Richterswil

Der Grenzbach bekommt ein neues Bett

Wegen des Hochwasserschutzes wird der Grenzbach zwischen Richterswil und Wollerau unterhalb der Schwyzerstrasse saniert. Die Arbeiten starten Ende September.

Text: Reni Bircher, Bilder: zvg

Der Grenzbach, welcher zwischen der Kantonsgrenze verläuft, mündet auf der Höhe des Känzelis bzw. Bootshauses in den Zürichsee. Er sammelt bei Regen das Wasser unmittelbar aus den Siedlungen von der Strasse, den Dächern und den Vorplätzen, weil früher keine Retention – z.B. Schächte oder Rückhaltebecken – auf den Grundstücken verbaut worden sind.
Seit Jahren wird der Abfluss, der unter der Seestrasse durchführt, regelmässig verstopft und flutet gelegentlich die danebenliegende Unterführung. Für die Räumung des Doleneinganges zeichnet sich die Gemeinde Wollerau verantwortlich, das Auspumpen und Reinigen der Unterführung obliegt dann der Gemeinde Richterswil. Im mittleren Bereich des Baches, bevor er im Bodenschacht weiterfliesst, ist es auch schon zu Überschwemmungen der Grundstücke gekommen.
Zwar wurde in den Neunzigerjahren versucht, das Gewässer mittels Holzsperren zu «beruhigen», sie wurden jedoch nicht optimal verbaut und sorgten für Unterspülungen der Schwellen im Bachbett.
Im Zuge des Hochwasserschutzes gemäss neuesten Bestimmungen wird der Grenzbach auf ganzer Strecke zwischen Schwyzer- und Seestrasse ausgedolt und ihm mehr Platz gewährt. Gleichzeitig findet eine Revitalisierung statt, indem invasive Neophyten und exotische Pflanzen entfernt werden. Mit der Ausscheidung der Gewässerräume (in denen Private nichts bauen dürfen) vor einigen Jahren wurde festgehalten, dass eine Begrünung mit einheimischen Pflanzen zu erfolgen hat. «An den Gärten selbst verändern wir so wenig wie möglich, in einzelnen Fällen kommt es zur Abschrägung des Ufers», erklärt Thomas von Atzigen, der Technische Leiter Umwelt des Bezirks Höfe.

Herausforderung unterschiedlicher Gesetzeslagen

Die Verantwortung für die Aufrechthaltung des Hochwasserabflusses des Grenzbaches fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bezirks Höfe. Deshalb übernahm er die Projektierung des Wasserbauprojekts, immer in Absprache mit den Gemeinden Wollerau und Richterswil.
Üblicherweise muss bei kantonsübergreifenden Gewässern beim Bund ein Einzelprojekt angemeldet werden, auch um Subventionen zu beantragen. Da es sich bei diesem Projekt um ein kleines Gewässer handelt, wurde eine Bewilligung eingeholt, damit die Kantone federführend sind und der Bund nicht ebenfalls vor Ort agieren muss.
Die Schwierigkeit bei der Projektierung sind die unterschiedlichen Gesetzgebungen der beiden Kantone.
So wurde das Projekt auf Schwyzerseite als gängiges Baugesuch eingereicht; die Anwohner wurden vorgängig informiert, es wurden Verhandlungen geführt und zum Schluss mit der Unterschrift aller Privateigentümer angrenzender Parzellen den Segen erteilt. Das war vor anderthalb Jahren, theoretisch hätte zu diesem Zeitpunkt schon mit der Sanierung begonnen werden können.
Der Prozess im Kanton Zürich startete mit einem öffentlichen Auflageverfahren, wobei auch dort vorgängig die Parzellenbesitzer informiert worden sind. Von dieser Seite gingen Einsprachen ein, welche von Gemeinde und Kanton aufgenommen, das Projekt angepasst und die Pläne erneut öffentlich aufgelegt wurden. Das resultiert in einem Festsetzungsprojekt, und weil keine Einsprachen mehr erhoben wurden, wird das Vorhaben wie geplant umgesetzt.

