Aktuell Feuilleton

Neues aus dem Buchhandel

Ein Buch wie kein anderes, eine Erzählung, die kein Vorbild kennt: Die neue Art Geschichtsschreibung im 21. Jahrhundert. Geschildert werden sowohl eine Ahnensaga, als auch eine spannende Zeitreise durch die tausendjährige Geschichte dies- und jenseits der Landesgrenze. Der Blick in die Vergangenheit, von den Anfängen am Zürichsee und dem Zürcher Oberland, über Jahrhunderte (12.–21. Jh.) der ersten Siedlungen bis zum Heranwachsen der heutigen Schweiz, ist hochinteressant. Unser Land, einst Armenhaus, entwickelt sich zum wohlhabenden Kleinstaat. Unsere Freiheitsrechte entfalten sich kontinuierlich und beharrlich, immer im Kontext mit dem europäischen Umfeld. Zum Schluss der Perspektivenwechsel: Wie geht es weiter im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung? Wie kooperieren wir mit unseren europäischen Nachbarn? Welche entscheidende Rolle kommt den Frauen bei der erfolgreichen Bewältigung der Zukunft zu? Vergangenheit neu interpretiert, Gegenwart anders verstanden, Zukunft aktiv gestaltet.

Christoph Zollinger: Tausend Jahre Zürcher Wurzeln
239 Seiten, ISBN 978-3-85717-276-2

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Mit dem Band «Transparentmontagen» durfte der Verlag Nimbus 2008 eine erste Publikation zum Werk des Schweizer Künstlers Bruno Heller (1925–2014) vorlegen. Sie gab erstmals Einblick in die Arbeit eines Mannes, der abseits des Kunstbetriebs eine Bildwelt von frappierender Eigenart geschaffen hatte. Wie umfangreich Hellers Werk ist und wie es sich entwickelt hatte, wurde jedoch erst nach dem Tod des Künstlers deutlich: In seinem Nachlass fanden sich weit über tausend Arbeiten aus allen Schaffensphasen. Dabei fällt auf, wie spät Heller seinen eigenen Weg fand. Ist bei vielen Künstlern das Frühwerk die Phase grösster Kreativität und Eigenart, so verhielt sich dies bei ihm umgekehrt. Viele Jahre arbeitete er sich an Vorbildern ab, orientierte sich zunächst an der Neuen Sachlichkeit und Léger, entdeckte dann Meyer-Amdens versponnene Kunst und liess sich schliesslich von Max Ernst und dem Surrealismus inspirieren.

Der Durchbruch zur eigenen Bildsprache kam erst jenseits der fünfzig, als Heller das kreative Potential einer Maschine entdeckte, die eigentlich für die Herstellung identischer Repliken gedacht war: des Foto­kopierers. Plötzlich setzte eine ungeahnte Produktivität ein. Heller experimentierte mit dem Gerät in jeder erdenklichen Weise, arbeitete mit transluziden Folien, bewegte Objekte während des Kopiervorgangs oder veränderte den Lichteinfall, arbeitete mit Mehrfachkopien, Rasterungen und graphischen Strukturen – und schuf damit eine völlig neue Bildwelt: apokalyptische Landschaften, Architektur-Illusionen, gespenstische Bühnenbild-Visionen, Simultan-Szenerien und Mehrfach-Räume.

Zunächst nur auf schwarzweisses Material beschränkt, kam in den 1990er die Möglichkeiten farbigen Kopierens hinzu. Heller begann Zeitungsphotos, Postkarten und anderes Bildmaterial in seine Werke zu integrieren, arbeitete mit rhythmisch-repetitiven Motivmustern, erzeugte irritierende Kontrastwirkungen aus der Verbindung des scheinbar Unverein­baren. Dabei erlebte er noch, wie die Möglichkeiten digitaler Bildmanipulation all dies zu überholen und gleichgültig zu machen drohten. Doch Heller bewahrte bis zum Schluss eine staunenerregende Bildmächtigkeit: das Dekonstruktive, das zuletzt seine Bilder prägte, endet nie in Beliebigkeit oder blosser Spielerei, sondern bewahrt eine eindringliche Aussagekraft über die Situation der Zeit und der Kunst.

Bruno Heller: Claire-Obscure 208 Seiten, 145 Illustrationen, Fr. 44.00 ISBN 978-3-03850-063-6

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Provokative Fragen zum Christentum
Allmacht – Liebe – Geborgenheit – Ebenbild: ALGE geht Lebensfragen nach, die die Menschheit seit jeher beschäftigen. In diesem Buch nehmen Menschen, die teilweise in der Öffentlichkeit oder aus den Medien bekannt sind, zu solchen Fragen Stellung.

Die Antworten in ihrer Subjektivität sind erfreulich vielseitig und fordern zur eigenen Besinnung auf die immer wiederkehrenden Fragen des Lebens heraus. So hat sich angesichts eines schweren Schicksals wohl jeder von uns schon einmal gefragt, warum Gott es eigentlich zulässt, dass selbst einem unschuldigen Menschen Leid widerfährt. Gerbers Frage dazu lautet: Wie erklärst du einem christlich erzogenen Kind oder seinen Eltern, welche unsagbares Leid erfahren haben (…), dass unser Gott gerecht ist? Oder, im Blick auf die Allmacht Gottes: Wenn Gott allmächtig ist, warum greift er bei (…) Verbrechen nicht ein? Warum liess er den «Engelsturz» zu? Wohlverstanden, wie erklärt man dies einer Christin, die kraft ihres Glaubens und trotz Gebet brutal gesteinigt wird?

Was verstehst du unter dem allmächtigen Gott? Welche Folgerungen leiten wir Christen eigentlich daraus ab, dass wir uns als Ebenbild Gottes verstehen? Bestimmt dies im Alltag unser Handeln, unsere Entscheidungen – und wenn ja, inwiefern? 

Weitere Fragen beziehen sich auf Suizid, Sterbehilfe und Abtreibung, auf Themen also, die in unserer Gesellschaft mitunter zu emotionalen Diskussionen führen, von den Antwortgebern in diesem Buch jedoch wohltuend reflektiert angegangen werden. 

Die Überzeugungskraft der Beiträge speist sich auch daraus, dass die Rückmeldungen je nach der Relevanz, die die Fragen für den Einzelnen haben, unterschiedlich ambitioniert ausfallen und so immer authentisch bleiben. Über Aporien wird nicht hinweggeschwatzt. Thematisiert werden da, wo Bibelpassagen in die Überlegungen einbezogen werden, auch mögliche Übersetzungsfehler.

Als Zielgruppe seines Buches sieht der Autor vor allem Menschen ab der Lebensmitte, die sich in der schnelllebigen materiellen Welt auch Gedanken über den subjektiven Lebenssinn machen. 

Otto Gerber: ALGE. Allmacht, Liebe, Gerechtigkeit, Ebenbild Antworten auf 23 Lebensfragen, Paperback, 220 Seiten, Fr. 18.90 
ISBN 978-3-7357-6295-5

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