Das Leben einer Bäuerin ist nicht einfach. Harte Arbeit und anspruchsvolle Mehrgenerationenhaushalte fordern einer Bauernfrau viel ab. Anita Marty möchte es nicht anders haben. Mit 55 Jahren sagt sie: «So, wie es ist, gefällt es mir.»
Text & Bilder: Ingrid Eva Liedtke
Das Jahr ist noch jung und kalt. Seit Ende Dezember ist immer wieder Schnee gefallen. Der Winter hat die Drumlins und ihre Linden, die Wiesen und Felder, die Wälder und Gärten in sein weisses, weiches Gewand gehüllt. Die Höfe liegen still da, manchmal bellt ein Hund oder muhen die Kühe.
Auf dem Hof von Anita und Franz Marty, in der Täglischüür, sind die Tiere in der Offenstallhaltung oft auch im Winter draussen.
Es ist eine sehr ländliche Gegend hier, oberhalb der Stadt Wädenswil. Es gibt noch einige Bauernbetriebe. Meistens muss die ganze Familie mit anpacken, Frauen und Kinder, und man lebt in einem Mehrgenerationen-Haushalt, hat den Hof von den Eltern oder Schwiegereltern übernommen. Alte Traditionen spielen eine Rolle, was im guten Sinne meint, die guten alten Werte zu bewahren. Aber es bedeutet oft leider auch, dass bleiben soll, was schon immer so war und man sich dem Neuen verschliesst.
Darum haben es die Bäuerinnen nicht immer leicht, und es wundert nicht, findet so mancher Bauer nicht so schnell eine Frau, die mit ihm einen Hof führen will, was viel körperliche Arbeit und immer noch wenig Anerkennung und kein Verdienst bedeutet. Bäuerinnen sind ja auch Familienfrauen, sind für die Erziehung der Kinder und den Haushalt zuständig, neben dem Gemüsegarten und den Hühnern. Sie helfen bei der Tierpflege mit, misten aus, melken, helfen beim Heuen, um nur einige Tätigkeiten aufzuzählen. Sie hegen und pflegen alles, was lebt und wächst.
Wir wollen hier keinesfalls ausschliessen, dass es moderne, junge Bauernbetriebe gibt mit einer guten und gleichberechtigten Arbeitsteilung und aufgeschlossener Lebensweise. Vor allem aber wollen wir den Bauernfrauen unsere Beachtung und Achtung schenken für ihre oft verkannte Arbeit.
Darum erzählen wir hier die Geschichte von Anita Marty, Bäuerin in der Täglischüür, die fünffache Mutter ist und ausgebildete Pflegeassistentin, die Katzen züchtet und auch noch Zeit findet, um Bilder zu malen (siehe Text zum Kunstschaufenster im Dorfhuus Schönenberg).
Blutjung war sie, als sie nach Schönenberg kam, da bei einer Familie lebte, weil es bei ihr zuhause in Zürich mit den Eltern nicht gut ging. Schon mit 17 lernte sie ihren Franz kennen. «Wir sind jetzt schon 35 Jahre verheiratet!» sagt sie, und in ihrer Stimme klingt Stolz, aber auch Zufriedenheit mit.
Anita Marty ist im Juni 1965 geboren, aufgewachsen in Zürich, in Trimmis, im Graubünden und hat schliesslich in ihren Jugendjahren angefangen ein Leben in Schönenberg zu finden und sich hier auch zu behaupten. «Ich war blutjung und die Verhältnisse schwierig. Doch ich wollte unbedingt eine Lehre machen.» Im Waidspital machte sie die Ausbildung zur Spitalgehilfin, heute Pflegeassistentin.
«Dann, mit ungefähr 17 Jahren, hat sich mein Mann in mich verliebt. Ich habe es zuerst gar nicht bemerkt», schmunzelt sie. «Er war ein Jahr älter als ich. Es ging ziemlich lange, bis ich von seiner Familie akzeptiert wurde.»
