Kolumne Wädenswil

Kirchenmusik ist seine Leidenschaft

Der Wädenswiler Anzeiger erhält im Gespräch mit Christian Alpiger Einblicke in das Schaffen eines passionierten Kirchenmusikers.

Lieber Christian, vielen Dank für deine Bereitschaft, über die Kirchenmusik und deine Tätigkeit zu berichten! Leidet ein Kirchenmusiker auch unter «Weihnachtsstress»?
Es gibt ja zwei Arten von Stress: Einerseits wenn man auf positive Weise gefordert ist, verbunden mit einem Adrenalin-Schub («Eustress»), andererseits Dauerüberforderung und Angst vor dem Versagen («Disstress»). Die erste Variante ist durchaus typisch für einen Kirchenmusiker angesichts der vielen Termine für Proben und Aufführungen in der Weihnachtszeit. «Stress», wie man den Begriff gemeinhin verwendet, empfinde ich dabei allerdings nicht, denn das intensive Üben, Proben und das Musizieren im Gottesdienst ist für mich eine wunderbare und bereichernde Sache, auch wenn es je nach Saison mal mehr Termine gibt. Als Belastung erlebe ich hingegen manchmal die organisatorischen Vorbereitungen (etwa das Engagieren von Instrumentalisten und Solisten); diese Arbeiten nehmen im Vergleich zur Musik bisweilen einen sehr grossen Umfang an und fallen im Übrigen auch viel weiter im Voraus an.
Was sind deine Aufgaben und Tätigkeiten?
Als Kirchenmusiker mit Leitungsfunktion bin ich in der katholischen Pfarrei Wädenswil einerseits für die Leitung des Kirchenchors sowie der Schola Gregoriana St. Marien verantwortlich, das heisst, ich führe die regelmässigen Proben der beiden Ensembles durch und gestalte mit ihnen Gottesdienste durch das ganze Jahr hindurch. Ein weiterer Teil meines Pensums machen die Orgeldienste aus, welche ich gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Christian Enzler bestreite, der in diesem Bereich die Hauptverantwortung trägt. Schliesslich organisiere ich für die Kirchgemeinde eine kleine Konzertreihe, mit ungefähr fünf Beiträgen ganz unterschiedlichen Charakters pro Jahr.
Nebst meiner Tätigkeit als Kirchenmusiker in Wädenswil leite ich auch noch den Gemischten Chor in Langnau am Albis; der grösste Teil meines Pensums ist allerdings die Tätigkeit an der Kantonsschule Zürich Nord, wo ich als Schulmusiker, Chorleiter, ICT-Lehrer, Stundenplaner und Administrator amte. Ich leite zudem die Fachkommission zur Herausgabe der Zeitschrift «Musik und Liturgie» als Organ des Schweizerischen Katholischen Kirchenmusikverbands.
Wie bist du zur Kirchenmusik gekommen?
Schon als Jugendlicher und Ministrant in meinem Geburtsort Thalwil haben mich die Klänge, welche von der Empore herab kamen, sowohl von der Orgel als auch vom Kirchenchor, extrem fasziniert. Während meiner Gymi-Zeit beschäftigte ich mich intensiv mit Musik (in sehr unterschiedlichen Bereichen), und noch als Teenie fasste ich den Mut zu fragen, ob ich auch mal auf die Empore dürfe, um einen Chor-Gottesdienst miterleben zu dürfen: Nur schon dieses erhabene Gefühl, die Treppe zur Empore hochzusteigen … Als ich dann von einem Bekannten zu einer Schnupperprobe des Kirchenchors eingeladen wurde, begrüsste mich die Präsidentin dann sogleich als neues Mitglied, bevor ich überhaupt einen Ton gesungen hatte – ich kam nicht mehr los …
Warum bist du dabei geblieben?
Insbesondere Chormusik war für mich seit diesen Jugendjahren Quelle von Inspiration, welche mich in den regelmässigen Gottesdiensten auch immer wieder sehr berührte. Dies ist bis heute der Fall.
Was macht dir besonders Freude?
Als Organist fühlt man sich manchmal als «Einzelkämpfer auf der Empore», hat aber natürlich auch sehr viele gestalterische Freiheiten; so improvisiere ich zum Beispiel fast in jedem Gottesdienst zu einem gesungenen Lied. Als Chorleiter hingegen hat man das Privileg, zusammen mit verschiedensten Menschen gemeinsam Musik zu proben (Ich mag das ganz normale Proben einfach sehr!), Gottesdienst musikalisch zu gestalten und damit als gemeinsame Leistung hoffentlich vielen Menschen eine Freude zu bereiten. Ich erlebe also ganz verschiedene musikalische Situationen, der Job ist sehr abwechslungsreich und nie langweilig.
Was sind die grossen Herausforderungen? Was motiviert dich trotzdem weiterzumachen?
Die Jahresplanung und Organisation der Chor-Gottedienste bedeuten regelmässig sehr viel Arbeit; das holt man nicht einfach fixfertig aus der Schublade. Es ist dann aber einfach schön, gemeinsam mit dem Chor zu arbeiten und Ziele zu erreichen, welche man sich gesetzt hat; ebenso spürt man von vielen Seiten Dankbarkeit, sogar wenn mal etwas nicht so perfekt gelungen ist …
Worauf dürfen wir uns an Weihachten 2014 besonders freuen?
Wir werden in der Christmette mit dem Chor, einem solistischen Vokalquartett sowie einem kleinen Orchester Mozarts Orgelsolomesse KV 259 musizieren, ein klangschönes, spannendes und bisweilen keckes Werk des damals etwa 20-jährigen Komponisten.
Ist es möglich mitzumachen? Was lernen/profitieren die Sängerinnen und Sänger?
Wir begrüssen jederzeit sehr gerne neue Sängerinnen und vor allem Sänger; Notenlesen können ist dabei keine Bedingung. Die Mitwirkenden lernen verschiedenste neue Literatur kennen und dürfen eine intensive Probenarbeit erwarten, aber auch immer wieder einen anregenden sozialen Austausch. Es gibt auch die Möglichkeit, projektweise für eine Aufführung mitzuwirken – es sind so auch schon Leute bei uns «hängen geblieben» …
Blick ins neue Jahr?
Nächstes Jahr feiert der Kirchenchor sein 125-jähriges Bestehen, weshalb wir zusätzlich zu den Gottesdiensten ein Konzert bestreiten werden, und zwar ein festliches Programm mit Advents-/und Weihnachtsmusik in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls von mir geleiteten Gemischten Chor Langnau a. A.
Was wünschst du dir und deinen Lieben zur Weihnacht?
Ich freue mich darauf, nach viel Musik und Arbeit ausser Haus auch wieder etwas mehr Zeit im Kreise der Familie verbringen zu dürfen – so wünsche ich mir für uns alle in erster Linie gute Erholung, Gesundheit und das wunderbare Gefühl, so oft als möglich füreinander dasein zu können.
Vielen Dank unserem Kirchenmusiker für diese Einblicke! Und fröhliche Weihnachten!

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