Von praktisch allen Seiten musste sich der Stadtrat an der Budgetsitzung vom 11. Dezember Kritik gefallen lassen. Besonders im Fokus waren die überbordende Primarschule sowie die weiter steigenden Personalkosten. Die FDP/BFPW-Fraktion sowie die SVP stimmten daher – allerdings erfolglos – gegen die Abnahme des Budgets. Da auf langwierige Budget-Einzelposten-Beratung verzichtet wurde, war die Sitzung ungewöhnlich kurz. Der Steuerfuss der Stadt bleibt bei unverändert 86%; zusammen mit dem Steuerfuss der Oberstufen-Schulgemeinde ergibt sich eine Gesamtsteuerfuss-Reduktion um 1% auf 104%.
Text & Bilder: Stefan Baumgartner
Das Budget 2024 vor der Gemeinderatssitzung am 11. Dezember wies einen Gesamtaufwand von CHF 239,8 Mio. (Budget 2023: 234,7 Mio.) und Erträge von CHF 274,3 Mio. (238,2 Mio.) auf. So wird mit einem Ertragsüberschuss von CHF 34,5 Mio. gerechnet. Der starke Anstieg beider Kennzahlen gegenüber dem Vorjahresbudget beruht einerseits auf höheren Personalaufwänden und andererseits auf aussergewöhnlich hohen Steuererträgen, vor allem bei den Grundstücksgewinnsteuern.
Vorgängig war bereits klar: Die Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission hat das Budget 24 nur mit Stichentscheid des Präsidenten (Ulrich Reiter, Grüne) zur Genehmigung empfohlen, so dass der Stadtrat schon im Voraus mitteilte, dass er eine erneute Rückweisung – so wie 2020 mit dem Budget 21 passiert – wenn immer möglich verhindern wolle. Die Erfahrung von 2021 hätten gezeigt, dass die nachhaltigen Spareffekte minimal gewesen seien. Die Verwaltung sei während rund vier Monaten ausgebremst gewesen, viele geplante Projekte mussten verschoben werden.
Budgetberatung
Mit seinem Eingangsvotum wies GRPK-Präsident Ulrich Reiter auf seine ambivalenten Gefühle zum vom Stadtrat abgelieferten Budget hin, trotz des ausserordentlich hohen Ertrags. Der Überschuss sei erfreulich, aber nur auf ausserordentliche Steuererträge zurückzuführen. Auf der anderen Seite nehme die Aufwandsteigerung weiter zu, das strukturelle Defizit der Stadt steige um CHF 0,5 Mio. gegenüber dem Vorjahr. «Was überwiegt», fragte er rhetorisch, «das positive Ergebnis oder aber die Verschlechterung des strukturellen Defizits?» Er bemängelte die noch nicht vollständig hergestellte Transparenz beim Stellenplan; dass Fragen dazu in den Abteilungen nicht beantwortet werden konnten. Auch die verabschiedete Finanzstrategie sei bereits wieder über den Haufen geworfen worden. Aufgrund der fortgeschrittenen Legislatur bleibe dem Stadtrat und dem Parlament nur noch wenig Zeit und nur mit Konzentration auf das Wesentliche, die ursprünglich angedachten Finanz-Ziele zu erreichen.
Beat Lüthi (FDP, GRPK-Mitglied) glaubte in seinem Votum, dass die letztes Jahr noch spürbare Zurückhaltung beim Budgetieren abgelegt wurde. Die Steigerung der Ausgaben pro Einwohner zwischen Rechnung 2022 und Budget 2024 würden knapp 10% betragen. «Stellen Sie sich mal Otto Normalverbraucher vor: der hat bestimmt nicht die Mittel, seine Ausgaben um 10% zu steigern», rechnete er vor. Wie schon sein Vorredner wies er darauf hin, dass die ausserordentlich hohen Erträge aus den Grundstückgewinnsteuern nicht wiederkehrend sein werden. Im Stellenplan 2024 der Primarschule erhöhe sich die Anzahl Stellen um 20 Stellen – oder fast 9%. Das sei nicht nachvollziehbar, offensichtlich auch nicht in der betroffenen Abteilung. Es sei Zeit für einen Weckruf, befand er. Das strukturelle Defizit habe sich nicht reduziert; die letztes Jahr beschlossene Steuererhöhung sei bereits verpufft. Eine signifikante Minderheit der GRPK sei mit diesem Budget nicht zufrieden.
