Am vergangenen Sonntag, 18. September, feierte die Bevölkerung am Fusse der Halbinsel Au das Herbstfest des Weinbaumuseums. Gleichzeitig war das Fest auch ein weiterer Höhepunkt im spannenden Jahreskalender des Museums, das seit 1.11.2020 von Mariska Beirne geleitet wird.
Text & Bilder: Stefan Baumgartner
Nach zwei Jahren Pause fand dieses Jahr endlich wieder das traditionelle Herbstfest statt! Zwei Zürichseewinzer vom rechten Ufer – die Weingüter Schipf aus Herrliberg und Bachmann aus Stäfa – waren mit ihren Weinen zu Besuch und gaben Einblick in Schaffen und Können. Natürlich durften auch die beliebten Treberwürste der Zouft Fäldchuchi 39 Wättischwil nicht fehlen, und der Sturm auf das legendäre Dessertbuffet des Landfrauenvereins Wädenswil war heftig wie eh und je. Gegen 200 Gäste zählte die Museumsleiterin um die Mittagszeit – und alle freuten sich, bei Sonnenschein vor dem Museum miteinander anzustossen oder im Innern mit den Gastwinzern zu fachsimpeln.
Hinter dem Museum waren während des ganzen Tages einige Kinder bei der Arbeit. Zuerst ging es in die Reben zum «wümme», danach wurden die Trauben gepresst. Der süsse Saft wurde zum Mitnehmen in kleine Fläschchen abgefüllt. Manch ein Fläschchen war aber schon leer, bevor die jungen Winzerinnen und Winzer wieder bei ihren Eltern waren.
«Mit Glockengeläut und Kanonen gegen den Hagel»
Schon einige Tage vor dem Herbstfest konnten sich Interessierte über die für Winzer existenzbedrohende Hagelgefahr informieren lassen. So vernichtete beispielsweise 1897 ein Hagelsturm am Zürichsee innerhalb von acht Minuten die Lebensgrundlage vieler Weinbauern – und immer noch und immer wieder ziehen Hagelstürme über den Zürichsee. Jörg Schwarz, langjähriger Hagelversicherungsexperte und berufsbedingt Kenner der meisten Rebberge in der Schweiz, führte die Besucher durch den Rebberg zur Hagelkanone. Und zurück im Museum erfuhren Besucherinnen und Besucher, wie die Winzer über die Jahrhunderte versuchten, den Hagel zu zähmen: mit Glockengeläut, Kanonen, Raketen, dem Gebet oder – etwas profaner – mit Hagelnetzen und dem Abschluss einer Versicherung.
Bei den Besuchen im Museum setzt das Weinbaumuseum seit einiger Zeit auf sinnliches Erleben: Wer schon einmal nach einer Führung den Historischen Räuschling probiert hat, weiss, was gemeint ist. Der vom Weinbauzentrum an der Wädenswiler Schlossgass gekelterte Weisswein vermittelte Weingeschmack, wie man ihn vor 100 Jahren erlebte: geerntet mit wenig Oechsle, darum mit weniger Alkoholgehalt, dafür mit sehr viel Säure – der typische Zürichsee-«Suurgörpsler» eben. «Die Testberichte beim Degustieren fallen jeweils ganz unterschiedlich aus», erzählt Mariska Beirne: «Von verzogenen Mundwinkeln und zusammengekniffenen Augen bis hin zu einem fast nachdenklichen «Hhhm …» ist alles dabei.»
