davon kein Gebrauch gemacht.
Ich habe vor Kurzem die Ausbildung als Mental Health First Aider abgeschlossen und habe mich entsprechend unter Waedistark.ch eingetragen. First Aider (Ersthelfende) können anderen Personen bei psychischen Problemen Erste Hilfe leisten.
Mir persönlich geht es den Umständen entsprechend gut. Die ganze Familie ist gesund zu Hause und auch unsere Wohnsituation ist sehr komfortabel. Ich arbeite seit gut einem Monat im Homeoffice, was im Grundsatz gut funktioniert. Die Arbeitsbelastung hat eher zugenommen, da die Gespräche mit den Mitarbeitern und Kollegen meistens länger dauern als zuvor.
Wie geht es der Familie?
Die Kinder haben sich mittlerweile gut auf die neue Situation eingestellt. Skype und Videochat gehören schon fast zur Alltagsroutine. Auch der Musikunterricht funktioniert via Skype sehr gut. Da wir Eltern beide im Homeoffice arbeiten stellt die Betreuung aber schon eine grosse Herausforderung dar. Alle Aufgaben wie Arbeit, Schule und Betreuung, Kochen und Haushalt vermischen sich und so wird der Arbeitstag gefühlt zur Arbeitswoche, die am Montag Morgen beginnt und Freitag Abend wieder aufhört. Da braucht es viel Disziplin, diesen Rhythmus zu durchbrechen und sich auch wieder mal einen Moment für sich selber zu gönnen.
Ist Angst ein Thema?
Ich habe keine Angst vor dem Virus, aber dennoch grossen Respekt davor, dass ich möglicherweise das Virus ohne zu Wissen verbreiten und so andere Menschen gefährden könnte.
Pflegen Sie noch Kontakte zu Freunden, anderen Menschen?
Wir versuchen uns als Familie so gut wie möglich zu isolieren und jeglichen Kontakt zu Freunden oder Nachbarn zu minimieren, bzw. nur aus sicherer Distanz zu pflegen. Unsere Regierung hat sich aus gutem Grund zu einer einigermassen verträglichen Suppressionsstrategie entschieden und wir sollten dieser Massnahme und Empfehlung unbedingt Folge leisten. Die sogenannte Basisreproduktionsrate muss auf einen Wert unter 1 gedrückt werden, d.h. eine infizierte Person steckt im Durchschnitt weniger als eine neue Person an. Dadurch können wir wertvolle Zeit gewinnen, welche genutzt werden kann, um die Testverfahren zu verbessern, Nachverfolgungsmethoden auszubauen, Kapazitäten im Gesundheitswesen aufzubauen, und Forschung zu betreiben, um möglichst bald geeignete Impfstoffe und Medikamente auf den Markt zu bringen.
Befürchtungen?
Ich befürchte, dass noch nicht alle Menschen verstehen wollen, weshalb unsere Regierung solchen Massnahmen erlassen hat und somit die Empfehlung nicht strikt genug befolgen. Es geht aus meiner Sicht nicht um richtig oder falsch, sondern alleine darum sich solidarisch in der Gruppe zu verhalten, um so die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das ist immer einfach gesagt und kann aufgrund persönlicher Situationen nicht immer priorisiert werden, aber ich denke jeder kann dazu beitragen, nicht absolut notwendige Aktivitäten und Kontakte einzuschränken oder ganz einzustellen.
Was können wir aus dieser Krise lernen?
Eine solche Krise birgt auch immer Gefahr, dass das entstandene Ungleichgewicht durch starke Reaktionen zu einer weiteren Krise führt (wie damals die 1920er Wirtschaftskrise zum 2. Weltkrieg).
Andererseits ist die Welt ruhiger geworden und an manchen Orten hat sich die Natur sehr schnell und beeindruckend erholt.
Letztendlich können wir nur etwas daraus lernen, wenn wir die Handlungen und Auswirkungen reflektieren und es wird sich zeigen, ob wir diese Möglichkeit zum Guten oder weniger Guten für uns Menschen nutzen werden.
Eigene Gedanken?
Ich habe aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit bei der Swiss Re eine sehr klare Vorstellung, was in so einer Situation zu tun wäre, da wir uns von Berufes wegen mit solchen Situationen auseinandersetzen. Gerne verweise ich hier auf den Artikel ‹The Hammer and the Dance› von Tomas Pueyo, welcher aus meiner Sicht klar und statistisch unterlegt aufzeigt, was man in solchen Situationen überhaupt für Möglichkeiten hat.
Christine und Ueli Landis, pensioniert
Ueli, Du als Präsident des Dorfvereins, wie siehst Du dessen Aufgabe in dieser Krisensituation? Nachbarschaftshilfe? Was allenfalls noch?
Letztlich sind die Aufgaben unseres Vereins in den Statuten festgehalten: «Der Verein organisiert oder unterstützt kulturelle, gesellschaftliche oder gemeinnützige Veranstaltungen und Aktivitäten in Schönenberg ZH. Mit seiner Arbeit stärkt er das Gemeinschaftsgefühl und übernimmt im Rahmen seines Zwecks sowie seiner personellen und finanziellen Möglichkeiten Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit.»
Unser Angebot mit der Nachbarschaftshilfe entspricht dieser Zweckbestimmung optimal, so wie im seuchenfreien Alltag auch unsere anderen Aktivitäten. – Die Krise mobilisiert hoffentlich noch vermehrt Solidarität und Hilfsbereitschaft, die wir nach Möglichkeit gerne in unserem Verein bündeln und koordinieren.
Wie geht es Euch in der momentanen Krise?
Wir haben fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen, denn uns geht es beinahe unanständig gut: Da die Agenda nahezu leer ist und da wir uns von den jüngeren Generationen fernhalten sollen, haben wir uns in unser Ferienhäuschen im Toggenburg zurückgezogen. Hier ist im Moment wunderbares Wetter und wir entwickeln so etwas wie Feriengefühle. Wenn wir frische Luft schnuppern und Sonne tanken, ist es hier gar keine Schwierigkeit, Abstand zu wahren. Also, uns geht es wirklich gut und wir fühlen uns privilegiert, dass wir dies so haben dürfen. Als Pensionierte haben wir keine Arbeits- und Einkommenssorgen, als in verschiedenen Bereichen freiwillig für die Gemeinschaft Tätige haben wir zum Teil verordnete Pause und als Grosseltern ebenso.
Ueli, Du gehörst zur Risikogruppe. Wie geht es Dir damit? Triffst Du besondere Schutzvorkehrungen?
Christine und ich haben uns wie gesagt aus dem Betrieb herausgenommen und wir meiden körperliche Nähe mit anderen Leuten. Beim Einkaufen oder allgemein an Orten, wo auch andere Leute verkehren, achten wir auf strikte Einhaltung der Grundregeln des BAG.
Wie geht es Eurer Familie? Ihr habt ja auch Enkel, die ganz nah wohnen. Gibt es da noch Kontakt?
Wir wohnen mit den Familien unserer zwei ebenfalls im Neubad wohnenden Söhne so nahe zusammen, dass wir die Distanzregeln insbesondere mit den Enkelkindern kaum einhalten könnten. Daher haben wir hier im Toggenburg das Weite gesucht und die Kontakte zu all unseren Familienmitgliedern finden fast ausschliesslich über Medien statt.
Christine, Deine Eltern sind im Pflegeheim. Du kannst sie wohl momentan nicht besuchen. Wie schwer ist das für Dich und sie?
Im Pflegeheim ist es für meine Eltern schon etwas schwierig: keine Besuche von aussen, alle Pflegenden hinter Masken, Essenstische weit auseinander und kaum Gesprächspartner. So ist es nicht erstaunlich, dass meine Eltern von «Zeit totschlagen» sprechen. So geben wir halt gelegentlich an der Rezeption des Pflegeheims ein kleines Geschenk für sie ab. Unterdessen haben wir auch ein sehr einfaches Internettool für Video-Meetings gefunden. Über dieses führen wir gelegentlich Gespräche mit Sichtkontakt, manchmal sogar mit der ganzen Familie. Solche Anlässe freuen dann meine Eltern sehr und sind eine Abwechslung im jetzt oft recht eintönigen Tagesablauf. Meine Schwiegermutter bekommt täglich Besuch von der Spitex und mit Lesen, Fernsehen und gelegentlichen Aussenaufenthalten mit Sicht- und Rufkontakten zu den Familien ihrer Enkel ist sie sehr zufrieden mit ihrem Alltag.
Ist Angst ein Thema?
Angst hat in unserem Familienkreis niemand. Dass wir jetzt auch Zeit finden, uns gelegentlich grundsätzliche Gedanken zu Leben und Tod, Beziehungen, Sinnfragen und globalen Entwicklungen zu machen, das nehmen wir dankbar an.
Habt Ihr noch Kontakt zu Freunden, anderen Menschen?
Selbstverständlich haben wir noch viele Kontakte zu Verwandten, Freundinnen und Freunden und Bekannten – nur begegnen wir uns dabei nicht mehr physisch. Wir haben unsere Kompetenzen in der Nutzung sozialer Medien noch einmal ziemlich ausgebaut. Als Nebenerscheinung zu dieser Art von Kontaktpflege begrüssen wir auch den damit verbundenen Lerneffekt. Aber so positiv dies alles tönt: Wir freuen uns auf Zeiten, in denen man sich auch wieder ordentlich umarmen kann. Und: Enkel hüten ist ja manchmal recht anstrengend, aber vermissen tun wir den Kontakt mit ihnen trotzdem.
Befürchtungen?
Unsere grösste Befürchtung ist eigentlich, dass die positiven Effekte der aktuellen Krise (z.B. mehr Zeit für Grundsätzliches, Erholung von Umwelt und Natur) nach der Krise schnell verblassen. Zusätzlich befürchten wir, dass nebst dem persönlichen Leid, das viele Betroffene in der Krise erfahren, sich auch viele Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft eher verstärken könnten (Arbeitssicherheit, Löhne, Vermögen).
Was können wir aus dieser Krise lernen?
Der Hauptlerneffekt wird wohl sein, dass man sich nie in Sicherheit wiegen kann, wie es weitergeht. Trotz all unseren Versicherungen lässt sich die kommende Zeit nie versichern.
Eigene Gedanken
Wie in diesem Interview schon mehrfach betont: Unsere Stellungnahme geschieht aus einer sehr komfortablen Situation hinaus. Uns würde interessieren, wie es denjenigen Leuten geht, die von der aktuellen Krise gesundheitlich, finanziell oder in ihrer allgemeinen Befindlichkeit negativ betroffen sind. Wir denken, es ist Aufgabe von uns allen, diese Leute zu unterstützen.
Thomas Villwock, reformierter Pfarrer der Kirchgemeinde Schönenberg-Hütten
Momentan werden keine Gottesdienste mehr durchgeführt. Wie erreichst Du die Leute?
