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„Historische“: Auf dem Sitz der Freiherren

Im Rahmen der Ausstellung «Wädenswil Schönenberg Hütten – 900 Jahre gemeinsame Geschichte» führte die Historische Gesellschaft Wädenswil am 24. März über 50 Interessierte zum Ursprung der gemeinsamen Geschichte: zum einstigen Sitz der Freiherren von Wädenswil, auf die heutige Burgruine Alt-Wädenswil. Historiker Adrian Scherrer verstand es vorzüglich, die Geschichte der Freiherren und der Johanniter, die die Burg vom letzten Freiherr von Wädenswil erwarben, lebendig zu machen. Dort, wo früher einmal ein Brückenpfeiler der Zugbrücke über den Burggraben stand, erklärte Scherer die Burganlage, wies zum Freiherrenturm, dem ältesten Teil der Anlage, dessen noch sichtbares und mehrere Meter breites Fundament aus zum Teil wuchtigen Findlingen besteht. Zwischen 1180 und 1200 wurde dieser Teil der Burg gebaut. Der Johanniter-Turm entstand erst Mitte 14. Jahrhundert. Bemerkenswert ist auch die strategische Lage. Bedenkt man, dass die Turmbauten bis fünf Stockwerke hoch in den Himmel ragten, muss sich den Burgbewohnern eine einmalige Fernsicht weit in den Kanton Schwyz und auf der anderen Seite hin zu Zürich geboten haben. Auch der historische Pilgerweg nach Einsiedeln, die heutige Einsiedlerstrasse, konnte bestens überblickt und kontrolliert werden.

Auf dem Freiherrenturm erfuhren die Besucher dann Spannendes über deren Erbauer und Bewohner. In einem Stiftungsbrief des Klosters Fahr wurden die Freiherren von Wädenswil im Jahr 1130 zum ersten Mal urkundlich erwähnt – dieser Brief wird heute als nicht echt angesehen, doch gäbe es keinen Grund, den Inhalt des Briefes anzuzweifeln, meinte Scherrer. Im Mittelalter sei es gängige Praxis gewesen, Bestätigungen auch erst nachträglich zu verfassen, wie der Historiker weiter ausführte. 1287 verkaufte der letzte Freiherr – Rudolf III. – mangels Nachkommen und wohl auch mangels Barschaft die Herrschaft Wädenswil – die heutigen Gemeinden Wädenswil mit Hütten und Schönenberg, Spitzen (heute Horgen), Richterswil und Uetikon am See – an das Johanniterhaus Bubikon. Die Johanniter schliesslich bauten dann im 14. Jahrhundert den zweiten Turm, das Johanniterhaus. Auf dessen Fundament erfuhren die Besucher wiederum einiges über Aufstieg und Niedergang des christlichen Johanniterordens in Wädenswil. Schliesslich isolierte die Reformation die streng katholischen Ritter zunehmends, und sie verkauften 1549 die Herrschaft Wädenswil mit allen Rechten an den Stadtstaat Zürich. Wädenswil wurde eine Landvogtei, und die Burg musste nach einem Tagsatzungsbeschluss 1557 geschleift werden, weil sich Schwyz vom vergrösserten Stadtstaat Zürich bedroht fühlte. 1900 erwarb ein Initiativkomitee um die Bierbrauerfamilie Weber das Burggelände und gründete 1902 die Stiftung zur Erhaltung der Burg Alt-Wädenswil. 1901 bis 1904 erfolgten die ersten Freilegungsarbeiten, von 1938 bis 1941 und 1983 weitere Grabungskampagnen. Mit der Führung an die Wiege der Wädenswiler Geschichte zeigte die Historische Gesellschaft einmal mehr, dass sie es bestens versteht, Geschichte auch greifbar zu machen. (stb)

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