Simon Bass (Mitte, GRPK-Mitglied) wies darauf hin, dass gemäss Finanzstrategie solch hohe Steuererträge zum Schuldenabbau verwendet werden müssten und vermutete beim Budgetieren eine gewisse Disziplinlosigkeit in Bezug auf die Stadtfinanzen. Es scheine, dass die Finanzstrategie von 2022 nur noch von belangloser Bedeutung sei. Dem Stadtrat sei es mit dem Budget nicht gelungen aufzuzeigen, wie die eigene Strategie umgesetzt werden soll, geschweige denn die selbst gesetzten Ziele zu erreichen. In gewissen Abteilungen – wie etwa der Primarschule – fehle jegliche Kostenanalyse. Die um CHF 3,4 Millionen gesteigerten Netto-Aufwände hätten nur teilweise gerechtfertigt werden können, Schülerzahlen seien unterschiedlich kommuniziert worden, Fragen seien oberflächlich und ungenügend beantwortet worden, bemerkte das GRPK-Mitglied. «Das ganze wirkt undurchsichtig und hat einen faden Beigeschmack!»
Auch Marco Kronauer (SVP, GRPK-Mitglied) fand klare Worte: Letztes Jahr habe der Gemeinderat mit der Steuerfusserhöhung einen ersten Schritt gemacht zur Ertragssteigerung und zum Abbau des strukturellen Defizits. Jetzt hätte der Stadtrat auch mithelfen können, passiert sei jedoch überhaupt nichts. «Wir sind momentan weit weg von einer Stabilisierung der Ausgaben.» Er wies den Stadtrat darauf hin, dass er versprochen habe, dass er vermehrt Verantwortung für die finanzielle Situation übernehme. Aber das seien nur leere Worte. «Und wieder steigt der Nettoaufwand in der Primarschule um 8%, obwohl die Schülerzahlen im Bereich von 3% ansteigen. Dem Gemeinderat kann nicht aufgezeigt werden, wohin die Reise geht.»
Urs Hauser (EVP; GRPK-Mitglied) relativierte die Aussagen seiner Vorredner etwas und wies darauf hin, dass ein Teil der Primarschul-Stellen vom Kanton vorgegeben sei und die Schulpflege da gar keinen Einfluss habe. Auch bei den anderen Stellen müsse man in zwei, drei Jahren genau hinschauen, was mit den Stellen und Projekten passiert sei, so dass der Personalbestand auch wieder gesenkt werden könne.
Namens des Stadtrats nahm Christof Wolfer (FDP), Stadtrat Finanzen, Stellung. Er dankte der GRPK für den guten, sachlichen und fachlichen Austausch. Er meinte, dass einzelne Ziele wie die Reduktion der Verschuldung dank ausserordentlichen Erträgen erreicht werden könne. Es gäbe aber ein Ziel, jenes des strukturellen Defizits, da sei auch der Stadtrat nicht zufrieden. Leider sei es nicht so, dass der Stadtrat einfach drei Schalter kippen könne und dann sei das Ziel erreicht. Man dürfe auch nicht vergessen: Der Stimmbürger gäbe immer wieder neue Lasten oder verstärke diese, etwa mit der Pflegeinitiative. Das koste die Stadt Jahr für Jahr Millionen. Auf kantonaler Ebene sei das neue Lehrpersonalgesetz in der Vernehmlassung. Komme das, kämen allein für Wädenswil Mehrkosten von CHF 2 Mio. hinzu. Auch auf lokaler Ebene kämen neue Aufgaben hinzu, und so verwies Wolfer auf die Unterstützung der Volksinitiative für ein Mehrgenerationenhaus durch den Rat. Man sehe: nicht alle Kostentreiber seien im Einflussbereich des Stadtrats.
