Richterswil

Ein Energieplan, welcher der Realität entspricht

Am Mittwoch, 1. November, informierte der Gemeinderat über das geplante Fernwärmenetz im Dorf sowie den Ersatzbau des Wohn- und Pflegezentrums Wisli.

Text: Reni Bircher
Bilder: Reni Bircher/zvg

In einem kurzen Überblick umfasste Gemeinderat Christian Stalder, Ressort Werke, die geschichtliche Energieentwicklungen in Richterswil-Samstagern, welche im vorletzten Jahrhundert vor allem Neuerungen durch den Industriellen Rudolf Zinggeler erfuhr, und ein wertvolles Vermächtnis hinterliess. Um die Energieversorgung in der heutigen Zeit möglichst effizient, umweltverträglich und sicher zu gestalten, braucht es neuste Erkenntnisse und weitsichtige Planung.
Noch vor einem Jahr hatte der Gemeinderat die Pläne für den Bau eines Niedertemperaturnetzes (NTN) vorgestellt, welches eine rund zwei Kilometer lange Hauptleitung von der Abwasserreinigungsanlage (ARA) bis zum Pflegezentrum Wisli vorsah. Es sollte die gemeindeeigenen Gebäude (inkl. neues Feuerwehrgebäude) mit Wärme versorgen. Private im Dorfkern wurden aufgefordert, sich einen Anschluss ans Netz zu überlegen. Was diese auch taten: über 85 Haushalte haben unverbindlich Interesse bekundet, was die Gemeinde veranlasst hat, bezüglich der künftigen Energieversorgung über die Bücher zu gehen.
Damit die Energiewende gelingt und die Vorschriften des Kantons eingehalten werden können, bieten sich mehrere Möglichkeiten an.

Höhere Investitionen

Doch Richterswil-Samstagern kann nicht flächendeckend dieselben Energiequellen anzapfen, beispielsweise sind in gewissen Gebieten Erdsonden nicht erlaubt wegen des Grundwassers (siehe Karte). Ob Erdsonde, Wärmepumpe, Fernwärme oder Solarpaneels: Informationen, welche Liegenschaft besonders für welche Energiequelle geeignet ist, können beim Energieberater des EKZ (kostenlos), im Solarkataster oder auch bei der Gemeinde eingeholt werden.
Das Umschwenken der Gemeinde von NTN zur Fernwärme ist damit zu erklären, dass mit letzterer das ganze Dorf beliefert werden kann, nicht nur der Kern. In der «Alten Brauerei» würde eine zentrale Wärmepumpe installiert werden, wo das Wasser auf 90 Grad erhitzt wird. Bei einer Vergrösserung des Bezugsgebietes böte die «Braui» Platz für eine zusätzliche Seewasserheizpumpe, falls eine solche in Zukunft in Betracht gezogen würde.
Für die Gemeinde bedeutet das neue System höhere Investitionen, eine genaue Zahl lässt sich noch nicht abschliessend beziffern. «Aktuelle – sehr lose – Berechnungen gehen davon aus, dass wenn wir 70 Häuser anschliessen, sich die Gesamtkosten an die 15 Millionen Franken belaufen», erklärt Stalder. Doch: «Je mehr Häuser wir anschliessen können – was begrüssenswert wäre –, steigen zwar die Kosten initial, doch die Effizienz ist höher und der Energiepreis fällt niedriger aus.» Dies wegen der Erstellung einer zentralen Wärmepumpe sowie dem Bau eines Netzes mit isolierten Transportrohren.
Doch das braucht Zeit: Stimmt die Bevölkerung dem Ausbau des Fernwärmenetzes zu, so muss dieser etappenweise erfolgen. Auf Anfrage aus dem Publikum, wie lange das wohl dauern würde, ist die Antwort Stalders ernüchternd: «20 bis 30 Jahre, alles in allem». Doch im Gesamtbild sei das Fernwärmenetz ökologischer und auch wirtschaftlicher. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass hier ein wirtschaftliches System aufgebaut werden kann.
Der Zeitplan sieht vor, dass die Stimmberechtigten im nächsten Jahr über Projekt und Kosten an der Urne abstimmen. Die erste Etappe des Fernwärmenetzes könnte dann in der ersten Hälfte 2027 gebaut werden und im zweiten Halbjahr in Betrieb gehen.

Alters- und Pflegeheim Wisli am See vorgestellt

Den zweiten Teil des Abends widmete der Gemeinderat dem Ersatzbau des Alters- und Pflegezentrums Wisli am See. Das Siegerprojekt aus dem Wettbewerb war im Juli 2023 im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung präsentiert worden. Gemeinderätin Evelyn Meuter begrüsste das Gewinnerteam der Marti Gesamtleistungen AG aus Zürich: Falco Jansen (Bereichsleiter Wettbewerbe & Kalkulation), Projektleiter Marcos Pereira sowie Architekt Philipp Sigg. Sie stellten das Projekt gleich selber vor.

Im Frühling 2024 wird mit der Altlastensanierung des Wohnblocks begonnen, in dem sich die Alterswohnungen befanden. Ab dem Sommer wird an dieser Stelle mit dem Rückbau begonnen für den Neubau des Pflegezentrums mit 70 Pflegeplätzen. Im Pflegezentrum integriert ist die Demenzabteilung. Es wird mit einer Bauzeit von zwei Jahren gerechnet.

In der zweiten Etappe folgen der Rückbau des Pflegeheims und die Erstellung der Alterswohnungen mit drei 3- bis 3,5-Zimmer-, 25 2- bis 2,5-Zimmer- und sieben 1,5-Zimmer-Wohnungen. Diese werden in einem Pensionsvertragsmodell mit Grund- und Zusatzleistungen, also einem Serviceangebot, betrieben werden.

Die Kosten für das komplette Wohn- und Pflegezentrum belaufen sich auf rund 52 Mio. CHF.
Die Anzahl der Pflegeplätze bemisst sich an der Obsan-Studie sowie an der Anzahl der Langzeitpatienten gemäss der Statistik der Gemeinde.

Fragerunde

Die Frage aus dem Publikum, ob bei der Planung des Ersatzbaus Fachleute «von der Front» beigezogen worden sind, wurde von Gemeinderätin Melanie Züger, Ressort Gesellschaft, beantwortet. «Die RISA Wisli AG als Betreiberin wurde von Beginn an in den Prozess integriert und hatte auch Mitspracherecht. Im Gremium waren Personen aus verschiedenen Fachbereichen vertreten, wie z.B. Ärzteschaft, Pflegebereich usw. Das neue Projekt entspricht auch vollumfänglich den Anforderungen des Betriebes.»
Aus dem Zuschauerraum wurde der Zugang von der Seestrasse her bemängelt: Fussgänger, also auch die Bewohnerinnen und Bewohner des «Wisli am See», müssen durch die Tiefgarage bis zum Lift, ohne einen entsprechenden Fussgängerkorridor nutzen zu können. Die Forderung, diesen Punkt nochmals zu überprüfen und nach Möglichkeit eine gute Lösung zu erarbeiten, wurde vermerkt. Sämtliche Rückmeldungen von der Ausstellung im Juli 2023, sowie die Anmerkungen und Einwände aus der Versammlung, werden durch die RISA Liegenschaften AG und die RISA Wisli AG bei der nächsten Sitzung mit dem Bauunternehmer nochmals eingehend überprüft und bewertet.
Bedauerlicherweise legten weder Architekt noch Projektleiter besonders viel Empathie und Einfühlungsvermögen an die künftigen Bewohner an den Tag, was bei den Anwesenden merklich für negative Stimmung sorgte.

www.wisliamsee.ch

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