Richterswil

Richterswil senkt die Steuern – und verkauft das Hotel Drei Könige

290 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger besuchten am Donnerstag, 7. Dezember, die Richterswiler Gemeindeversammlung. Sowohl der Voranschlag 2018 als auch die Senkung des Steuerfusses von 108 auf 104 Prozent wurden deutlich angenommen. Auch der Verkauf der gemeindeeigenen Liegenschaft Hotel Drei Könige konnte definitiv unter Dach und Fach gebracht werden.

Das erste Traktandum der Richterswiler Gemeindeversammlung war zugleich auch das emotionalste: Der Verkauf der gemeindeeigenen Liegenschaft Hotel Drei Könige. Dass sich die Gemeinde vom defizitären «Chüngen» mit Hotel, Restaurant und Saal trennen will, ist in Richterswil bereits seit Jahren ein Thema – und führt immer wieder zu hitzigen Debatten. Im September 2016 stimmte die Gemeindeversammlung dem Verkauf des Hotels Drei Könige mit einem Änderungsantrag zu. Dieser besagt, dass das Veräusserungsgeschäft vor dessen Vollzug der Gemeindeversammlung zur Genehmigung vorzulegen sei. So wollten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die wesentlichen Vertragspunkte wie Käuferschaft, Objekt, Preis und die wichtigsten Modalitäten Bescheid wissen. Der Mindestverkaufspreis der Liegenschaft wurde damals auf 2,9 Millionen Franken festgesetzt.
Nach der Zustimmung der Gemeindeversammlung vom 15. September 2016 schrieb der Gemeinderat die Liegenschaft zum Verkauf aus und führte ein zweistufiges Bieterverfahren durch. Wie Gemeinderat Ivo Beeler (parteilos), Ressortvorsteher Liegenschaften, an der Gemeindeversammlung vom 7. Dezember ausführte, meldeten sich insgesamt 63 Interessenten; 13 von ihnen reichten schliesslich ein Angebot ein. «Insgesamt sechs Interessenten wurden für die zweite Stufe eingeladen», so Ivo Beeler. Insgesamt habe man fünf Projekte sowohl in der Abteilung Liegenschaften als auch mit dem Gemeinderat besprochen. «Letztendlich konnten nur zwei Projekte zugelassen werden, da bei drei Bietern keine Bankgarantie vorhanden war», führte Ivo Beeler das Vorgehen aus. Gestützt auf ein einheitliches Bewertungsschema, bei dem neben dem Preis auch städtebauliche Aspekte berücksichtigt wurden, gingen die Mächler Grund + Bau AG / Hatt Architekten & Partner AG eindeutig als Sieger hervor. «Uns überzeugte vor allem die grosse Planungstiefe des Projekts», erklärte Gemeinderat Beeler. «Das Ortsbild wird respektiert, indem das Erscheinungsbild des Vorderhauses vollständig erhalten bleibt. Zudem wurde auch der ruhende Verkehr berücksichtigt, indem das Projekt acht Parkplätze vorsieht. Diese hätten beim zweitplatzierten Projekt gefehlt.»
«Das Projekt erfüllt alle Forderungen der Stimmbürger», fasste Gemeindepräsident Hans Jörg Huber (FDP) zusammen. Er bat die Anwesenden, dem Verkauf der Liegenschaft für insgesamt 3,8 Millionen Franken zuzustimmen. Die anschliessenden Wortmeldungen zeigten jedoch, dass die Richterswiler noch immer an ihrer «Chüngen» hängen. «Ich trauere um den Verlust eines historischen Gebäudes» sagte etwa Rolf Gloor. Künftig werde es keine Kinderfasnacht, kein Chränzli und keine rauschenden Feste mehr geben. «Wir verhökern unsere Chüngen für 3,8 Millionen Franken!», schloss Gloor seine emotionale Rede und erntete dafür viel Applaus.
«Rauschende Feste fanden in der Chüngen schon lange keine mehr statt», konterte Gemeindepräsident Hans Jörg Huber. Für die Kinderfasnacht gelte es tatsächlich, eine Lösung zu finden. «Für alles andere haben wir Alternativen.»
«Wir können nicht immer hin und her machen», betonte Romy Philipp. Sie sei auch nicht glücklich über den Verkauf, aber sie werde diesem zustimmen. Dies tat anschliessend eine grosse Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – der Verkauf der Liegenschaft Drei Könige konnte somit endlich unter Dach und Fach gebracht werden.

