Auch im Altersheim Schönenberg ist Corona ein Thema, das den Tag und seinen Ablauf bestimmt. Die Bewohner wie auch ihre Betreuung sind gefordert.
Interview & Bild: Ingrid Eva Liedtke
Das Altersheim Schönenberg liegt idyllisch eingebettet in die sanften Hügel der Moränenlandschaft. Hier auf dem Berg, in ländlicher Gegend, sind die Wege länger, die Abstände zum Nachbarn grösser – ebenso vielleicht die Hoffnung verschont zu werden vom Virus. Doch auch im Altersheim Stollenweid ist Corona das Thema, das allgegenwärtig ist.
Der Wädenswiler Anzeiger hat sich mit Christian Rentsch, dem Leiter des Altersheims Stollenweid, über die momentanen Zustände unterhalten. Dabei sind es die emotionalen Zustände der Menschen in der Stollenweid, ihre Hoffnungen, Ängste und Bedürfnisse, die interessierten. Natürlich ist auch die Überlastung ein Thema.
Herr Rentsch, gab es im Altersheim Stollenweid Coronafälle?
Ja, sieben Bewohner waren davon betroffen, zum Glück aber nur mit schwachen Symptomen und leichten Krankheitsverläufen.
Wie gehen Angehörige und Mitbewohner damit um?
Es ist die Ungewissheit, die Ängste schürt. Das belastet alle. Dazu kommt der Verzicht auf so vieles.
Nimmt es Sie sehr mit oder ist der Tod auch nahe und man lebt mit ihm?
Der Tod in einer Institution mit betagten Menschen ist ein ständiger Begleiter.
Haben Sie genügend Pflegepersonal?
Es gibt wohl keine Institution, die sich der Pflege und Betreuung betagter Menschen widmet und keinen Personalmangel kennt.
«Darüber mache ich mir nicht gross Gedanken – ich hoffe das Beste.»
Eine Bewohnerin übers Sterben.
Sind sie überlastet, wie andere Institutionen?
Nein, das Arbeitsvolumen kann im Moment noch bewältigt werden. Wenn aber die Zahl der Infizierten stark zunimmt, werden auch wir überlastet sein.
Hätten einige oder gar die meisten Einwohner der Stollenweid lieber mehr Kontakt zu ihren Lieben und nähmen das erhöhte Risiko einer Ansteckung in Kauf, auch den Tod, anstatt alleine in ihrem Zimmer und isoliert zu sein?
Viele Bewohner äussern sich so, dass sie die momentane Situation als zermürbend empfinden. Sie suchen vermehrt den Kontakt untereinander, zum Beispiel während der Essenszeit oder in der Aktivierung, sowie zum Pflegepersonal. Dies ersetzt den familiären Kontakt natürlich bei Weitem nicht, der durch die Besucherräume nur teilweise möglich ist.
Wie kann eine gewisse Lebensqualität momentan aufrechterhalten werden? Alte Menschen haben ja so schon weniger Möglichkeiten sich zu bewegen, andere Menschen zu besuchen oder gar rauszugehen.
Wir intensivieren zum Beispiel unsere Aktivierungsangebote, bieten religiöse Begleitung an, und wir haben Besucherräume eingerichtet. Ausserdem kommen uns die Kommunikations-möglichkeiten via Skype, Face Time usw. sehr entgegen, sie werden rege genutzt.
Was ist momentan nicht möglich?
Leider sind Aktivitäten mit der Familie innerhalb und ausserhalb der Institution derzeit kein Thema.
Nun ist die erste Impfwelle gestartet. Welche Hoffnungen hat man?
Dass die Impfung die betagte Bevölkerung schützt und ein normales Leben in den Altersinstitutionen wieder möglich wird.
Das Altersheim Fuhr in Wädenswil hat die erste Impfwelle schon abgeschlossen und die Stollenweid ist wohl als nächste dran. Wie gross ist der Aufklärungs- und Informationsbedarf?