Details
Schliesslich wurde Abteilung um Abteilung erläutert. Wurden früher dazu noch mehrere (meist Kürzungs-)Anträge gestellt, waren es in diesem Jahr nur noch zwei. Einer betraf die Werke, die eine budgetierte Investition zugunsten des Wärmeverbunds Eidmatt gar nicht mehr benötigen, ein anderer betraf die amtliche Vermessung. Beide Anträge wurden angenommen. Das nicht über mehr Anträge abgestimmt wurde, ortete Marco Kronauer im Umstand, dass der Stadtrat jeweils darauf hingewiesen habe, dass Kürzungen nicht in die Kompetenz des Gemeinderats fallen würden.
Aus der Abteilung Gesellschaft wurde bekannt, dass die neue Parkplatzbewirtschaftung nicht zu den erhofften Mehreinnahmen geführt hat, die Einnahmen aus den Parkgebühren sogar rückläufig sind. Daher hat der Stadtrat beschlossen, das Konzept Parkplatzbewirtschaftung nochmals zu prüfen.
Roman Hermann (FDP) verlas den GRPK-Bericht zur Primarschule. Nachdem der Schulpräsident und seine Schulleiter am 6. November besucht wurde und im Anschluss noch weitere Fragen gestellt wurden, seien diese bis einen Tag vor der Budgetsitzung beantwortet worden. «Der Umstand, dass dies drei Wochen dauerte, habe bei der GRPK nicht unbedingt Zuversicht für den Budgetierungsprozess ausgelöst», meinte Hermann. Da der Nettoaufwand dieser grössten Abteilung der Stadt um 8% steige, im Bereich der Leitung der Schule sogar um 18%, erlaube er sich ein paar Anmerkungen. Bei steigenden Schülerzahlen müsse man zur Kenntnis nehmen, dass auch die Kosten steigen würde. Gemäss PSW steigen die Schülerzahlen jedoch nur um 3%. Der zuständige Stadtrat sei mit dem proklamierten Ziel angetreten, die Kosten pro Schüler auf einer indexierten Basis von 2021 zu belassen, bzw. auf dieses Niveau zu senken.
Pierre Rappazzo ergänzte die Ausführungen und rechnete vor, dass die indexierte Steigerung auf 6% Teuerung und 6% mehr Schülerinnen und Schüler beruhe. Er verstehe den Ärger betreffend Stellenplan (dieser weist 19 Stellen mehr aus vom Schuljahr 23/24 zum Schuljahr 22/23), doch stimme dieser schlichtweg nicht. «Da muss ich dafür sorgen, dass ich das nächstes Jahr vorher angesehen habe, bevor es veröffentlich wird», meinte er. Es tue ihm leid, das sollte nicht passieren», bat der Schulpräsident um Entschuldigung. Immerhin versprach er Verbesserungen mit Effizienzsteigerungen, die aber nicht zu Lasten der Kinder gehen sollen.
Investitionsrechnung
Simon Bass wies auf den ausserordentlichen Umfang der Nettoinvestitionen ins Verwaltungsvermögen hin: CHF 58,5 Mio. würden hier mit Fokus auf Infrastrukturprojekten wie Schulbauten, Wasser- und Abwasseranlagen, Siedlungsentwässerungskanälen sowie dem Strassenwesen benötigt. Die Dienststelle Tiefbau hat aufgrund einer Analyse errechnet, dass das Investitionsvolumen für die Werterhaltung des Strassennetzes zwischen CHF 2 Mio. und CHF 3 Mio. jährlich liegen müsste. Daher wird im Budget 24 ein Rahmenkredit für die Erneuerung der Gemeindestrassen von CHF 2,4 Mio. beantragt. Mit 121 km anrechenbarer Gemeindestrassen an total 5230 km (Kanton ZH insgesamt), hat Wädenswil das drittgrösste Gemeindestrassennetz des Kantons.
Fazit
In der abschliessenden Diskussion zum Budget machten Beat Lüthi (FDP) und Marco Kronauer (SVP) nochmals klar, dass ihre Fraktionen mit dem Budget nicht zufrieden seien und sie deshalb den Antrag zur Genehmigung des Budgets ablehnen würden. Man müsse klarstellen, dass man nicht von Sparen rede, man rede vom Senken des Ausgabenwachstums, meinte Lüthi. Er erwarte vom Budget 25, dass die Zeichen von Anfang an richtig gesetzt seien.
