Kolumne Wädenswil

Heinz Lüthi im Gespräch: «Wenn ich keine Projekte mehr habe, liege ich in der Kiste»

Sie sind Autor von verschiedensten Publikationen: Von historischen Romanen, Biographien, Glossen – und nun auch von einem Bildband für Kinder. Was treibt Sie an?
Eine Journalistin meinte einmal, dass ich überall, wo es mir wohl sei, ein Buch hinterlasse. Und das sind drei verschiedene Orte: Der Zürichsee, das Limmattal und das Val Lumnezia. Ich verfolge aber zwei Schienen: die belletristische und die lokalhistorische, wobei ich diese im Limmattal mit der «Limmattaler Chronik» abgehandelt habe. Das Belletristische begann, als ich als Lehrer aufgehört habe. Das war 1995. So entstand etwa eine Familienbiographie «Vater, die Stadt und ich», das «Literarische Kursbuch Zürichsee» «Valeria und Ferdi, eine Ufenauballade», «Das kleine Seebrevier», «Gion da Farglix», dann kommen noch meine Glossen hinzu – Sie haben recht, es ist eine bunte und vielfältige Produktion.
Das Bilderbuch nun hat eine eigene, langjährige Geschichte. Als die erste Enkelin – mittlerweile sind es 9 Enkelinnen und Enkel – auf die Welt kam, wollte ich ihr ein Andenken an den Grossvater widmen. Das Projekt ist nun also rund 25 Jahre alt, und Murmeli hätte ursprünglich ein Fischotter sein sollen. Das Projekt stand schon fast, inklusive einer CD und Hörspielfolgen. Dann begann der Plattenverlag zu serbeln und der Buchverlag stellte die Bilderbuchproduktion ein. In der Zwischenzeit konnten wir auch unser Haus in der Surselva kaufen und so wurde aus dem Otter ein Murmeltier. Mit dem literarischen Kursbuch Zürichsee erfolgte die Zusammenarbeit mit dem Th. Gut Verlag, der dann als Folge der Übernahme der Zürichsee-Medien durch Tamedia von Baeschlin übernommen wurde. Baeschlin zeigte sich am Murmeli-Projekt sehr interessiert. Der Baeschlin-Verlag, der in den letzten ­Jahren neben Büchern über das Glarnerland auch Kinder- und Jugendbücher herausgab, engagierte zudem mit Patrick Mettler einen Illustrator, der die Geschichte farbig, fröhlich und liebevoll umsetzte. Mettler hat zuvor mit den bei Baeschlin erschienenen Duft­bilder­büchern über den Geissbock Charly bereits seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, Kindergeschichten mit Bildern zu erzählen. Interessanterweise haben wir uns erst bei der Buchvernissage das erste Mal gesehen – waren uns aber gleich sympathisch.

Sie schreiben viel im Bündnerland, ihr Haus in der Surselva ist für Sie auch ein Rückzugsort zum arbeiten. Was gibt Ihnen die Surselva und wie sind Sie in diese Gegend gekommen?
Das wiederum ist eine sehr schöne Geschichte. Meine Eltern waren nicht reich, wir gehörten aber auch nicht zur Arbeiterklasse. Vom Elternhaus wurde nur das Nötigste finanziert, Sackgeld jedoch musste selbst verdient werden und für Ferien gab’s kein Geld. Am Seminar folgte eine Anfrage der Engadiner Kantorei, die mit jungen Leuten im Mittelschulalter und Berufsmusikern in 3 Ferienwochen ein Konzertprogramm erarbeitete. Seltsamerweise fand der Kurs nicht im Engadin, sondern in Davos statt. So machte ich mich mit einem Kollegen dorthin auf. Das Geld reichte fürs Bahnbillet nach Siebnen SZ, danach machten wir uns zu Fuss auf: Zuerst ins Wägital, von dort nach Braunwald über den Sandalppass nach Sumvitg, von dort über den Diesrut nach Vrin, dem hintersten Dorf im Val Lumnezia. Geschlafen haben wir in unseren Schlafsäcken in Heustadeln. Auf der rechten Talseite wanderten wir dann hinunter bis Ilanz, und wir sahen all diese Dörfer, diese Holzhäuser, die sich um die Kirchen schmiegten. Das machte uns grossen Eindruck. Schliesslich gelangten wir dank der rhätischen Bahn dann auch noch irgendwann nach Davos. Als ich dann meine Frau kennen lernte, tauchte die Frage nach Ferien auf. Wir wohnten damals in Weiningen. Ich nahm die 200 000er-Karte und den Zirkel zur Hand und drehte einen Radius, der eine Fahrzeit von etwa 1,5 Stunden umschloss. Das Toggenburg wäre möglich gewesen, die Flumserberge – und eben das Val Lumnezia. So landeten wir in Lumbrein. Und so begann eine 40-jährige Beziehung zu diesem Tal, so haben wir uns gefunden.

Murmeli und sein Grossvater – um auf das Buch zurückzukommen –, fliegen am Schluss. Ist fliegen auch ein Traum von Heinz Lüthi?
Es ist eigenartig: eine meiner bekanntesten Cabaret-Rotstift-Nummern, «Happy Landing», habe ich geschrieben, weil ich sehr ungern in ein grosses Flugzeug, in eine solche Röhre, steige. Ich fühle mich da ausgeliefert. Hingegen mit einem Sportflieger fliege ich sehr gerne. Gerne wäre ich auch Gleitschirmpilot geworden, aber mein Umfeld riet mir davon ab, «weil ich dafür zu ungeschickt sei».

Sie sind jetzt 74, schreiben noch an einem Grossprojekt. Um was geht’s da? Und haben Sie noch weitere Buchprojekte?
Das «Grossprojekt» ist in groben Zügen eine belletristische Fortsetzung – oder besser eine Ergänzung – der Limmattaler Chronik. Aber auch von Murmeli ist eine Fortsetzung möglich.

Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Projekte!

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