Der Informationsbedarf ist je nach Bewohner individuell, und die Aufklärung ist hauptsächlich Aufgabe des Arztes. Die Heimärzte des Hauses Stollenweid waren hier vorbildlich und haben sich dafür explizit viel Zeit genommen, um alle Bewohner gut zu informieren. Auch wir als Institution informieren umfassend, zudem erhalten viele Bewohnende auch Informationen von den Angehörigen.
Inwiefern musste das Personal geschult werden?
Es benötigte keine Schulung. Der Schwerpunkt liegt auf dem Zur-Verfügung-Stellen von Informationsmaterial, und wir haben die Möglichkeit, bei Fragen jederzeit Fachstellen anzuzapfen, um fundierte Antworten aus erster Hand zu erhalten.
«Ein mulmiges Gefühl ist es schon, doch immerhin hatte ich mein Leben und kann auf viel Schönes zurückschauen.»
Eine Bewohnerin auf die Frage, ob sie Angst habe, an Corona zu erkranken.
Wie ist das Ganze angelaufen? Wie gross ist die Akzeptanz oder die Skepsis bei den Bewohnern?
Wie schon in der Presse mehrfach erwähnt wurde, besteht bei den Bewohnenden eine grosse Akzeptanz für die Impfung. Sie sagen auch ganz ungeniert, dass sie aufgrund ihres Alters keine Langzeitschäden mehr zu befürchten haben.
Wie gross ist sie beim Pflegepersonal, respektive bei den Mitarbeitenden?
Alle Mitarbeitenden, die in einer solchen Institution arbeiten und direkten Bewohnerkontakt haben, sind gefordert, eine Entscheidung zu treffen. So zum Beispiel das Personal in der Gastronomie, in der Küche, im technischen Dienst, am Empfang usw.
Es heisst, die Skepsis beim Pflegepersonal sei beachtlich. Im Altersheim Fuhr haben sich nur 60% impfen lassen. Was sind allfällige Gründe?
Es wird zwar immer von Pflegepersonal geschrieben, aber wie erwähnt, betrifft es alle Mitarbeitenden, und die Gründe sind vielfältig. Was aber sicher gesagt werden kann ist, dass die ganze Verwirrung darum, wer wann und mit welchem Impfstoff impfen kann, nicht gerade für Seriosität im Umgang mit dem Impfprozedere sorgt. Plötzlich reicht eine Impfampulle für sechs statt fünf Impfdosen, notabene erst jetzt, wo Knappheit besteht. Auf einmal ist es auch nicht mehr wichtig, dass die zweite Impfung genau 28 Tage nach der ersten erfolgt … aber auch dies erst, nachdem Impfstoff-Lieferschwierigkeiten aufgetreten sind. Das Ganze erinnert stark an die Situation mit den Masken-Lieferengpässen: Masken wurden auch erst dann plötzlich zwingend notwendig, als sie zur Verfügung standen. Das alles verwirrt, und viele Menschen zweifeln an der Richtigkeit der verbreiteten Informationen. Zentral ist, dass der Entscheid eines Mitarbeiters oder Bewohners akzeptiert wird, egal, wie dieser ausfällt.
Wie gross ist der Aufwand einer solchen Impfaktion?
Es muss genau geplant werden, wann welcher Bewohner oder Mitarbeiter geimpft wird, um eine Durchmischung mit Personen ohne Kontakt zu Risikogruppen zu vermeiden. Wir haben einen detaillierten Zeitplan. Für eine Impfung muss bei Bewohnenden wie auch bei den Mitarbeitern eine schriftliche und unterschriebene Einverständniserklärung zusammen mit einer ärztlichen Bescheinigung vorliegen. Das Aufziehen des Impfstoffes in die Spritze erfordert eine hohe Konzentration und darf nur von medizinisch geschultem Personal ausgeführt werden.
Was würden Sie sich in dieser Situation wünschen? Was müsste man verbessern?
Eine Anerkennung vom Bund für alle, die in dieser schwierigen Zeit Mehrarbeit leisten müssen, wäre sicher motivierend – sei es in Form eines Bonus oder einer anderen Art der Wertschätzung.
***
Situation aus der Sicht des Pflegepersonals …
Wie ist die momentane Situation für Sie als Pflegeperson?
Ein positiver Aspekt, im Vergleich zu «Vor-Corona-Zeiten», ist der enger gewordene Kontakt zu den Bewohnenden. Negativer ist die Arbeitssituation, die als streng, ausdauernd, herausfordernd, traurig und nicht endend empfunden wird.
Hat sich der Aufwand erhöht durch die Corona-Situa-tion?
Ja, er hat sich durch viele Bestimmungen und die damit verbundenen Änderungen deutlich erhöht. Zudem füllt das Pflegepersonal vermehrt die Lücken der fehlenden familiären Kontakte, sei es in Gesprächen oder in der allgemeinen Zuwendung und Betreuung.
Wie steht es um Ihre Kräfte?
Die Kräfte sind da, aber es ist die ganze Situation um Corona, die ermüdend wirkt, man muss sich immer wieder aufs Neue pushen. Auch im Privaten ist man eingeschränkt, worunter die Erholung leidet. Den Meldungen in den Medien zufolge gibt es nur einen einzigen Verlierer: die Wirtschaft. Da wird vieles verkannt. Die wirklichen Probleme sind der Personalmangel im ganzen Pflegebereich, die fehlende Anerkennung in der Politik und in weiten Teilen der Bevölkerung usw. In absehbarer Zeit kollabiert das System, dann werden wir ein echtes Problem haben.
«Ja, es ist schwer, die eigene Frau und die Familie nur in der Besuchsbox zu sehen und nicht selbst den eigenen Hof zu besuchen. Ich sehne mich nach Normalität wie vor Corona.»
Ein Bewohner erklärt, was für ihn besonders schwierig ist.
Wie können Sie den Bewohnern helfen, gerade auch in psychischen Belangen?
Zwischenmenschlich mit kleinen Gesten. Gespräche über das Wohlbefinden können unterstützen. Mit dem Angebot von Besucherräumen, in denen die Bewohner ihre Familie trotzdem sehen können. Die Nutzung von Skype kann Erleichterung verschaffen. Die Bedürfnisse der Bewohner sind zuweilen recht unterschiedlich, wir tun unser Bestes, sie «situa-tiv abzuholen» und ihnen für sie passende Möglichkeiten anzubieten.
Haben Sie Zeit und Kraft dafür?
Wir nehmen uns die Zeit für die Bewohner, das ist unsere Berufung.
Was bleibt auf der Strecke?
Freizeit, um sich mit der Familie und Freunden zu treffen, eine gewisse Freiheit.
Was würden Sie sich wünschen, für sich, für die Bewohner?
Für das Pflegepersonal hätten wir gerne mehr Lohn, von den Personen ausserhalb der Pflegeinstitution mehr Anerkennung für unsere Arbeit. Zudem natürlich eine gute Gesundheit, Gelassenheit, Verständnis, Kraft und Freude für alle.
Für die Bewohner wünschen wir uns Heiterkeit, Gesundheit und die Chance einen Lebensabend zu verbringen, wie sie ihn sich verdient haben.
… und der Bewohner
Zwei Bewohner haben sich zum Thema Corona und Impfen geäussert. Eine Über-Achtzigjährige macht die Impfung nicht. Sie sagt, dass sie sich vor allem wegen ihres Glaubens nicht impfen lassen möchte, ausserdem fehle auch ein wenig das Vertrauen bezüglich des Impfstoff-Inhalts. Sie habe auch keine Angst, an Covid-19 zu sterben, es sei wichtiger, die Jungen zu impfen.
Ein Bewohner, der sich impfen lässt, erhofft sich dadurch, wieder ein wenig mehr «Freiheit» zu gewinnen, sei es mit Besucherempfang im Haus oder selber auswärts zu gehen. Als ein wenig mühsam empfindet er die Warterei auf den Impfstoff.