Es scheint, als ob die Verhältnisse damals – obwohl schon in den 80er Jahren – in vielen Bauersfamilien noch sehr eng waren, und Anita Marty bestätigt die Vermutung: «Dann war ich noch reformiert, und hier oben sind viele katholisch, das hat nicht gepasst.» Es wurde viel geredet und ausgegrenzt. Die Frauen hatten sich nach ihren Männern und deren Familie zu richten. «Ich habe mich oft danach gerichtet. Meine Schwiegermutter war sehr abweisend. Wir wohnten 5 Jahre lang zusammen. Ich wollte unbedingt eine eigene Wohnung. Sie konnte zum Beispiel nicht akzeptieren, wenn mein Mann eines unserer Kinder badete. Das sei Frauensache. Dabei tat er das sehr gerne.» Anita Marty ist bewusst, dass es die Mutter ihres Mannes wohl auch nicht einfach hatte. Auch sie hatte sich den Regeln unterwerfen müssen. Viele Ehen seien früher noch arrangiert worden. Eine junge Frau habe keine Zeit gehabt, sich zu verlieben, den Mann richtig kennenzulernen und gar zu schauen, ob es passt.
«Sie hatte auch ein schweres Leben», erinnert sich Anita Marty. «Sie war nie alleine, hatte keine Zeit für sich. Kaum waren die Kinder draussen, kam ich. Und ich wollte es anders machen, hatte den Drang mein eigenes Leben aufzubauen. Ich fand dieses System, sich immer nach den Alten richten zu müssen, blöd. Ich bin aufgestanden und habe mich gewehrt. Das hat nicht gepasst. 1990 bekamen wir dann endlich unsere eigene Wohnung, weil wir den Hof übernommen haben. Irgendwann hat man sich dann auch aneinander gewöhnt», meint sie versöhnlich.
Und die Leute im Dorf?
«Ich war nie so viel im Dorf unterwegs. Mit den Nachbarn habe ich mich angefreundet, mit ein paar Leuten. Manchmal in der Mütterberatung habe ich andere Frauen getroffen. Ich bin nicht so gesellig und hatte wenig Zeit! Ich hatte ziemlich viel zu tun.»
Und das Schicksal hat keine leichten Optionen parat. «1986, zwei Wochen vor der Geburt unseres ersten Kindes, hatte Franz einen Motorradunfall. Er hat sich den Rücken gebrochen. Es ging ihm sehr schlecht und ich musste ihn motivieren, damit er wieder auf die Beine kam und wieder Bauer sein konnte.»
Im Oktober 1986 haben die beiden geheiratet – Anita war gerade mal 21 – dann kamen fünf Kinder: das erste im selben Jahr, dann eines 1989, und weitere 1990, 1992 und 1994.
«1992 ging ich eine Zeit lang putzen, damit ich mir die Autoprüfung leisten konnte. In der ersten Zeit hatten wir wenig Mittel.»
Und da ist immer viel Arbeit auf dem Hof. Die Tiere, warten nicht. Anita Marty liebt Tiere. «Die Kühe gemolken habe ich aber erst, als der Schwiegervater nicht mehr da war.
Als wir den Stall umgebaut haben, habe ich intensiv mitgeholfen. Wir konnten vom Altersheim Land übernehmen und haben dann einen offenen Laufstall gebaut.» Martys betreiben Milchwirtschaft.
«Zuerst hatten wir nur 12 Kühe. Ein naher Nachbar riet uns immer wieder dazu, uns mehr Kühe anzuschaffen. Ich hatte keine Ahnung, worauf man beim Kauf achten muss und habe dann aber in der Tierwelt ein Inserat gesehen und zwei Kühe gekauft. Erst als sie geliefert wurden, habe ich es meinem Mann gesagt. Ich hatte Glück und es waren wirklich gute Tiere. Mit der Zeit hatten wir dann 24 Kühe», erzählt Anita Marty voller Stolz.
Die Liebe zu und die Freude an den Tieren ist geblieben, sagt sie. Sie sei sogar mit den Kühen spazieren gegangen.
«Und jeden Morgen bin ich um 5 Uhr aufgestanden, damit ich mit dem Stall fertig bin, wenn die Kinder aufstehen. Dann habe ich sie in die Schule geschickt und ging dann ins Dorf, um den Znüni für die Arbeiter zu kaufen, die am neuen Offenlaufstall bauten. Damals gab es ja noch keine Natels. Immer, wenn eine Frage auftauchte, musste ich meinen Mann aus dem anderen Stall herholen oder ihn fragen gehen.»
Als der Stall gebaut und die Arbeiten abgeschlossen waren, ist Anita Marty in ein Loch gefallen. «Ich hatte das Gefühl, man braucht mich nicht mehr.» Sie realisierte, dass der Offenlaufstall gut von einer Person betreut werden konnte. «Wir können fünf Kühe miteinander melken.»
«Da habe ich mich im Spital Horgen beworben, für eine Stelle als Pflegeassistentin. Ich habe schliesslich auf der Geburtenabteilung mit einem Pensum von 50% gearbeitet. Die Arbeitsteilung mit meinem Mann betreffend Kinderbetreuung klappte gut. Er schaute für die Kinder, wenn ich im Spital arbeitete, und ich machte auch Nachtdienst. Dann gab es eine Umstrukturierung und ich wurde entlassen.»
Das sei schlimm gewesen, auch finanziell.
«Doch jetzt geht es gut. Ich mache Kinderpflege auf Abruf. Das heisst, dass ich einspringe, wenn ein Kind krank ist und die Eltern arbeiten müssen. Auch temporäre Nanny war ich schon, zum Beispiel bei einer Frau, die ihr Knie operiert hat. Sie konnte nicht kochen und die Kinder nicht betreuen. Also habe ich, neben der Kinderbetreuung, auch gekocht und im Haushalt geholfen. Ich arbeite gerne mit Kindern, lieber mit gesunden Kindern, weil man mit ihnen etwas unternehmen kann.»
Anita Marty hat schon Enkelkinder. «Ich hüte sie regelmässig, wenn meine Tochter arbeitet. Wir zwei Grossmütter teilen uns die Hütezeit. Diese Zeit mit meinen Enkeln geniesse ich sehr. Ich kann anders sein als mit meinen eigenen Kindern, bin konsequent, aber hab mehr Zeit und mehr Ruhe, keinen Stress. Und ich lerne immer noch viel von ihnen. Es ist schön. Sie haben mich gern, und ich geniesse es mit ihnen zu sein.»
Anita Marty mag ihr Leben trotz oder vielleicht auch wegen der grossen Herausforderungen, die sie meistern musste.
«Es gab harte Zeiten, als wir noch alles von Hand tun mussten. Ich ging auch immer wieder mal auswärts arbeiten – auch aus finanziellen Gründen. Zum Beispiel, um einen Kranen zu finanzieren. Vier Jahre lang arbeitete ich, bis wir diesen Kran hatten.»
Doch sie möchte es nicht anders haben und nirgendwo anders leben. Sie liebt die Tiere und die Landschaft. «Ich züchte seit Jahren Katzen; Siam, heilige Birma und Ragdoll (ihr Instagrammaccount: Heilige Birma & Siam Katzen).
«Das ist eine grosse Leidenschaft von mir. Ich liebe Katzen. Ich hege und pflege sie.»
Mit Freude spricht sie auch über ihr zweites Hobby, das Malen. Ihre Bilder in Acrylic-Pouring-Technik sind noch bis zum 6. April im Kunstschaufenster des Dorfhuus Schönenberg ausgestellt (siehe Beitrag).
