1918-1920 grassierte die Spanische Grippe ± auch in Wädenswil. Sie zeigte ein ähnliches Gesicht wie nun Corona. In drei Wellen starben damals weltweit bis 50 Millionen Menschen, weit mehr als während des Ersten Weltkrieges, der 1918 endete. Haben wir aus der Vergangenheit gelernt, sodass wir in der Bewältigung der momentanen Krise besser gerüstet sind?
Interview: Ingrid Eva Liedtke
Christian Winkler, Historiker aus Wädenswil, hat im Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2020 einen interessanten Beitrag zur Spanischen Grippe geschrieben und weiss einiges über Parallelen zur Corona-Pandemie. Die Frage, was wir aus der Geschichte, beziehungsweise aus dieser letzten grossen Pandemie lernen konnten, ist interessant.
Die Spanische Grippe hatte eine andere ´Zielgruppeª. Sie traf vor allem die Jungen, die 20- bis 40-Jährigen. Unter ihnen waren besonders viele Todesfälle zu beklagen. Zudem waren Männer noch etwas stärker betroffen. Die Gründe seien immer noch ungeklärt.
Man vermutet, dass die älteren Menschen damals schon von vergangenen Epidemien, etwa der «Russischen Grippe» 1889/90, immunisiert waren.
Die Spanische Grippe verlief damals 1918±1920 in ähnlichen Wellen. Auch damals wurden Massnahmen ergriffen, die sich mit den heutigen sehr gut vergleichen lassen. Und es gab auch Widerstand. War dieser auf zu wenig Information über das Virus begründet oder, wie heute zu beobachten ist, auch auf Verschwörungstheorien, die im Umlauf sind?
Die Informationslage war 1918 natürlich eine ganz andere, gerade weil die kriegführenden Nationen unter Zensur standen und kein Interesse daran hatten, neben den Kriegsopfern auch noch die Grippetoten zu melden. Deshalb hiess die Seuche auch bald «Spanische Grippe», weil von dort die ersten unzensierten Meldungen kamen. Am Anfang vermuteten einige die Einschleppung der Krankheit über die besondere Wetterlage mit Südwind, bald nahmen aber die meisten wahr, dass sich die Grippe vor allem über Kontakte verbreitete.
Die Informationen verbreiteten sich insgesamt zwar langsamer, die Zeitungen berichteten aber – vergleichbar mit den heutigen Newstickern – in jeder Ausgabe die neusten Zahlen, Krankheitsherde und besondere Schicksalsschläge. Die Leserschaft konnte also durchaus in Echtzeit die Entwicklung der Pandemie verfolgen.
Die Massnahmen waren tatsächlich sehr ähnlich: Verbot von Versammlungen, Schulschliessungen und zum Beispiel die Verschiebung der Chilbi 1918. Beim Thema Arbeit würde ich den grössten Unterschied sehen, denn Home Office war damals schlicht nicht möglich, weil ein grosser Teil der Männer und Frauen in Fabriken beschäftigt waren.
Von Widerstand im grossen Stil ist mir nichts bekannt, schliesslich war die Bevölkerung vom Krieg und der damit verbundenen Not wegen der steigenden Preise genug gebeutelt. Es gab eher im kleinen Stil Schlaumeier, die sich nicht an die Vorgaben hielten und zum Beispiel im Nachbardorf, wo andere Regeln herrschten, ein Fest feierten.
Kann man sagen, dass, sobald die Menschen durch Seuchen oder auch Missernten existentiell bedroht sind, ein Sündenbock gesucht wird? Wenn ja, wie drückt sich das heutzutage aus?
Bereits im 19. Jahrhundert lösten Diskussionen um ungerechte Verteilung, beispielsweise von Lebensmitteln, die nur religiösen Begründungen ab, etwa bei der grossen Kartoffelfäule in Irland, «the Great Famine». In der Zeit der Spanischen Grippe wurde die Militärsanität – übrigens von allen Seiten – massiv angegriffen und für ihre mangelhafte Vorbereitung kritisiert. Eine angemessene Pandemievorsorge gab es damals nicht, jedenfalls war die Grippe nicht zu den Gefahren gezählt worden. In Wädenswil stand besonders die Gesundheitskommission unter Druck, die die Entscheidungen wie Veranstaltungsverbot und Schulferien-Verlängerungen zu beschliessen hatte. Ich würde sagen, man sucht heute ebenfalls nach den politischen Verantwortlichen.
Die Forschung für Impfstoffe hat ja schon im 18. Jahrhundert begonnen. Gab es zur Zeit der Spanischen Grippe keine Bemühungen, einen Impfstoff zu entwickeln? Gab es andere Seuchen oder Krankheiten, die schliesslich zu einem Impfstoff führten?
Der Influenza-Virus wurde erst 1933 entdeckt, man tappte also gewissermassen biologisch etwas im Dunkeln. Trotzdem kannte man die wirksamen Massnahmen gegen Grippe und verordnete diese – wie die Reduzierung der Ansammlungen. In der Schweiz wäre mir nichts von einem Impfstoff bekannt, offenbar gab es aber an anderen Orten Impfstoffe, die vor allem gegen die mit der Spanischen Grippe verbundene Lungenentzündung halfen. Im 19. Jahrhundert war die Pockenimpfung die erste grossflächig eingesetzte und erfolgreiche Impfung. Im 20. Jahrhundert folgten beispielsweise Impfungen gegen Tuberkulose und Kinderlähmung.
Was hat man seit damals oder auch im Laufe der Geschichte im Zusammenhang mit Seuchen und deren Bekämpfung gelernt? Welche Fehler werden immer wieder begangen?
Das ist schwierig zu beantworten, denn jedes historische Ereignis hat seinen eigenen Rahmen, in dem es stattfindet. Der grosse Unterschied zu früheren Seuchen ist sicherlich, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der ganzen Welt bei der Erforschung des Virus so eng und ohne Konkurrenzdenken zusammenarbeiteten wie nie zuvor – und wir können quasi als Publikum in Echtzeit erleben, wie Wissenschaft funktioniert, nämlich mit Aufstellen von Thesen, Prüfen und Verwerfen oder Festigen von Erkenntnissen. Dazu gehört auch Rückschläge und Irrtümer einzugestehen.
Im Gegensatz zu vielen asiatischen Ländern sind wir von den letzten grossen Epidemien, die sich dort verbreiteten (Sars usw.), weitgehend verschont geblieben, und eine grosse Seuche ist schon sehr lange her. Das führte dazu, dass die Pandemievorsorge vielleicht ein bisschen weniger prioritär war in Politik und Behörden.
Auch damals musste man in Wädenswil ein Notspital einrichten. Kann man sagen, dass es uns diesbezüglich wieder ziemlich kalt erwischte oder war zumindest der Bezirk, aufgrund der damaligen Ereignisse, einigermassen gut vorbereitet?
Die Spanische Grippe erwischte 1918 sicher alle kalt, weil man wie gesagt kriegsmüde und auch durch den Mangel geschwächt war. Als die Grippe ausbrach, war ja der Krieg noch nicht vorbei und der hatte Priorität. Danach gab es wegen der Not auch soziale Spannungen. Die Behörden mussten improvisieren und haben von Woche zu Woche Entscheidungen getroffen. Die Notspitäler, die in vielen Gemeinden eröffnet wurden, dienten zur Isolation der Grippepatientinnen und -patienten. Auf das Ausmass war man nicht vorbereitet, da wie erwähnt die Gesetze die Grippe gar nicht beinhalteten.
Wie sehr wurde damals die Wirtschaft beeinträchtig? Wie viele Betriebe in Wädenswil nahmen Schaden? Gab es Entschädigungen?