Es scheint, als ob einige Menschen mit zunehmendem Alter die Weisheit erlangen, Dinge anzunehmen, die nicht zu ändern sind und die Einstellung entwickeln, auch aus einer miesen Situation das Beste zu machen.
Trotzdem ist allen zu wünschen, dass sich diese Krise bald abschwächt und wieder so etwas wie Normalität einkehrt. Vielleicht ist das Impfen ein wesentlicher Beitrag dazu.
Auch im Altersheim Schönenberg ist Corona ein Thema, das den Tag und seinen Ablauf bestimmt. Die Bewohner wie auch ihre Betreuung sind gefordert.
Interview & Bild: Ingrid Eva Liedtke
Das Altersheim Schönenberg liegt idyllisch eingebettet in die sanften Hügel der Moränenlandschaft. Hier auf dem Berg, in ländlicher Gegend, sind die Wege länger, die Abstände zum Nachbarn grösser – ebenso vielleicht die Hoffnung verschont zu werden vom Virus. Doch auch im Altersheim Stollenweid ist Corona das Thema, das allgegenwärtig ist.
Der Wädenswiler Anzeiger hat sich mit Christian Rentsch, dem Leiter des Altersheims Stollenweid, über die momentanen Zustände unterhalten. Dabei sind es die emotionalen Zustände der Menschen in der Stollenweid, ihre Hoffnungen, Ängste und Bedürfnisse, die interessierten. Natürlich ist auch die Überlastung ein Thema.
Herr Rentsch, gab es im Altersheim Stollenweid Coronafälle?
Ja, sieben Bewohner waren davon betroffen, zum Glück aber nur mit schwachen Symptomen und leichten Krankheitsverläufen.
Wie gehen Angehörige und Mitbewohner damit um?
Es ist die Ungewissheit, die Ängste schürt. Das belastet alle. Dazu kommt der Verzicht auf so vieles.
Nimmt es Sie sehr mit oder ist der Tod auch nahe und man lebt mit ihm?
Der Tod in einer Institution mit betagten Menschen ist ein ständiger Begleiter.
Haben Sie genügend Pflegepersonal?
Es gibt wohl keine Institution, die sich der Pflege und Betreuung betagter Menschen widmet und keinen Personalmangel kennt.
Sind sie überlastet, wie andere Institutionen?
Nein, das Arbeitsvolumen kann im Moment noch bewältigt werden. Wenn aber die Zahl der Infizierten stark zunimmt, werden auch wir überlastet sein.
Hätten einige oder gar die meisten Einwohner der Stollenweid lieber mehr Kontakt zu ihren Lieben und nähmen das erhöhte Risiko einer Ansteckung in Kauf, auch den Tod, anstatt alleine in ihrem Zimmer und isoliert zu sein?
Viele Bewohner äussern sich so, dass sie die momentane Situation als zermürbend empfinden. Sie suchen vermehrt den Kontakt untereinander, zum Beispiel während der Essenszeit oder in der Aktivierung, sowie zum Pflegepersonal. Dies ersetzt den familiären Kontakt natürlich bei Weitem nicht, der durch die Besucherräume nur teilweise möglich ist.
Wie kann eine gewisse Lebensqualität momentan aufrechterhalten werden? Alte Menschen haben ja so schon weniger Möglichkeiten sich zu bewegen, andere Menschen zu besuchen oder gar rauszugehen.
Wir intensivieren zum Beispiel unsere Aktivierungsangebote, bieten religiöse Begleitung an, und wir haben Besucherräume eingerichtet. Ausserdem kommen uns die Kommunikations-möglichkeiten via Skype, Face Time usw. sehr entgegen, sie werden rege genutzt.
Was ist momentan nicht möglich?
Leider sind Aktivitäten mit der Familie innerhalb und ausserhalb der Institution derzeit kein Thema.
Nun ist die erste Impfwelle gestartet. Welche Hoffnungen hat man?
Dass die Impfung die betagte Bevölkerung schützt und ein normales Leben in den Altersinstitutionen wieder möglich wird.
