Wädenswil

Gerold Fischer: Landschaftplaner, Landschaftsarchitekt

«Garten muss ein Ausdruck von geformter Natur sein und erfordert Zeit, Raum und Zuwendung». So die Überzeugung von Gerold Fischer, einem Pionier der Landschaftsarchitektur. Lange Zeit wurde er und dieser Beruf verkannt. Dies ist ein Beitrag zur späten Anerkennung einer Pionierleistung.

Text: Ingrid Eva Liedtke

Eingangs unseres Gesprächs frage ich den versierten Gartenplaner nach Tipps für meinen eigenen Garten. Aber der Landschaftsarchitekt will keine Tipps für Privatgärten abgeben, denn der private Garten sei etwas Intimes. Doch er sagt: «Endlich hat man realisiert, dass man mehr mit der Natur arbeiten muss. Man muss sie wirken lassen. In diesem Zusammenhang macht es auch Sinn, die Pflanzen, die man verwendet, zu kennen.»

Sein Credo, das er im Laufe dieses Gesprächs wiederholen wird, ist: «Garten muss ein Ausdruck von geformter Natur sein und erfordert Zeit, Raum und Zuwendung.»

Heutzutage ist das «Natürliche» en Vogue. Ein Garten, Grünflächen sollen möglichst so aussehen, als ob niemand Hand angelegt hätte. In Städten plant man immer mehr Grünes mit ein, um so auch den steigenden Temperaturen entgegenzuwirken. Auf der anderen Seite sieht man immer wieder öde Steinwüsten, die vor allem wenig Pflegeaufwand generieren.

Ein neuer Wind kommt auf

«Um den Steinwüsten entgegenzuwirken, braucht es eine gute Planung», so Gerold Fischer. «Man sollte Grünflächen mit heimischen Gewächsen bepflanzen. In Wädenswil kann man beobachten, dass diesbezüglich neuerdings eine neue Linie verfolgt wird. Die neue Leiterin vom Bauamt ist eine ausgebildete Landschaftsarchitektin. Es kommt ein neuer Wind auf, und ein neues, grünes und gestalterisches Bewusstsein ist am Entstehen», freut er sich.

Inwiefern muss Landschaft geplant werden? «Eigentlich immer, vor allem bei Bauten in der Landschaft. Da gehören die Landschaftsarchitekten in die Planung, genauso wie alle anderen Beteiligten.

Sobald gewisse grosse und öffentliche Projekte geplant werden, gehören folgende drei wichtigen Sektoren mit eingebunden: Gartenarchitektur, Landschaftsgestaltung und Landschaftsplanung (die Ortsregionalplanung z.B. Zimmerberg oder sogar die Kantonalplanung).

Heute spezialisieren sich viele Studenten schon während des Studiums. Sie sollen dann mit Architekten im Hochbau oder mit Ingenieuren im Brückenbau zusammenarbeiten, wie dies damals bei der Aaretalquerung vonstatten ging. Dies ist ein gutes Beispiel einer Zusammenarbeit mit Ingenieuren. 13 Jahre lang haben wir an diesem Projekt gearbeitet. Kaum stand das Projekt, wurde es wieder geändert, da immer wieder Aspekte auftauchten, die berücksichtigt werden wollten. Bei Landschaftsgestaltungen ist das oft der Fall, weil so viel zusammenkommt, dem man Beachtung schenken muss.»

Wichtige Projekte

Die Rede ist von der Autobahnbrücke, beziehungsweise von der Aaretalquerung der A3 bei Schinznach-Bad. Bei der Planung ging es darum, die Autobahnbrücke in die Flusslandschaft einzugliedern und unter dem Bauwerk ein aquatisches System für Tiere und Pflanzen entstehen zu lassen.

Das Projekt war für Gerold Fischer, der stets um Anerkennung kämpfen musste, ein wichtiges und repräsentatives, aber auch eines, dass ihm viel Befriedigung brachte, da es die Natur miteinbezog.

Mit seinem 1971 gegründeten Büro für Landschaftsarchitektur gewann er anfangs zwei für seine weitere Tätigkeit entscheidende Wettbewerbe, den für die Zürcher Blumenschau und eben jenen für die Aaretalquerung. 

«Unter der Autobahnbrücke haben wir ein aquatisches System erstellt, mit Teichen, und mit Fischtreppe, wozu das Wasser aus der Aare abgezweigt wurde. Die Böschungen bepflanzten wir mit einheimischen Pflanzen und legten zudem einen Weg an mit einer kleinen Brücke über das Flüsschen. Es gab da nachher Eisvögel und Wasseramseln! Oben war und ist die Autobahn und unten ein kleines Naturparadies. Fantastisch!»

Die Leidenschaft für den Beruf und die Rolle eines Pioniers

Gerold Fischers Büro wird schon seit geraumer Zeit von seinem Sohn Silvan geführt, doch die Leidenschaft für den Beruf hat ihn noch immer nicht verlassen. Darum und auch weil er sich manchmal verkannt fühlte, ist es ihm wichtig, dass die Leute erfahren, lesen, was er geleistet hat.

«Ja. Ich wünsche mir, dass der einfache Bürger mal liest, was ich gemacht habe. Zum Glück ist die Anerkennung eines Landschaftsarchitekten mit den Jahren gestiegen – endlich! Man hat erkannt, was diese Leistung wert ist und auch wie wichtig die Ausbildung ist. Heutzutage werden an der ITR Ingenieurschule Interkantonales Technikum Rapperswil Landschauftsbauzeichner und -architekten ausgebildet. 

