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Von der Blechverarbeitung zum urbanen Lebensraum

Die Familie Blattmann ist aktuell gleich bei zwei städtebaulichen und für Wädenswil wegweisenden Grossprojekten beteiligt: Einerseits mit der Schönau Immobilien AG beim Ersatzbau Coop/ZKB am Eck Zuger-/Poststrasse, andrerseits mit der Blattmann Metallwarenfabrik AG bei der Arealentwicklung des letzten Produktionsstandortes der «Mewa», der Blattmannschen Metallwarenfabrik. 

Text & Bilder: Stefan Baumgartner

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts vollzog Paul Blattmann (1869–1947) den Schritt vom Handwerker zum Fabrikanten. Er übernahm 1900 das väterliche Geschäft und kaufte 1908 die Metallwarenfabrik Diener am Floraweg. 

Das einstige Fabrikgebäude an der heutigen Poststrasse diente bis 1935 als Produktionsgebäude und wurde schliesslich 1970 abgebrochen für den Bau des Coop-Centers. Das Land verblieb aber im Besitz der Familie Blattmann, Coop übernahm das Land im Baurecht. Am neuen Firmensitz der Metallwarenfabrik, damals noch an der Peripherie gebaut, wurde schliesslich die Marke «Mewa» geboren. Hier wurde auch der Landi-Stuhl gebaut. 

Die Metallwarenfabrik beschäftigte zeitweise über 100 Mitarbeitende in den 1970er- und 1980er-Jahren. Numerisch gesteuerte CNC-Stanzmaschinen hielten Einzug in den Fabrikhallen. Das machte es möglich, immer spezialisiertere und anspruchsvollere Produkte herzustellen. So blieb man bis zur Jahrtausendwende trotz Konkurrenz aus Niedriglohnländern wettbewerbsfähig. 1998 übergab Ernst Blattmann den Betrieb an die Mewa-Metalight AG. Diese Firma mietete die Räume und die Maschinen von der Blattmann Metallwarenfabrik AG und beschäftigte die Mitarbeiter weiter. Doch der Markt hatte sich gewandelt. 2001 ging die Mewa-Metalight AG in Konkurs. Die Produktion wurde eingestellt. Als Rechtsform besteht die Blattmann Metallwarenfabrik AG nach wie vor. Nicht sie, sondern die produzierende Nachfolgefirma wurde liquidiert. Nach der Einstellung des Betriebs startete die nächste Generation der Familie Blattmann Schritt für Schritt eine Transformation. Im Dialog mit der industriellen Vergangenheit wird das markante Areal an der Zugerstrasse nun umgenutzt. 

So entwickelt Christof Diener als Immobilienentwickler und Vertreter der Familie Blattmann gleich zwei Projekte, die das Gesicht Wädenswils in den kommenden Jahren verändern und prägen werden. Dem Wädenswiler Anzeiger gab er Auskunft über die Planungsfortschritte der beiden Bauvorhaben.

WA: Das Projekt «Ersatzbau Coop / ZKB» wurde 2012 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, etwas mehr als acht Jahre später, im August 2020, wurde der Gestaltungsplan festgesetzt. Ist der Weg jetzt frei für den Baustart – und wie sieht der weitere Zeitplan aus?

Christof Diener: Nachdem der Wädenswiler Gemeinderat den Gestaltungsplan ohne Gegenstimme genehmigte, ging das Geschäft an den Regierungsrat, der ebenfalls die Freigabe erteilte. Am letzten Tag der auf die Publikation folgenden Rekursfrist ging noch ein Rekurs ein. Aktuell behandeln wir diesen, danach wird das Baurekursgericht einen Entscheid fällen …

 … der dann so oder so ausfallen kann …

Genau. Dann geht es darum, ob dieser Entscheid akzeptiert oder weitergezogen wird. Das wären die normalen weiteren Schritte durch die Instanzen.

 So ruht die Planung im Moment, bis die Entscheide gefallen sind?

Nein. Meine Arbeit bei diesem Projekt  dauert an, bis die Rechtskraft des Gestaltungsplans vorliegt. Bereits parallel hat – auf unserem Landanteil des Projektes – die Bauherrin Coop die weitere Planung aufgenommen. Auf der anderen Seite ist die Zürcher Kantonalbank, die ihrerseits die weitere Planung auf ihrem Landanteil weiterführt. Beide Parteien bereiten aktuell die Baueingabe vor und werden von mir über allfällig erforderliche Massnahmen aus dem Rekursverfahren auf dem Laufenden gehalten.

