Richterswil

Wo Feuer bekämpft und Freundschaft geschürt wird

Die Feuerwehr Richterswil ist seit mehreren Jahren personell gut aufgestellt, musste aber mehrere altersbedingte Abgänge verzeichnen. Nun würde man sich sehr über Neuzugang freuen, um die vielfältigen Aufgaben gemeinsam zu schultern.

Interview: Reni Bircher

Der Feuerwehr anzugehören, ist nicht gleich bedeutend mit dem unbedingten Gang in ein brennendes Gebäude. Denn das mag nicht für jede oder jeden als Verlockung angesehen werden. «Es gibt Menschen, die wollen nicht ins Feuer, solche die kein Wasser mögen und andere, die kein Blut sehen können», sagt Kommandant Philipp Widmer, und ergänzt: «Trotzdem gibt es zahlreiche Arbeiten und Aufgaben bei der Feuerwehr, die von Bedeutung und wichtig sind.» Die Milizfeuerwehr wird durch die Vielfalt an Fähigkeiten ihrer Angehörigen getragen, und das korrekte Aufrollen eines Schlauches ist so wertvoll wie das Zersägen eines umgestürzten Baumes oder die zielgerichtete Handhabung des Hubretters. 

Philipp Widmer ist seit 18 Jahren in der Feuerwehr Richterswil, und das aus tiefster Überzeugung. Im Januar 2022 übernahm er das Kommando. Er erklärt, was es mit dem Eintritt so auf sich hat, was von den Mitgliedern erwartet wird – und was diese wiederum von der Feuerwehr erwarten dürfen.

Philipp, wie soll jemand vorgehen, der Interesse an einem Beitritt zeigt?
Zuerst werden wir die Person zu einem Gespräch einladen. Dabei wird das ganze Prinzip und die Anforderungen der Milizfeuerwehr geklärt, unsere Station und das Equipment gezeigt und Fragen beantwortet. Es geht darum, einander kennenzulernen, ein erstes Abtasten, ob es den Erwartungen entspricht, die man mitbringt. 

Spielt das Alter eine Rolle?
Nicht wirklich. Bei einem Dreissigjährigen können wir jedoch davon ausgehen, dass uns die Person lange erhalten bleibt, weil sie durch Wohn- oder Arbeitsplatz hier verbunden ist. Vor allem die Abdeckung tagsüber ist für uns von grosser Bedeutung.

Generell gilt für einen Beitritt: je früher, desto besser. Deshalb hat die Jugendfeuerwehr einen sehr hohen Stellenwert für uns. Was die Jugendlichen von Grund auf bis zu ihrem 18. Lebensjahr erlernen, bedeutet ein bereits ausgebildetes und somit vollwertig einsetzbares Feuerwehrmitglied. 

Denkst Du, dass es jemandem, der beim Training zuschaut, dann gleich den Ärmel reinzieht oder braucht das mehrere Anläufe?
Wir können bei einem Training jetzt nicht einfach Action bieten, dass es jemandem «den Ärmel reinzieht» oder der Interessent gleich davonläuft *lacht*. Also, bei mir war’s nicht so, aber ich bin aus voller Überzeugung beigetreten!

Natürlich haben wir Übungen, bei denen man ins Feuer geht, doch das findet pro Jahr einmal statt. Wir sind keine Plauschgesellschaft *schmunzelt*. Die Leute müssen wissen, wie man einen Schlauch auslegt, eine Leiter aufstellt usw.

Warum sucht ihr Neuzugang?
Von der Gebäudeversicherung und vom der Gemeinde wird festgelegt, wie die Feuerwehr personell aufgestellt sein muss. Leider sind 20 Prozent im Kanton unterbesetzt. In Richterswil ist es derzeit nicht prekär, jedoch gab es zu meiner Anfangszeit viele Jahre keine neuen Zugänge mehr. Die fehlen heute.

Meiner Erfahrung nach ist in der Bevölkerung heutzutage die Bereitschaft, etwas mehr zu tun und Verantwortung zu übernehmen, gesunken. Das spüren alle Vereine, nicht nur wir. Ich sage immer, dass bei uns nur der Ein- und Austritt freiwillig ist; alles dazwischen ist Pflicht.

Wie oft finden Trainings statt?
Die Professionalisierung des ganzen Systems hat in den letzten 20 Jahren enorm zugelegt, ist aus versicherungstechnischer Sicht jedoch auch gar nicht anders möglich. Als Offizier hat man ein Training pro Woche, manchmal auch zwei. Als «normaler» Feuerwehrangehöriger sind es zwölf bis fünfzehn Übungen pro Jahr. An 75 Prozent davon muss man teilgenommen haben, um die Ausbildung abzuschliessen. Das wird von der Gebäudeversicherung kontrolliert. 

Der sichere Umgang mit Ausrüstung und Hilfsmitteln ist unabdingbar. Wir müssen auch eine gewisse Anzahl Fahrstunden aufweisen, um mit dem Feuerwehrauto fahren zu dürfen.

Gibt es dafür eine Spezialausbildung?
Wer mag, kann die Fahrprüfung für das Feuerwehrauto machen. Dazu braucht es die Zulassung des Strassenverkehrsamtes, danach folgt die Fahrpraxis, entsprechende Schulung und abschliessend die Prüfung. Der ganze Prozess kann in einem halben Jahr abgeschlossen werden. Wenn die Prüfung erfolgreich abgeschlossen wurde, werden die Kosten dafür von der Gemeinde übernommen.

Was wird sonst noch trainiert?
Jährlich werden Belastungstests im Atemschutz durchgeführt, dafür muss regelmässig geübt werden. Man lernt, mit den Flaschen am Rücken Hindernisse zu überwinden und Leitern hochzusteigen. Das könnte man auch beim Wettbewerb der Jugendfeuerwehr sehen.

Beim Leiternstellen übt man eine Personenrettung aus dem oberen Stock, also samt Sicherung und Herabführen über die Leiter. Die Auszugsleitern sind so schwer, dass dies zu zweit gemacht werden muss.

Jeder lernt den Einsatz von verschiedenen Pumpen. Es sind wirklich viele Kenntnisse, die man sich aneignen muss. Das macht die Teilnahme abwechslungsreich und spannend

Wem würdest Du von einem Beitritt zur Feuerwehr ­abraten?
Für Menschen mit Klaustrophobie oder Höhenangst ist es vermutlich eher schwierig *grinst*. Dann muss man sich der zeitlichen Investition bewusst sein. Manche Frauen und Männer, die gerne mitmachen möchten, erkennen nach dem ersten Gespräch, dass es mit dem Familienleben nicht vereinbar ist. 

Um die Feuerwehrleute auszubilden, wird viel Zeit und Geld investiert. Entsprechend wird von den Mitgliedern Disziplin bei der Wahrnehmung der Übungstermine verlangt. 

Zu welchen Einsätzen wird die Feuerwehr gerufen?
Wir sind bei Unfällen zugegen – davon hatten wir in den letzten Jahren kaum welche –, wobei möglichst wenig Leute beim Verunfallten selbst postiert werden. Jemand muss den Verkehr regeln, aufräumen, möglicherweise muss man etwas schweissen … so sind zahlreiche Aufgaben zu erledigen. 

Bei einem Brand müssen Leute betreut und Gaffer weggewiesen werden. Wir sind vor Ort, wenn ein Lift stecken bleibt. Elementarschäden sind die häufigsten Ereignisse, die wir zu bewältigen haben: Keller auspumpen; übertretende Bäche sichern; Bäume, die auf die Strasse gestürzt sind, wegräumen; und in 20 Jahren gerade mal einen Brand wegen Blitzeinschlag. Für die Chemiewehr wird Wädenswil gerufen, wir machen höchstens Öl.

Nach dem Motto «In Krisen Köpfe kennen» müssen die richtigen Leute am richtigen Ort eingesetzt werden.

Dann muss Menschenkenntnis gross geschrieben werden beim Einsatzleiter …
Allerdings. Meiner Meinung nach ist die Selbstkenntnis noch bedeutender. Selbstüberschätzung birgt für alle Beteiligten eine Gefahr, genauso wie wenn wir die Leute falsch «platzieren» bei einem Einsatz.

Was würdest Du sagen, was ist es, was die Feuerwehr ­Richterswil-Samstagern auszeichnet?
Kollegialität und Freundschaft wird bei uns gross geschrieben. Die meisten von uns treffen sich auch privat. Diese Kameradschaft ist Gold wert.

Gibt es derzeit Frauen bei Euch im Einsatz?
Zu meinem Bedauern muss ich sagen, dass wir derzeit keine Frauen haben. Aber in der Jugendfeuerwehr ist ein Mädchen aus Richterswil. Im Übrigen hat dann das neue Feuerwehrdepot auch eine Frauengarderobe und WC-Anlage. Aber ganz unabhängig davon: Frauen sind herzlich willkommen, bei uns mitzumachen. n

Interessierte ab 18 Jahren sind jederzeit willkommen, sich unverbindlich zu informieren.

Kontakt: feuerwehr@richterswil.ch, 044 787 12 42

Jugendfeuerwehr-Wettkampf:
26. August, ab 8.00 Uhr bis ca. 16.00 Uhr im Schulhaus Feld.

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