Verschiebung des Bachbetts

Gemäss Gewässerschutzgesetz darf heute ein Gewässer nicht mehr eingedolt werden. Ein Privater hat kaum die Möglichkeit gegen eine solche Massnahme vorzugehen, solange «nur» private Interessen vorhanden sind.
Der Boden um den Grenzbach gehört den Privaten. Weil auf Schwyzerseite im unteren Bereich, nahe der Schwyzerstrasse, die Häuser und Garagen sehr nahe am Gewässer sind – dort, wo der Bach momentan noch durch ein marodes Leitungsrohr im Boden fliesst –, muss das Bachbett etwas weiter auf die Richterswiler Seite verlegt werden. «Wie damals so gebaut werden durfte, das entzieht sich meiner Kenntnis», sagt Thomas von Atzigen. Die Offenlegung und Verschiebung des Baches betrifft drei Grundstücke.
Wegen dieser Massnahmen ist die Gemeinde Richterswil gezwungen, ihre Gas- und Wasserleitungen neu zu verlegen. Die Kosten dafür trägt die Gemeinde Richterswil, die Aushebung des Erdreiches wird jedoch im Zuge der Bachbettsanierung von der WSB AG aus Kloten getätigt, die nach der Baumeistersubmission im öffentlichen Verfahren den Zuschlag erhielt. Die Leitungsbauten werden noch vor der Sanierung fertiggestellt.

Schritt für Schritt

Das Bachbett wird ausgedolt und an den Rändern leicht abgeflacht. Alle paar Meter wird eine Stufenbecken-Sequenz gemacht: eine Schwelle aus Blocksteinen (jeder 1–2 Tonnen schwer und aus einem Schweizer Steinbruch), von wo aus das Wasser abfällt. Im Becken bzw. Kolk wird ein Kolkschutz und Blockverbauung gemacht, damit keine Ausschwemmung mehr stattfinden kann und die Wassermassen abgebremst werden.
Mit der Verbauung der Blocksteine wird unterhalb der Schwyzerstrasse begonnen und unüblicherweise von oben nach unten gearbeitet, damit die Schrittbagger nicht über die neuen Verbauungen fahren müssen. «Die Steinquader werden von einem Schrittbagger zum anderen überreicht werden … das wird ein überaus aufwändiger Prozess sein», ist sich der technische Leiter sicher.
In der Zeit der Bauphase wird der Grenzbach in Rohren umgeleitet, damit im trockenen Bachbett gearbeitet werden kann.
Nach einer ersten Bauetappe muss vom Gewässerbau beider Kantone eine «Musterstrecke» abgenommen werden. Sollte diese nicht den Anforderungen und eingereichten Plänen entsprechen, kann die Weiterführung der Sanierung gestoppt und im schlimmsten Fall Subventionen gestrichen werden.
Gemäss kantonalen Auflagen muss der Bachlauf nach den Arbeiten wieder mit adäquaten Pflanzen begrünt werden. «Entsprechend gesetzte Pflanzen, wie Hasel, Erle, Ahorn oder Birke, wachsen schnell und sind erst noch standortgemäss.»

Finanzierung und Bauzeit

Die Gesamtkosten der Grenzbach-Sanierung belaufen sich auf etwa CHF 1,4 Millionen. Die Finanzierung bei der Sanierung öffentlicher Gewässer wird zu 35 Prozent vom Bund übernommen. Je 15 Prozent gehen zu Lasten beider Kantone. Die Restkosten von CHF 700 000 werden zwischen den Gemeinden aufgeteilt, wobei Wollerau seine Kosten mit dem Bezirk Höfe aufsplitten kann, denn im Kanton Schwyz haben die Bezirke die Hoheitspflicht für ihre Gewässer. Das ist im Kanton Zürich nicht so.
Allerdings hat die Gemeinde bei Zürcher Hochwasserschutzprojekten das Recht, drei Fünftel der Restkosten an die Privateigentümer zu übertragen. Die Gemeinde verzichtet jedoch grosszügigerweise auf diesen Schritt.
Ende September startet das Grenzbach-Projekt, und die Bauherrschaft rechnet mit einer Bauzeit von vier Monaten. Ende Januar 2024 sollten laut Plan die Bauhauptarbeiten beendet sein, dann findet der Rückbau und die Wiederinstandstellung der Gärten statt. «Je nach Wetterbedingung können wir im März/April mit der Uferbegrünung mit einheimischen Bäumen und Stauden anfangen und Rasen aussäen», erläutert von Atzigen.

Das Projekt kann unter www.hoefe.ch > umwelt genauer studiert werden.

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