Richterswil

Runder Tisch Früherkennung und ­Frühintervention

Rund 40 Fachpersonen aus den Bereichen Schule, Polizei, Kirchen, Gemeinde sowie Gemeinderäte und Personen weiterer Fachstellen nahmen am 14. Juni 2022 am siebten «Runden Tisch Früherkennung und Frühintervention (F&F)» im Rosengarten teil. 

Zum Hintergrund: Von 2012–2015 nahm Richterswil als Pilotgemeinde am Programm des Bundesamts für Gesundheit BAG zu Früherkennung und Frühintervention F&F teil. Seither ist F&F in der Gemeinde ein Thema, welches stetig weitergeführt wird. Zweimal im Jahr findet eine Impulssitzung mit 13 bis 14 Teilnehmenden statt, einmal im Jahr ein «Runder Tisch», ebenfalls zum Thema F&F. Mit RICHTIg gsund führte Richterswil von 2017–2020 unter dem F&F-Dach ein grösseres Projekt zur psychischen Gesundheit durch (www.richtig-gsund.ch).

Das Hauptreferat an diesem Abend hielt Olaf Stähli, Fachpädagoge für Psychotraumatologie, zum Thema Traumapsychologie. Er zeigt Ansätze im Umgang mit akut und komplex traumatisierten Menschen auf, sei dies zum Beispiel aufgrund von Kriegstraumatisierungen oder frühkindlichen Misshandlungen. Ein Trauma ist ein ausserordentliches Ereignis im Empfinden, das dann zum Trauma wird, wenn sich die Person überfordert fühlt und niemand da ist, der Schutz bieten kann. Die Person erlebt einen Kontrollverlust oder auch Ohnmacht und verliert das Vertrauen. Doch warum erlebt die eine Person ein gleiches oder ähnliches Ereignis resp. eine Situation als Trauma und die andere nicht? Der Unterschied liegt darin, ob die traumatisierte Person das Ereignis erkennt und auch anerkennt und versucht, das Geschehene zu verarbeiten. Im besten Fall bekommt sie dann Hilfe von ihrem Umfeld und hat jemanden, mit dem sie über das Ereignis und ihre Gefühle sprechen kann. Wird das Ereignis als solches nicht er-/anerkannt, bleibt die Situation unverarbeitet, woraus ein Trauma entstehen kann.

Die Verarbeitung eines traumatischen Ereignisses kann drei bis sechs Monate dauern. Gelingt die Verarbeitung nicht, entsteht daraus eine posttraumatische Belastungsstörung, welche wiederum Schutzmechanismen resp. Kompensationsstrategien auslösen. Diese Personen beginnen beispielsweise, gewisse Orte oder Situationen zu meiden. Weiter ist es für solche Personen extrem wichtig, die Kontrolle zu haben. Sie haben oft Realitätsverzerrungen und überkompensieren mit einer hohen Leistungskurve. Traumatisierte Menschen brauchen Beziehungsangebote, strukturelle Unterstützung sowie Sicherheit und Berechenbarkeit. «Trauma-sensible Arbeit» zeichnet sich dadurch aus, dass die Beziehungssicherheit und die Empathie erhöht werden, dass die Personen aber auch klare Regeln, Grenzen und Strukturen erhalten. Für Olaf Stähli ist die Heilung eines Traumas grundsätzlich möglich. Dazu brauchen betroffene Personen «innere» Sicherheit, um das Thema angehen zu können. Diese wiederum bedinge allerdings eine «äussere» Sicherheit. 

Die Anwesenden lauschten gebannt den spannenden Ausführungen von Olaf Stähli und hätten noch lange zuhören können. Die Veranstaltung «Runder Tisch» wurde allerdings auch dazu ins Leben gerufen, neue Gesichter kennenzulernen und sich vernetzen zu können. Dazu lud der feine Apéro am warmen Abend im schönen (Rosen-)Garten regelrecht ein.  Ri

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