«So wie es ist, gefällt es mir», sagt sie zum Schluss, und es klingt versöhnt, erfüllt und mit Recht auch stolz. n
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Das Leben einer Bäuerin ist nicht einfach. Harte Arbeit und anspruchsvolle Mehrgenerationenhaushalte fordern einer Bauernfrau viel ab. Anita Marty möchte es nicht anders haben. Mit 55 Jahren sagt sie: «So, wie es ist, gefällt es mir.»
Text & Bilder: Ingrid Eva Liedtke
Das Jahr ist noch jung und kalt. Seit Ende Dezember ist immer wieder Schnee gefallen. Der Winter hat die Drumlins und ihre Linden, die Wiesen und Felder, die Wälder und Gärten in sein weisses, weiches Gewand gehüllt. Die Höfe liegen still da, manchmal bellt ein Hund oder muhen die Kühe.
Auf dem Hof von Anita und Franz Marty, in der Täglischüür, sind die Tiere in der Offenstallhaltung oft auch im Winter draussen.
Es ist eine sehr ländliche Gegend hier, oberhalb der Stadt Wädenswil. Es gibt noch einige Bauernbetriebe. Meistens muss die ganze Familie mit anpacken, Frauen und Kinder, und man lebt in einem Mehrgenerationen-Haushalt, hat den Hof von den Eltern oder Schwiegereltern übernommen. Alte Traditionen spielen eine Rolle, was im guten Sinne meint, die guten alten Werte zu bewahren. Aber es bedeutet oft leider auch, dass bleiben soll, was schon immer so war und man sich dem Neuen verschliesst.
Darum haben es die Bäuerinnen nicht immer leicht, und es wundert nicht, findet so mancher Bauer nicht so schnell eine Frau, die mit ihm einen Hof führen will, was viel körperliche Arbeit und immer noch wenig Anerkennung und kein Verdienst bedeutet. Bäuerinnen sind ja auch Familienfrauen, sind für die Erziehung der Kinder und den Haushalt zuständig, neben dem Gemüsegarten und den Hühnern. Sie helfen bei der Tierpflege mit, misten aus, melken, helfen beim Heuen, um nur einige Tätigkeiten aufzuzählen. Sie hegen und pflegen alles, was lebt und wächst.
Wir wollen hier keinesfalls ausschliessen, dass es moderne, junge Bauernbetriebe gibt mit einer guten und gleichberechtigten Arbeitsteilung und aufgeschlossener Lebensweise. Vor allem aber wollen wir den Bauernfrauen unsere Beachtung und Achtung schenken für ihre oft verkannte Arbeit.
Darum erzählen wir hier die Geschichte von Anita Marty, Bäuerin in der Täglischüür, die fünffache Mutter ist und ausgebildete Pflegeassistentin, die Katzen züchtet und auch noch Zeit findet, um Bilder zu malen (siehe Text zum Kunstschaufenster im Dorfhuus Schönenberg).
Blutjung war sie, als sie nach Schönenberg kam, da bei einer Familie lebte, weil es bei ihr zuhause in Zürich mit den Eltern nicht gut ging. Schon mit 17 lernte sie ihren Franz kennen. «Wir sind jetzt schon 35 Jahre verheiratet!» sagt sie, und in ihrer Stimme klingt Stolz, aber auch Zufriedenheit mit.
Anita Marty ist im Juni 1965 geboren, aufgewachsen in Zürich, in Trimmis, im Graubünden und hat schliesslich in ihren Jugendjahren angefangen ein Leben in Schönenberg zu finden und sich hier auch zu behaupten. «Ich war blutjung und die Verhältnisse schwierig. Doch ich wollte unbedingt eine Lehre machen.» Im Waidspital machte sie die Ausbildung zur Spitalgehilfin, heute Pflegeassistentin.
«Dann, mit ungefähr 17 Jahren, hat sich mein Mann in mich verliebt. Ich habe es zuerst gar nicht bemerkt», schmunzelt sie. «Er war ein Jahr älter als ich. Es ging ziemlich lange, bis ich von seiner Familie akzeptiert wurde.»
Es scheint, als ob die Verhältnisse damals – obwohl schon in den 80er Jahren – in vielen Bauersfamilien noch sehr eng waren, und Anita Marty bestätigt die Vermutung: «Dann war ich noch reformiert, und hier oben sind viele katholisch, das hat nicht gepasst.» Es wurde viel geredet und ausgegrenzt. Die Frauen hatten sich nach ihren Männern und deren Familie zu richten. «Ich habe mich oft danach gerichtet. Meine Schwiegermutter war sehr abweisend. Wir wohnten 5 Jahre lang zusammen. Ich wollte unbedingt eine eigene Wohnung. Sie konnte zum Beispiel nicht akzeptieren, wenn mein Mann eines unserer Kinder badete. Das sei Frauensache. Dabei tat er das sehr gerne.» Anita Marty ist bewusst, dass es die Mutter ihres Mannes wohl auch nicht einfach hatte. Auch sie hatte sich den Regeln unterwerfen müssen. Viele Ehen seien früher noch arrangiert worden. Eine junge Frau habe keine Zeit gehabt, sich zu verlieben, den Mann richtig kennenzulernen und gar zu schauen, ob es passt.
«Sie hatte auch ein schweres Leben», erinnert sich Anita Marty. «Sie war nie alleine, hatte keine Zeit für sich. Kaum waren die Kinder draussen, kam ich. Und ich wollte es anders machen, hatte den Drang mein eigenes Leben aufzubauen. Ich fand dieses System, sich immer nach den Alten richten zu müssen, blöd. Ich bin aufgestanden und habe mich gewehrt. Das hat nicht gepasst. 1990 bekamen wir dann endlich unsere eigene Wohnung, weil wir den Hof übernommen haben. Irgendwann hat man sich dann auch aneinander gewöhnt», meint sie versöhnlich.
Und die Leute im Dorf?
«Ich war nie so viel im Dorf unterwegs. Mit den Nachbarn habe ich mich angefreundet, mit ein paar Leuten. Manchmal in der Mütterberatung habe ich andere Frauen getroffen. Ich bin nicht so gesellig und hatte wenig Zeit! Ich hatte ziemlich viel zu tun.»
Und das Schicksal hat keine leichten Optionen parat. «1986, zwei Wochen vor der Geburt unseres ersten Kindes, hatte Franz einen Motorradunfall. Er hat sich den Rücken gebrochen. Es ging ihm sehr schlecht und ich musste ihn motivieren, damit er wieder auf die Beine kam und wieder Bauer sein konnte.»
Im Oktober 1986 haben die beiden geheiratet – Anita war gerade mal 21 – dann kamen fünf Kinder: das erste im selben Jahr, dann eines 1989, und weitere 1990, 1992 und 1994.
«1992 ging ich eine Zeit lang putzen, damit ich mir die Autoprüfung leisten konnte. In der ersten Zeit hatten wir wenig Mittel.»
Und da ist immer viel Arbeit auf dem Hof. Die Tiere, warten nicht. Anita Marty liebt Tiere. «Die Kühe gemolken habe ich aber erst, als der Schwiegervater nicht mehr da war.
Als wir den Stall umgebaut haben, habe ich intensiv mitgeholfen. Wir konnten vom Altersheim Land übernehmen und haben dann einen offenen Laufstall gebaut.» Martys betreiben Milchwirtschaft.
«Zuerst hatten wir nur 12 Kühe. Ein naher Nachbar riet uns immer wieder dazu, uns mehr Kühe anzuschaffen. Ich hatte keine Ahnung, worauf man beim Kauf achten muss und habe dann aber in der Tierwelt ein Inserat gesehen und zwei Kühe gekauft. Erst als sie geliefert wurden, habe ich es meinem Mann gesagt. Ich hatte Glück und es waren wirklich gute Tiere. Mit der Zeit hatten wir dann 24 Kühe», erzählt Anita Marty voller Stolz.