Auch GRPK-Präsident Reiter bekräftigte nochmals, dass das bestehende strukturelle Defizit auf das kommende Budget hin angegangen werden müsse. Joel Utiger wies ebenso darauf hin, dass seine Mitte-Fraktion mit dem Budget nicht glücklich sei, dass aber die Budgetrückweisung im Jahr 2020 (Budget 21) eher kontraproduktiv gewesen sei und eher Mehrkosten verursacht habe.
Eine Budgetrückweisung sei der falsche Ansatz, bestätigte auch der Stadtrat Finanzen, Christof Wolfer. Er verstehe aber den Unmut. Der Stadtrat sei offen und gewillt, die Diskussion zu führen.
Schliesslich wurde der stadträtliche Antrag zum Budget mit 19 Ja, bei 15 Gegenstimmen, angenommen. Links und Mitte waren für die Annahme, auch die GLP scheint – seit sie in Wädenswil Regierungsverantwortung übernimmt – vermehrt auf die stadträtliche Schiene aufzuspringen. Abgelehnt wurde der Budgetantrag von der geschlossenen SVP- und FDP/BFPW-Fraktion.
Der Steuerfuss wurde einstimmig bei 86% festgelegt, das Gesamtpaket – Budget und Steuerfuss – ebenfalls grossmehrheitlich mit 4-Trotz-Gegenstimmen angenommen. So war bereits nach Eindreiviertelstunden Feierabend für die Politiker.
Glaubt man den Aussagen der verschiedenen Fraktionen, wird das Budget 2025 in einem Jahr wesentlich herausfordernder.
OSW senkt Steuerfuss um 1%
Bereits am 28. November hielt die eigenständige Oberstufenschule Wädenswil ihre Gemeindeversammlung ab. 108 Stimmberechtigte folgten der Einladung. Diese nahmen einen Kredit für den Umbau des Westtrakts an. Somit kann dieser für CHF 480 000 umgebaut und in der Folge die Sporttalentklasse von 24 auf 36 Plätze aufgestockt werden. Auf Antrag der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission und gegen den Willen der Schulpflege wurde der Steuerfuss der OSW von jetzt 19% auf neu 18% grossmehrheitlich angenommen.
Von praktisch allen Seiten musste sich der Stadtrat an der Budgetsitzung vom 11. Dezember Kritik gefallen lassen. Besonders im Fokus waren die überbordende Primarschule sowie die weiter steigenden Personalkosten. Die FDP/BFPW-Fraktion sowie die SVP stimmten daher – allerdings erfolglos – gegen die Abnahme des Budgets. Da auf langwierige Budget-Einzelposten-Beratung verzichtet wurde, war die Sitzung ungewöhnlich kurz. Der Steuerfuss der Stadt bleibt bei unverändert 86%; zusammen mit dem Steuerfuss der Oberstufen-Schulgemeinde ergibt sich eine Gesamtsteuerfuss-Reduktion um 1% auf 104%.
Text & Bilder: Stefan Baumgartner
Das Budget 2024 vor der Gemeinderatssitzung am 11. Dezember wies einen Gesamtaufwand von CHF 239,8 Mio. (Budget 2023: 234,7 Mio.) und Erträge von CHF 274,3 Mio. (238,2 Mio.) auf. So wird mit einem Ertragsüberschuss von CHF 34,5 Mio. gerechnet. Der starke Anstieg beider Kennzahlen gegenüber dem Vorjahresbudget beruht einerseits auf höheren Personalaufwänden und andererseits auf aussergewöhnlich hohen Steuererträgen, vor allem bei den Grundstücksgewinnsteuern.
Vorgängig war bereits klar: Die Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission hat das Budget 24 nur mit Stichentscheid des Präsidenten (Ulrich Reiter, Grüne) zur Genehmigung empfohlen, so dass der Stadtrat schon im Voraus mitteilte, dass er eine erneute Rückweisung – so wie 2020 mit dem Budget 21 passiert – wenn immer möglich verhindern wolle. Die Erfahrung von 2021 hätten gezeigt, dass die nachhaltigen Spareffekte minimal gewesen seien. Die Verwaltung sei während rund vier Monaten ausgebremst gewesen, viele geplante Projekte mussten verschoben werden.
