Richterswil Vereine

Über 350 Liter frischen Most gekeltert

Am 1. Oktober nahm der Verein Ortsmuseum die 130-jährige Mostpresse am «Chilerai» erstmals für die Öffentlichkeit in Betrieb und verarbeitete 350 Kilogramm Äpfel zu Most. Der Herbst hätte nicht genussvoller starten können.

Text & Bilder: Reni Bircher

Mit grosser Freude durften das Ortsmuseum-Team sowie die Hofbesitzer, Elisabeth und Gustav Bachmann, auf deren Boden sich das Museum Chilerai befindet, zahlreiche Besucherinnen und Besucher jeden Alters begrüssen, um in deren Beisein die grosse Mostpresse, eine Spindelkelter, in Betrieb zu nehmen.
Als das über zwei Jahre hinweg aufwändig renovierte Gemäuer seine Tore im Oktober 2021 erstmals öffnete, war die Saftherstellung mit der grossen Mostpresse nicht möglich. Der Verein liebäugelte jedoch mit der Inbetriebnahme der 1890 im Bären Richterswil von den Gebr. Sennhauser hergestellten Presse, und nun wurde dies an besagtem Sonntag möglich. Für das Pressbett wurde extra eine Edelstahlwanne hergestellt, um den ausgepressten Saft hygienisch aufzufangen und mittels Ausguss in Fässer abzuleiten. Um die Trotte zu füllen sind Unmengen an Kernobst nötig, und so setzte der Verein sämtliche Hebel in Bewegung, um für diesen einen Sonntag 350 Kilogramm Äpfel zusammenzutragen.
Bei einem Testlauf in der Woche zuvor wurden 200 Kilogramm gekeltert und zwecks Pasteurisierung zu einem Bauern auf dem Berg gebracht. Der Rest sollte Schauzwecken dienen.

Ungeduldige Kinderhände

Auf dem Stockwerk über dem Kelterraum standen Harassen voller Äpfel diverser Sorten schützend um das Bodenloch drapiert, in dem sich der Häcksler für die Zerstückelung des Obstes und die Rutsche befinden. Die Transmission zum Betreiben der Spindelkelter lief bereits auf Hochtouren, doch Jörg Fasler (Ortsmuseum) hiess die Kinder und Erwachsenen noch Geduld zu bewahren; er wartete darauf, dass sich dem Klacken der Zahnräder und gleichmässigen Surren der Lederriemen ein metallisches Geräusch hinzugesellte. Als sich das Häckselwerk endlich in Bewegung setzte, flogen wie auf Kommando die Früchte aus den Kinderhänden Richtung Bodenloch, um dort für den Pressvorgang zerkleinert zu werden. So manchen Erwachsenen trieb es fasziniert zum Ort des Geschehens, um auch noch den einen oder anderen Apfel ins Loch zu schmeissen.
Unterdessen füllte sich im Kelterraum der Presskorb mit den Apfelteilchen. Diese wurden von Thomas von Atzigen – Präsident des Sagimuseums in Samstagern und massgeblich an der Sanierung der Mostpresse beteiligt – gleichmässig mit Hilfe eines Rechens verteilt. Bereits floss Saft aus dem Ausguss, und Hans Streiff (Ortsmuseum) verteilte Becher an die Umstehenden, die sich gerne am süssen Saftstrahl bedienten.
Sämtliche Harasse im Obergeschoss waren bald leer und der eigentliche Pressvorgang konnte eingeleitet werden. Auf die Apfelmasse wurden dicke Holzbohlen gelegt, auf diese drauf kamen schwere Stahlträger. Von Hand wurde die Eisenpresse bis auf die Stahlträger runtergedreht, bevor der Mechanismus wieder in Gang gesetzt und der Keltervorgang begann.
Was nun an Saft in die Fässer gelangte, machte ein regelmässiges Auswechseln der Behälter nötig. Immer wieder wurde von den begeisterten Zuschauern der Trinkbecher direkt zum Ausguss geführt.

Absolute Verwertung

Ortsmuseums-Mitglied Hans Streiff erzählte, wie zu früheren Zeiten die Apfelmasse zum Schluss durch die Trestermühle gelassen und in den beiden Silos am Chilerai gelagert wurde, um im Winter hochprozentigen Schnaps daraus zu brennen. Was nach dieser Destillation noch zurück blieb, ist nochmals weiterverarbeitet worden: Man stellte so genannte «Zigerli» her, getrocknete Brocken zum Einheizen der (Kachel-)Öfen. Vom Stil bis zum Kern wurde damit der gesamte Apfel verwertet.
Was vom aktuellen Schaumosten zurückbleibt, wird einem Richterswiler Landwirt überbracht, wo es an die Kühe verfüttert wird.
Der Keltervorgang des ersten Oktobertages erbrachte 220 Liter feinsten Apfelsaft, beim «Probelauf» wurden weitere 85 Liter gewonnen. «Wir haben etwa 60 Prozent Ausbeute mit unserer wunderschönen 130-jährigen Spindelpresse erreicht», sagte Streiff begeistert, «was für ein erfreuliches Ergebnis!»
Was die Vereinsmitglieder am 1. Oktober nicht direkt verkauft hatten, wurde dem Berggasthaus Etzel und Sylvia’s Besenbeiz verkauft.
Das Schaumosten darf wohl als Erfolg bezeichnet werden und als erlebnisreicher Tag für alle Schaulustigen, welche den Weg zum «Chilerai» unter die Füsse genommen haben. Und es zeigt sich wieder einmal: Mit regelmässiger Pflege, Zeit und etwas liebevoller Zuwendung, überdauern solche traditionsreiche Maschinen und Konstruktionen Generationen. n

Interessierte Gruppen oder Schulen können sich für eine Führung im Museum Chilerai hier melden: chilerai@ortsmuseum-richterswil.ch

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