Die Liebe zu und die Freude an den Tieren ist geblieben, sagt sie. Sie sei sogar mit den Kühen spazieren gegangen.
«Und jeden Morgen bin ich um 5 Uhr aufgestanden, damit ich mit dem Stall fertig bin, wenn die Kinder aufstehen. Dann habe ich sie in die Schule geschickt und ging dann ins Dorf, um den Znüni für die Arbeiter zu kaufen, die am neuen Offenlaufstall bauten. Damals gab es ja noch keine Natels. Immer, wenn eine Frage auftauchte, musste ich meinen Mann aus dem anderen Stall herholen oder ihn fragen gehen.»
Als der Stall gebaut und die Arbeiten abgeschlossen waren, ist Anita Marty in ein Loch gefallen. «Ich hatte das Gefühl, man braucht mich nicht mehr.» Sie realisierte, dass der Offenlaufstall gut von einer Person betreut werden konnte. «Wir können fünf Kühe miteinander melken.»
«Da habe ich mich im Spital Horgen beworben, für eine Stelle als Pflegeassistentin. Ich habe schliesslich auf der Geburtenabteilung mit einem Pensum von 50% gearbeitet. Die Arbeitsteilung mit meinem Mann betreffend Kinderbetreuung klappte gut. Er schaute für die Kinder, wenn ich im Spital arbeitete, und ich machte auch Nachtdienst. Dann gab es eine Umstrukturierung und ich wurde entlassen.»
Das sei schlimm gewesen, auch finanziell.
«Doch jetzt geht es gut. Ich mache Kinderpflege auf Abruf. Das heisst, dass ich einspringe, wenn ein Kind krank ist und die Eltern arbeiten müssen. Auch temporäre Nanny war ich schon, zum Beispiel bei einer Frau, die ihr Knie operiert hat. Sie konnte nicht kochen und die Kinder nicht betreuen. Also habe ich, neben der Kinderbetreuung, auch gekocht und im Haushalt geholfen. Ich arbeite gerne mit Kindern, lieber mit gesunden Kindern, weil man mit ihnen etwas unternehmen kann.»
Anita Marty hat schon Enkelkinder. «Ich hüte sie regelmässig, wenn meine Tochter arbeitet. Wir zwei Grossmütter teilen uns die Hütezeit. Diese Zeit mit meinen Enkeln geniesse ich sehr. Ich kann anders sein als mit meinen eigenen Kindern, bin konsequent, aber hab mehr Zeit und mehr Ruhe, keinen Stress. Und ich lerne immer noch viel von ihnen. Es ist schön. Sie haben mich gern, und ich geniesse es mit ihnen zu sein.»
Anita Marty mag ihr Leben trotz oder vielleicht auch wegen der grossen Herausforderungen, die sie meistern musste.
«Es gab harte Zeiten, als wir noch alles von Hand tun mussten. Ich ging auch immer wieder mal auswärts arbeiten – auch aus finanziellen Gründen. Zum Beispiel, um einen Kranen zu finanzieren. Vier Jahre lang arbeitete ich, bis wir diesen Kran hatten.»
Doch sie möchte es nicht anders haben und nirgendwo anders leben. Sie liebt die Tiere und die Landschaft. «Ich züchte seit Jahren Katzen; Siam, heilige Birma und Ragdoll (ihr Instagrammaccount: Heilige Birma & Siam Katzen).
«Das ist eine grosse Leidenschaft von mir. Ich liebe Katzen. Ich hege und pflege sie.»
Mit Freude spricht sie auch über ihr zweites Hobby, das Malen. Ihre Bilder in Acrylic-Pouring-Technik sind noch bis zum 6. April im Kunstschaufenster des Dorfhuus Schönenberg ausgestellt (siehe Beitrag).
«So wie es ist, gefällt es mir», sagt sie zum Schluss, und es klingt versöhnt, erfüllt und mit Recht auch stolz. n