Auch Kirchgemeinden unterliegen dem Veranstaltungsverbot. Das betrifft selbstverständlich auch Gottesdienste und sämtliche Angebote für Kinder und Jugendliche. Gleich am 16. März habe ich begonnen, die Haushalte in Hütten und Schönenberg anzurufen, in denen reformierte Kirchenmitglieder über 65 Jahren leben. Das ergab viele schöne Gespräche mit bekannten und unbekannten Menschen. Hier und da konnte ich auch Nachbarschaftshilfe vom Dorfverein Schönenberg oder von der Initiative waedistark.ch der Stadt Wädenswil vermitteln.
Überhaupt findet der Kontakt zu den Leuten momentan per Telefon, Mail oder mittels anderer technischer Lösungen statt. Aber den Blumenstrauss zum 80. Geburtstag konnte ich hier und da auch vor die Tür stellen und klingeln. Mit entsprechendem Abstand konnten wir uns dann auch unterhalten. Das wirkt für alle etwas surreal – aber durchaus machbar.
Wie funktioniert die Seelsorge jetzt?
Seelsorge funktioniert jetzt eben per Telefon etc. Das gab es aber vorher auch schon. Aber auch per Mail konnte ich in den letzten Wochen gut kommunizieren und Angebote machen. Gerade die Situation rund um Abdankungen ist sehr herausfordernd für alle. Das betrifft nicht nur Fälle mit Coronainfektionen. Derzeit ist der Besuch im Spital oder im Seniorenheim sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich. Das ist für die Betroffenen vor allem beim Sterben sehr belastend. Aber auch die Tatsache, dass nur der engste Familienkreis bei der Beisetzung dabei sein darf, ist eine besondere Herausforderung. Wir hatten bis vor Ostern noch keine Beisetzung. Aber zusammen mit Pfarrkolleginnen und -kollegen konnte ich ein Ritual entwerfen, das die Möglichkeit aufzeigt, in den Tagen oder Wochen nach der Beisetzung dem persönlichen Abschied am Grab eine Form zu geben. Vorgeschlagene Formulierungen und Gebete können gesprochen oder im Stillen gelesen und meditiert werden. Vielleicht hilft auch schon der Hinweis, dass ja wenig dagegen spricht, alleine oder zu zweit an das Grab einer verstorbenen Person zu gehen und dort ganz individuell Abschied zu nehmen. Es kommt da nicht auf die Frömmigkeit oder Religion an. Wie wichtig gelingende Abschiede im Leben sind, wird in diesen Tagen wieder mehr bewusst. Und da weiss man aus Psychologie, Soziologie und der Seelsorge, dass Abschiede auch nachgeholt werden können.
Gottesdienste und Predigten werden vielerorts online gestellt. Ich biete dazu ergänzend am Donnerstagabend eine Online-Hausandacht an. Der persönlichen Frömmigkeit kommt in diesen Zeiten eine besondere Bedeutung zu. Wenn ich da unterstützen kann, ist schon viel gelungen. Ich möchte nicht anleiten, sondern vielmehr erinnern, welche Möglichkeiten uns der christliche Glaube und die reformierte Tradition bieten, und ermutigen, eigene Ressourcen zu aktivieren. Psalmen, Gebete und das Nachdenken über biblische Texte – das sind Steinbrüche für viele gute Anregungen, die jetzt helfen können. Das Bewusstsein, dass Glaube durch solche Zeiten hindurchtragen kann.
Nehmen die Menschen in solchen Zeiten vermehrt Zuflucht zum Glauben, zu Gott?
Das kann ich nicht pauschal beantworten. Aber ich beobachte in diesen Tagen immer wieder, wie Menschen in die Kirche neben dem Pfarrhaus gehen. Das haben viele auch davor getan. Jetzt scheint mir das aber etwas mehr der Fall zu sein. Auch die Bänke vor der Kirche sind immer wieder mal besetzt. Gut möglich, dass Menschen in diesen Tagen die Nähe zur Kirche und zum Glauben mehr und bewusster suchen als sonst. Wir Menschen sind sehr unterschiedlich. Jemand, der dieser Tage mehr in die Natur geht, sucht und findet dort Gott und seinen Glauben womöglich ebenso wie der, der in die Kirche kommt und persönliche Andacht hält. Die momentane Situation bietet die Chance, das zu suchen und vielleicht wieder zu entdecken, was im Leben trägt.
Wie bewältigst Du die Situation persönlich mit Deiner Familie?
Als Pfarrer bin ich Homeoffice gewohnt. Seelsorge und Gottesdienst habe ich bereits angesprochen. Meine Frau ist derzeit zu 100% im Homeoffice. Das Pfarrhaus bietet die Möglichkeit, ungestört zu arbeiten. Die Kinderbetreuung ist unverändert. Als Familie haben wir gerade mehr Zeit füreinander, was wir sehr schätzen und geniessen. Wir wünschen den vielen Familien, dass sie es ähnlich empfinden. Hier und da und vor allem dort, wo sich die Corona-Krise auch wirtschaftlich auf das private Budget auswirkt, sehen sich die Menschen nochmal ganz anderen Herausforderungen gegenübergestellt. Ich habe grössten Respekt vor den Familien, die jetzt gerade mit schulpflichtigen Kindern in einer ganz speziellen Situation und womöglich auch wirtschaftlich herausgefordert sind.
Persönlich versuche ich vorbereitet zu sein. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch in Hütten und Schönenberg Menschen durch das Corona-Virus sterben. Letztlich kann man sich da nicht wirklich vorbereiten. Sich darauf einstellen trifft es vielleicht eher: Ich befürchte das Schlimmste und hoffe das Beste.
