Richterswil

IG will Quartierkindergarten erhalten

Im Kindergarten Rosengarten an der Erlenstrasse 5 wird ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr unterrichtet, obwohl Kinder aus dem Quartier eine Klasse füllen könnten. Dass im Herbst 2023 die Liegenschaftenstrategie noch Ersatz für den Kiga Rosengarten vorsah und nunmehr keine Erwähnung mehr findet, davon wissen Eltern künftiger Kindergärtler kaum etwas.

Text & Bilder: Reni Bircher

Fällt der Quartierkindergarten Rosengarten weg, ist mit teilweise langen Fusswegen für die Kleinkinder zu rechnen. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) geht davon aus, dass 4- und 5-Jährige mit max. 1–2km/h unterwegs sind. Der Schulweg dauert daher bei 500 m zwischen 15 und 30 Minuten. Ab dem Alter von 6 Jahren kann davon ausgegangen werden, dass Kinder mit ca. 3–4 km/h unterwegs sind. Ein 1000 m langer Schulweg dauert in dieser Altersgruppe demnach zwischen 15 bis 20 Minuten. In Gruppen bewegen sich Kinder tendenziell langsamer. Zu beachten ist auch, dass die Topografie und die Beschaffenheit des Wegs (insbesondere im Winter) starke Auswirkungen auf die zumutbare Strecke haben können, ebenso Höhenunterschiede, die es zu bewältigen gilt. In diesen Berechnungen nicht einbezogen sind die Blumen und Schnecken am Wegrand, die es zu pflücken bzw. zu beobachten gilt.
Stossend ist zudem, dass der neue Vierfachkindergarten im Mettlen nicht bezugsbereit ist und die Kinder im Provisorium – die 2.-Klass-Kindergärtler aus dem Rosengarten in verschiedenen Klassen integriert – unterrichtet werden, bevor die Klassen voraussichtlich im November in den Mettlen umziehen können.
Dies und noch mehr hat einige Eltern aus der nördlichen Peripherie Richterswils zum Handeln gezwungen: Sie haben die IG Rosengarten gegründet und wollen für künftige Generationen einen Quartierkindergarten erhalten. Ganz nach dem Prinzip, dass Kinder dort zur Schule gehen und Kontakte knüpfen sollen, wo sich ihr Lebensmittelpunkt befindet.

Schliessung von Kiga spät kommuniziert

Ende Januar 2025 erreichte die Eltern der Rosengarten-Kinder die Einladung zum Informationsabend zur Klassenbildung. Bereits da ahnten diejenigen, deren Kinder ab August 2025 ins zweite Kindergartenjahr gehen werden, dass «ihr» Kindergarten geschlossen wird. Am 5. Februar wurde aus der Vermutung Tatsache: an der Erlenstrasse 5 wird dicht gemacht.
Zuvor noch von der Schulpflege als Notwendigkeit wegen sinkender Kinderzahlen kommuniziert, stellte sich bald heraus, dass die Schliessung mit der neuen Liegenschaftenstrategie der Gemeinde zusammenhängt. Diese sieht vor, die Grundstücke Erlenstrasse 5–9 zusammenzulegen und zu verkaufen, ohne peripheren Kindergarten-Ersatzbau, wie es ursprünglich einmal geplant gewesen ist. Dabei überschreitet mit Ø 21,2 Kindern die Klassengrösse (max. 21) der fünf im Dorf aktiven Kindergärten.
Bereits im Juli 2024 hat die Schulpflege die Firma Basler & Hofmann AG mit einer Analyse der Schulraumentwicklung beauftragt (Zusatzkredit von CHF 47 000). In diesem unabhängigen Bericht steht, dass die Schülerzahlen zurückgehen, allerdings auf Kindergarten- und Oberstufe konstant bleiben dürften, und mit der Aufhebung des Kiga Rosengartens auf langfristige Sicht «ein peripherer Kindergartenstandort zu prüfen ist».
Ebenfalls ist in der Analyse von Basler & Hofmann AG vermerkt, dass «für das Schuljahr 2024/25 die verschiedenen Standorte ein knappes bis ausreichendes Raumangebot ausweisen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nach schulergänzenden Betreuungsplätzen unabhängig von der Schülerentwicklung auch künftig zeigen wird. Dies bedeutet mittel- und langfristig, dass Räume fehlen und an allen Standorten Handlungsbedarf besteht». Die Schulpflege teilt diese Sichtweise.
Nun fährt die Gemeinde – trotz Empfehlungen – eine andere Strategie, welche die Veräusserung mehrerer gemeindeeigenen Grundstücke anstrebt. Das schliesst einen Quartierkindergarten auch für die Zukunft aus, ausser spätere Generationen kaufen Liegenschaften oder Bauland realistischerweise zu massiv höheren Preisen an, wenn die öffentlichen Einrichtungen aus allen Nähten platzen, denn das Dorf wird weiter wachsen … Die Gemeinde möchte sich offenbar die Möglichkeit verbauen, künftig über genügend Schulraum zu verfügen.
Die IG Rosengarten, bestehend aus den Eltern der zukünftigen 2.-Kiga-Kinder aus dem betroffenen Kindergarten, sieht in diesem Vorgehen wenig Sinn.
Die IG beantragte beim Gemeinderat Zugang zu den amtlichen Dokumenten, sowohl was Kiga-Infrastruktur, den Kiga Rosengarten, dessen Schliessung und den Verkauf der Grundstücke betrifft. Der Gemeinderat sprach daraufhin eine Einladung zum Gespräch aus, was die IG vorerst ausschlug, weil sie vorgängig die schriftlichen Unterlagen einsehen wollten. Dazu sagt Silvio Rütter aus der IG Rosengarten: «Politiker sind das Reden und Argumentieren gewohnt – mehr als wir es gewesen wären. Bei uns kommt noch der emotionale Aspekt hinzu, deshalb war es uns wichtig, uns anhand der verlangten Schriften auf das Gespräch vorbereiten zu können, um fundiert argumentieren zu können.»

