Wädenswil

Ein Weinbauzentrum für Wädenswil

Im Juli 2017 hat der Vorstand des Branchenverbandes Deutschschweizer Wein (BDW) unter der Leitung dessen Präsidenten Kaspar Wetli die Zustimmung zur Errichtung eines Weinbauzentrums in Wädenswil erteilt. Sofern die Delegiertenversammlung im September dieses Vorhaben durchwinkt, steht dem Unterfangen nichts mehr im Wege und Wädenswil erhält ein Kompetenzzentrum mit Fachleuten, die Schwerpunktthemen des Deutschschweizer Weinbaus bearbeiten.

Ab 1. Januar 2018 soll das Zentrum an der Schlossgasse in Wädenswil im Keltereigebäude seine Funktion aufnehmen und zum Nutzen der gesamten Weinbranche angewandte Forschung betreiben. Das Ziel ist die Förderung des Deutschschweizer Weinbaus mit praxisnaher Forschung und Entwicklung, fundierten Aus- und Weiterbildungen mit aktuellstem Weinbauwissen sowie Wissenstransfer und Dienstleistungen.
Schon früher war Wädenswil im Weinbau eine Forschungs- und Bildungsstätte mit Weltruf. Diese Erfolgsgeschichte begann mit der Ernennung des berühmten Pflanzenphysiologen, Botanikers, Önologen und Rebzüchters Professor Hermann Müller-Thurgau zum Direktor der 1890 gegründeten Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst- Wein- und Gartenbau in Wädenswil (heute Agroscope). Nach ihm wurde übrigens auch die international bekannte Traubensorte Müller-Thurgau benannt. Leider verlor die Forschungsstätte in den letzten Jahren für den Weinbau massiv an Bedeutung. Drastische Sparmassnahmen des Bundes reduzierten die weinbaulichen Forschungen in Wädenswil. 2017 sind die Beiträge auf ein kritisches Minimum gesunken, so dass sich der Forschungsbereich in Zukunft auf den Standort in Nyon konzentrieren wird. Der Weinbranche ist es jedoch ein grosses Anliegen, dass auch die deutsche Schweiz ein Kompetenzzentrum erhält.
Der Branchenverband Deutschschweizer Wein, mit Unterstützung vom Verein Weinbauzentrum Wädenswil mit den Mitgliedern Agroscope, Strickhof und ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) hat nun mit grossem Engagement ein Projekt ausgearbeitet, mit dem das Kapitel «Wädenswil» weiterhin betrieben werden kann und zum Nutzen der Branche sowie der Konsumentinnen und Konsumenten zur Verfügung stehen wird.

 

5 Fragen an Martin Wiederkehr, Projektleiter WBZW
An wen richtet sich das neue Weinbauzentrum, wer sind die Zielpersonen?
Es richtet sich an alle Personen, die sich in irgendeiner Form für Wein interessieren. Primär wird die deutschsprachige Schweiz angesprochen. Alle Fragen zum Thema Weinbau, die bei Önologen aber auch bei Laien aufkommen, sollen beantwortet werden.

Wäre es möglich, dass die Delegiertenversammlung im September das Projekt nicht absegnet, etwa aus Kostengründen?
Man geht immer ein gewisses Risiko ein. Der Vorstand des Branchenverbands Deutschschweizer Wein zusammen mit dem Branchenverbandspräsidenten stimm­ten am 5. Juli einstimmig für das Projekt. Auch die deutsche Schweiz braucht ein Kompetenzzentrum. Das ist ein grosses Bedürfnis in der Weinbranche. Zusammen mit der ZHAW, Mitgliedern der Forschungsanstalt Agroscope, dem Strickhof und der Stadt stehen starke Partner mit einer Vielzahl von versierten Fachleuten zur Seite.

Wie soll das Weinbauzentrum finanziert werden?
Wir arbeiten mit einem konservativen Businessplan. Zunächst werden wir uns auf ausgeschriebene Forschungsprojekte, auch auf internationaler Ebene, bewerben. Es gibt nicht viele Firmen, die das Know-How haben um zu kandidieren; somit haben wir gute Chancen. Beim Thema Pflanzenschutz gibt es Kontrollfunktionen und wir werden im Auftrag Dritter Arbeiten ausführen. Ein weiterer Wirtschaftszweig ist der Weinverkauf und die Rebberge mit den 10 Hektaren Reben. Dann gibt es noch Tagungen und Kurse, die wir in Zusammenarbeit mit der ZHAW anbieten werden. Es wird Kurse für professionelle Weinbauern als auch solche für Konsumenten und Laien geben.

In welche Richtung wird die Weinforschung in Zukunft gehen?
Die Tendenz geht ganz klar in Richtung nachhaltige Produktion. Der Bio-Trend setzt sich weiter durch und dem Konsumenten ist es sehr wichtig ein ökologisch, ökonomisch und sozial gut verträgliches Produkt zu konsumieren. Die Erhaltung und Förderung der Lebensqualität für Natur und Mensch soll auch in Zukunft Bestand haben. Ein neues Forschungsgebiet bezieht sich auf alternative Strategien, die auf weniger Pflanzenschutz-mittel beruhen und daher ökologisch unbedenklicher sind.
Auch der Klimawandel ist ein Thema: Er hat sich auf den Zuckergehalt der Trauben positiv ausgewirkt, der Öchslegrad steigt jedes Jahr weiter an. Es stellt sich also langfristig die Frage, ob die vorhandenen Rebsorten auch in Zukunft die richtigen sind für unser Klima. Anstelle von Pinot Noir und Müller-Thurgau werden eventuell auch die Traubensorten Merlot und Malbec Einzug halten. Die Auswahl der anbaubaren Rebsorten wird sich zusehends erweitern.

Werden die Bauern statt Mais nun Weinstöcke pflanzen?
Nein. So einfach ist das nicht. Das Problem ist der Rebbaukataster. Reben können nur dort gesetzt werden, wo Land im Rebbaukataster eingetragen ist. Diese Fläche ist beschränkt, 15 000 Hektar Reben sind in der Schweiz aufgeführt und dürfen zum jetzigen Zeitpunkt nicht überschritten werden.
Das Gespräch führte Sarah Ott

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