Budgetberatung
Mit seinem Eingangsvotum wies GRPK-Präsident Ulrich Reiter auf seine ambivalenten Gefühle zum vom Stadtrat abgelieferten Budget hin, trotz des ausserordentlich hohen Ertrags. Der Überschuss sei erfreulich, aber nur auf ausserordentliche Steuererträge zurückzuführen. Auf der anderen Seite nehme die Aufwandsteigerung weiter zu, das strukturelle Defizit der Stadt steige um CHF 0,5 Mio. gegenüber dem Vorjahr. «Was überwiegt», fragte er rhetorisch, «das positive Ergebnis oder aber die Verschlechterung des strukturellen Defizits?» Er bemängelte die noch nicht vollständig hergestellte Transparenz beim Stellenplan; dass Fragen dazu in den Abteilungen nicht beantwortet werden konnten. Auch die verabschiedete Finanzstrategie sei bereits wieder über den Haufen geworfen worden. Aufgrund der fortgeschrittenen Legislatur bleibe dem Stadtrat und dem Parlament nur noch wenig Zeit und nur mit Konzentration auf das Wesentliche, die ursprünglich angedachten Finanz-Ziele zu erreichen.
Beat Lüthi (FDP, GRPK-Mitglied) glaubte in seinem Votum, dass die letztes Jahr noch spürbare Zurückhaltung beim Budgetieren abgelegt wurde. Die Steigerung der Ausgaben pro Einwohner zwischen Rechnung 2022 und Budget 2024 würden knapp 10% betragen. «Stellen Sie sich mal Otto Normalverbraucher vor: der hat bestimmt nicht die Mittel, seine Ausgaben um 10% zu steigern», rechnete er vor. Wie schon sein Vorredner wies er darauf hin, dass die ausserordentlich hohen Erträge aus den Grundstückgewinnsteuern nicht wiederkehrend sein werden. Im Stellenplan 2024 der Primarschule erhöhe sich die Anzahl Stellen um 20 Stellen – oder fast 9%. Das sei nicht nachvollziehbar, offensichtlich auch nicht in der betroffenen Abteilung. Es sei Zeit für einen Weckruf, befand er. Das strukturelle Defizit habe sich nicht reduziert; die letztes Jahr beschlossene Steuererhöhung sei bereits verpufft. Eine signifikante Minderheit der GRPK sei mit diesem Budget nicht zufrieden.
Simon Bass (Mitte, GRPK-Mitglied) wies darauf hin, dass gemäss Finanzstrategie solch hohe Steuererträge zum Schuldenabbau verwendet werden müssten und vermutete beim Budgetieren eine gewisse Disziplinlosigkeit in Bezug auf die Stadtfinanzen. Es scheine, dass die Finanzstrategie von 2022 nur noch von belangloser Bedeutung sei. Dem Stadtrat sei es mit dem Budget nicht gelungen aufzuzeigen, wie die eigene Strategie umgesetzt werden soll, geschweige denn die selbst gesetzten Ziele zu erreichen. In gewissen Abteilungen – wie etwa der Primarschule – fehle jegliche Kostenanalyse. Die um CHF 3,4 Millionen gesteigerten Netto-Aufwände hätten nur teilweise gerechtfertigt werden können, Schülerzahlen seien unterschiedlich kommuniziert worden, Fragen seien oberflächlich und ungenügend beantwortet worden, bemerkte das GRPK-Mitglied. «Das ganze wirkt undurchsichtig und hat einen faden Beigeschmack!»
Auch Marco Kronauer (SVP, GRPK-Mitglied) fand klare Worte: Letztes Jahr habe der Gemeinderat mit der Steuerfusserhöhung einen ersten Schritt gemacht zur Ertragssteigerung und zum Abbau des strukturellen Defizits. Jetzt hätte der Stadtrat auch mithelfen können, passiert sei jedoch überhaupt nichts. «Wir sind momentan weit weg von einer Stabilisierung der Ausgaben.» Er wies den Stadtrat darauf hin, dass er versprochen habe, dass er vermehrt Verantwortung für die finanzielle Situation übernehme. Aber das seien nur leere Worte. «Und wieder steigt der Nettoaufwand in der Primarschule um 8%, obwohl die Schülerzahlen im Bereich von 3% ansteigen. Dem Gemeinderat kann nicht aufgezeigt werden, wohin die Reise geht.»