Kurz darauf hat die IG aus Zeitdruck eine Initiative eingereicht, welche verlangt, dass die Verfügbarkeit eines Kindergartens im Gebiet nördlich des Schulhauses Töss sichergestellt wird.
«Wir haben uns damit an einem legalen politischen Instrument bedient, und wir wollten sicher sein, dass das Geschäft noch vor Ende diesen Schuljahres 2024/2025 behandelt werden kann», erklärt Rütter.

Zweimaliger Kiga-Wechsel innerhalb weniger Monate

Im März wurden die Eltern der Rosengarten-Kinder von der Abteilung Bildung in einem Schreiben informiert, sie hätten von der Abteilung Liegenschaften soeben die Meldung erhalten, dass der neue Vierfach-Kindergarten im Mettlen wegen über die Festtage entstandene Wasserschäden nicht termingerecht beziehbar ist. Dies bedeutet, dass die Kindergärtler erst in anderen Klassen untergebracht werden, um irgendwann nach den Herbstferien dann doch noch in den Mettlen umzuziehen.
«Solche Wechsel sind für Kinder in dem Alter tiefgreifend», sind sich die IG-Mitglieder einig. Es muss ein neuer Schulweg erfahren und gelernt werden, eine neue Umgebung, neue Menschen. Das braucht viel Zeit, auch seitens der Eltern, welche ihre Sprösslinge korrekterweise anfänglich begleiten, bis sich diese sicher fühlen. Das dauert bei jedem Kind unterschiedlich lang.
Erfolgt ein erneuter Umgebungswechsel nach wenigen Wochen, beginnt die Unsicherheit von neuem. Hinzu kommt, dass dann die Wintermonate anbrechen, wo es nur kurze Zeit hell ist. Wie sollen sich die Kinder da sicher fühlen, wenn sich über so lange Zeit keine Routine einstellen kann?
Vor allem mit Kleinkindern ist der Alltag durchgetaktet. Ines Reichert von der IG wirft ein, dass viele Leute berufstätig seien, möglicherweise weitere Kinder haben, vielleicht auch alleinerziehend sind. «Wie sollen wir über mehrere Monate die Zeit aufbringen das Kind erneut zu begleiten und womöglich noch die anderen Kinder mitschleppen oder unterbringen? Auch die Sicherheit der Kinder ist auf diesem Weg nicht gegeben, erst recht nicht in der Winterzeit.»

Gesprächssuche

Nach der Hiobsbotschaft mit dem nicht bezugsbereiten Vierfachkindergarten Mettlen suchte die IG Rosengarten ihrerseits das Gespräch mit den Behörden, luden Schulleitung, Schulpräsidentin, Gemeindepräsident, Gemeindeschreiber und die Leitung der Abt. Bildung zum Runden Tisch ein. Seitens Gemeinderat wurde dies vorerst ausgeschlagen, weil mit der Einreichung der Initiative durch die IG Rosengarten «rechtlich ein Verwaltungsverfahren eingeleitet» worden sei und dadurch informelle Gespräch nicht möglich seien.
Die IG-Mitglieder betonen, dass sie dieses Gespräch nicht als IG Rosengarten sondern als besorgte Eltern suchen. Ziel der Einladung war, Lösungen für das Schuljahr 2024/25 zu finden, damit die Kinder nicht zweimal wechseln müssen. Eine Zusage erhielt die IG von der Schulpräsidentin Mira Crivelli-Amstutz, mit dem Vermerk, dass Gemeindepräsident Marcel Tanner am Runden Tisch teilnehme, wenn das Gespräch ausschliesslich der Zuteilung der Kinder gewidmet sei.
Am 1. April kam die Gesprächsrunde zusammen, allerdings meldete sich der Gemeindepräsident krankheitshalber ab, jedoch erst als alle Eltern bereits zum Gespräch eingetroffen waren. Ein Stellvertreter oder ein Vertreter eines anderen Ressorts wurde nicht vorstellig.
Silvio Rütter beschreibt, wie desillusionierend und frustrierend er die Situation empfand: «Es kamen keine konstruktiven Vorschläge, und irgendwann fragte ich, ob die Schulpflege denn irgendeinen Handlungsspielraum hätten in dieser Sache. Die Antwort lautete ‹Nein›.»

Weckruf an die Bevölkerung

Der IG geht es längst nicht mehr um die acht Kinder, die auf den kommenden Sommer den zweiten Kindergarten im Rosengarten hätten besuchen können – plus natürlich alle 4–5 Jährigen aus dem Quartier.
«Wir verstehen einfach nicht, warum unter diesen Umständen – Mettlen bleibt vorerst geschlossen und das Gebäude Rosengarten steht leer – der Rosengarten nicht ein weiteres Jahr offen bleiben kann», erklärt Michèle Artho. Sie ergänzt: «Uns geht es jetzt um künftige Generationen. Die Leute müssen wissen, dass hier an der Erlenstrasse 5 einmal ein Kindergarten bestanden hat und ein peripherer Ersatz nötig ist. Dafür setzen wir uns jetzt ein, damit die Kinder im Quartier zu ihrem Recht kommen.»
Auch weil die Ausweitung des Dorfes absehbar und sehr wahrscheinlich ist, was ein Zuwachs von Kindern zur Folge hat. Wenn nicht gerade jetzt, dann doch in naher Zukunft.
Silvio Rütter will klarstellen, dass kein IG-Mitglied möchte, dass die Kinder auf einen Schulweg zu Fuss verzichten sollen, der Weg aus dem Nordquartier in die Mitte des Dorfes allerdings für Kleinkinder teilweise sehr lang und auch gefährlich sei. «Der neue Dorfkern ist zwar verkehrsberuhigt und schön gestaltet, die Töpfe und Bänke verhindern die Sicht allerdings für Kleinkinder, und es besteht reger Verkehr von Lieferfahrzeugen.» Dass unter diesen Umständen vermehrt Elterntaxis unterwegs sind, ist zu befürchten.
«Es ist wichtig, dass sich Kinder eigenständig im Quartier bewegen können», ergänzt der Familienvater seine Gedanken. «Wenn sich im Mettlen Kinder aus verschiedenen Dorfenden anfreunden, ist man als Eltern gezwungen, einen Fahr- oder Begleitdienst zu leisten, wenn diese miteinander spielen wollen.»
«Damit verstärkt sich das Verkehrsaufkommen wieder, egal ob es zur Schule oder zur Freizeitaktivität geht», fügt Michèle Artho an.
Die eingereichte Initiative der IG Rosengarten wurde wegen Formfehlern vom Gemeinderat für ungültig erklärt; die IG hat diese nachgebessert und am 14. Mai eine neue Initiative zur Erhaltung eines Quartierkindergartens eingereicht.

In dieser Dokumentation kann der Schulweg «überprüft» werden: www.bfu.ch/de/services/rechtsfragen/zumutbarer-schulweg

Der Richterswiler Anzeiger hat den Behörden einen umfangreichen Fragenkatalog zugestellt bezüglich all den in diesem Artikel angesprochenen Themen. Dieser wurde als solcher nicht beantwortet, und der Gemeinderat entschloss sich zu nachfolgender Stellungnahme.

«Aufgrund der Vielzahl an angesprochenen Themen und der ressortübergreifenden Komplexität haben wir uns entschieden, die Antworten des Gemeinderats in Form einer zusammenfassenden Stellungnahme zukommen zu lassen. Eine Einzelfallbeantwortung wäre schriftlich nur schwer verständlich abzubilden.» Gemeinderat Richterswil

Schliessung des Kindergartens Rosengarten und Auswirkungen auf die betroffenen Familien
Die Entscheidung zur Schliessung des Kindergartens Rosengarten basiert auf einer langfristigen Schulraumplanung, die regelmässig an die geänderten Schüler-/Klassenzahlen und -bedürfnisse angepasst wird.
Um über das gesamte Gemeindegebiet ausgewogene Klassen bilden zu können, werden die Einzugsperimeter jährlich aufgrund der Wohnorte der betroffenen Familien neu beurteilt und definiert. Die betroffenen Familien wurden im Vorfeld durch die Schule informiert, und es wurden Lösungen erarbeitet, um den Übergang möglichst reibungslos zu gestalten. Hierzu zählt unter anderem die Organisation einer befristeten Schulweg-Begleitung der betroffenen Kinder durch eine erwachsene Person («PediBus»).

Verzögerung Eröffnung Neubau 4-fach-Kindergarten Mettlen
Der Neubau des 4-fach-Kindergartens Mettlen hat sich aufgrund eines Bauschadens verzögert. Die Reparaturarbeiten werden derzeit durchgeführt, und der Kindergarten soll nach den Herbstferien 2025 eröffnet werden. Diese Verzögerung hat folglich Auswirkungen auf die Umplanung der Kindergartenplätze und erfordert Übergangsregelungen, um die betroffenen Kinder unterzubringen. Das bedauern wir sehr. Dass die betroffenen Kinder nun doppelt betroffen sind, ist verständlicherweise ärgerlich. Die Schule setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für bestmögliche Bedingungen für alle Schulkinder ein.

Verkauf von Liegenschaften und Auswirkungen auf den Kindergarten Rosengarten
Die Entscheidung über einen Verkauf des Grundstücks oder eine Abgabe im Baurecht ist noch nicht gefallen und ist Bestandteil der Immobilien-Strategie, die laufend durch den Gemeinderat überarbeitet wird. Die Gemeinde versucht, eine möglichst nachhaltige Liegenschaftenstrategie zu verfolgen und prüft verschiedene Optionen, um den Bedürfnissen der Gemeinde gerecht zu werden. Es ist nicht immer einfach, die Finanzen der Gemeinde in einem gesunden Verhältnis zu balancieren, aber der Verkauf von gemeindeeigenen Liegenschaften wird nur dann in Betracht gezogen, wenn kein Verwendungszweck für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben erkennbar ist.

Steuerpolitik und Investitionen der Gemeinde
Die Gemeinde hat in den letzten Jahren den Steuerfuss auf 99 % gesenkt, um den Haushalt auszugleichen. Dies wurde mit der Massgabe kommuniziert, dass der Steuerfuss bei Bedarf wieder angepasst werden müsste, um Investitionen zu finanzieren. Der Gemeinderat hat in allen Abstimmungen und Weisungen transparent über mögliche Steuererhöhungen informiert und diese mit der Bevölkerung abgestimmt. Die finanzielle Struktur einer Gemeinde muss jährlich an die jeweilige Situation angepasst werden.

Weitere Immobilienprojekte und deren Auswirkungen
Bezüglich der zu erwartenden Kosten für die Halle für Alle waren Ende März 2025 rund 70 % der effektiven Kosten (Submission / Arbeitsvergaben) bekannt. Die aktuellen Kosten liegen noch immer im Kostenvoranschlag (unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und der Bau-Teuerung).
Die Aktienkapital-Erhöhung, die mit der Umwandlung des bestehenden Darlehens von CHF 4,5 Mio und einer zusätzlichen Erhöhung um CHF 10 Mio. durch die Gemeinde gewährt und von der Stimmbevölkerung gutgeheissen wurde, ist für die Gemeinde die wesentlich tiefere Belastung, als wenn sie die CHF 50 Mio. für das Gesamtprojekt hätte finanzieren müssen. Diese Kosten werden nun durch die ausgelagerte RISA Liegenschaften AG getragen und nicht durch den Steuerhaushalt.
Der Gemeinderat ist der Auffassung, dass Richterswil und Samstagern dank den Investitionen in die Schulanlagen und -räumlichkeiten in den letzten Jahren aktuell sehr gut positioniert ist. Es ist jedoch die Pflicht der Gemeinde auch auf sinkende Klassenzahlen zu reagieren und zu handeln, wie dies auch in den letzten Jahren umgekehrt beim grossen Wachstum der Gemeinde gemacht wurde.

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