Richterswil

Das Ortsmuseum

Die Freiwilligenarbeit dahinter- oftmals ungesehen und doch von grösster Bedeutung.

Kürzlich wurde an der Goldküste eine Kuratorin für 15 Jahre Arbeit für das dortige Ortsmuseum gross mit Bild, Interview und «Kulturpreis» geehrt. Da dachte ich an die 40 Jahre, die Heinz Jucker schon ehrenamtlich für unser Ortsmuseum tätig ist.
Ein bisschen Grübeln in der Geschichte zeigte dann, dass sich weitere Richterswiler Freiwillige für 30 Jahre und mehr mit Haut und Haar dem Ortsmuseum verschrieben haben. Zeit, sie und ihre Leistungen einmal ins Licht zu rücken. Ein weiteres Dutzend waren über 20 Jahre im Ortsmuseum tätig. Leider kann ich sie aus Platzgründen nicht alle würdigen.

Die Anfänge

Angefangen hat die Geschichte mit Lehrer Hermann Frei, der nach dem 2. Weltkrieg begonnen hat Geschichten und Dinge zu sammeln, die mit Richterswil in Zusammenhang stehen. Zuerst bewahrte er alles in seiner Wohnung auf, bevor ihm die Schulpflege Unterschlupf in einem Mini-Zimmerchen im Breiten-Schulhaus gewährte, dem «Richterswiler Stübli».
1973 bat er den Gemeindepräsidenten Hans Grämiger für mehr Platz, eine Institutionalisierung und die Bildung eines Teams zu sorgen. Dieser war begeistert und brauchte weniger als ein Jahr, um diese Anliegen zu verwirklichen. Die Gemeinde mietete im «Bären» eine Wohnung, und im Januar 1974 machte sich die neu gebildete «Kommission Heimatkundliche Sammlung» auf den Weg. Mitte 1974 organisierte Grämiger den Kauf, die Sanierung und den Ausbau des «Bären», wo sich die Heimatkundliche Sammlung immer mehr Räume sichern konnte. 1978 wurde aus der Kommission ein eigener Verein.

Tragende Sammler und Helfer

Ebenfalls länger als 30 Jahre war Emil Hiestand für das Ortsmuseum tätig. Seine Geschichte als erster «Sozi» im Gemeinderat und wie er von seinen bürgerlichen Kollegen gemobbt wurde, ist, nennen wir es mal «bemerkenswert». Im Ortsmuseum hat er für eine eindrückliche, detaillierte Dokumentation der Geschichte unserer markanten Häuser in Dorf und Berg gesorgt, auf die jeder Profi stolz sein könnte.
Versehen mit den Geschichten und Fotografien, die von Hanspeter Gattiker gesammelt wurden, ergibt sich ein lebendiges Bild unseres Dorfkerns. Gattiker war Textilhändler und liess sich 1976 pensionieren. Seit jener Zeit widmete er sich (nebst seinem Garten) mit totaler Hingabe der Sammlung von Geschichten, Fotografien und Bildern über Richterswil, welche wir heute in über 50 Bundesordnern und einer grossen Sammlung von Stichen im Ortsmuseum finden.
Heinz Hickert ist ebenfalls seit mehr als 30 Jahren für das Ortsmuseum unterwegs. Wenn etwas kaputt ist, ein Gestell umgebaut, eine Wand gemalt oder sonst etwas an der Einrichtung geändert oder eine Ausstellung gestaltet werden muss, ist er zur Stelle. Flickt und glättet alles. Sofort. Unentbehrlicher Helfer für alle.
Schon lange hatte Alfred Hitz die Kulturszene, z.B. mit der KiKoSa (die Chilbi-Organisatoren) und diversen anderen Aktivitäten in Samstagern massgebend mitgeprägt. Auch im Ortsmuseum sorgte er seit 30 Jahren dafür, dass Geschichten und charakteristische Gegenstände aus Samstagern dort landeten. Er kannte jeden und jede, und so gelangten diverse Preziosen ins Ortsmuseum, wie etwa die Flötenuhr in der guten Stube, die von ihm wieder instand gestellt wurde.
Jedes Vorstandsmitglied eines Vereins weiss, wie schwierig es ist, für den Verschleissjob des Vereinspräsidenten jemanden zu finden. Das Ortsmuseum hatte wenige, dafür aber langjährige Präsidenten: Rudolf Schwarz: 6 Jahre, Elisabeth Streuli: 10 Jahre, Heinz Jucker: 11 Jahre, Anita Pfister: 11 Jahre und seit 2018 Ruedi Weber. Auftritt nach aussen, Sitzungsleitung, Formalitäten, Organisation, dauernde Verfügbarkeit und auch hin und wieder zeitraubende Diskussionen mit Andersdenkenden sind mit diesem Amt verbunden. Aber auch hier: Freiwilligenarbeit hält fit.