Eigene philosophische oder religiöse Folgerungen
Derzeit solche Überlegungen anzustellen, halte ich für verfrüht. Ich versuche mit den Menschen im Berg so gut es geht unterwegs zu sein. «Die» Sicht der reformierten Kirche gibt es nicht. Die reformierte Tradition lebt davon, dass vor Ort und in der Situation von den Verantwortlichen für und mit den Menschen in Übereinstimmung mit der biblischen Überlieferung und den reformatorischen Erkenntnissen um das Richtige und Gebotene gerungen wird. Das versuche ich. Ob es gelingt? Sicher nicht immer.
Ruth Chautems, Schönenberg, koordiniert die Nachbarschaftshilfe
Ich koordiniere die Nachbarschaftshilfe von Schönenberg. Es sind aktuell 12 Helfer, welche verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Am meisten ist Einkaufen gefragt, dann auch Medikamente abholen und dringende Briefe zur Post bringen.
Die Menschen, die unsere Hilfe möchten, rufen bei mir an und schildern mir ihr Anliegen. Darauf sende ich den Wunsch per WhatsApp an die Helfer, wer die Aufgabe übernehmen kann nimmt direkt Kontakt mit der betreffenden Person auf. Diese regeln alles Weitere untereinander. Die anderen Helfer sehen dann in der Gruppe, dass der Auftrag übernommen worden ist. Bei der Auslieferung werden die Abstandsregeln eingehalten, indem man die Sachen vor die Türe stellt oder im Briefkasten deponiert.
Margaretha Ritter aus Hütten, 67, pensioniert
Wie geht es Dir in dieser Krise?
Ich halte gerade einen Moment inne – es geht mir gut – ich bin nicht allein. Da ist mein Mann, mit dem ich Entscheidungen oder getroffene Massnamen diskutieren kann, sowohl private, wie auch all die Vorschriften und Empfehlungen die getroffen sind und werden. Da schätze ich mich sehr glücklich!
Gehörst Du zur Risikogruppe und wenn ja, wie gehst Du damit um?
Ja, ich gehöre zur Risikogruppe. Ich werde 67 Jahre alt. Es ist so, wie es ist.
Wie sehr schützt Du Dich und schottest Dich allenfalls ab?
Händewaschen, so wenig Kontakt wie möglich – aber ich fühle mich nicht isoliert.
Wie eng ist der Kontakt zur Familie?
Am Ostersonntag war ein Familienbrunch geplant. Wir haben ihn abgesagt, weil da zu viele Personen zusammen gegessen wären.
Hast Du noch Aussenkontakte?
Ein Osternest für die zwei Jungs mit «Böllehuut» verzierten Eiern ist Tradition.
Der eine kam über Mittag und der andere Sohn am Abend, um den moosgeschmückten Teller abzuholen. Wir sassen auf dem Sitzplatz mit Blick auf Hüttner- und Zürichsee und haben die Gespräche und den Sonnenschein genossen. Für den Kontakt nach Aussen wurden Internet und WhatsApp auch wichtig! Mit einer Freundin aus Schönenberg ist der Kontakt täglich. Da kann ich schmunzeln, nachdenklich sein oder lachen. Vreny, vielen herzlichen Dank!
Arbeitest Du noch?
Nein, ich bin pensioniert und habe die Gesundheitsmassagen abgesagt. Die kirchlichen Tätigkeiten sind eingeschränkt und der Senioren-Mittagstisch findet auf Weiteres auch nicht statt. Vom Besuchsdienst Schönenberg-Hütten und von der Pro Senectute Hütten aus werden die zu Besuchenden mit Telefonaten überrascht. Da ist die Freude auf beiden Seiten spürbar.
Hast Du Möglichkeiten Dich zu beschäftigen? Was geht momentan nicht? Was geht? Was hast Du Dir neu erschlossen?
Ich bin im Garten. Mit meinen drei Jassgruppen treffe ich mich einmal im Monat.
Das geht jetzt leider nicht. Nach Rueun fahren und weiter das Häuschen sanieren.
Unser Nachbar da ist der verlassene Fussballplatz, der Rhein und der Wald. Wir nennen den Ort, little Kanada. Da gefährden wir niemanden und uns auch nicht.
Das nächste Haus ist der Bahnhof und der ist ein Kilometer entfernt. Ich lese viel, kann meine liegengebliebenen Näharbeiten in Angriff nehmen!
Hast Du Angst?
Angst ist kein guter Ratgeber. Doch ich habe grossen Respekt vor dieser schwierigen Situation. Die Bundesräte und die Menschen, die Entscheidungen treffen müssen, nicht mit einer Etikette zu versehen oder in eine «Schublade» zu stecken, ist gerade eine Aufgabe von mir.
Gehst Du selber einkaufen?
Wie funktioniert in Hütten die Nachbarschaftshilfe?
Unser Sohn hat uns angeboten, einkaufen zu gehen. Im Volg Hütten tätige ich meine Einkäufe noch selber. Da sind zwei bis vier Menschen am Einkaufen, da habe ich vertrauen, dass ich niemanden anstecke und selber gesund bleibe. Da sind die verschiedenen Organisationen tätig, Pfarrer Thomas Villwock von der Kirchgemeinde und man kann seine Bestellung im Volg aufgeben und dann abholen. Ich weiss, eine Hüttnerin geht in Wädenswil für Bekannte einkaufen.
Was kann uns diese Krise lehren?
Oh, ob uns das etwas lehren wird, kann ich nicht beantworten. Was ich versuchen werde: Schubladen -Etiketten und Aufkleber so gut ich es vermag, wegzulassen.
