Oliver Eder führt mit seiner Schwester Debi Eder in zweiter Generation das Restaurant Eder’s Eichmühle. Der Lockdown hat ihn überrascht, erzählt er im Interview. Aber ganz so schnell liess sich der junge Punkte-Koch dann doch nicht aus dem Konzept bringen und schritt zu Plan B.
Wädenswil, Im Garten Eder’s Eichmühle, 23. April 2020, Interview mit Oliver Eder
Das Video zeigt einen Auszug aus dem Live-Gespräch. Untenstehend ist das ganze Interview im Original nachzulesen.
Herr Eder, Sie sind seit zwei Jahren erfolgreicher Unternehmer. Und plötzlich kommt die Corona-Pandemie in ihre Erfolgsgeschichte. Wie haben Sie das erlebt? Das war speziell: Meine Frau hatte am 15. März Geburtstag und alle redeten bereits davon, es könnte einen Lockdown geben. Wir haben das verdrängt. Niemand wollte das wahrhaben. Tatsächlich hiess es dann einen Tag später: «Gastronomie fertig». Dabei durften wir zuvor noch bis zu 50 Personen bedienen, das hatte uns also zunächst nicht tangiert. Dann mussten wir natürlich zwei dreimal leer schlucken, weil man nicht wusste, wie es weitergeht.
Sie haben mit bis zu 50 Gästen weiterarbeiten können. Waren Sie nicht besorgt, dass es zu einer Schliessung kommen könnte? Besorgt ist das falsche Wort. Verdrängung trifft es mehr. Man verdrängt es, will es einfach nicht wahrhaben und funktioniert einfach weiter. Man nimmt ganz normal weiter Reservationen an und wir hätten eh noch zwei Wochen Betriebsferien gehabt im März. Wir dachten, wir machen Ferien und nach den Ferien ist alles wieder gut.
Verdrängung hat nicht funktioniert. Am 16.3. musste auch Ihr Geschäft geschlossen werden. Darauf waren Sie also nicht vorbereitet. Was war Ihre erste Reaktion? Wir hatten die Kühltruhen voll, da wir ja noch Frischware eingekauft hatten. Dann habe ich mich gefragt, was mach ich mit all den Lebensmitteln, ich kann sie schlecht wegwerfen. An verschenken dachte ich nicht. Also kam die Idee, einen Take Away zu organisieren. Ich nahm also Stift und Zettel und machte einen Plan.
Sie haben dann exklusive Menüs à la Eder entwickelt und die Kunden haben Ihnen sozusagen «die Bude gestürmt»? Man kann sicher das Take Away nicht mit dem vergleichen, was wir sonst machen. All die Garnituren und das feine Anrichten mit Kräutern und vieles mehr ist natürlich nicht mehr möglich. Ich würde jetzt sagen, wir kochen sehr gut bürgerlich. Das Auge isst im Moment nicht unbedingt mit. Da ist man anderes bei uns gewohnt.
Das müsste Ihnen doch wehtun. Also ich freue mich sehr sehr darauf, wieder unser ganzes schönes Porzellan brauchen zu können. Und kein Plastik mehr.
Was Sie jetzt für Ihren Take away nutzen müssen. Wir hatten am Anfang Plastik, jetzt nutzen wir biologisch abbaubaren Karton. Wir versuchen, auch hier bereits zu optimieren. Anfangs haben wir den Gästen vorgeschlagen, ihre eigene «Tupperware» mitzubringen. Das hat dann aber relativ schnell Ausmasse angenommen, weil es zu Wartezeiten kam, bis die Leute ihre Tupperware brachten. Die Warteschlange wurde zu lang und wir müssen die Abstandregeln einhalten.
Wie kam das neue Angebot an, Menüs abzuholen? Das ging relativ schnell los. Die ersten zwei Wochen haben wir zwischen 15 und 25 Menüs gekocht. Wir hatten grosse Freude, weil wir nicht sicher waren, ob die Leute kommen. Und es kamen viele. Zu Beginn habe ich dies allein mit meinem Vater gemacht. Zu zweit über zwei Wochen. Dann gab es einen Sprung von 25 bis 30 auf 40 bis 50 und jetzt sind wir zwischen 50 und 60 Essen pro Abend. Das hatte zur Folge, dass ich meine zwei Köche wieder aus der Kurzarbeit geholt habe. Ich habe sie gefragt, ob sie es lässig zu Hause fänden oder nicht gern wieder arbeiten kommen würden. Beide waren hell begeistert von der Idee und der Chance, zurückzukommen.
Das heisst, man kann mit der Situation umgehen, sie überbrücken. Wie schwierig aber ist dies aus unternehmerischer Perspektive? Ich sage es mal so: Ich kann meine laufenden Kosten selbst stemmen. Ich kann die Rechnungen selbst zahlen, die Löhne und den Pachtzins. Es bleibt sicher etwas hängen, aber wieviel, weiss ich noch nicht genau. Wir haben einen fairen Preis, wieviel Gewinn da übrig bleibt; wer weiss. Wir kommen über die Runden.
Wie haben die Kunden generell auf die Situation reagiert? Ich habe bis jetzt nur positives Feedback erhalten. Meistens bin ich am Abend zwischen sieben und halb acht zu Hause und esse mit meiner Frau und unserer Tochter zu Abend. Meistens klingelt dann ab neun das Telefon, oder es kommen SMS und Whatsapp mit Komplimenten zum Essen. Das tut natürlich gut.
Was macht Ihnen am meisten zu schaffen in dieser Situation? Was belastet Sie? Es ist sicher das Ungewisse. Wir wissen in der Gastronomie nicht genau, wann es wieder los geht. Ich würde halt schon gern wieder anfangen. Allein auch, um unseren Garten nutzen zu können. Bei uns kommt jetzt – abgesehen von Weihnachten – die beste Zeit im Jahr.
Selbst bei einer Öffnung müssten Sie ein Schutzkonzept einhalten. Wie kann das funktionieren? Wir werden sicher von GastroSuisse ein Konzept erhalten. Aber da wir drei Räumlichkeiten haben, können wir gut eins zwei Tische leer lassen und den Abstand von zwei Metern einhalten. Falls die Mitarbeitenden Mundschutz nutzen müssen, machen wir das selbstverständlich.
Gerade in der Gastronomie ist der Zwei-Meter-Abstand nur schwer einzuhalten. Sie können die Teller schlecht werfen. Das ist so. Es war schon die Rede von Beistelltischen, von denen sich die Gäste dann das Essen nehmen müssten. Ob das die Lösung ist am Schluss, weiss ich nicht. Wir werden es in den nächsten Wochen erfahren.
Das zerrt sicher an einem, möglicherweise dauert die Situation noch viel länger als derzeit vermutet. Ich habe nicht so viel Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen. Ich bin den ganzen Tag eingespannt, daher mache ich mir mehr Gedanken darüber, gute Menüs zu kreieren. Es kommt schon wieder.
Sind demnach die Massnahmen des Bundes gerechtfertigt? Für mich sind die Massnahmen notwendig gewesen. Es haben sich sicher auch viele nicht an die ersten Regeln gehalten, deshalb brauchte es jetzt vielleicht härtere Massnahmen. Es gibt viele, die trifft es noch viel schlimmer als uns, aber im Grossen und Ganzen muss ich sagen: wo wir jetzt im Hinblick auf Neuinfektionen stehen, haben wir das Ganze doch recht schnell in den Griff bekommen.
Was nehmen Sie als Positives aus dieser Situation mit? Ich glaube, dass das Take Away in Zukunft vielleicht weitergeht. Wir haben bereits Anfragen, dies weiterzuführen, gerade wenn wir ausgebucht wären. Wenn es dann «Daily Business» ist, muss man auch nichts neues kreieren, sondern kann anbieten, was es gerade gibt.
Und für Ihren Berufsstand als Koch? Es ist mir natürlich schon lieber, wenn die Gäste im Haus sind und man auch mal ein Glas Wein miteinander nehmen kann. Die Leute schätzen das auch.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview und Video: Jana Riedmüller Videoschnitt und -bearbeitung: Arabelle Frey
Oliver Eder führt mit seiner Schwester Debi Eder in zweiter Generation das Restaurant Eder’s Eichmühle. Der Lockdown hat ihn überrascht, erzählt er im Interview. Aber ganz so schnell liess sich der junge Punkte-Koch dann doch nicht aus dem Konzept bringen und schritt zu Plan B.
Wädenswil, Im Garten Eder’s Eichmühle, 23. April 2020, Interview mit Oliver Eder
Das Video zeigt einen Auszug aus dem Live-Gespräch. Untenstehend ist das ganze Interview im Original nachzulesen.
Herr Eder, Sie sind seit zwei Jahren erfolgreicher Unternehmer. Und plötzlich kommt die Corona-Pandemie in ihre Erfolgsgeschichte. Wie haben Sie das erlebt?
Das war speziell: Meine Frau hatte am 15. März Geburtstag und alle redeten bereits davon, es könnte einen Lockdown geben. Wir haben das verdrängt. Niemand wollte das wahrhaben. Tatsächlich hiess es dann einen Tag später: «Gastronomie fertig». Dabei durften wir zuvor noch bis zu 50 Personen bedienen, das hatte uns also zunächst nicht tangiert. Dann mussten wir natürlich zwei dreimal leer schlucken, weil man nicht wusste, wie es weitergeht.
Sie haben mit bis zu 50 Gästen weiterarbeiten können. Waren Sie nicht besorgt, dass es zu einer Schliessung kommen könnte?
Besorgt ist das falsche Wort. Verdrängung trifft es mehr. Man verdrängt es, will es einfach nicht wahrhaben und funktioniert einfach weiter. Man nimmt ganz normal weiter Reservationen an und wir hätten eh noch zwei Wochen Betriebsferien gehabt im März. Wir dachten, wir machen Ferien und nach den Ferien ist alles wieder gut.
Verdrängung hat nicht funktioniert. Am 16.3. musste auch Ihr Geschäft geschlossen werden. Darauf waren Sie also nicht vorbereitet. Was war Ihre erste Reaktion?
Wir hatten die Kühltruhen voll, da wir ja noch Frischware eingekauft hatten. Dann habe ich mich gefragt, was mach ich mit all den Lebensmitteln, ich kann sie schlecht wegwerfen. An verschenken dachte ich nicht. Also kam die Idee, einen Take Away zu organisieren. Ich nahm also Stift und Zettel und machte einen Plan.
Sie haben dann exklusive Menüs à la Eder entwickelt und die Kunden haben Ihnen sozusagen «die Bude gestürmt»?
Man kann sicher das Take Away nicht mit dem vergleichen, was wir sonst machen. All die Garnituren und das feine Anrichten mit Kräutern und vieles mehr ist natürlich nicht mehr möglich. Ich würde jetzt sagen, wir kochen sehr gut bürgerlich. Das Auge isst im Moment nicht unbedingt mit. Da ist man anderes bei uns gewohnt.
Das müsste Ihnen doch wehtun.
Also ich freue mich sehr sehr darauf, wieder unser ganzes schönes Porzellan brauchen zu können. Und kein Plastik mehr.
Was Sie jetzt für Ihren Take away nutzen müssen.
Wir hatten am Anfang Plastik, jetzt nutzen wir biologisch abbaubaren Karton. Wir versuchen, auch hier bereits zu optimieren. Anfangs haben wir den Gästen vorgeschlagen, ihre eigene «Tupperware» mitzubringen. Das hat dann aber relativ schnell Ausmasse angenommen, weil es zu Wartezeiten kam, bis die Leute ihre Tupperware brachten. Die Warteschlange wurde zu lang und wir müssen die Abstandregeln einhalten.
Wie kam das neue Angebot an, Menüs abzuholen?
Das ging relativ schnell los. Die ersten zwei Wochen haben wir zwischen 15 und 25 Menüs gekocht. Wir hatten grosse Freude, weil wir nicht sicher waren, ob die Leute kommen. Und es kamen viele. Zu Beginn habe ich dies allein mit meinem Vater gemacht. Zu zweit über zwei Wochen. Dann gab es einen Sprung von 25 bis 30 auf 40 bis 50 und jetzt sind wir zwischen 50 und 60 Essen pro Abend. Das hatte zur Folge, dass ich meine zwei Köche wieder aus der Kurzarbeit geholt habe. Ich habe sie gefragt, ob sie es lässig zu Hause fänden oder nicht gern wieder arbeiten kommen würden. Beide waren hell begeistert von der Idee und der Chance, zurückzukommen.
Das heisst, man kann mit der Situation umgehen, sie überbrücken. Wie schwierig aber ist dies aus unternehmerischer Perspektive?
Ich sage es mal so: Ich kann meine laufenden Kosten selbst stemmen. Ich kann die Rechnungen selbst zahlen, die Löhne und den Pachtzins. Es bleibt sicher etwas hängen, aber wieviel, weiss ich noch nicht genau. Wir haben einen fairen Preis, wieviel Gewinn da übrig bleibt; wer weiss. Wir kommen über die Runden.
Wie haben die Kunden generell auf die Situation reagiert?
Ich habe bis jetzt nur positives Feedback erhalten. Meistens bin ich am Abend zwischen sieben und halb acht zu Hause und esse mit meiner Frau und unserer Tochter zu Abend. Meistens klingelt dann ab neun das Telefon, oder es kommen SMS und Whatsapp mit Komplimenten zum Essen. Das tut natürlich gut.
Was macht Ihnen am meisten zu schaffen in dieser Situation? Was belastet Sie?
Es ist sicher das Ungewisse. Wir wissen in der Gastronomie nicht genau, wann es wieder los geht. Ich würde halt schon gern wieder anfangen. Allein auch, um unseren Garten nutzen zu können. Bei uns kommt jetzt – abgesehen von Weihnachten – die beste Zeit im Jahr.
Selbst bei einer Öffnung müssten Sie ein Schutzkonzept einhalten. Wie kann das funktionieren?
Wir werden sicher von GastroSuisse ein Konzept erhalten. Aber da wir drei Räumlichkeiten haben, können wir gut eins zwei Tische leer lassen und den Abstand von zwei Metern einhalten. Falls die Mitarbeitenden Mundschutz nutzen müssen, machen wir das selbstverständlich.
Gerade in der Gastronomie ist der Zwei-Meter-Abstand nur schwer einzuhalten. Sie können die Teller schlecht werfen.
Das ist so. Es war schon die Rede von Beistelltischen, von denen sich die Gäste dann das Essen nehmen müssten. Ob das die Lösung ist am Schluss, weiss ich nicht. Wir werden es in den nächsten Wochen erfahren.
Das zerrt sicher an einem, möglicherweise dauert die Situation noch viel länger als derzeit vermutet.
Ich habe nicht so viel Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen. Ich bin den ganzen Tag eingespannt, daher mache ich mir mehr Gedanken darüber, gute Menüs zu kreieren. Es kommt schon wieder.
Sind demnach die Massnahmen des Bundes gerechtfertigt?
Für mich sind die Massnahmen notwendig gewesen. Es haben sich sicher auch viele nicht an die ersten Regeln gehalten, deshalb brauchte es jetzt vielleicht härtere Massnahmen. Es gibt viele, die trifft es noch viel schlimmer als uns, aber im Grossen und Ganzen muss ich sagen: wo wir jetzt im Hinblick auf Neuinfektionen stehen, haben wir das Ganze doch recht schnell in den Griff bekommen.
Was nehmen Sie als Positives aus dieser Situation mit?
Ich glaube, dass das Take Away in Zukunft vielleicht weitergeht. Wir haben bereits Anfragen, dies weiterzuführen, gerade wenn wir ausgebucht wären. Wenn es dann «Daily Business» ist, muss man auch nichts neues kreieren, sondern kann anbieten, was es gerade gibt.
Und für Ihren Berufsstand als Koch?
Es ist mir natürlich schon lieber, wenn die Gäste im Haus sind und man auch mal ein Glas Wein miteinander nehmen kann. Die Leute schätzen das auch.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview und Video: Jana Riedmüller
Videoschnitt und -bearbeitung: Arabelle Frey