Ein langer Atem und Enthusiasmus

Einer aber ist schon am längsten für das Ortsmuseum unterwegs: Heinz Jucker. Angefangen hat er vor 40 Jahren, als er 1984 mit Emil Hiestand eine Ausstellung über den Richterswiler Dichter Ernst Eschmann gestaltet hat. 1996 übernahm er das Präsidium, in einer Zeit, als der Ausbau des Bärenkellers geplant, finanziert und realisiert werden musste.
In diesen vier Jahrzehnten gestaltete Jucker zahllose Ausstellungen zu verschiedensten Themen, in Zusammenhang mit seinem Lehrerberuf zweimal über die Schule, dann über Naturschutz, die Würdigung hervorragender Richterswiler Persönlichkeiten, wie den Dichter Eschmann, den Industriellen und Fotografen Zinggeler, den Arzt Dr. Hotze und Heinrich Pestalozzi, den Samstagerer Walter Bosshard, der Mao und Gandhi fotografierte, aber auch das Schicksal von Auswanderer. Er gestaltete Ausstellungen über spezielle Orte, wie den Wachthausplatz, die Burg Wädenswil (die ja, hallo, auf Richterswiler Boden steht!). Er gab den Anstoss zu vielen anderen Ausstellungen und unterstützte mit seiner Erfahrung andere Organisatoren aus dem Team.
Muss man etwas über Richterswil wissen, so heisst es: Nicht verzagen, Jucker fragen! Er weiss am meisten über dieses Dorf. Mit seinem Einsatz, seiner umgänglichen Art und seinem Humor sorgt er dafür, dass nach den offiziellen Sitzungen immer noch ein gemütlicher Teil folgt, der das Team zusammenschmiedet. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Sehr interessante Arbeit, sehr fruchtbare Zusammenarbeit und viel Gemütlichkeit.

Das Ortsmuseum: Teil des Dorflebens

Um die kulturelle Arbeit des Ortsmuseums dem Publikum zu vermitteln, gibt es jeden Herbst eine grössere Ausstellung. Weiter die «Offenen Türen» an jedem ersten Sonntag im Monat, die Einblick in Einzelaspekte des Ortsmuseums bieten. Regelmässig werden Dorfführungen angeboten. Auch hier ist Heinz Jucker der Primus. Mit seinen umfassenden Kenntnissen des Dorfes und seinen amüsanten und süffigen Geschichten bietet er nicht nur selbst dem Publikum etwas, sondern hilft auch seinen Vorstandskollegen, wie ein spannender Rundgang zu gestalten ist. Interessiert sind immer wieder Private, aber auch Neuzuzüger an den von der Gemeinde organisierten Anlässen. Vor allem aber zielt der OMR-Vorstand auch auf Schüler ab, denen das Team das Dorf näherbringen will. Ferner verkauft das Ortsmuseum Bücher mit weit gestreuten Themen über unser Dorf.
Noch ein Wort zur Zukunft: Eingeläutet hat sie einerseits Hans Streiff, der zusammen mit Freunden und den Eigentümern der Liegenschaft in aufwändiger Sanierungs- und Aufbauarbeit das «Museum Chilerai» ins Leben gerufen hat. Ferner ist die Digitalisierung der Informationen im Ortsmuseum in Arbeit. Insgesamt wirkt hier seit Jahrzehnten ein Team von Freiwilligen, die eine beeindruckende Dokumentation über unser Dorf zusammengetragen haben und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Weiter so! (Rico Wengle)

Näheres unter
www.ortsmuseum-richterswil.ch

Teilen mit: