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Eigenständiges Wohn- und Pflegezentrum «Im Wisli» geplant

Das in die Jahre gekommene Alterszentrum «Im Wisli» genügt den heutigen Anforderungen nicht mehr und soll neu gebaut werden. Um diesem Projekt bezüglich der Finanzierung und der betrieblichen Struktur mehr Flexibilität zu garantieren, sollen zwei gemeinnützige Aktiengesellschaften gegründet werden.

Dort, wo heute das Wohnheim steht, wird das neue Pflegezentrum gebaut. Dieses wird mehr Pflegeplätze anbieten können, als es heute der Fall ist. Da die Gemeinde verpflichtet ist, ihren gesetzlichen Auftrag im Pflegebereich zu erfüllen, ist es unumgänglich, dass zuerst das Pflegezentrum gebaut wird, damit der Umzug nahtlos stattfinden und die Pflegebedürftigen permanent betreut werden können.

Nach dem Umzug ins neue Pflegezentrum wird das alte zurückgebaut und an gleicher Stelle mit dem Neubau der Wohnungen mit Service begonnen.

Die Gemeinde möchte nun für diese Unternehmung zwei gemeinnützige Aktiengesellschaften gründen, eine «Gebäude-AG» und eine «Betriebs-AG». Sie sollen den Erhalt des Gebäudekomplexes sichern und garantieren mehr Flexibilität, wodurch auch Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. Gemeindepräsident Marcel Tanner erläutert: «Jetzt, wo alles beim Steuerhaushalt liegt, wird meistens bei den Liegenschaften gespart. Dieses Sparverhalten hat dafür gesorgt, dass das ‹Wisli› den Schritt in die Zukunft verpasst hat.»

Aufgabe der «Gebäude-AG»

Die «Gebäude-AG» soll sich eigenständig um den Bau und den Erhalt der Infra­struktur des Alters- und Pflegeheimes kümmern. Sie wird einen unabhängigen Verwaltungsrat stellen mit Leuten aus dem Gemeinderat und mindestens einer Fachperson und könnte als verlängerter Arm der Liegenschaftenabteilung fungieren. «Die ‹Gebäude-AG› muss sicherstellen, dass sie genug Rückstellungen macht für allfällige Änderungen oder künftige Renovationen», erklärt Evelyn Meuter, Ressort Liegenschaften. Die Investitionssicherheit wäre mit der neuen Struktur gewährleistet.

Eigenständiges Wohn- und Pflegezentrum «Im Wisli» geplant
Alterswohnungen

Aufgabe der «Betriebs-AG»

Die «Betriebs-AG» soll das Alterszentrum eigenständig führen können mit einem Verwaltungsrat, bestehend aus einem Gemeinderatsmitglied und Fachleuten aus dem medizinischen Bereich. Dies aus dem einfachen Grund, dass dieses geschulte Personal am besten weiss, wie der Betrieb laufen soll und was es für einen reibungslosen Alltag in einem Alters- und Pflegezentrum braucht. Sie wird die Möglichkeit haben, qualifiziertes Personal schneller als bisher möglich im Betrieb einzusetzen.

Ein weiterer Vorteil sieht Melanie Züger, Ressort Gesellschaft, darin, dass bei einem positiven Rechnungsabschluss das Geld wieder direkt in die Liegenschaft selber investiert wird. Bisher floss alles in den Steuerhaushalt und wurde anderweitig eingesetzt. «Deshalb wollen wir das trennen. Das Pflegezentrum ist ein Non-Profit-Betrieb. Die erwirtschafteten Gelder werden direkt in den Betrieb des Alterszentrums reinvestiert», sagt Züger. 

Wie werden die AGs finanziert?

Ein Grundkapital wird im Vorfeld von der Gemeinde gestellt, für die benötigten Zusatzgelder übernimmt sie eine Bürgschaft bei der Bank. Die Aktien beider Aktiengesellschaften gehen zu hundert Prozent an die Gemeinde. Wie hoch die Gelder sein werden, welche tatsächlich eingeschossen werden, ist noch nicht geklärt, kann aber die Millionengrenze überschreiten. Würde die «Gebäude-AG» nicht gegründet, so liefe die gesamte Bausumme über den Steuerhaushalt und würde diesen belasten. Das Bauland im Baurecht bleibt ebenfalls bei der Gemeinde.

Wenn die Statuten der Leistungsvereinbarungen im Gemeinderat durch sind, dann geht das Projekt im Frühjahr 2020 in einer Urnenabstimmung vor das Stimmvolk. Dann wird auch klar sein, in welcher Höhe das Grundkapital sowohl für die «Gebäude-AG» wie auch der «Betriebs-AG» ausfallen wird. 

