Vor zehn Jahren, im Dezember 2011, kam die erste Ausgabe des Wädenswiler Anzeigers in die Briefkästen. Ein schönes Jubiläum in einer herausfordernden Zeit und Grund genug, zurückzuschauen. Verleger Stefan Baumgartner gibt Antworten.
Interview: Sarah Ott, Bild: stb
Stefan Baumgartner, eine Zeitung zu gründen war auch vor zehn Jahren schon ein Wagnis. Wie ist der Wädenswiler Anzeiger entstanden?
Persönlich suchte ich damals schon länger nach einer Möglichkeit, mich selbstständig zu machen. Und ich merkte, dass sich die grossen Verlage vom Lokaljournalismus wegbewegten. Aus einer Lokalzeitung wurde ein Regionalblatt. So entstand in Wädenswil ein Vakuum für echte lokale News, das ich mit dem Wädenswiler Anzeiger füllen wollte.
Trotzdem wartete niemand auf eine neue Zeitung …
Ja, das war so. Doch gerade die Leserinnen und Leser in Wädenswil, Schönenberg und Hütten und später auch Richterswil merkten bald, dass hier etwas entstand, was andere Zeitungen oder Publikationen nicht (mehr) abdecken wollten oder konnten.
Wie viel Zeit gabst Du Dir damals, bis die Zeitung erste Erfolge erzielen musste?
Ich habe den Wädenswiler Anzeiger allein mit Erspartem aufgebaut. Das reichte für das erste Jahr, danach wurde es hin und wieder knapp, blieb manchmal etwas Monat übrig, wenn das Geld aufgebraucht war. Doch die stets guten Reaktionen aus der Leserschaft motivierten zum Weitermachen. Und irgendwann entdeckte auch das lokale Gewerbe den Wädenswiler Anzeiger als beste Plattform, gerade auch für ihre Bedürfnisse.
Wenn diese Erfolge nicht eingetroffen wären: hättest Du das Projekt wieder beendet?
Die Möglichkeit bestand, aber nur theoretisch. Ich war von Anfang an überzeugt, dass Wädenswil – und später Richterswil – eine eigene Zeitung verdient haben.
Und wieso eine gedruckte, monatlich erscheinende Zeitung? Wieso nicht etwa ein Wochenblatt oder – auch damals schon möglich – eine reine Internetzeitung?
Der Monatsrhythmus ergab sich aus dem Umstand, dass der Wädenswiler Anzeiger lange eine «One-Man-Show» war. Ich schrieb, fotografierte, machte das Layout, versandte die Abos an die Leserschaft und die Rechnungen an die Kunden. Lediglich drucken und vertragen musste ich fremdvergeben. Inzwischen unterstützt mich ein tolles Team. Aber auch heute wäre eine Wochenzeitung nur schwer zu finanzieren – auch wenn Wädenswil und Richterswil genug Themen hergeben würden …
Aber nochmals zum Internet …
Natürlich hat auch der Wädenswiler Anzeiger ein Online-Nachrichtenportal; es ist wichtig, dass wir mit der Zeit gehen. Online die lokalen Nachrichten zu erhalten, ist ebenfalls ein Wunsch der Leserschaft. Wir versuchen uns auch darauf einzustellen. Im Moment handelt der Verlag allerdings noch nach dem Grundsatz «Print first» – die Artikel erscheinen zuerst in der gedruckten Ausgabe. Im übrigen ist Papier nicht «böse». Das Papier kommt aus der Schweiz und besteht aus 100% Altpapier. Gedruckt wird in Wollerau, also alles so regional wie möglich. So bleibt viel Wertschöpfung in der Schweiz, der Wädenswiler Anzeiger sichert so auch Arbeitsplätze. Zudem gibt es nach wie vor ein grosses Bedürfnis nach einer gedruckten Zeitung.
Was war das spannendste Erlebnis in den vergangenen Jahren?
Puuh … da gibt es einige! Spontan kommt mir da ein Baustellenbesuch auf der A3 in den Sinn, als der neue Belag zwischen Herrlisberg und der Autobahnausfahrt eingebaut wurde. Mittendrin zu sehen, wie die Bauarbeiter ihrer Arbeit nachgingen und nebenher die Autos mit 80 km/h vorbeirauschten, war eindrücklich. Wichtig waren aber auch all die Begegnungen mit interessanten Personen, seien es Politikerinnen und Politiker, Kunstschaffende – oder einfach Wädenswilerinnen und Wädenswiler, die sich auch für ihren Wohnort engagieren.
Gab es auch negative Erlebnisse?
Ja, gab es. In den zehn Jahren gab es einige Versuche für manipulative oder einseitige Berichte, «die wir doch unbedingt bringen müssten». Das zu erkennen ist wichtig und macht ehrlichen Lokaljournalismus aus.
Du hast die Auswirkungen der Corona-Situation auch am eigenen Leib zu spüren bekommen mit einer unsicheren Auftragslage. Wie ist die Situation jetzt, und wie gehst Du damit um, damit Dir alles nicht zu viel Energie raubt?
Corona beschäftigt uns seit fast zwei Jahren. Der Wegfall aller Veranstaltungen hat eine grosse Lücke, sowohl im redaktionellen Teil wie auch auf den Inserateseiten, geschaffen. Und auch jetzt noch: Jedesmal, wenn aus Bern neue Direktiven kommen, merken wir das sofort: entweder die Zurückhaltung oder die verhaltene Zuversicht. Dennoch gehen uns auch mit Corona die Themen nicht aus. Im Gegenteil: die grosse Unterstützung des lokalen Gewerbes hat während dieser Zeit vielen geholfen. Wir haben gern darüber berichtet.
10 Jahre Wädenswiler Anzeiger. Auch ein Grund zum feiern?
Bereits vor etwas mehr als zwei Jahren bestanden – damals halt noch vage – Pläne für eine Feier; ein Gratiskonzert oder ein anderer Anlass für die Bevölkerung etwa. Aber in der heutigen Situation etwas zu planen, um es am Ende absagen zu müssen, bringt wenig. Ein Grund zum Feiern ist unser Jubiläum trotzdem. Wir finden sicher Gelegenheit, darauf, wenn auch zunächst in kleinem Rahmen, anzustossen.
Was sind Deine weiteren Ziele für die Zukunft und was wünschst Du Dir für
die nächsten Jahre?
Ich hoffe für alle, dass wir irgendwann wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Dann können auch neue Ziele definiert werden. Aber in jedem Fall wünsche ich mir weiterhin tolle Lokalgeschichten, interessierte Leserinnen und Leser und gesunde lokale Unternehmen, damit unser Gewerbe stark bleibt und dass wir die kulturelle Vielfalt hier weiterhin erhalten können.
… und was möchtest Du sonst noch loswerden?
In den zehn Jahren ist das Team des Wädenswiler Anzeigers und des Richterswiler Anzeigers auf sieben Personen angewachsen. Sie tragen zu einer spannenden Lokalzeitung bei, und dafür gebührt ihnen mein Dank. Das Resultat bekommen Leserinnen und Leser Monat für Monat nach Hause.
Auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, und natürlich auch den treuen Inserenten, danke ich herzlich!
Vor zehn Jahren, im Dezember 2011, kam die erste Ausgabe des Wädenswiler Anzeigers in die Briefkästen. Ein schönes Jubiläum in einer herausfordernden Zeit und Grund genug, zurückzuschauen. Verleger Stefan Baumgartner gibt Antworten.
Interview: Sarah Ott, Bild: stb
Stefan Baumgartner, eine Zeitung zu gründen war auch vor zehn Jahren schon ein Wagnis. Wie ist der Wädenswiler Anzeiger entstanden?
Persönlich suchte ich damals schon länger nach einer Möglichkeit, mich selbstständig zu machen. Und ich merkte, dass sich die grossen Verlage vom Lokaljournalismus wegbewegten. Aus einer Lokalzeitung wurde ein Regionalblatt. So entstand in Wädenswil ein Vakuum für echte lokale News, das ich mit dem Wädenswiler Anzeiger füllen wollte.
Trotzdem wartete niemand auf eine neue Zeitung …
Ja, das war so. Doch gerade die Leserinnen und Leser in Wädenswil, Schönenberg und Hütten und später auch Richterswil merkten bald, dass hier etwas entstand, was andere Zeitungen oder Publikationen nicht (mehr) abdecken wollten oder konnten.
Wie viel Zeit gabst Du Dir damals, bis die Zeitung erste Erfolge erzielen musste?
Ich habe den Wädenswiler Anzeiger allein mit Erspartem aufgebaut. Das reichte für das erste Jahr, danach wurde es hin und wieder knapp, blieb manchmal etwas Monat übrig, wenn das Geld aufgebraucht war. Doch die stets guten Reaktionen aus der Leserschaft motivierten zum Weitermachen. Und irgendwann entdeckte auch das lokale Gewerbe den Wädenswiler Anzeiger als beste Plattform, gerade auch für ihre Bedürfnisse.
Wenn diese Erfolge nicht eingetroffen wären: hättest Du das Projekt wieder beendet?
Die Möglichkeit bestand, aber nur theoretisch. Ich war von Anfang an überzeugt, dass Wädenswil – und später Richterswil – eine eigene Zeitung verdient haben.
Und wieso eine gedruckte, monatlich erscheinende Zeitung? Wieso nicht etwa ein Wochenblatt oder – auch damals schon möglich – eine reine Internetzeitung?
Der Monatsrhythmus ergab sich aus dem Umstand, dass der Wädenswiler Anzeiger lange eine «One-Man-Show» war. Ich schrieb, fotografierte, machte das Layout, versandte die Abos an die Leserschaft und die Rechnungen an die Kunden. Lediglich drucken und vertragen musste ich fremdvergeben. Inzwischen unterstützt mich ein tolles Team. Aber auch heute wäre eine Wochenzeitung nur schwer zu finanzieren – auch wenn Wädenswil und Richterswil genug Themen hergeben würden …
Aber nochmals zum Internet …
Natürlich hat auch der Wädenswiler Anzeiger ein Online-Nachrichtenportal; es ist wichtig, dass wir mit der Zeit gehen. Online die lokalen Nachrichten zu erhalten, ist ebenfalls ein Wunsch der Leserschaft. Wir versuchen uns auch darauf einzustellen. Im Moment handelt der Verlag allerdings noch nach dem Grundsatz «Print first» – die Artikel erscheinen zuerst in der gedruckten Ausgabe. Im übrigen ist Papier nicht «böse». Das Papier kommt aus der Schweiz und besteht aus 100% Altpapier. Gedruckt wird in Wollerau, also alles so regional wie möglich. So bleibt viel Wertschöpfung in der Schweiz, der Wädenswiler Anzeiger sichert so auch Arbeitsplätze. Zudem gibt es nach wie vor ein grosses Bedürfnis nach einer gedruckten Zeitung.
Was war das spannendste Erlebnis in den vergangenen Jahren?
Puuh … da gibt es einige! Spontan kommt mir da ein Baustellenbesuch auf der A3 in den Sinn, als der neue Belag zwischen Herrlisberg und der Autobahnausfahrt eingebaut wurde. Mittendrin zu sehen, wie die Bauarbeiter ihrer Arbeit nachgingen und nebenher die Autos mit 80 km/h vorbeirauschten, war eindrücklich. Wichtig waren aber auch all die Begegnungen mit interessanten Personen, seien es Politikerinnen und Politiker, Kunstschaffende – oder einfach Wädenswilerinnen und Wädenswiler, die sich auch für ihren Wohnort engagieren.
Gab es auch negative Erlebnisse?
Ja, gab es. In den zehn Jahren gab es einige Versuche für manipulative oder einseitige Berichte, «die wir doch unbedingt bringen müssten». Das zu erkennen ist wichtig und macht ehrlichen Lokaljournalismus aus.
Du hast die Auswirkungen der Corona-Situation auch am eigenen Leib zu spüren bekommen mit einer unsicheren Auftragslage. Wie ist die Situation jetzt, und wie gehst Du damit um, damit Dir alles nicht zu viel Energie raubt?
Corona beschäftigt uns seit fast zwei Jahren. Der Wegfall aller Veranstaltungen hat eine grosse Lücke, sowohl im redaktionellen Teil wie auch auf den Inserateseiten, geschaffen. Und auch jetzt noch: Jedesmal, wenn aus Bern neue Direktiven kommen, merken wir das sofort: entweder die Zurückhaltung oder die verhaltene Zuversicht. Dennoch gehen uns auch mit Corona die Themen nicht aus. Im Gegenteil: die grosse Unterstützung des lokalen Gewerbes hat während dieser Zeit vielen geholfen. Wir haben gern darüber berichtet.
10 Jahre Wädenswiler Anzeiger. Auch ein Grund zum feiern?
Bereits vor etwas mehr als zwei Jahren bestanden – damals halt noch vage – Pläne für eine Feier; ein Gratiskonzert oder ein anderer Anlass für die Bevölkerung etwa. Aber in der heutigen Situation etwas zu planen, um es am Ende absagen zu müssen, bringt wenig. Ein Grund zum Feiern ist unser Jubiläum trotzdem. Wir finden sicher Gelegenheit, darauf, wenn auch zunächst in kleinem Rahmen, anzustossen.
Was sind Deine weiteren Ziele für die Zukunft und was wünschst Du Dir für
die nächsten Jahre?
Ich hoffe für alle, dass wir irgendwann wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Dann können auch neue Ziele definiert werden. Aber in jedem Fall wünsche ich mir weiterhin tolle Lokalgeschichten, interessierte Leserinnen und Leser und gesunde lokale Unternehmen, damit unser Gewerbe stark bleibt und dass wir die kulturelle Vielfalt hier weiterhin erhalten können.
… und was möchtest Du sonst noch loswerden?
In den zehn Jahren ist das Team des Wädenswiler Anzeigers und des Richterswiler Anzeigers auf sieben Personen angewachsen. Sie tragen zu einer spannenden Lokalzeitung bei, und dafür gebührt ihnen mein Dank. Das Resultat bekommen Leserinnen und Leser Monat für Monat nach Hause.
Auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, und natürlich auch den treuen Inserenten, danke ich herzlich!