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Theater60plus spielt «Bernhard – Neuer Status ­pensioniert»

Im Juni wird das Stück «Bernhard» von Léa Blumer-Comfort, das sie mit ihrem neugegründeten Laientheater «Theater60plus» einstudiert hat, auf der Bühne des Heubühnen-Saals aufgeführt. Es ist das erste Theaterstück von Theater60plus. Mit ansteckender Begeisterung spricht die Musikerin, Autorin und Regisseurin von ihrem neuen Projekt.

Text: Ingrid Eva Liedtke
Bilder: Pascal Quaiser & zvg

Bernhard hört aus Altersgründen auf zu arbeiten. Deshalb tritt auch seine Ehe in eine neue Phase. Für seine Frau Florence ist es neu, dass Bernhard zuhause so viel Raum beansprucht. Das wird für sie zur psychischen Belastung. Sie leidet.

Was passiert mit einer Ehe, wenn es plötzlich nur noch gemeinsame Wege gibt? Diese und weitere Fragen zu diesem neuen Lebensabschnitt werden mit viel Einfühlungsvermögen, Humor und mit überraschenden Wendungen beleuchtet. Diese Geschichte, wird viele – früher oder später – ereilen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer bringt sie sicher zum Nachdenken, aber auch zum Lachen, zum Weinen und auch zum Geniessen, denn es wird darin auch gesungen. 

Überall ist Musik. «Ja», sagt Léa Blumer strahlend, «das ist ein Theaterstück mit Musik. Ich habe Lieder dazu geschrieben. Die Darsteller singen Lieder, Solos, aber auch in Gruppen. Ich bin Musikerin, und Musik gehört zu meinem Leben. Sie ist meine Sprache. Mit ihr möchte ich die Menschen berühren.»

Zeit für etwas Neues

Léa Blumer. Bild: Pascal Quaiser

Léa Blumer-Comfort hat lange Zeit Kindermusicals in Wädenswil produziert und aufgeführt. «20 Jahre lang habe ich mit sehr viel Freude das Kindertheater geleitet. Doch nun war es Zeit, um etwas Neues zu wagen. Ich bin 57 und war das ganze Leben mit Kindern unterwegs. Ich finde, eine neue Herausforderung macht das Leben nochmals frisch, und alles wird neu belebt. Darum will ich mit meinem neuen Projekt «Theater60plus» Menschen über 60 dazu animieren, bei mir und meinem Theaterprojekt mitzuarbeiten, etwas Neues, vielleicht auch Ungewohntes, zu wagen und somit – davon bin ich überzeugt – auch sich selbst nochmals neu erfahren zu dürfen. Das wollte ich für mich und möchte es auch anderen Menschen ermöglichen. Ich weiss aus meiner Arbeit mit den Kindern, was möglich ist. Da tun sich oft wirklich neue Horizonte auf. Ich habe dieses Projekt für Menschen, die an einem Wendepunkt stehen, gestartet. Es sind ‹junge› Ältere mit noch viel Energie, mit Mut, sich einzubringen und damit ein Publikum zu begeistern. Ich möchte ihnen zu einem Erfolgserlebnis auf der Bühne verhelfen, sie zu der Freude hinführen, etwas Neues angepackt zu haben und dafür Applaus zu bekommen. Zum Beispiel der Protagonist, der Bernhard spielt, ist vollkommen aufgeblüht in dieser Rolle. Als ich ihn kennenlernte, war er ein ziemlich ruhiger, in sich gekehrter Typ. Man hätte nicht gedacht, dass so jemand auf die Bühne möchte. Er meldete sich auf meinen Aufruf hin und nun spielt er die Hauptrolle!»

Léa Blumer-Comfort hat dieses Projekt letzten Frühling gestartet. Sie hat das Stück, bzw. ein Script, geschrieben und dann Schauspielerinnen und Schauspieler gesucht. Viele haben sich gemeldet. Mit allen führte sie einen Workshop durch. Es waren zehn Rollen zu vergeben. Blumer wählte schliesslich die Protagonisten aus und stellte den restlichen Teilnehmern die Möglichkeit, in einem weiteren Stück mitzuspielen, in Aussicht. Im Januar begannen die Proben, jetzt nahen die Aufführungen. 

Ein realitätsnahes Thema

Das Thema ist auch für Léa Blumer-Comfort ein realitätsnahes. «Es geht um das Altern. Das verstehe ich aber nicht nur als Problematik, sondern vor allem auch als eine Befreiung, als Erlangen einer neuen Freiheit und natürlich im besten Falle von Reife und Erfahrung. Man weiss, was man will und was man nicht will. Man kann sich neu erfinden! Es geht auch ums Verzeihen. Das Alter ist eine Bereicherung! Es geht um sehr viel. Das Stück ist voll von Leben!»

Entfaltung und mehr Selbstvertrauen

Es hat die Musikerin beschäftigt, dass sie immer mehr Menschen kennenlernte, die pensioniert wurden und dass manche wirklich denken, nun ist fertig. Da sie sich selbst diesem Alter annähert, wurde in ihr der Wunsch wach, solchen Leuten Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. «Bei meinen Schauspielerinnen und Schauspielern geht jetzt die Post ab. Sie haben Erfolgserlebnisse. Es ist wie schon bei den Kindern. Plötzlich entfaltet sich da jemand wie ein Schmetterling. Das ist auch für mich immer wunderbar mitanzusehen.» Ihre Darstellerinnen und Darsteller hätten jetzt alle viel Lebensfreude. «Sie müssen viel arbeiten, aber es gibt ihnen viel Selbstvertrauen.»

Führen und Improvisieren

Was ist der Unterschied am Arbeiten mit älteren Personen im Vergleich zu Kindern? «Ältere Personen bringen sich und ihre eigene Geschichte mit und Ideen, die sie dann einbringen möchten. Ich kann diese natürlich nicht immer übernehmen. Manchmal sind sie bereichernd. Aber schliesslich bin ich die Regisseurin und muss und will Anweisungen geben. Kinder sind da schon einfacher zu lenken. Vor den Proben machen wir aber immer ein Warm-up mit Thea-
terimprovisation.»

Inneres Feuer auch in späteren Lebensphasen

Nun ist Léa Blumer-Comfort ganz im Feuer, in der Begeisterung und im Stück. Sie singt mir eine Passage aus einem Lied vor: «… wir stossen an, das Leben fängt erst an …»

Es gehe darum, Dinge hinter sich zu lassen und vorwärtszugehen. Es scheint, als ob sie das Leben feiern will, es zelebrieren, eben auch Theater machen. 

Geht es darum mit diesem Theaterstück, respektiv Projekt, die Wahrnehmung für ältere Menschen zu verstärken? Ja, für junggebliebene Erwachsene. Das Wort Senioren passe nicht. «Den Zuschauern will ich ganz viel sagen. Das ist so in meinen Stücken; sie enthalten immer viele Aussagen. Zum Beispiel will ich herüberbringen, wie wichtig Freundschaft ist, auch im Alter. Liebe und Beziehung ist ein anderer wichtiger Aspekt. Und Humor! Wenn man miteinander lacht, manchmal ‹trotzdem lacht›. Dann ist da noch das Loslassen, Freude empfinden, den Ernst auf der Seite lassen und Chancen und Möglichkeiten zu sehen, die man noch hat.»

Es sind Themen, die auch Blumer persönlich beschäftigen, das wird klar. «Die Zuschauer müssen sich wiederfinden können. So fühlen sie sich abgeholt.»

Befriedigung und Begeisterung

Wenn Léa Blumer-Comfort über ihr Projekt spricht, spricht sie auch über sich, denn beides ist stark miteinander verwoben.

«Ich stehe zu 300 Prozent zu meinem Projekt. Das macht mich aus. So arbeite ich. Und ich finde eine grosse Befriedigung dabei, denn ich gebe Menschen Möglichkeiten, so dass sie zeigen können, was in ihnen steckt. Ich will den Menschen vermitteln: ‹Ich sehe Dich!›» Die Solo-Karriere, das im Zentrumstehen, hat sie einst dafür aufgegeben und es nie bereut: «Auf der Bühne zu stehen hat mir auch gefallen, aber nicht so sehr wie andere auf die Bühne zu bringen. Mein Lohn ist der Applaus, den meine Schauspielerinnen und Schauspieler bekommen.»

Wieder spricht sie von ihrer grossen Freude und auch von neuen Begegnungen und neuen Freundschaften.

Léa Blumer-Comfort sieht in jedem Menschen Potenzial, und sie ist so voller Begeisterung, dass es zuweilen schwerfällt, sich nicht sofort verführen zu lassen zu einer Rolle in ihrem nächsten Stück.

Das Stück «Bernhard» von Léa Blumer-Comfort, gespielt vom Theater60plus, wird auf der Heubühne in Wädenswil aufgeführt.

Spieldaten: 9./10. Juni, Spielbeginn: 19.30 Uhr, Theaterbar ab 18.30 Uhr; Sonntag, 11. Juni, Spielbeginn um 16.00 Uhr, Theaterbar ab 15.00 Uhr; 16./17. Juni, Spielbeginn 19.30 Uhr, Theaterbar ab 18.30 Uhr. Tickets: CHF 32.-.

www.theater60plus.ch

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