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Spanischen Grippe sind noch weitgehend unerforscht. Die Situation ist zudem besonders undurchsichtig, weil die Wirtschaft ja wegen des Kriegs schon arg gebeutelt war. Viele litten unter zunehmender Verarmung, denn ein Mann, der im Militär war, bekam nur einen Sold, da es noch keinen Erwerbsersatz gab. Viele gerieten so in die Armut. Sicher litten die Wirtshäuser unter verordneten Schliessungen, Entschädigungen gab es aber nicht. Die Fabriken arbeiteten weiter. Von der Seidenweberei Gessner ist bekannt, dass sie wegen der vielen Krankheitsfälle kurzzeitig den Betrieb einstellen musste.
Wie schnell erholte man sich von den Folgen?
Die Spanische Grippe schlich sich gewissermassen im Sommer 1919 und nach kurzem Aufflackern Anfang 1920 lautlos davon und geriet fast in Vergessenheit. Die Geschichtsschreibung kümmerte sich eher um den Krieg oder den Landesstreik im November 1918, und die Grippe spielt bis jetzt in der kollektiven Erinnerung kaum eine Rolle. Etwa ab Mitte der 1920er-Jahren kam es zu einem gewissen Aufschwung – den «Roaring Twenties» – aber bei weitem nicht überall und für alle.
Zu guter Letzt bleibt die grosse Frage: Lernt der Mensch aus diesen Erfahrungen? Gibt es gar Unterschiede im menschlichen Verhalten bei den verschiedenen Pandemien?
Das menschliche Verhalten mag vielleicht im Grundsatz ähnlich sein in Zeiten grosser Unsicherheit. Allerdings lässt sich die Zeit von 1918 kaum mit der unsrigen heute vergleichen, die grundsätzlich von Wohlstand, Frieden und relativ grossen Unterstützungsmassnahmen geprägt ist. Welche Erkenntnisse wir einmal aus der heutigen Pandemie ziehen werden, sehen wir erst, wenn sie wirklich vorbei ist. Ich denke, sie wird aber für die meisten ein ziemlich prägendes Ereignis des Lebens bleiben, gerade weil wir Krisen solchen Ausmasses hier ja bisher nicht kannten. Die Beurteilung wird erst im Rückblick zukünftiger Historikerinnen und Historiker möglich sein. Zeitzeugen gibt es ja genug.
1918-1920 grassierte die Spanische Grippe ± auch in Wädenswil. Sie zeigte ein ähnliches Gesicht wie nun Corona. In drei Wellen starben damals weltweit bis 50 Millionen Menschen, weit mehr als während des Ersten Weltkrieges, der 1918 endete. Haben wir aus der Vergangenheit gelernt, sodass wir in der Bewältigung der momentanen Krise besser gerüstet sind?
Interview: Ingrid Eva Liedtke
Christian Winkler, Historiker aus Wädenswil, hat im Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2020 einen interessanten Beitrag zur Spanischen Grippe geschrieben und weiss einiges über Parallelen zur Corona-Pandemie. Die Frage, was wir aus der Geschichte, beziehungsweise aus dieser letzten grossen Pandemie lernen konnten, ist interessant.
Die Spanische Grippe hatte eine andere ´Zielgruppeª. Sie traf vor allem die Jungen, die 20- bis 40-Jährigen. Unter ihnen waren besonders viele Todesfälle zu beklagen. Zudem waren Männer noch etwas stärker betroffen. Die Gründe seien immer noch ungeklärt.
Man vermutet, dass die älteren Menschen damals schon von vergangenen Epidemien, etwa der «Russischen Grippe» 1889/90, immunisiert waren.
Die Spanische Grippe verlief damals 1918±1920 in ähnlichen Wellen. Auch damals wurden Massnahmen ergriffen, die sich mit den heutigen sehr gut vergleichen lassen. Und es gab auch Widerstand. War dieser auf zu wenig Information über das Virus begründet oder, wie heute zu beobachten ist, auch auf Verschwörungstheorien, die im Umlauf sind?
Die Informationslage war 1918 natürlich eine ganz andere, gerade weil die kriegführenden Nationen unter Zensur standen und kein Interesse daran hatten, neben den Kriegsopfern auch noch die Grippetoten zu melden. Deshalb hiess die Seuche auch bald «Spanische Grippe», weil von dort die ersten unzensierten Meldungen kamen. Am Anfang vermuteten einige die Einschleppung der Krankheit über die besondere Wetterlage mit Südwind, bald nahmen aber die meisten wahr, dass sich die Grippe vor allem über Kontakte verbreitete.
Die Informationen verbreiteten sich insgesamt zwar langsamer, die Zeitungen berichteten aber – vergleichbar mit den heutigen Newstickern – in jeder Ausgabe die neusten Zahlen, Krankheitsherde und besondere Schicksalsschläge. Die Leserschaft konnte also durchaus in Echtzeit die Entwicklung der Pandemie verfolgen.
Die Massnahmen waren tatsächlich sehr ähnlich: Verbot von Versammlungen, Schulschliessungen und zum Beispiel die Verschiebung der Chilbi 1918. Beim Thema Arbeit würde ich den grössten Unterschied sehen, denn Home Office war damals schlicht nicht möglich, weil ein grosser Teil der Männer und Frauen in Fabriken beschäftigt waren.
Von Widerstand im grossen Stil ist mir nichts bekannt, schliesslich war die Bevölkerung vom Krieg und der damit verbundenen Not wegen der steigenden Preise genug gebeutelt. Es gab eher im kleinen Stil Schlaumeier, die sich nicht an die Vorgaben hielten und zum Beispiel im Nachbardorf, wo andere Regeln herrschten, ein Fest feierten.
Kann man sagen, dass, sobald die Menschen durch Seuchen oder auch Missernten existentiell bedroht sind, ein Sündenbock gesucht wird? Wenn ja, wie drückt sich das heutzutage aus?
Bereits im 19. Jahrhundert lösten Diskussionen um ungerechte Verteilung, beispielsweise von Lebensmitteln, die nur religiösen Begründungen ab, etwa bei der grossen Kartoffelfäule in Irland, «the Great Famine». In der Zeit der Spanischen Grippe wurde die Militärsanität – übrigens von allen Seiten – massiv angegriffen und für ihre mangelhafte Vorbereitung kritisiert. Eine angemessene Pandemievorsorge gab es damals nicht, jedenfalls war die Grippe nicht zu den Gefahren gezählt worden. In Wädenswil stand besonders die Gesundheitskommission unter Druck, die die Entscheidungen wie Veranstaltungsverbot und Schulferien-Verlängerungen zu beschliessen hatte. Ich würde sagen, man sucht heute ebenfalls nach den politischen Verantwortlichen.
Die Forschung für Impfstoffe hat ja schon im 18. Jahrhundert begonnen. Gab es zur Zeit der Spanischen Grippe keine Bemühungen, einen Impfstoff zu entwickeln? Gab es andere Seuchen oder Krankheiten, die schliesslich zu einem Impfstoff führten?
Der Influenza-Virus wurde erst 1933 entdeckt, man tappte also gewissermassen biologisch etwas im Dunkeln. Trotzdem kannte man die wirksamen Massnahmen gegen Grippe und verordnete diese – wie die Reduzierung der Ansammlungen. In der Schweiz wäre mir nichts von einem Impfstoff bekannt, offenbar gab es aber an anderen Orten Impfstoffe, die vor allem gegen die mit der Spanischen Grippe verbundene Lungenentzündung halfen. Im 19. Jahrhundert war die Pockenimpfung die erste grossflächig eingesetzte und erfolgreiche Impfung. Im 20. Jahrhundert folgten beispielsweise Impfungen gegen Tuberkulose und Kinderlähmung.
Was hat man seit damals oder auch im Laufe der Geschichte im Zusammenhang mit Seuchen und deren Bekämpfung gelernt? Welche Fehler werden immer wieder begangen?
Das ist schwierig zu beantworten, denn jedes historische Ereignis hat seinen eigenen Rahmen, in dem es stattfindet. Der grosse Unterschied zu früheren Seuchen ist sicherlich, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der ganzen Welt bei der Erforschung des Virus so eng und ohne Konkurrenzdenken zusammenarbeiteten wie nie zuvor – und wir können quasi als Publikum in Echtzeit erleben, wie Wissenschaft funktioniert, nämlich mit Aufstellen von Thesen, Prüfen und Verwerfen oder Festigen von Erkenntnissen. Dazu gehört auch Rückschläge und Irrtümer einzugestehen.