Finanzvorstand Marcel Tanner (FDP) stellte im Anschluss den Voranschlag 2018 vor und erklärte, weshalb der Gemeinderat darin eine Steuersenkung von vier Prozent beantragt. «Insgesamt kann mit einer optimistischeren Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung und mit mehr Steuereinnahmen im 2018 gerechnet werden», sagte Marcel Tanner und fügte an, dass sowohl der Jahresabschluss 2016 als auch der Abschluss 2017 positiv seien. Auch bei der Grundstück-gewinnsteuer rechne er im kommenden Jahr mit Mehreinnahmen in der Höhe von einer Million Franken. «Richterswil kann zudem im nächsten Jahr mit einer Rekordsumme von 7,5 Millionen Franken aus dem Zürcher Finanzausgleich rechnen», so Marcel Tanner.

Die Voten der Bürgerinnen und Bürger zielten anschliessend alle in dieselbe Richtung. «Wir haben den Steuerfuss erst letztes Jahr auf 108 Prozent erhöht. Wollen wir nicht erst einmal abwarten, bis sich die Finanzlage stabilisiert hat, bevor wir ihn wieder senken?», fragte Romy Philipp und stellte den Antrag, den Steuerfuss auf demselben Stand zu belassen. Dabei wurde sie von zwei weiteren Bürgern unterstützt, die ebenfalls ihre Skepsis zur Steuerfusssenkung zum Ausdruck brachten und denselben Antrag stellten.
«Der Gemeinderat ist dezidiert anderer Meinung», betonte Hans Jörg Huber. «Wir sind dazu verpflichtet, eine ausgeglichene Rechnung zu präsentieren. Wir können keine Steuern auf Vorrat sparen», erklärte Richterswils Gemeindepräsident. Die anwesenden Stimmbürger schmetterten schliesslich die Anträge ab und nahmen die Senkung des Steuerfusses um vier Prozentpunkte deutlich an.
Auch der Voranschlag 2018 wurde gutgeheissen – mit einer minimalen Änderung. Peter Walt vom Kulturforum forderte, für den Ausbau der technischen Infrastruktur im reformierten und katholischen Gemeindesaal insgesamt 120 000 Franken im Budget einzustellen. Diesem Antrag stimmten die Anwesenden mit 147 Ja zu 101 Nein zu. Inklusive dieses Änderungsantrags gab die Gemeindeversammlung dem Budget 2018 einstimmig ihren Segen. Auch das dritte und letzte Traktandum – die kommunale Gebührenverordnung – wurde einstimmig angenommen, sodass Gemeindepräsident Hans Jörg Huber die Versammlung um 21.40 Uhr beschliessen konnte. (wa)

Im Budget 2018 der Gemeinde Richterswil ist ein Minus von rund 350 000 Franken vorgesehen, da einem Aufwand von 97,2 Millionen Franken Erträge von 96,9 Millionen Franken gegenüberstehen. Neben der Laufenden Rechnung sind Nettoinvestitionen von insgesamt 11,6 Millionen Franken vorgesehen. Der Hauptanteil davon fliesst in die Infrastruktur, so zum Beispiel 4,8 Millionen Franken in die Schule, 2,3 Millionen Franken in die Abwasserentsorgung und 1,9 Millionen Franken in Strassenbauten. Der Eigenkapitalbestand beträgt Ende 2018 rund 43,8 Millionen Franken – er liegt allerdings nicht als flüssige Mittel vor, sondern ist sowohl in Gemeinde- und Schulliegenschaften als auch in Infrastruktur investiert. Das Nettovermögen wird per Ende 2018 voraussichtlich 4,3 Millionen Franken betragen.

 

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