Eigene Gedanken
Wenn dir ein Fels vom Herzen fällt, so fällt er auf den Fuss dir prompt! So ist es nun mal auf der Welt: ein Kummer geht, ein Kummer kommt … (Heinz Erhardt).
Yvonne Fiedler, Gründerin von animal happyend, Schönenberg
16.3.2020, Lock down, Stillstand, Pause, soziale Distanz, Atem anhalten!! Die Pandemie ist bei uns angekommen und in Zeiten wie diesen macht sich Angst breit, so auch bei mir. Ich informiere mich viel und halte mich an die Regeln.
Hast Du Kinder und wenn ja wie gehen sie mit der Situation um?
Meine Stiefkinder sind erwachsen und leben mit ihren Partnern. Sie arbeiten im Homeoffice, und auch sie nehmen die Situation ernst und halten sich an die Regeln. Wir haben per WhatsApp-Chat Kontakt.
Wo sind Deine Eltern? Wie geht es ihnen? Seid Ihr noch in Kontakt?
Meine Eltern sind im Pflegeheim und da ist Besuch strikt verboten. Zum Glück haben wir unserem Vater auf den 90sten Geburtstag einen iPad geschenkt und das Skypen beigebracht. Dies hilft uns den Kontakt zu halten, und auch mit meiner Schwester, welche in Amerika lebt, lässt sich so der Kontakt zu den Eltern aufrechterhalten.
Hast Du Menschen in Deiner Familie, die gefährdet sind oder gar krank?
Nein, zum Glück nicht.
Seht Ihr noch Freunde?
Aus Sicherheitsgründen verzichten wir darauf. Am meisten freue ich mich auf den Tag, wo ich wieder Gäste bei uns einladen darf. Da wird dann der beste Wein im Keller aufgemacht.
Hältst Du Dich strikt an alle Regeln? Wo denkst Du gibt es gewissen Spielraum?
Mein Mann und ich halten uns strikte an die Regeln und die Empfehlungen des BAG. Meine Freiheit ist, dass ich mit meinem Hund schöne Spaziergänge in der Natur geniessen darf.
Leidest Du unter den mangelnden Sozialkontakten?
Nein das tun wir nicht. Wir haben zum Glück ein schönes Zuhause und sind in einem Alter, wo sich für uns die Situation zu vorher nicht drastisch verändert hat.
Arbeitet Ihr zuhause?
Wir arbeiten im Handel/Parfumbranche und schon immer von Zuhause aus. Dies erleichtert natürlich die Situation. Wie die wirtschaftliche Situation unser Geschäft beeinflussen wird, stellt sich noch heraus.
Deine Herzensangelegenheit ist animal happyend. Wie ist die Situation für die Hunde/Tiere momentan?
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Massnahmen – deshalb haben wir uns entschieden weiterhin im Rahmen des Möglichen unsere Arbeit im Tierschutz zu tätigen. Doch wie geht es in Ungarn im Tierheim weiter? Innerhalb von wenigen Tagen hat sich alles geändert. Ca. 70 Hunde warten auf ihr neues Zuhause in der Schweiz und in Deutschland. Und täglich kommen neue Hunde ins Tierheim.
Werden noch mehr Tiere ausgesetzt?
Nein, dies können wir so nicht sagen. Es kommen täglich nicht weniger und nicht mehr Hunde ins Tierheim. Vielleicht weil die Menschen zu Hause sind und die ausgesetzten Tiere nicht wahrnehmen können oder weil tatsächlich die Leute Zeit für ihre Tiere haben?
Sind die Hunde schwerer zu vermitteln oder gar leichter, weil in manchen Ländern nur noch die Hundebesitzer an die frische Luft dürfen? Ist das gar ein Grund sich noch schnell einen Hund zuzulegen, den man dann nachher nicht mehr will?
So viele tolle Menschen warten auf ihre Vierbeiner aus dem Tierschutz. Die Vorkontrollen können wir durchführen und so vermeiden wir, dass wir Hunde an Leute vermitteln, welche aus lauter Langeweile nichts anderes zu tun wissen, als einen Hund zu adoptieren und dieser dann wieder in einem Tierheim landet, wenn Corona vorbei ist und der Alltag wieder Normalität aufnimmt. Dies ist uns ganz wichtig!
Könnt Ihr Eure Transporte von Ungarn in die Schweiz noch durchführen?
Für animal-happyend und die Hunde ist die Grenze offen!! Alle Anforderungen und Bedingungen der Behörden wurden erfüllt und wir konnten am 3. April unter speziellen Umständen 37 Hunde in die Schweiz bringen und ihre neuen Besitzer durften sie endlich in den Arm schliessen.
Zu bedenken ist, dass die armen Leute vor Ort bald nicht mehr ihre Hunde halten können. Eine finanzielle Krise trifft unaufhaltsam auf die Tiere. Wir brauchen Futter für die Privatleute, noch mehr Futter für unser Tierheim und daher ist jede Spende willkommen.
Werden die Menschen weniger spenden, jetzt wo viele um die eigene Existenz fürchten? Kann man generell sagen, dass der Mensch, dem es selber schlecht geht, sich weniger um das Wohlsein seiner Tiere kümmert?
Das Gegenteil erfahren wir, und wir danken allen Menschen, welche in dieser schweren Zeit auch an die Tiere denken und uns unterstützen!
Befürchtungen?
Wir sind überzeugt, dass die Krise vorbei geht und der Moment kommen wird, da auch diese schwierige Zeit Geschichte ist. Solidarität ist dann das Wort, welches uns in Erinnerung bleibt. Wir werden uns nach wie vor für die Armen unter uns einsetzen, im Falle von animal happyend für die Hunde in Not.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Wir werden durch jede Krise stärker. Der Mensch wird sich hoffentlich wieder auf das Elementare besinnen: Die Natur zu achten und Tiere zu respektieren! Und ich hoffe, dass die Menschen, egal ob im Beruf oder privat, wieder lernen, dass Respekt wichtig ist, damit wir uns als Person wertgeschätzt fühlen. Respekt ist eine Investition. Nur wer bereit ist, einen respektvollen Umgang zu pflegen, kann erwarten, dass ihm dasselbe zuteil wird.
Willi Schilling, 74, ehemaliger Gemeindepräsident von Schönenberg
Willi Schilling gehört mit 74 Jahren klar zur Risikogruppe.
Auf die Frage, wie es ihm geht, antwortet er spontan: «Ich bin alt» und muss lachen.
«Aber ich fühle mich gesund,» fährt er fort. «Trotzdem ist es momentan ein bisschen wie im «Chefig». Ich habe gelernt allein zu sein und schätze es teilweise auch. Aber meine Freunde nicht mehr sehen zu können, das fällt mir auf die Dauer schon schwer.»
Im Schönenberg sieht man Willi Schilling oft auf Spaziergängen mit seinem Enkel. Ist das noch möglich?
«Ich wohne zum Glück sehr nah bei meiner Tochter und ihrer Familie. Das ist momentan mein Bezugspunkt, und dafür bin ich auch froh und dankbar. Alle anderen Aussenkontakte habe ich abgebrochen. Ich hüte meinen kleinen Enkel Nino. So kann ich meine Tochter und ihren Mann entlasten. Der Kleine ist eineinhalb und sehr lebendig, immer in Bewegung, will alles anschauen, runterreissen, auseinandernehmen. Homeoffice würde mit ihm richtig schwierig. Da der Kleine jetzt auch keine Kontakte zu anderen Kindern mehr hat, bin ich für ihn da, und so ist allen geholfen. Dafür wird eingekauft und sogar gekocht für mich.
Doch man ist ja nicht nur Familie.
Momentan schon. Alles andere ist auf Eis gelegt. Ich bin eigentlich sportlich immer sehr aktiv gewesen, habe früher Fussball gespielt, dann Tennis und jetzt auch noch Golf gelernt. Das Wetter wäre jetzt traumhaft, im Tennis wäre bald Interclub-Saison, doch alles ist abgesagt. Das ist frustrierend, keine sportliche Betätigung an der frischen Luft, keine Kollegen, die ich dabei treffe. Sogar unsere Jasstreffen zu viert haben wir abgesagt.
Doch viele ältere Leute sind offensichtlich noch unterwegs. Man sieht sie hier oben am Wandern und Radfahren und auch beim Einkaufen.
Das ist unvorsichtig und unverständlich. Ich habe auch schon Gruppen älterer Menschen morgens vor dem Coop stehen sehen, was ich nicht verstehen kann. Da werden vielleicht alte Ängste aus Kriegszeiten wieder aktiviert. Ich habe letzthin gelesen, dass das Angstzentrum bei gewissen Menschen das Hirn dominiert.
In meinem Bekanntenkreis halten sich alle an die Empfehlungen. Ich habe tolle Menschen um mich und da herrscht viel Solidarität.
Astrid Blümlein, Landgut enerQi, Schönenberg
Wie geht es Euch?
Uns geht es gesundheitlich gut. Wir empfinden aber einen immer tiefer werdenden Vertrauensverlust gegenüber unserem Bundesrat, der aus unserer Sicht eine Fehlentscheidung getroffen hat aufgrund von möglicherweise vorgängig falscher Beratung durch die WHO und die Stäbe des Bundesrats. Der Verlust der Grundrechte und das Aussetzen der Demokratie beunruhigt uns wesentlich mehr in Bezug auf die Zukunft der Schweiz, unserer Familie, unseres landwirtschaftlichen Betriebs und der kleinen Unternehmen, die wir führen, als die Gefahr, die von einem Coronavirus ausgeht, wie wir langsam immer mehr beobachten. Am nicht validierten Test, an den zugrunde gelegten Zahlen und deren Erhebung und an vielem mehr, bestehen erhebliche Mängel und keine Verhältnismässigkeit zu den ergriffenen Massnahmen. Eine öffentliche Diskussion wird nicht zugelassen, andere Meinungen als die offiziell bekannt gegebene werden vielfach medial unterdrückt oder diffamiert. Ein Land, das von den Nachbarländern für seine direkte Demokratie bewundert wird, lässt sich einen Maulkorb verpassen und in ein wirtschaftliches und soziales Desaster führen.
Wer arbeitet noch in Eurer Familie?
Wir arbeiten alle noch, sogar mehr als vorher, um unseren Unternehmen in diesem schwierigen Umfeld das Überleben zu ermöglichen. Natürlich haben wir in der Tierpension einen extremen Einnahmeneinbruch. Es ist eine sehr strenge Zeit. Ich musste wertvolle Mitarbeiter entlassen, um nicht in die Falle der Kurzarbeit zu geraten. So geht die enerQi nicht Konkurs und die Mitarbeiter können ab Juni wieder zu gewissen Stellenprozenten angestellt werden. Wir eröffnen uns permanent neue Geschäftsbereiche und hoffen so zu überleben. Die Internetpräsenz wurde erweitert, ein Webshop und Webinare sind entstanden. Auf dem Hof arbeiten wir fleissig; wertvolle Nahrungsmittel (Gemüse, Obst) sind jetzt ein hohes Gut und wachsen und gedeihen prächtig.