Urs Hauser (EVP; GRPK-Mitglied) relativierte die Aussagen seiner Vorredner etwas und wies darauf hin, dass ein Teil der Primarschul-Stellen vom Kanton vorgegeben sei und die Schulpflege da gar keinen Einfluss habe. Auch bei den anderen Stellen müsse man in zwei, drei Jahren genau hinschauen, was mit den Stellen und Projekten passiert sei, so dass der Personalbestand auch wieder gesenkt werden könne.
Namens des Stadtrats nahm Christof Wolfer (FDP), Stadtrat Finanzen, Stellung. Er dankte der GRPK für den guten, sachlichen und fachlichen Austausch. Er meinte, dass einzelne Ziele wie die Reduktion der Verschuldung dank ausserordentlichen Erträgen erreicht werden könne. Es gäbe aber ein Ziel, jenes des strukturellen Defizits, da sei auch der Stadtrat nicht zufrieden. Leider sei es nicht so, dass der Stadtrat einfach drei Schalter kippen könne und dann sei das Ziel erreicht. Man dürfe auch nicht vergessen: Der Stimmbürger gäbe immer wieder neue Lasten oder verstärke diese, etwa mit der Pflegeinitiative. Das koste die Stadt Jahr für Jahr Millionen. Auf kantonaler Ebene sei das neue Lehrpersonalgesetz in der Vernehmlassung. Komme das, kämen allein für Wädenswil Mehrkosten von CHF 2 Mio. hinzu. Auch auf lokaler Ebene kämen neue Aufgaben hinzu, und so verwies Wolfer auf die Unterstützung der Volksinitiative für ein Mehrgenerationenhaus durch den Rat. Man sehe: nicht alle Kostentreiber seien im Einflussbereich des Stadtrats.
Details
Schliesslich wurde Abteilung um Abteilung erläutert. Wurden früher dazu noch mehrere (meist Kürzungs-)Anträge gestellt, waren es in diesem Jahr nur noch zwei. Einer betraf die Werke, die eine budgetierte Investition zugunsten des Wärmeverbunds Eidmatt gar nicht mehr benötigen, ein anderer betraf die amtliche Vermessung. Beide Anträge wurden angenommen. Das nicht über mehr Anträge abgestimmt wurde, ortete Marco Kronauer im Umstand, dass der Stadtrat jeweils darauf hingewiesen habe, dass Kürzungen nicht in die Kompetenz des Gemeinderats fallen würden.
Aus der Abteilung Gesellschaft wurde bekannt, dass die neue Parkplatzbewirtschaftung nicht zu den erhofften Mehreinnahmen geführt hat, die Einnahmen aus den Parkgebühren sogar rückläufig sind. Daher hat der Stadtrat beschlossen, das Konzept Parkplatzbewirtschaftung nochmals zu prüfen.
Roman Hermann (FDP) verlas den GRPK-Bericht zur Primarschule. Nachdem der Schulpräsident und seine Schulleiter am 6. November besucht wurde und im Anschluss noch weitere Fragen gestellt wurden, seien diese bis einen Tag vor der Budgetsitzung beantwortet worden. «Der Umstand, dass dies drei Wochen dauerte, habe bei der GRPK nicht unbedingt Zuversicht für den Budgetierungsprozess ausgelöst», meinte Hermann. Da der Nettoaufwand dieser grössten Abteilung der Stadt um 8% steige, im Bereich der Leitung der Schule sogar um 18%, erlaube er sich ein paar Anmerkungen. Bei steigenden Schülerzahlen müsse man zur Kenntnis nehmen, dass auch die Kosten steigen würde. Gemäss PSW steigen die Schülerzahlen jedoch nur um 3%. Der zuständige Stadtrat sei mit dem proklamierten Ziel angetreten, die Kosten pro Schüler auf einer indexierten Basis von 2021 zu belassen, bzw. auf dieses Niveau zu senken.
