Richterswil

Treppensteigen bis zur Raumstation ISS

Jedes Jahr findet der RTL-Spendenmarathon in Köln statt. Am 17. November 2022 war auch die in Richterswil wohnhafte Sabine Lengfeld dabei, als in Köln ein zweifacher Weltrekord aufgestellt wurde.

Text: Reni Bircher
Bilder: zvg

Seit 1996 gibt es den RTL-Spendenmarathon, der es sich zum Ziel gemacht hat, weltweit Kinderhilfsprojekte zu unterstützen. Jede dieser Benefizveranstaltungen dauert 24 Stunden, in denen eine bestimmte Challenge gemeistert werden muss. Spenden werden über ein Callcenter – in denen auch Prominente die Anrufe entgegennehmen – und durch Versteigerungen persönlicher Gegenstände von Prominenten gesammelt. Seit der Gründung des Spendenmarathons wurden über 248 Millionen Euro gesammelt, welche von der «Stiftung RTL – Wir helfen Kindern» e.V. zweckgebunden verteilt werden.
Die diesjährige Herausforderung bestand in dem Versuch, einen Tag und eine Nacht am Stück auf einem Stairmaster, ein Fitnessgerät zum Treppensteigen, 410 000 Höhenmeter zu ersteigen. Das entspricht in etwa der Entfernung von der Erde zur Raumstation ISS.
Seit 2003 nimmt Joey Kelly – vierfacher Familienvater, Extremsportler und Angehöriger der bekannten Kelly-Family – an jeder Challenge teil und trat am 17. November gemeinsam mit 19 Firmenteams an. Kelly musste allein auf dem Fitnessgerät die Stufen hochlaufen, die Mitarbeiter der teilnehmenden Unternehmen durften sich auf dem Stairmaster abwechseln.
Sabine Lengfeld nahm mit einem dreissigköpfigen «Bemer Group*»-Team teil, welches massgeblich an dieser Erfolgsgeschichte beteiligt ist.

Die Herausforderung

Sabine Lengfeld betreibt ein Personal-Training- und Pilates-Studio und lebt seit 11 Jahren in Richterswil. Als «Bemer»-Vertriebspartnerin hat sie am Bewerbungsprozess für den Spendenmarathon teilgenommen und wurde ausgewählt. Für die Vorbereitung standen bloss drei Wochen zur Verfügung. «Somit habe ich mich auf ein mir unbekanntes Treppensteigegerät vorbereitet. Obwohl ich viel Velo, Langlauf und Ski fahre, empfand ich dieses Training als sehr herausfordernd – zumal wir ja so viele Stufen wie möglich erklimmen sollten», führt sie aus. «Auf dem Weg nach Köln habe ich mich zwar gefragt, warum ich mir das ‹antue›, aber diese Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ich wollte raus aus der Komfortzone!»
Nach kurzer Instruktion kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Donnerstagabend zu einer grossen Halle, wo die Challenge stattfand. Die Fitnessgeräte standen sich in zwei Reihen gegenüber, Joey Kellys Gerät stand alleine mittig am Ende der Reihen, er fungierte nebst Treppensteiger als Motivator. Während der ganzen Zeit wurde von einer Live-Band oder einem DJ für Musik gesorgt, zwischendurch fanden auch Übertragungen ins Fernsehen statt. «Von den Kameras und der Live-Übertragung habe ich nichts mitbekommen, man war wie in einer ‹Glocke›». «Wir haben unsere Leute in drei Gruppen eingeteilt, eine jede musste acht Stunden am Stück durchhalten», erklärt Sabine. «Ich war in der ersten Schicht von 18.00 bis 02.00 Uhr». Eine Übungsphase vor dem Startschuss gab es nicht, die Teams mussten während der Challenge verschiedenen Techniken ausprobieren. «Wir hatten uns vorgängig gedacht, dass diejenigen, welche eh sportlich gut trainiert sind, so eine halbe Stunde durchmachen, aber das war schlicht zu viel. Somit änderten wir ziemlich rasch unsere Strategie und führten kurze Intervalle von 5–10 Minuten ein, denn bei höchster Intensität kommt der Körper schnell in den anaeroben Stoffwechsel, sprich einem Sauerstoffmangel».