Einst war der Räuschling die meistangebaute Rebsorte am Zürichsee, wurde dann oft durch den pflegeleichteren Müller-Thurgau ersetzt und erlebt nun eine Wiederauferstehung dank verbesserter Anbaumethoden und seiner bei den Konsumenten geschätzten angenehmen Säure. Degustationserlebnisse wie der Historische Räuschling findet die neue Museumsleiterin spannend: «Die Geschichte wird erlebbar», sagt sie. Für Mariska Beirne zeigen solche Erlebnisse die Richtung an, in die sich das Museum entwickeln soll: Die aktuell gezeigte Ausstellung stammt aus den Gründerjahren des Museums, wurde also über 40 Jahre nicht gross verändert, allenfalls ergänzt. Eine grosse Aufgabe, die sich das Museum nun gesetzt hat, ist die Neugestaltung der Dauerausstellung. In einigen Jahren soll sich diese mit einer zeitgemässen Ausstellungspädagogik präsentieren: weniger zeigen, mehr erleben. Bereits eingerichtet ist der Museumsshop, der 32 Weine von 16 Zürichsee-Winzern anbietet – «denn die Zürichsee-Winzer sollen stärker Bestandteil des Museums sein», sagt Beirne. Ebenfalls neu ist ein kleines Sonntagsbistro. Während der Museumsöffnungszeiten kann man seit letztem Frühling unter der Linde ein Glas Wein trinken.
Der nächste Anlass ist die Museumsnacht, die am Freitag, 7. Oktober, bezirksweit durchgeführt wird. Unter dem Motto «Rätselhaft …» werden zehn Museen im Bezirk Horgen in dieser Nacht ihre Türen öffnen. Im Weinbaumuseum werden die beiden Geschichtenerzähler Hannes Hug und Thomas Wyss auf ihren Spezialführungen beinahe unglaubliche, neue Zusammenhänge im Weinbau aufzeigen und geschickt Fakten und Fiktion vermischen. Was stimmt? Was ist geflunkert? Ein Glas Wein gibt’s selbstverständlich auch, doch werden die Sinne auf die Probe gestellt: Im schwarz eingefärbten Glas wird’s schwierig zu erkennen, was die Kehlen hinunter rinnt – ist es Weiss- oder Rotwein? Und woher stammt er? Bestimmt eine spannende Erfahrung, nicht nur für Weinkenner.
Am vergangenen Sonntag, 18. September, feierte die Bevölkerung am Fusse der Halbinsel Au das Herbstfest des Weinbaumuseums. Gleichzeitig war das Fest auch ein weiterer Höhepunkt im spannenden Jahreskalender des Museums, das seit 1.11.2020 von Mariska Beirne geleitet wird.
Text & Bilder: Stefan Baumgartner
Nach zwei Jahren Pause fand dieses Jahr endlich wieder das traditionelle Herbstfest statt! Zwei Zürichseewinzer vom rechten Ufer – die Weingüter Schipf aus Herrliberg und Bachmann aus Stäfa – waren mit ihren Weinen zu Besuch und gaben Einblick in Schaffen und Können. Natürlich durften auch die beliebten Treberwürste der Zouft Fäldchuchi 39 Wättischwil nicht fehlen, und der Sturm auf das legendäre Dessertbuffet des Landfrauenvereins Wädenswil war heftig wie eh und je. Gegen 200 Gäste zählte die Museumsleiterin um die Mittagszeit – und alle freuten sich, bei Sonnenschein vor dem Museum miteinander anzustossen oder im Innern mit den Gastwinzern zu fachsimpeln.
Hinter dem Museum waren während des ganzen Tages einige Kinder bei der Arbeit. Zuerst ging es in die Reben zum «wümme», danach wurden die Trauben gepresst. Der süsse Saft wurde zum Mitnehmen in kleine Fläschchen abgefüllt. Manch ein Fläschchen war aber schon leer, bevor die jungen Winzerinnen und Winzer wieder bei ihren Eltern waren.