Wann kann die Baueingabe voraussichtlich erfolgen?

Das ist neben dem eingegangenen Rekurs noch von verschiedenen Parametern abhängig. Aber ich gehe im Moment vom 1. Quartal 2022 aus. Somit wäre ein möglicher Baustart frühestens Ende 2022; eine Eröffnung vor 2025 ist undenkbar.

 Bei der Projektpräsentation wurden auch seniorengerechte Wohnungen erwähnt sowie Platz für weiteres Gewerbe nebst Bank und Grossverteiler. Ist dies im Gestaltungsplan festgehalten?

Im Gestaltungsplan sind Bereiche für Gewerbe und Wohnen ausgeschieden, aber nicht weiter spezifiziert. Es wird innerstädtischen Wohnraum geben, aber das verantwortet der Bauherr. Ebenso verhält es sich bei den Gewerbeflächen. Man muss sehen, dass auch für die Bauherren alles im Wandel ist. Wie sieht ein Bank- oder Ladenkonzept in fünf Jahren aus? Wer weiss das schon?

Mewa-Areal

Das Mewa-Areal war bis 2001 Produktionsstandort, heute ist dort viel Kleingewerbe eingemietet. Ausserdem sind die ehemaligen Produktionshallen willkommene Garagen für Wohnmobile, Schiffe und einen Fasnachtswagen. Die markanten Gebäude  sind eine der wenigen verbliebenen Zeitzeugen Wädenswiler Industriegeschichte und auch ein markanter Eintrittspunkt ins Wädenswiler Zentrum. Vorsorglich hat die Stadt Wädenswil an der Büelenstrasse zwei Liegenschaften gekauft, um bei der Entwicklung und Neugestaltung des angrenzenden grossflächigen Industrieareals mitwirken zu können. Das Wädenswiler Stimmvolk hat diesem Ansinnen 2010 zugestimmt. Zudem schuf die Stadt im Jahr 2016 eigens die «Wohnzone mit Gewerbe 5/85%», die so die Voraussetzungen schuf, bis fünf Vollgeschosse hoch zu bauen, bei einer höheren Ausnützungsziffer.

2018 wurde der Öffentlichkeit ein Projekt präsentiert, das den Spagat versucht, das Areal von der Fabrik zur pulsierenden Begegnungszone mit rund 150 Wohnungen, über 2000 m2 Gewerbeflächen und renaturiertem Gewässer zu transformieren. Das Areal soll ein neues Gesicht bekommen, trotzdem soll die lange Geschichte ersichtlich bleiben.

Hier die Frage an Christof Diener: Was zeichnet das künftige Areal aus?

Es wird, wie damals präsentiert, einen Begegnungsort geben, eine Mischform aus Arbeiten und Wohnen, der in einem anregenden Umfeld interessante persönliche Kontakte ermöglichen soll. Zentral wird die grosse Werkhalle mit dem Schmetterlingsdach sein, die spannende Nutzungen zulässt. Es gibt tatsächlich auch bereits sowohl für die Wohneinheiten als auch aus dem Gewerbe Interessenten – jetzt schon! 

Womit wir auch da beim Planungsstand wären …

Im Anschluss an die Präsentation wurde der Gestaltungsplan ausgearbeitet, der wurde Anfang 2020 in die erste Vorprüfung geschickt. Daraus haben wir einige Rückmeldungen bekommen, weniger zu den Hochbauten, mehr den Gewässerraum bet

reffend. Auf dem Areal fliesst der Musli- in den Gulmenbach, der dann ja offengelegt werden soll. Wir müssen jedoch bereits jetzt, bevor wir den Gestaltungsplan überhaupt ins Parlament geben können, ein bewilligungsfähiges Wasserbauprojekt vorweisen können. Der Gewässerraum muss genau definiert sein, der Hochwasserschutz muss ausgewiesen sein. Mitte April konnten wir nun das ganze Paket in eine zweite Vorprüfung schicken. Anschliessend wird das Projekt öffentlich aufgelegt, das wird im Herbst diesen Jahres sein. 2022 dürfte dann der Gestaltungsplan im Gemeinderat und beim Kanton sein. 

Die erwähnten Interessenten werden sich aber noch länger gedulden müssen?

2023 würde die Baueingabe erfolgen, und die Bauzeit beträgt auch zwei bis drei Jahre. Eröffnung also frühestens 2027, wenn alles rund läuft. 

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