Das Team entwickelte den «fliegenden» Wechsel der Teilnehmer: damit das Gerät nicht langsamer geschaltet werden musste, unterstützten Umstehende die Person auf dem Stairmaster beim Herabsteigen auf der linken, während der nächste Teilnehmer von rechts bereits auf das Fitnessgerät «geschoben» wurde und weiterlaufen konnte. So kam es nie zu einem Unterbruch. «Das war ein unglaubliches Teamwork und hat richtig Spass gemacht», erinnert sich Sabine begeistert.
Das sei besonders erstaunlich, da sie alle selbstständige Partner der «Bemer Group» seien und sich vorher nicht kannten. Einen solchen Zusammenhalt hätte sie noch nie erlebt. Das gemeinsame Ziel, das Möglichste zu geben, die Stufenanzahl zu schaffen und so viele Spenden zu sammeln wie möglich, trieb diese Leute an. Ziel war es, mit allen Teams und Joey den Weltrekord von 2 Millionen Stufen zu knacken – wir haben sogar 3,2 Millionen geschafft!»

Als einzelnes Kleines gemeinsam Grosses erreichen

Wenn Sabine und ihre Teamkollegen sich nicht gerade am oder auf dem Fitnessgerät engagierten, nutzten sie die «Bemer»-Geräte in ihrem Zelt. Selbst als deren Schicht zu Ende ging und das nächste Team den Platz am Stairmaster übernahmen, belieben viele Vorgänger, um die neuen und auch Joey Kelly anzufeuern und zu motivieren. «Man war so vollgepumpt mit Adrenalin, da war Schlaf ‹völlig überbewertet›», muss Sabine lachen, als könne sie ihre Verhaltensweise kaum fassen.
«Ich war mit einer Kollegin im Zimmer, sind um 4 Uhr schlafen gegangen, aber bereits um 8 Uhr wieder auf den Beinen», lacht sie. «Wir haben nicht mal gefrühstückt, sondern sind gleich zum nahegelegenen Gelände von RTL Deutschland gegangen.»
Nach diesem 24-Stunden-Marathon habe ihre Gruppe am Freitag einen ruhigen Abend verbracht, im Hotel etwas gegessen, die Sauna genutzt … und hatte endlich Zeit, miteinander zu reden, sich etwas kennenzulernen, zu schlafen. Die Teilnahme war für alle sensationell. «Wir zehren noch immer von diesem Erlebnis, dem Zusammenhalt und dieser grossartigen Leistung, welche auch zu dieser unglaublichen Spendensumme geführt hat – und das in einer Zeit, wo bei vielen Menschen Sparen angesagt ist».
Die Gelder gehen zu 100 Prozent an «Kinder in Not», denn alle Beteiligten haben ihre Anreise und Übernachtung selber bezahlt, und die Produktionskosten und Verpflegung vor Ort usw. hat der Fernsehsender übernommen.
Nach dem Event war Sabine Lengfeld nicht etwa völlig ausgepumpt, sondern euphorisch und aufgekratzt. Daher war sie froh, einen Teil der Zugreise von Köln nach Hause mit einer «Bemer»-Kollegin gemeinsam zu machen: «Ich hätte mit dieser Begeisterung über das Erlebte nicht mehrere Stunden schweigend im Zug sitzen wollen.»
Und obwohl diese Zeit wahnsinnig anstrengend und kaum Schlaf möglich war, ist die 53-jährige in Richterswil erst eine Stunde joggen gegangen. Nächstes Jahr möchte sie sich wieder für den Spendenmarathon bewerben.

Die Rekorde

An der «24-Stunden-Climbing-Challenge» haben die Teams 3 259 484 Stufen geschafft, das entspricht 3,5 Aufstiegen zum Mount Everest oder auch einmal zu Fuss von Köln bis ins Weltall zur Raumstation ISS – ein Weltrekord. Ein weiterer Weltrekord liegt in der unglaublichen Spendenhöhe von über 41 Millionen Euro, welche vollumfänglich an die Aktionsgruppe «Kinder in Not e.V.» geht.

* Die «Bemer Group» in Liechtenstein ist in der Medizintechnik unterwegs und entwickelt Geräte zur Steigerung der Mikrozirkulation, was die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren soll.

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