Pierre Rappazzo ergänzte die Ausführungen und rechnete vor, dass die indexierte Steigerung auf 6% Teuerung und 6% mehr Schülerinnen und Schüler beruhe. Er verstehe den Ärger betreffend Stellenplan (dieser weist 19 Stellen mehr aus vom Schuljahr 23/24 zum Schuljahr 22/23), doch stimme dieser schlichtweg nicht. «Da muss ich dafür sorgen, dass ich das nächstes Jahr vorher angesehen habe, bevor es veröffentlich wird», meinte er. Es tue ihm leid, das sollte nicht passieren», bat der Schulpräsident um Entschuldigung. Immerhin versprach er Verbesserungen mit Effizienzsteigerungen, die aber nicht zu Lasten der Kinder gehen sollen.
Investitionsrechnung
Simon Bass wies auf den ausserordentlichen Umfang der Nettoinvestitionen ins Verwaltungsvermögen hin: CHF 58,5 Mio. würden hier mit Fokus auf Infrastrukturprojekten wie Schulbauten, Wasser- und Abwasseranlagen, Siedlungsentwässerungskanälen sowie dem Strassenwesen benötigt. Die Dienststelle Tiefbau hat aufgrund einer Analyse errechnet, dass das Investitionsvolumen für die Werterhaltung des Strassennetzes zwischen CHF 2 Mio. und CHF 3 Mio. jährlich liegen müsste. Daher wird im Budget 24 ein Rahmenkredit für die Erneuerung der Gemeindestrassen von CHF 2,4 Mio. beantragt. Mit 121 km anrechenbarer Gemeindestrassen an total 5230 km (Kanton ZH insgesamt), hat Wädenswil das drittgrösste Gemeindestrassennetz des Kantons.
Fazit
In der abschliessenden Diskussion zum Budget machten Beat Lüthi (FDP) und Marco Kronauer (SVP) nochmals klar, dass ihre Fraktionen mit dem Budget nicht zufrieden seien und sie deshalb den Antrag zur Genehmigung des Budgets ablehnen würden. Man müsse klarstellen, dass man nicht von Sparen rede, man rede vom Senken des Ausgabenwachstums, meinte Lüthi. Er erwarte vom Budget 25, dass die Zeichen von Anfang an richtig gesetzt seien.
Auch GRPK-Präsident Reiter bekräftigte nochmals, dass das bestehende strukturelle Defizit auf das kommende Budget hin angegangen werden müsse. Joel Utiger wies ebenso darauf hin, dass seine Mitte-Fraktion mit dem Budget nicht glücklich sei, dass aber die Budgetrückweisung im Jahr 2020 (Budget 21) eher kontraproduktiv gewesen sei und eher Mehrkosten verursacht habe.
Eine Budgetrückweisung sei der falsche Ansatz, bestätigte auch der Stadtrat Finanzen, Christof Wolfer. Er verstehe aber den Unmut. Der Stadtrat sei offen und gewillt, die Diskussion zu führen.
Schliesslich wurde der stadträtliche Antrag zum Budget mit 19 Ja, bei 15 Gegenstimmen, angenommen. Links und Mitte waren für die Annahme, auch die GLP scheint – seit sie in Wädenswil Regierungsverantwortung übernimmt – vermehrt auf die stadträtliche Schiene aufzuspringen. Abgelehnt wurde der Budgetantrag von der geschlossenen SVP- und FDP/BFPW-Fraktion.
Der Steuerfuss wurde einstimmig bei 86% festgelegt, das Gesamtpaket – Budget und Steuerfuss – ebenfalls grossmehrheitlich mit 4-Trotz-Gegenstimmen angenommen. So war bereits nach Eindreiviertelstunden Feierabend für die Politiker.
Glaubt man den Aussagen der verschiedenen Fraktionen, wird das Budget 2025 in einem Jahr wesentlich herausfordernder.
OSW senkt Steuerfuss um 1%
Bereits am 28. November hielt die eigenständige Oberstufenschule Wädenswil ihre Gemeindeversammlung ab. 108 Stimmberechtigte folgten der Einladung. Diese nahmen einen Kredit für den Umbau des Westtrakts an. Somit kann dieser für CHF 480 000 umgebaut und in der Folge die Sporttalentklasse von 24 auf 36 Plätze aufgestockt werden. Auf Antrag der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission und gegen den Willen der Schulpflege wurde der Steuerfuss der OSW von jetzt 19% auf neu 18% grossmehrheitlich angenommen.