«Mit Glockengeläut und Kanonen gegen den Hagel»
Schon einige Tage vor dem Herbstfest konnten sich Interessierte über die für Winzer existenzbedrohende Hagelgefahr informieren lassen. So vernichtete beispielsweise 1897 ein Hagelsturm am Zürichsee innerhalb von acht Minuten die Lebensgrundlage vieler Weinbauern – und immer noch und immer wieder ziehen Hagelstürme über den Zürichsee. Jörg Schwarz, langjähriger Hagelversicherungsexperte und berufsbedingt Kenner der meisten Rebberge in der Schweiz, führte die Besucher durch den Rebberg zur Hagelkanone. Und zurück im Museum erfuhren Besucherinnen und Besucher, wie die Winzer über die Jahrhunderte versuchten, den Hagel zu zähmen: mit Glockengeläut, Kanonen, Raketen, dem Gebet oder – etwas profaner – mit Hagelnetzen und dem Abschluss einer Versicherung.
Bei den Besuchen im Museum setzt das Weinbaumuseum seit einiger Zeit auf sinnliches Erleben: Wer schon einmal nach einer Führung den Historischen Räuschling probiert hat, weiss, was gemeint ist. Der vom Weinbauzentrum an der Wädenswiler Schlossgass gekelterte Weisswein vermittelte Weingeschmack, wie man ihn vor 100 Jahren erlebte: geerntet mit wenig Oechsle, darum mit weniger Alkoholgehalt, dafür mit sehr viel Säure – der typische Zürichsee-«Suurgörpsler» eben. «Die Testberichte beim Degustieren fallen jeweils ganz unterschiedlich aus», erzählt Mariska Beirne: «Von verzogenen Mundwinkeln und zusammengekniffenen Augen bis hin zu einem fast nachdenklichen «Hhhm …» ist alles dabei.»
Einst war der Räuschling die meistangebaute Rebsorte am Zürichsee, wurde dann oft durch den pflegeleichteren Müller-Thurgau ersetzt und erlebt nun eine Wiederauferstehung dank verbesserter Anbaumethoden und seiner bei den Konsumenten geschätzten angenehmen Säure. Degustationserlebnisse wie der Historische Räuschling findet die neue Museumsleiterin spannend: «Die Geschichte wird erlebbar», sagt sie. Für Mariska Beirne zeigen solche Erlebnisse die Richtung an, in die sich das Museum entwickeln soll: Die aktuell gezeigte Ausstellung stammt aus den Gründerjahren des Museums, wurde also über 40 Jahre nicht gross verändert, allenfalls ergänzt. Eine grosse Aufgabe, die sich das Museum nun gesetzt hat, ist die Neugestaltung der Dauerausstellung. In einigen Jahren soll sich diese mit einer zeitgemässen Ausstellungspädagogik präsentieren: weniger zeigen, mehr erleben. Bereits eingerichtet ist der Museumsshop, der 32 Weine von 16 Zürichsee-Winzern anbietet – «denn die Zürichsee-Winzer sollen stärker Bestandteil des Museums sein», sagt Beirne. Ebenfalls neu ist ein kleines Sonntagsbistro. Während der Museumsöffnungszeiten kann man seit letztem Frühling unter der Linde ein Glas Wein trinken.
Der nächste Anlass ist die Museumsnacht, die am Freitag, 7. Oktober, bezirksweit durchgeführt wird. Unter dem Motto «Rätselhaft …» werden zehn Museen im Bezirk Horgen in dieser Nacht ihre Türen öffnen. Im Weinbaumuseum werden die beiden Geschichtenerzähler Hannes Hug und Thomas Wyss auf ihren Spezialführungen beinahe unglaubliche, neue Zusammenhänge im Weinbau aufzeigen und geschickt Fakten und Fiktion vermischen. Was stimmt? Was ist geflunkert? Ein Glas Wein gibt’s selbstverständlich auch, doch werden die Sinne auf die Probe gestellt: Im schwarz eingefärbten Glas wird’s schwierig zu erkennen, was die Kehlen hinunter rinnt – ist es Weiss- oder Rotwein? Und woher stammt er? Bestimmt eine spannende Erfahrung, nicht nur für Weinkenner.