Das Altersheim Fuhr in Wädenswil hat die erste Impfwelle schon abgeschlossen und die Stollenweid ist wohl als nächste dran. Wie gross ist der Aufklärungs- und Informationsbedarf?
Der Informationsbedarf ist je nach Bewohner individuell, und die Aufklärung ist hauptsächlich Aufgabe des Arztes. Die Heimärzte des Hauses Stollenweid waren hier vorbildlich und haben sich dafür explizit viel Zeit genommen, um alle Bewohner gut zu informieren. Auch wir als Institution informieren umfassend, zudem erhalten viele Bewohnende auch Informationen von den Angehörigen.
Inwiefern musste das Personal geschult werden?
Es benötigte keine Schulung. Der Schwerpunkt liegt auf dem Zur-Verfügung-Stellen von Informationsmaterial, und wir haben die Möglichkeit, bei Fragen jederzeit Fachstellen anzuzapfen, um fundierte Antworten aus erster Hand zu erhalten.
Wie ist das Ganze angelaufen? Wie gross ist die Akzeptanz oder die Skepsis bei den Bewohnern?
Wie schon in der Presse mehrfach erwähnt wurde, besteht bei den Bewohnenden eine grosse Akzeptanz für die Impfung. Sie sagen auch ganz ungeniert, dass sie aufgrund ihres Alters keine Langzeitschäden mehr zu befürchten haben.
Wie gross ist sie beim Pflegepersonal, respektive bei den Mitarbeitenden?
Alle Mitarbeitenden, die in einer solchen Institution arbeiten und direkten Bewohnerkontakt haben, sind gefordert, eine Entscheidung zu treffen. So zum Beispiel das Personal in der Gastronomie, in der Küche, im technischen Dienst, am Empfang usw.
Es heisst, die Skepsis beim Pflegepersonal sei beachtlich. Im Altersheim Fuhr haben sich nur 60% impfen lassen. Was sind allfällige Gründe?
Es wird zwar immer von Pflegepersonal geschrieben, aber wie erwähnt, betrifft es alle Mitarbeitenden, und die Gründe sind vielfältig. Was aber sicher gesagt werden kann ist, dass die ganze Verwirrung darum, wer wann und mit welchem Impfstoff impfen kann, nicht gerade für Seriosität im Umgang mit dem Impfprozedere sorgt. Plötzlich reicht eine Impfampulle für sechs statt fünf Impfdosen, notabene erst jetzt, wo Knappheit besteht. Auf einmal ist es auch nicht mehr wichtig, dass die zweite Impfung genau 28 Tage nach der ersten erfolgt … aber auch dies erst, nachdem Impfstoff-Lieferschwierigkeiten aufgetreten sind. Das Ganze erinnert stark an die Situation mit den Masken-Lieferengpässen: Masken wurden auch erst dann plötzlich zwingend notwendig, als sie zur Verfügung standen. Das alles verwirrt, und viele Menschen zweifeln an der Richtigkeit der verbreiteten Informationen. Zentral ist, dass der Entscheid eines Mitarbeiters oder Bewohners akzeptiert wird, egal, wie dieser ausfällt.
Wie gross ist der Aufwand einer solchen Impfaktion?
Es muss genau geplant werden, wann welcher Bewohner oder Mitarbeiter geimpft wird, um eine Durchmischung mit Personen ohne Kontakt zu Risikogruppen zu vermeiden. Wir haben einen detaillierten Zeitplan. Für eine Impfung muss bei Bewohnenden wie auch bei den Mitarbeitern eine schriftliche und unterschriebene Einverständniserklärung zusammen mit einer ärztlichen Bescheinigung vorliegen. Das Aufziehen des Impfstoffes in die Spritze erfordert eine hohe Konzentration und darf nur von medizinisch geschultem Personal ausgeführt werden.
Was würden Sie sich in dieser Situation wünschen? Was müsste man verbessern?
Eine Anerkennung vom Bund für alle, die in dieser schwierigen Zeit Mehrarbeit leisten müssen, wäre sicher motivierend – sei es in Form eines Bonus oder einer anderen Art der Wertschätzung.
