Allgemein History Richterswil Veranstaltungen

Schweres leicht gemacht – zumindest optisch

Am 4. Juni eröffneten Gemeindepräsident Marcel Tanner und Gemeinderätin Bernadette Dubs die Ausstellung «Fassaden und Innenwelten» über das Waisenhaus Richterswil 1909–1962. Im Publikum standen auch drei ehemalige Heimkinder.

Text: Reni Bircher, Bilder: Guido Bircher

Waisenhaus-Ausstellung

Über die erste Heimleiter-Zeit weiss man kaum etwas, denn schriftlich wurde von den Behörden höchstens das erfasst, was mit dem Waisenhaus an sich zu tun hatte, wie Belegung oder die finanziellen Aspekte. Aus der zweiten Ära bekam der Historiker Heinz Looser ein Reisetagebuch in die Hände, also eine Leerbuch, welches von einem Heimkind zum anderen gereicht wurde, um damit den anderen ihre Gedanken, Berichte, Fotos und Nachrichten zukommen zu lassen. Darin finden sich fast ausschliesslich wohlwollende und dankbare Worte für die Zeit im Waisenhaus.

Gegen das Vergessen

Vom letzten Heimleiterpaar gibt es unzählige Geschichten, denn sie wurden von sechs der noch wenigen (Über-)Lebenden geschildert, die bereit waren, das erlebte Leid in Worte zu fassen: Ausbeutung, Liebesentzug, psychische und physische Gewalt, sexueller Missbrauch, die Einteilung in Menschen zweiter Klasse.

Waisenhaus-Ausstellung

Durch weitläufige Recherchen, unzählige Gespräche und dem Wälzen ganzer Aktenberge deckten die Kuratoren der Ausstellung, Lisbeth Herger und Historiker Heinz Looser, ein Stück Richterswiler Geschichte auf. Diese Zeit und die Geschichte von sechs ehemaligen Waisenkindern wurde mit Wort und Bild von den beiden Szenografinnen Anita Bättig und Nina Langosch sowie dem Grafiker Lars Egert im Ortsmuseum auf sensible, spannende, auch haptisch ansprechende Weise umgesetzt – schwere Kost durchscheinend-leicht präsentiert.
Die intensive Auseinandersetzung mit der Waisenhausgeschichte mündete zuletzt nicht nur in einer überaus gelungenen Ausstellung und der Beleuchtung der so lange versteckten Geschehnisse, sondern erlaubt diesen unverschuldet Fremdplatzierten ein Stück weit Ballast abzuwerfen und vielleicht einen Hauch von Widergutmachung zu spüren. Diese sorgfältig und sensibel gestaltete Ausstellung ist sicher ein Schritt in diese Richtung.

Die Öffnungszeiten der Ausstellung entnehmen Sie bitte unserem
Veranstaltungskalender.
An manchen Tagen sind auch die Kuratoren, Lisbeth Herger und Heinz Looser, vor Ort.

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