Umzugspläne

Da der Neubau des Pflegezentrums am heutigen Standort der Alterswohnungen entsteht (siehe Abbildung), müssen die Mieterinnen und Mieter umziehen. Bereits im Jahre 2017 wurden die Bewohner über den geplanten Neubau informiert. Inzwischen sind ein paar wenige privat untergekommen, ins Pflegezentrum umgezogen oder machen diesen Schritt noch vor Beginn der ersten Bauphase. Eine weitere Möglichkeit ist der Umzug im Sommer 2021 in den «Etzelblick» (Tertianum) an der Gartenstrasse. Das dortige Alterszentrum steht kurz vor dem Ausbau und wird künftig fast doppelt so viele Pflegeplätze anbieten können wie bisher.

Die Bewohner der Alterswohnungen im «Wisli» haben im «Etzelblick» Vorrang, um sich dort in die neuen Räumlichkeiten einzumieten. «Wir haben das mit dem Tertianum so ausgehandelt», sagt Marcel Tanner. Ob die Bewohner diesen Schritt machen wollen, das kann ihnen die Gemeinde nicht vorschreiben. «Die meisten Mieterinnen und Mieter sind zwischen 80 und 90 Jahre alt. Dass sie in diesem Alter nicht mehr umziehen wollen, dafür habe ich volles Verständnis», beteuert Melanie Züger. «Wir tun aber unser Möglichstes, ihnen eine gute Lösung anzubieten und unterstützen sie tatkräftig.»

Der Rück- bzw. Neubau des neuen Pflegeheimes sollte im Herbst 2021 starten, und wenn alles planmässig läuft nach einer dreijährigen Bauzeit bezugsbereit sein. Mit den Bauarbeiten der Wohnungen mit Service würde nachher begonnen werden.

Die Kosten

Über die Höhe der Mieten für die Wohnungen ist man sich noch im Unklaren, die Mieten sollen aber auch für das breite Mittelfeld erschwinglich sein, das ist der Gemeinde wichtig. Für das Pflegeheim gelten bezüglich der Taxen die gesetzlichen Vorschriften. Die «Betriebs-AG» muss eine Vollkostenrechnung erstellen, welche der Curaviva (Verband Heime und Institutionen Schweiz) präsentiert werden muss. Auf Grund der Vollkostenrechnung werden die Taxen vom Verwaltungsrat gesetzt, der Gemeinderat muss sie jedoch zusätzlich noch bewilligen. Diese Vorgehensweise gibt dem Bürger die Sicherheit, dass der Gemeinderat immer noch ein Auge auf das ganze System hat und wenn nötig interveniert. Dies ist untypisch, aber: «Wir wollen ein Pflegeheim für alle, auch solche Menschen, welche auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind», sagt Melanie Züger. 

Details und Zusammenarbeit

Ganz wichtig ist Marcel Tanner, dass die Bürger wissen, dass nichts privatisiert wird, dass alles bei der Gemeinde bleibt. Das Personal vom «Wisli» ist nebst den Bewohnerinnen und Bewohnern am stärksten betroffen von der Umstrukturierung. Sie werden jedoch alle von der neuen AG neu im Privatrecht übernommen. Gemeindeschreiber Roger Nauer ist daran, einen Ausschuss zu bilden und hat die Angestellten bereits «ins Boot geholt».

Das System mit der Bildung einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen «Alterszentrum» wird schon in anderen Gemeinden erfolgreich praktiziert. «Das spezielle bei uns ist, dass wir mit zwei AGs unterwegs sein wollen», so Melanie Züger. Dies erscheint sinnvoll, weil es sich bei dem Alterszentrum um einen Neubau handeln wird, und: «es soll nicht die Aufgabe der Betriebsverwaltung sein, ein so aufwändiges und millionenschweres Projekt zu koordinieren», erklärt die Leiterin Gesellschaft.

Am Runden Tisch sei den Parteien dieses sehr durchdachte Projekt vorgestellt worden, und sie hätten ausschliesslich positive Rückmeldungen erhalten, freut sich Evelyn Meuter. Es sei ein Weg in eine gesicherte Zukunft. Nach dem Sommer haben die Parteien die Möglichkeit, explizit Stellung zu nehmen, erklärt Tanner weiter. Die Gemeinde beschäftigt sich seit Monaten mit diesem Projekt. «Wir arbeiten wirklich gut zusammen, das erleichtert alles sehr», so Züger.

Im Februar wird abgestimmt: über die Gründungen der beiden gemeinnützigen Aktiengesellschaften, über die Bürgschaft der Gemeinde bei der Bank sowie über das Startkapital. Wie wichtig dieses Unternehmen ist, zeigt die Aussage des Gemeindepräsidenten: «Es ist eine Veränderung in die Zukunft». (rb)

Ansprechperson «Gebäude-AG»:
Evelyn Meuter, evelyn.meuter@richterswil.ch

Ansprechperson «Betriebs-AG»:
Melanie Züger, melanie.zueger@richterswil.ch

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