Allgemein

Frühling 2020: Ja, ich habe ihn wirklich erlebt!

Corona kannte ich bis Dato nur als Getränk. Ich genoss meine unbeschwerte Arbeit an der Kasse im Migros und freute mich, meine Stammkunden und Freunde herzen zu können. Die Medien berichteten über einen Virus, welcher in China das Leben von null auf hundert verändert. China? Ist sehr weit weg …

Doch plötzlich erlebte ich die Arbeit so, wie ich es in meinen 31 Jahren im Verkauf noch nie zu träumen gewagt hätte. Ich weiss nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Kunden plündern im wahrsten Sinne des Wortes unseren Laden. Das also sind jetzt Hamsterkäufe. Wahnsinn, was für ein Gefühl in einem emporsteigt, wenn alle so viel einkaufen. Ja, auch ich habe mich anstecken lassen. Nach 10 anstrengenden Stunden an der Kasse erlaubte ich mir 1 kg Mehl (das letzte im Gestell) zu kaufen. Am Feierabend habe ich die leeren Regale fotografiert – so etwas habe ich noch nie gesehen.

Zwei sehr intensive und ermüdende Tage sind durch. Dann der nächste Schock: 16.3.2020, «Lockdown», schon wieder so ein unbekanntes Wort. Plötzlich werden Klebebänder mit zwei Meter Abstand auf den Boden geklebt. Der Ein- und Ausgang wird neu gekennzeichnet. Kunden stehen bis zum Denner in einer Schlange, um in den Laden zu gelangen. Viel zu viele Leute im Geschäft. Polizei als Dauergast vor Ort. Was soll das? Was geschieht da? Ich sitze an meiner Kasse und tippe mir die Finger wund. Plötzlich eine Aufregung, die Kundenzahl wird sofort reduziert, die Lifte ins Parkhaus geschlossen. Jetzt ist es auch dem Letzten klar: es gilt ernst. Als ich am nächsten Tag wieder an die Kasse komme, sind bereits die Plexiglas-Scheiben zu unserem Schutz montiert. Die erlaubte Kundenzahl wurde nochmals gesenkt. Sogar die Personalkantine wurde neu organisiert und die erlaubte Personenzahl festgelegt.

Ostern stand bevor, die Grosseinkäufe gingen wieder von vorne los …  Wir sind nicht nur Kassierinnen, sondern auch Polizisten, welche immer schauen müssen, dass die Kunden an der Kasse den nötigen Abstand einhalten. Da sitzen müssen, ohne zu tippen – Corona macht alles möglich.

Nein, ich habe keine Angst vor dem Virus, aber grossen Respekt. Habe das Mehl mittlerweile für Omeletten verwendet. Es gibt ja wieder mehr als genug im Laden. Auch WC-Papier …

Teilen mit: