Lokalsport Wädenswil

Adrienn Krasznai – Weltmeisterin im Canicross

Die in der Au lebende Tierärztin Adrienn Krasznai hat kürzlich zusammen mit ihrer belgischen Malinois-Hündin Lucca die Weltmeisterschaft im Canicross gewonnen. Bei dieser Sportart laufen Mensch und Hund zusammen als Team.

Text: Ingrid Eva Liedtke
Bilder: zvg/iel

«Canicross» bedeutet Geländelauf mit Hunden. Das Wort «Cani» leitet sich von Canis, dem lateinischen Wort für Hund, ab. Beim Canicross läuft der Hund vorne (manchmal auch seitlich) und der Läufer führt ihn von hinten mit Stimmkommandos. Hund und Mensch sind durch eine Zugleine miteinander verbunden. Der Läufer trägt gute Laufschuhe und einen Canicross-Gürtel, woran die Zugleine befestigt ist; der Hund ein spezielles, gutsitzendes Geschirr, das ihm erlaubt, den Menschen beim Laufen zu ziehen.

Viele Hundefreunde geniessen es, mit ihrem Vierbeiner einer sportlichen Aktivität nachzugehen, aber gerne auf weniger ausgetretenen Pfaden. Darum ist diese Sportart für fitte Mensch-Tier-Duos sicher eine optimale Sportart. 

Weltmeisterin mit belgischem Schäfer

Die Weltmeisterin Adrienn Krasznai stammt ursprünglich aus Ungarn. Seit drei Jahren wohnt sie in der Schweiz und führt, zusammen mit ihrem Mann, eine Tierarztpraxis in Horgen. 

Vorher hat das Paar schon an einigen Orten dieser Welt gelebt. 12 Jahre in den Emiraten, in England, und zuletzt im hohen Norden, in Norwegen, da, wo es drei Monate im Jahr dunkel sei, aber die Menschen sehr nett und hilfsbereit.

«Wir wollten andere Kulturen kennenlernen», sagt Adrienn Krasznai. «Wir fanden das sehr spannend. Und wir reisen gerne. Das gehört übrigens auch zum Hundesport.» 

In die Schweiz kamen Krasznais, weil die Schwester von Adrienn Krasznai hier lebt und der Weg, um die Familie in Ungarn zu besuchen, von hier aus moderat ist.

Adrienn Krasznai war schon immer sportlich und eine Hundeliebhaberin. «Ich bin aufgewachsen mit Hunden. Hunde sind meine Leidenschaft. Meinen ersten Hund hatte ich schon mit 6 Jahren.» 

Warum Canicross? Wie kam sie zu dieser Sportart? «Ich wollte mehr Zeit in der Natur verbringen. Ich war schon immer eine Läuferin. Ich habe meine Hunde immer mitgenommen, zuerst nur zum Spass ohne Leine. Per Zufall hatte ich diese Sportart kennengelernt, vor 30 Jahren, und fand sie spannend. Ich bin immer mit meinen eigenen Hunden gelaufen. Laufen mit dem Hund und gesund sein, das ist das Wichtigste.» 

Wie schon erwähnt, trägt der Hund beim Canicross ein spezielles Zuggeschirr. Mensch und Tier laufen durch naturbelassenes Gelände, wenige asphaltierte Strassen, manchmal kleine Kreuzungen, oftmals auch durch Wald. Die Strecken sind beschildert. Die Tafeln haben drei Farben: Gelb für «Achtung Gefahr!» – es können Hindernisse auftauchen, oder der Boden ist zum Beispiel rutschig. Blau ist eine Bestätigung, dass man auf der richtigen Strecke ist, und Rot zeigt an: «Ich muss abbiegen bei der nächsten Kreuzung». Die Distanzen sind unterschiedlich, 2–9 Kilometer pro Wettkampf. 

Der Hund läuft im Idealfall vorne, so dass er die Läuferin ziehen kann und hilft somit, die Geschwindigkeit zu vergrössern. Man muss mit dem Tempo des Hundes natürlich mithalten können, also gut trainiert sein. Andererseits ist es immer ein gemeinsames Laufen, ein Abstimmen aufeinander. Es geht darum, die Strecke möglichst schnell zu laufen. Die Zeit wird gemessen, und das Team, welches die Route am schnellsten abläuft, hat gewonnen.

Was besonders wichtig ist

Wenn Adrienn Krasznai von der Verbindung mit ihrer Hündin und die gemeinsame Zusammenarbeit spricht, strahlt sie geradezu: «Mensch und Tier sollten ein gut eingespieltes Team sein und ein gutes Training zusammen machen. Um im Gelände zu laufen, braucht es sehr viele verschiedene Muskeln, denn mal rennt oder springt man über Wurzeln, dann ist der Boden uneben, oder man muss Hindernisse über- oder umgehen. Dafür braucht man ein gutes Gefühl füreinander, und die Hündin einen sehr guten Gehorsam und Freundlichkeit. Die Kommandos, die ich ihr gebe, sollte sie mit Spass befolgen. Aggressionen werden sofort disqualifiziert.»

Anfangs würden manche Hunde aus Aufregung bellen. Doch mit der Zeit fokussiere sich alles auf den Wettkampf. Hund und Mensch arbeiten als Team, beide sind für einen erfolgreichen Wettkampf gleich wichtig.

Das Training

Adrienn Krasznai und ihre Malinois-Hündin Lucca trainieren mehrmals pro Woche – je nach Wettkampf, der ansteht. «Letztes Wochenende», erzählt Krasznai, «hatten wir zwei Wettkämpfe. Diese Woche muss sich Lucca ein wenig erholen, darum trainiere ich nur einmal. Oft trainieren wir zweimal die Woche, vor Wettkämpfen können es aber auch mal vier Trainingseinheiten sein. Ein Training läuft so ab: Ich wähle eine Strecke in der Natur aus, einen Weg, den ich kenne, zum Beispiel im Horgenberg. Ich habe die Strecke im Kopf. Wir ziehen uns an, dann gebe ich das Kommando in welche Richtung sie laufen muss, und dann geht es los. Vor- und nachher machen wir ein Ein- und Auslaufen. Einmal pro Woche gehen wir in die Physio. Wir trainieren auch Kraft auf der Wasserlaufbahn.»

Es stellt sich die Frage, welcher Hund sich für den Sport überhaupt eignet. Es seien eigentlich vor allem Zughunde, die am besten geeignet seien, aber man könne Canicross eigentlich mit jedem Hund, der gerne laufe, machen. Auch will nicht jedes Paar Wettkämpfe gewinnen.

«Freizeit für den Hund»

Auch ein gut trainierter Hund braucht seine Frei- und Erholungszeit. Im Wald oder im Gelände frei zu laufen ist für einen Hund wie Zeitunglesen. Es wird geschnüffelt, markiert und eine Fährte verfolgt, ein Grundbedürfnis eines jeden Hundes und ein Teil der Kommunikation. «Auch mein Hund darf das!», versichert Adrienn Krasznai. «Wir gehen täglich einfach spazieren, denn das ist sehr wichtig für Lucca. Sie ist erst zweijährig, ein junger Hund!»

Wie lange kann sie denn Canicross machen? Wird sie irgendwann zu alt dafür sein? «Es gibt kein Limit», meint Adrienn Krasznai. «Wenn die Gelenke gut sind, dann kann auch ein älterer Hund noch gut laufen. Ich habe auch an Wettkämpfen schon ältere Hunde getroffen. Allenfalls wird der Hund irgendwann langsamer. Es ist wie beim Menschen.» 

Adrienn Krasznai ist jetzt Weltmeisterin, in der Kat. für belgische Schäferhunde geworden. Muss man dafür gewinnen wollen? «Ja, schon. Ich wollte auf das Podest, ich kannte Lucca und dass es möglich ist. Sie macht es so gut. Wir sind ein tolles Team. Trotzdem war es eine Überraschung, dass wir gewonnen haben. Wir haben das zusammen erreicht, zusammen gewonnen!»

Adrienn Krasznai legt den Fokus oft auf ihre Hündin Lucca, und somit wird klar, wie wichtig diese ihr ist. «Wir müssen beide gut laufen. Sie merkt jeweils sehr genau, wenn es um den Wettkampf geht. Wir kennen einander sehr gut, und für einen Lauf müssen wir uns aufeinander abstimmen können, uns gegenseitig austarieren. Wir können einander gut lesen. Das kommt natürlich mit den vielen Trainings. Jetzt merkt sie schon von sich aus, welches der bessere Weg ist. Sie spürt mich, mein Gewicht, meine Körperhaltung, den Zug meines Körpers und kann jede Bewegung meiner Muskeln deuten. So weiss sie oft, wann ich abbiegen möchte, schon bevor ich es angebe.» Darum ist es so wichtig, sich viel Zeit für das Tier zu nehmen.

Einsteigen

Wer Canicross anfangen will, kann ein Einsteigerseminar besuchen. Da werde auf Fokus trainiert. Das Training sei auch mit mehreren Hunden möglich. An Wettkämpfen sind allerdings aus Sicherheitsgründen nur Paare zugelassen. Und dann gibt es auch Hunde, die kein Interesse daran haben, ein Lauftraining zu absolvieren. Hunde sind so unterschiedlich wie Menschen. Nicht jeder ist eine Sportskanone.

«In erster Linie geht es um den Spass», betont die Weltmeisterin im Canicross mit belgischen Schäfern. «Und es tut natürlich auch der Gesundheit gut – in mehrfacher Hinsicht. Das Laufen ist gut für die Ausdauer und das Herz und die Beziehung zum Tier genauso. Es wäre schön, wenn diese Sportart noch bekannter werden würde, da sie auch für Kinder oder Jugendliche sehr förderlich wäre, weg vom PC oder Handy, hinaus in die Natur, mit einem Tier sein. Ich habe das als Kind erlebt, und ich denke ich bin ein besserer Mensch geworden durch diese Erfahrung.» Dem ist nichts hinzuzufügen.

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