***
Situation aus der Sicht des Pflegepersonals …
Wie ist die momentane Situation für Sie als Pflegeperson?
Ein positiver Aspekt, im Vergleich zu «Vor-Corona-Zeiten», ist der enger gewordene Kontakt zu den Bewohnenden. Negativer ist die Arbeitssituation, die als streng, ausdauernd, herausfordernd, traurig und nicht endend empfunden wird.
Hat sich der Aufwand erhöht durch die Corona-Situa-tion?
Ja, er hat sich durch viele Bestimmungen und die damit verbundenen Änderungen deutlich erhöht. Zudem füllt das Pflegepersonal vermehrt die Lücken der fehlenden familiären Kontakte, sei es in Gesprächen oder in der allgemeinen Zuwendung und Betreuung.
Wie steht es um Ihre Kräfte?
Die Kräfte sind da, aber es ist die ganze Situation um Corona, die ermüdend wirkt, man muss sich immer wieder aufs Neue pushen. Auch im Privaten ist man eingeschränkt, worunter die Erholung leidet. Den Meldungen in den Medien zufolge gibt es nur einen einzigen Verlierer: die Wirtschaft. Da wird vieles verkannt. Die wirklichen Probleme sind der Personalmangel im ganzen Pflegebereich, die fehlende Anerkennung in der Politik und in weiten Teilen der Bevölkerung usw. In absehbarer Zeit kollabiert das System, dann werden wir ein echtes Problem haben.
Wie können Sie den Bewohnern helfen, gerade auch in psychischen Belangen?
Zwischenmenschlich mit kleinen Gesten. Gespräche über das Wohlbefinden können unterstützen. Mit dem Angebot von Besucherräumen, in denen die Bewohner ihre Familie trotzdem sehen können. Die Nutzung von Skype kann Erleichterung verschaffen. Die Bedürfnisse der Bewohner sind zuweilen recht unterschiedlich, wir tun unser Bestes, sie «situa-tiv abzuholen» und ihnen für sie passende Möglichkeiten anzubieten.
Haben Sie Zeit und Kraft dafür?
Wir nehmen uns die Zeit für die Bewohner, das ist unsere Berufung.
Was bleibt auf der Strecke?
Freizeit, um sich mit der Familie und Freunden zu treffen, eine gewisse Freiheit.
Was würden Sie sich wünschen, für sich, für die Bewohner?
Für das Pflegepersonal hätten wir gerne mehr Lohn, von den Personen ausserhalb der Pflegeinstitution mehr Anerkennung für unsere Arbeit. Zudem natürlich eine gute Gesundheit, Gelassenheit, Verständnis, Kraft und Freude für alle.
Für die Bewohner wünschen wir uns Heiterkeit, Gesundheit und die Chance einen Lebensabend zu verbringen, wie sie ihn sich verdient haben.
… und der Bewohner
Zwei Bewohner haben sich zum Thema Corona und Impfen geäussert. Eine Über-Achtzigjährige macht die Impfung nicht. Sie sagt, dass sie sich vor allem wegen ihres Glaubens nicht impfen lassen möchte, ausserdem fehle auch ein wenig das Vertrauen bezüglich des Impfstoff-Inhalts. Sie habe auch keine Angst, an Covid-19 zu sterben, es sei wichtiger, die Jungen zu impfen.
Ein Bewohner, der sich impfen lässt, erhofft sich dadurch, wieder ein wenig mehr «Freiheit» zu gewinnen, sei es mit Besucherempfang im Haus oder selber auswärts zu gehen. Als ein wenig mühsam empfindet er die Warterei auf den Impfstoff.
Es scheint, als ob einige Menschen mit zunehmendem Alter die Weisheit erlangen, Dinge anzunehmen, die nicht zu ändern sind und die Einstellung entwickeln, auch aus einer miesen Situation das Beste zu machen.
Trotzdem ist allen zu wünschen, dass sich diese Krise bald abschwächt und wieder so etwas wie Normalität einkehrt. Vielleicht ist das Impfen ein wesentlicher Beitrag dazu.