Habt Ihr jetzt mehr Zeit für die Tiere, resp. den Hof?
Wir haben gleich viel Zeit für die Tiere wie vorher, würde ich meinen. Wir nehmen uns jede Zeit, die wir vorfinden, für den Anbau der Nahrungsmittel. Es ist schön, die eigenen Setzlinge wachsen zu sehen und dann in die gut vorbereitete Erde zu setzen, in der es von Regenwürmern wimmelt. Unsere Töchter sind mit vollem Elan und ganzem Herzen dabei. In der Coronazeit haben viele Menschen mehr Zeit für das Sein in der freien Natur. Wir haben dadurch mehr Spaziergänger, die vorbeiwandern und sich für unsere Tiere und den Betrieb interessieren.
Welche Einschränkungen oder Folgen hat die Coronakrise auf Euren Hof, auf die Tiere, allenfalls deren Versorgung?
Das können wir zurzeit noch nicht vollständig abschätzen. Je länger der Verlust der Grundrechte dauert und damit die Einschränkung der Freiheit, desto länger können wir z.B. keine Wanderungen mit Tieren anbieten und keine Events. Wir empfangen zurzeit keine Besucher direkt auf dem Landgut. Gespräche entwickeln sich über den Zaun in «social distancing». Vielen Besuchern gibt auch ein Gespräch mit den Tieren oder das Streicheln der Tiere Kraft. Die Versorgung der Tiere für dieses Jahr sollte sichergestellt sein, sofern wir kein so trockenes Jahr erleben wie 2018.
Sind schon längerfristige Folgen absehbar?
Das kommt darauf an, wie lange der Lockdown dauert und wie, ob er gar nach einer vorübergehenden Lockerung wieder angeworfen wird.
Wie sehr schottet Ihr Euch ab?
Zu Besuchern oder Spaziergängern halten wir den vorgeschriebenen Abstand. Wir befolgen die vorgeschriebenen Regeln eines Versammlungsverbots. In der Tierpension arbeiten wir einzeln, die Tiere werden über einen vorgeschalteten Bereich übergeben, der Tierhalter bleibt ausserhalb der Pension, der Tierpfleger empfängt das Tier innen. In der Praxis arbeite ich über telefonische Beratungen.
Gibt es auch positive Entwicklungen zu beobachten?
Oh ja. Sogar sehr viele! Vieles, was als selbstverständlich empfunden wurde, wird wieder geschätzt. Die Knappheit von bestimmten Produkten zeigt uns, wie wertvoll es ist und wie glücklich wir uns schätzen können, ein Landgut zu führen und für Nahrungsmittel, auch für die Bevölkerung um uns herum, sorgen zu können, falls dies notwendig würde. Einiges, was wir erst zu einem späteren Zeitpunkt getan hätten, wurde jetzt schon verwirklicht oder zumindest in die Wege geleitet. Die positive Ausstrahlung der Tiere auf die Wandernden – vielfach komplette Familien, die wir sonst in seltenen Fällen gemeinsam unterwegs sahen – ist unglaublich. Das «social distancing» zwischen Menschen ermöglicht den Landgut-Tieren mehr Nähe und Streicheleinheiten als je zuvor. Diese wachsende Herzlichkeit zwischen Menschen und Tieren erfreut uns jeden Tag aufs Neue. Auch besonders ältere Menschen, denen ja zurzeit der Kontakt zu ihren Enkeln und Familien unterbunden wurde, geniessen den körperlichen Kontakt zu unseren Tieren. Um älteren Menschen, die seit Wochen von der Umwelt und ihren Familien abgeschottet im Altersheim leben, eine Freude zu machen, dürfen wir mit unseren Altershoftieren einen Besuch abstatten, natürlich unter den erforderlichen Abstands- und Hygieneregeln für Menschen. Der Zusammenhalt in der Familie und in den Unternehmen ist gross. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Die Solidarität von anderen Menschen, die unsere Tierpension oder auch das Landgut nicht verlieren möchten, wächst und gibt uns eine tiefe Kraft und den nötigen Mut in eine für jeden Bürger wackelige Zukunft zu gehen und die kommenden Herausforderungen der vielfältigsten Art für uns alle positiv zu meistern.
Annahita de la Mare, Kinderbuchautorin
Meine tägliche Arbeit ist normalerweise aufgesplittet in meine Tätigkeit als Kinderbuchautorin, also Schreiben, und der Betreuung der Kinder, wenn sie von der Schule nach Hause kommen.
Die Schulbesuche sind jetzt leider für die nächsten Zeit gestrichen. Schreiben kann ich, wenn die Kinder zuhause sind, nicht so gut.
Das Homeschooling funktioniert bei uns so: Ich habe zwei Kinder (Olivia, 7, und Emilia, 6) und beide bekommen Hausarbeit von der Schule. Zwei Stunden am Tag sind dafür reserviert, meistens am Vormittag, und das geht ganz gut. Ich muss meistens neben meinen Töchtern sitzen, während sie arbeiten, obwohl ich mir sicher bin, dass sie sehr selbstständig sind in der Schule! Aber das ist nur während dieser zwei Stunden, danach spielen sie einfach miteinander.
Eigentlich gehen die Kinder mit dieser Situation ziemlich gut um. Es ist für sie ein bisschen wie in den Sommerferien.
Ich denke, wir sind sehr, sehr, sehr privilegiert, dass wir einen Garten mit Trampolin haben. Die Kinder hüpfen stundenlang darauf herum. Und sonst spielen sie sehr viel mit Lego. Sie streiten momentan aber schon auch relativ viel!!