In diesem Sinne hatte ich eine Pionierrolle. Als ich anfing konsultierend zu arbeiten, da ging ich weg vom Gartenbau zur Planung. Das brauchte viel Mut, Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen. Ich konnte vom Gartenbaugeschäft meines Vaters noch einen Auftrag mitnehmen. Nachher habe ich fern davon nur auf Planung gearbeitet. Ich habe, was entscheidend war, Wettbewerbe gewonnen, wie zum Beispiel die schon erwähnte Blumenschau. Diese dann zu verwirklichen, brauchte viel Durchsetzungskraft. Wettbewerbe waren entscheidend, auch in Laienkreisen. Danach wurde ich oft für Blumen- und Pflanzenausstellungen als Berater hinzugezogen. Sich in diesem Berufsstand zu bewegen, erforderte enorm viel Einsatz. Ich erinnere mich noch an abfällige Kommentare, zum Beispiel von einem Nachbarn, der mich fragte, ob ich sein Spalier schneide. Der glaubte dann, dass ich nicht mehr arbeite, nur weil ich keine Gärtnerarbeiten mehr machen wollte. Ich erinnere mich auch an einige Architekten, die lieber ihre Lehrlinge mit der Gestaltung der Umgebungsarbeiten beauftragten». 

Kenntnis der Pflanzen

Für den Beruf des Landschaftsplaners ist eine grosse Kenntnis über Pflanzen Voraussetzung. Wie sind ihre Bedürfnisse und was will ich mit ihrer Pflanzung erreichen? Natürlich sollte das auch ein Gärtner wissen. Daher kam es Gerold Fischer zugute, dass er eine Lehre als Gärtner absolviert hatte, um den Betrieb seines Vaters zu übernehmen.

Der Friedhof von Wädenswil

Eine weitere repräsentative Arbeit von Gerold Fischer ist der Friedhof in Wädenswil. «Ja, der Friedhof ist wirklich schön geworden», sagt er nicht ohne Stolz. «Daran habe ich in verschiedenen Situationen gearbeitet. Darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben. Die Gesamtgestaltung hat eine gotische Form. Der konzeptionelle Entwurf war sogar noch von meinem Vater. Er hatte für die Vergrösserung des schon bestehenden Friedhofs, diese gotische Form gewählt, weil der Friedhof ja auch ein sakraler Bau, respektive ein sakrales Objekt ist.

Ein Friedhof ist eine ganz eigene Materie, ganz anders als zum Beispiel ein Seeuferweg. Es zeigen sich da viele Anforderungen der Hydrologie, des Wassers, Grundwassers, und Abwassers. Das Wasser muss abfliessen können und Luft muss dazukommen. Dann sind da die Bestattungen. Wie viele gibt es in einem bestimmten Zeitraum und wo? Das muss alles bei der Gestaltung eingeplant werden. 

Seit man mehr Gemeinschaftsgräber und Urnengräber hat, hat man mehr Platz, und darum wachsen die Friedhöfe nicht mehr.»

Künstlerisches Talent und Freude in den Beruf integriert

Geri Fischer zeigt einige seiner Entwürfe. Sie sehen aus wie abstrakte Gemälde. Wäre er lieber Künstler, Maler geworden? 

«Als ich die Schule beendete, wäre ich gerne Grafiker geworden, wie mein bester Freund. Wir haben oft zusammen gezeichnet. Doch ich musste eine Gärtnerlehre machen und bei meinem Vater in der Gärtnerei einsteigen. Eigentlich war ich aber immer ein Zeichner. Ich habe alle meine Pläne von Hand gezeichnet, denn es gab damals noch keine Computer, und die Programme, die es dann später gab, kamen weit nach allen anderen. Ich habe sie nicht mehr gelernt.»

Da sitzt einer vor mir, der seinen Beruf selber gestaltet, ihn ausgebaut und sich angeeignet hat, so sehr, bis er ihn liebte und eine grosse Leidenschaft dafür entwickelte.

Heute sagt er: «Ich konnte mein Talent integrieren und war irgendwie auch ein Autodidakt. Ich habe alles gelernt, was möglich war, an Wettbewerben teilgenommen und riesig Dampf gegeben. Das hat sich gelohnt.»

Berufsverband und Ehrenmitglied

Die Freude am Beruf hat Fischer auch dazu bewogen, sich im Berufsverband BSLA einzusetzen, um dem Berufsstand mehr Achtung zu vermitteln. Er arbeitete daran, Lehrlinge auszubilden und an der Ingenieurschule gute Fachhochschulausbildungen anzubieten. «Nun gibt es einen Berufsstand, der Beine hat, der steht und der endlich etabliert ist», sagt Gerold Fischer voller Stolz. 

Vor einem Jahr wurde er vom BSLA als Ehrenmitglied aufgenommen! Das hat ihn wahnsinnig gefreut. 

Die Zeit danach

Sein Planungsbüro hat Gerold Fischer 2004 seinem Sohn Silvan übergeben.  

Was tut er nun? Im eigenen Garten krautern? «Im Garten arbeiten mag ich nicht mehr. Ich mag mich nicht mehr bücken. Ich habe jetzt endlich Zeit zum Lesen. Das wollte ich auch immer und hatte oft zu wenig Zeit. Ich lese viel, zum Teil alte Literatur und auch neue. Daran habe ich sehr viel Freude. Kochen tue ich manchmal auch gerne.»

Und zeichnen? «Manchmal möchte ich gerne, aber dann komme ich doch irgendwie nie dazu.» Zum Schluss unseres Gesprächs zeigt er mir aber dann doch stolz seinen eigenen privaten Garten und das Gemüse, das er zieht.

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