Im Gegensatz zu vielen asiatischen Ländern sind wir von den letzten grossen Epidemien, die sich dort verbreiteten (Sars usw.), weitgehend verschont geblieben, und eine grosse Seuche ist schon sehr lange her. Das führte dazu, dass die Pandemievorsorge vielleicht ein bisschen weniger prioritär war in Politik und Behörden.
Auch damals musste man in Wädenswil ein Notspital einrichten. Kann man sagen, dass es uns diesbezüglich wieder ziemlich kalt erwischte oder war zumindest der Bezirk, aufgrund der damaligen Ereignisse, einigermassen gut vorbereitet?
Die Spanische Grippe erwischte 1918 sicher alle kalt, weil man wie gesagt kriegsmüde und auch durch den Mangel geschwächt war. Als die Grippe ausbrach, war ja der Krieg noch nicht vorbei und der hatte Priorität. Danach gab es wegen der Not auch soziale Spannungen. Die Behörden mussten improvisieren und haben von Woche zu Woche Entscheidungen getroffen. Die Notspitäler, die in vielen Gemeinden eröffnet wurden, dienten zur Isolation der Grippepatientinnen und -patienten. Auf das Ausmass war man nicht vorbereitet, da wie erwähnt die Gesetze die Grippe gar nicht beinhalteten.
Wie sehr wurde damals die Wirtschaft beeinträchtig? Wie viele Betriebe in Wädenswil nahmen Schaden? Gab es Entschädigungen?
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Spanischen Grippe sind noch weitgehend unerforscht. Die Situation ist zudem besonders undurchsichtig, weil die Wirtschaft ja wegen des Kriegs schon arg gebeutelt war. Viele litten unter zunehmender Verarmung, denn ein Mann, der im Militär war, bekam nur einen Sold, da es noch keinen Erwerbsersatz gab. Viele gerieten so in die Armut. Sicher litten die Wirtshäuser unter verordneten Schliessungen, Entschädigungen gab es aber nicht. Die Fabriken arbeiteten weiter. Von der Seidenweberei Gessner ist bekannt, dass sie wegen der vielen Krankheitsfälle kurzzeitig den Betrieb einstellen musste.
Wie schnell erholte man sich von den Folgen?
Die Spanische Grippe schlich sich gewissermassen im Sommer 1919 und nach kurzem Aufflackern Anfang 1920 lautlos davon und geriet fast in Vergessenheit. Die Geschichtsschreibung kümmerte sich eher um den Krieg oder den Landesstreik im November 1918, und die Grippe spielt bis jetzt in der kollektiven Erinnerung kaum eine Rolle. Etwa ab Mitte der 1920er-Jahren kam es zu einem gewissen Aufschwung – den «Roaring Twenties» – aber bei weitem nicht überall und für alle.
Zu guter Letzt bleibt die grosse Frage: Lernt der Mensch aus diesen Erfahrungen? Gibt es gar Unterschiede im menschlichen Verhalten bei den verschiedenen Pandemien?
Das menschliche Verhalten mag vielleicht im Grundsatz ähnlich sein in Zeiten grosser Unsicherheit. Allerdings lässt sich die Zeit von 1918 kaum mit der unsrigen heute vergleichen, die grundsätzlich von Wohlstand, Frieden und relativ grossen Unterstützungsmassnahmen geprägt ist. Welche Erkenntnisse wir einmal aus der heutigen Pandemie ziehen werden, sehen wir erst, wenn sie wirklich vorbei ist. Ich denke, sie wird aber für die meisten ein ziemlich prägendes Ereignis des Lebens bleiben, gerade weil wir Krisen solchen Ausmasses hier ja bisher nicht kannten. Die Beurteilung wird erst im Rückblick zukünftiger Historikerinnen und Historiker möglich sein. Zeitzeugen gibt es ja genug.