Wo sind Eure Eltern/Grosseltern?
Die Grosseltern sind alle im Ausland. Es geht ihnen gut. Ich rede jeden Tag mit meinen Eltern in England. Dort ist es viel schlimmer als hier, und ich mache mir schon Sorgen um sie, aber sie halten sich an die Regeln und kommen so hoffentlich gut durch.
Kontakt zu Freunden?
Wir sehen unsere Freunde nur via Videokonferenz.
Wir leiden nicht sonderlich darunter. Ich bin in unserer Familie, die «Sozialste» und ich halte den Kontakt mit Freunden eben mit Videokonferenzen aufrecht. Eigentlich rede ich so vermehrt auch mit Leuten, mit denen ich schon Jahre lang nicht mehr gesprochen habe. Das ist echt schön.
Befürchtungen?
Ja, dass viele Leute in der nächsten Zeit von der Wirtschaftskrise hart getroffen werden. Das tut mir schon leid. Und ich habe schon Angst um unsere älteren Angehörigen, da diese alle in Gebieten wohnen, die stark betroffen sind von Corona
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Dass wir nicht immer die Billigflüge nehmen müssen, um Zeit miteinander zu verbringen. Aber ich weiss, das ist eine privilegierte Ansicht, da wir selber einen Garten haben und das Wetter sehr schön ist. Das ist natürlich nicht immer der Fall.
Nadja Dougan-Schuler, Lehrerin, Schönenberg
Wie kommst Du mit der momentanen Krisensituation klar?
Es geht mir soweit gut. Ich bin gesund und meine Familie auch. Wir sind in der privilegierten Lage, dass wir ein sehr schönes Zuhause haben und genügend Platz haben, einander auch mal aus dem Weg zu gehen.
Als Lehrerin hast Du ja möglicherweise noch mehr zu tun?
Ja, ich würde sagen, dass ich im Moment statt 70% etwa 90% arbeite.
Was stellt das Homeschooling für Anforderungen an Dich/die Lehrer?
Wir müssen komplett anders planen und die Abläufe sind sehr komplex. Wir müssen verschiedene Plattformen nutzen und auch in Kauf nehmen, dass nicht alle Kinder die gleichen Voraussetzungen haben. Wir treffen aber auch sehr gute Zusammenarbeit mit den Eltern, die es ja momentan auch nicht gerade einfach haben.
Manche glauben ja, dass jetzt die Eltern Euren Job erledigen müssen? Ist das so?
Sie müssen sicher einen Teil unseres Jobs übernehmen. Viele haben grosse Dankbarkeit ausgedrückt, für die Arbeit, die wir normalerweise leisten. Die Eltern machen täglich den Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Haushalt. Das ist je nachdem eine sehr grosse Herausforderung für alle Beteiligten.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Wie schon erwähnt, hat alles auch positive Seiten. Ich persönlich habe viel im technischen Bereich gelernt, aber auch die Solidarität der Menschen zu spüren bekommen. Das zeigt mir, dass wir Menschen zu Grossem fähig sind oder sein könnten.
Finley, 17, 2. Lehrjahr als Informatiker, Sohn von Nadja
Hast Du Homeschooling?
Ja, ich habe Berufsschule und BMS in Online-Lektionen und -Aufträgen und sonst arbeite ich von zu Hause.
Was geschieht mit Euren Abschlüssen?
Da ist man noch am Schauen, wie lange das noch dauert. Aber mich betrifft es nicht so sehr, weil ich im 2. Lehrjahr noch keine Fächer abschliesse. Den Lehrern ist es aber wichtig, dass wir im Stoff nicht in Rückstand geraten, damit wir dann unsere Berufsmatura abschliessen können.
Seht Ihr noch Freunde?
Ich sehe eigentlich fast nie jemanden. Gestern habe ich mich mal wieder mit einem Freund getroffen. Das fehlt mir und anderen Jugendlichen. Sonst stehen wir mit Facetime oder so in Kontakt.
Befürchtungen?
Dass es noch sehr lange geht.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Dass die Menschheit nicht auf so etwas vorbereitet ist …
Francesca, 16, Gestalterischer Vorkurs F+F,
Tochter von Nadja
Hast Du homeschooling?
Arbeitest Du zuhause (Lehre?)
Ja, ich bekomme jeden Morgen um ca. 9.15 Uhr ein Mail mit einem Auftrag für den Tag, die Woche oder ein paar Tage. Wir reichen dann die Arbeiten zum vereinbarten Zeitpunkt wieder ein.
Was geschieht mit Euren Abschlüssen?
Das Diplom und das Zeugnis werden wir bekommen. Das Abschlussprojekt wird mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht stattfinden. Eventuell online – aber es sieht nicht gut aus.
Siehst Du noch Freunde?
Nein, und ich vermisse sie mega fest. Wir sagen es uns auch jeden Tag. Es wäre schon schön, jetzt bei ihnen zu sein, sie zu umarmen und so. Aber ich weiss ja, dass es wieder vorbei geht.
Befürchtungen?
Ja, ich habe Angst, dass es zu lange geht und die Menschen durchdrehen. Aber der Umwelt tut es gut und uns tut es eigentlich auch nicht so sehr schaden.
Was können wir aus dieser Situation lernen?
Die Schweiz kann die Schweiz etwas mehr schätzen. Wir haben es nämlich so schön hier, das merkt man jetzt erst richtig. Unsere Freunde sollten wir mehr schätzen. Hätte ich damals gewusst, dass ich meine Freunde das letzte Mal für lange Zeit sehe, hätte ich sie noch mehr umarmt.