Wädenswil

Zivildienstleistende an der Schule Schönenberg

Die Schule Schönenberg hat als eine der ersten Schulen überhaupt die Bewilligung zum Einsatz von Zivildienstleistenden im Schulbetrieb erhalten. Im nunmehr neunten Jahr unterstützen die wertvollen Hilfskräfte, mehrheitlich mit der erwünschten langen Dienstdauer, die Lehrpersonen in der täglichen Betreuung der Schülerinnen und Schüler und leisten einen wichtigen Beitrag zum reibungslosen Ablauf im Schulalltag.

Ihre Hauptaufgaben bestehen in der Begleitung der Schülerinnen und Schüler zum Beispiel zum Schwimmunterricht in der Au, zum Turnen in die Sporthalle oder auch zu Therapieangeboten ausserhalb des Dorfes Schönenberg. In der bereits langjährig und sehr gut etablierten schulergänzenden Betreuungseinrichtung «Drumlins» erweitern die Zivis das Betreuungsteam in den verschiedenen Betreuungsmodulen von 7.00 bis 18.30 Uhr und begleiten die Kinder zum Mittagessen in die Stollenweid. Während des Unterrichts übernehmen sie verschiedene Unterstützungsaufgaben unter der Aufsicht der Lehrpersonen und erledigen kleine administrative Arbeiten für die Verwaltung. Für die Kinder sowie auch für die Lehr- und Betreuungspersonen sind sie geschätzte und wichtige Ansprechpartner, welche bereits nach kurzer Einarbeitungszeit vollständig im Lehrteam eingebunden sind.
Marc Purtschert, 19, aus Buttikon, Kaufmann, und Dominik Winkler, 21, aus Richterswil, Elektroinstallateur, absolvieren ihren Zivildienst an der Schule Schönenberg und erleben ihren Einsatz als sehr sinnvoll, befriedigend und förderlich für alle Beteiligten.

Warum habt Ihr Euch gegen die RS und für den Zivildienst entschieden?
Marc: Ich wollte eigentlich die RS machen und bin auch dafür eingerückt. Ich war eine Woche bei den Truppen, aber es hat mir gar nicht gefallen. Dann habe ich mich verletzt und war deshalb zwei Wochen auf der Krankenstation. Als ich ärztlich entlassen wurde, war für mich klar, dass ich nicht mehr weitermachen wollte. Ich fühlte mich gefangen und der Umgang mit Waffen hat mich in einen Gewissenskonflikt manövriert. Ich musste dann noch ein paar Wochen warten bis der nächste Infotag stattfand um mich über den Zivildienst zu informieren. Danach durchlief ich das übliche Anmeldeprozedere.

Dominik: Ich war mir lange nicht sicher, dachte dann, dass ich die RS wohl absolviere und bin auch an die Aushebung gegangen. Ich wurde als Töfffahrer eingeteilt, was eigentlich meinem Wunsch entsprach. Trotzdem war ich nie ganz überzeugt und habe mich schliesslich im letzten Moment anders entschieden.

Marc: Ich denke, das Militär kann schon sinnvoll sein, z.B. in der Katastrophenbekämpfung, aber für mich persönlich war es wenig befriedigend.

Welche Gründe bewogen Euch dazu einen Zivildienst in der Schule anzustreben?
Dominik: Ich bin sonst in einem handwerklichen Beruf tätig. Darum wollte ich im Zivildienst einen anderen Bereich kennenlernen, der auch körperlich nicht so streng ist. Ich habe mir gedacht, dass mir ein soziales Engagement gefallen könnte. Kindern kann man etwas vermitteln, ich kann meine Erfahrungen weitergeben. Das hat sich so auch bewahrheitet. Es gefällt mir, zu erfahren, dass meine Arbeit geschätzt wird und dass ich etwas Sinnvolles tun kann. Die Lehrer sagen oft Danke, das ist cool! Es macht Spass mit den Kindern zu arbeiten und ein gutes Feedback zu bekommen.

Marc: Ja, das stimmt! Es ist mir ähnlich ergangen. Ich bin handwerklich wenig begabt. Vor allem aber wollte ich, aktiver mit Menschen arbeiten, nicht nur vom Schreibtisch aus. Es gibt ja auch viele Möglichkeiten den Zivildienst in der Pflege zu absolvieren, mit alten Leuten zu arbeiten oder mit Menschen mit Beeinträchtigung. Aber davor hatte ich ein wenig Angst, weil es mir vielleicht emotional zu nahe gegangen wäre. Darum finde ich die Schule ideal. Hier kann ich den Kindern auch Werte vermitteln, ihnen etwas mitgeben. Das ist wichtig – auch für mich!

Welche Aufgaben wurden Euch an der Schule übertragen?
Dominik und Marc zählen auf: Wir ergänzen das Betreuungsteam im Drumlins (Kinderbetreuung über Mittag und an Randzeiten). Zum Teil helfen wir auch in den Hausaufgabenstunden mit, welche von Lehrpersonen betreut werden. Wir unterstützen die Lehrpersonen in der Klasse – auch in der Handarbeit. Die Kinder unterstützen wir bei den Wochenplanarbeiten und wir nehmen uns der Schülerinnen und Schüler an, welche aus einer speziellen Situation heraus eine momentane Unterstützung benötigen. So können wir die Lehrperson kurzfristig entlasten. Beim Sport und Schwimmen sind wir regelmässig dabei.

Dominik: Ich bin oft mit dabei im Schwimmunterricht, begleite die Jungs in die Garderobe und schaue, dass da eine gewisse Ordnung herrscht. Manchmal muss ich schon ein wenig streng sein.

Marc: Ich unterstütze ein Kind das leicht körperbehindert ist, helfe wo es nötig ist. Wir helfen schwächeren Schülerinnen und Schülern, innerhalb der Klasse und werden unter Aufsicht der Lehrperson manchmal auch in der Einzelförderung eingesetzt.

Dominik: Und wir begleiten die Lehrer und Klassen auch auf Ausflügen.
Wir können überall eingesetzt werden, wo es gerade nötig ist.

Gibt es Bereiche, Aufgaben, die Euch besonders zusagen?
Marc: Ich bin am liebsten in der Klasse und wirke unterstützend im Unterricht. Im Drumlins zu helfen ist eine schöne Abwechslung.

Dominik: Mir gefällt es eigentlich überall. Massgebend ist vielleicht die Stimmung der Kinder und die jeweilige Aufgabe.
Es ist manchmal schon eine Herausforderung für die Lehrpersonen eine ganze Klasse zu «jonglieren», denn einzelne Schüler testen gerne Grenzen aus. Das ist pädagogisch ziemlich anspruchsvoll.

Wie habt ihr Euch auf Eure neue Aufgabe vorbereitet?
Dominik: Wir hatten drei Wochen Ausbildung zu den Themen «Kommunikation» und «Kinder und Betreuung». Kurz, wir lernten die gewaltfreie Kommunikation kennen, übten uns in Konfliktbewältigung und lernten einiges über pädagogische Prinzipien.

Marc: Ja, in diesen Kursen habe ich viel gelernt. Wie geht man mit Kindern um? Ich habe bisher ja nur mit Erwachsenen gearbeitet. Es ist grundlegend anders. Zu beobachten, wie Kinder ticken, ist für mich eine sehr tolle Erfahrung.
Ihr konntet bisher also auch für Euch persönlich einiges lernen.
Marc und Dominik: Ja, sicher!

Marc: Vieles ist schon anders, als in meiner Kindheit, obwohl die ja noch nicht so lange zurückliegt. Der Einfluss der Medien, das vorhandene Wissen darüber und der Umgang damit ist spürbar, z.B. wenn schon ein Viertklässler über Trump spricht und es gibt sehr viele Trends, worauf die Kinder heute vermehrt wert legen.
Aber die meisten Kinder haben Anstand und Respekt, das ist sehr positiv. Sie sind alle sehr verschieden. Die Erfahrung, dass das untereinander akzeptiert wird, finde ich schön.

Dominik: Für mich sind die altersgemischten Klassen neu. Da können die Grösseren den Kleineren helfen. So sind alle irgendwie selbständiger und die verschiedenen Jahrgänge nicht so voneinander abgegrenzt. Mehrheitlich unterstützen sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig, anstatt sich zu bekämpfen.

… und die Zusammenarbeit mit den Lehrern?
Beide: Die ist wirklich gut! Wir werden sehr wertgeschätzt und bekommen viel Lob und Dank! Es ist schön und sehr befriedigend, so arbeiten zu können.

Dominik: Wir wissen jetzt, nach einer gewissen Zeit, wo wir helfen können. Wir haben einen festen Einsatzplan und die restliche Zeit springen wir dort ein, wo wir gerade gebraucht werden. Die Zusammenarbeit geschieht auf Augenhöhe und es herrscht meistens gute Stimmung.
Es gibt manchmal schon schwierige Situationen mit Schülern …
… zum Beispiel? Und wie meisterst Du sie und was können die Kinder von Euch lernen?
Dominik: Hmm… manchmal benehmen sich einige schon ausserhalb der tolerierbaren Grenzen, machen Scheiss oder verweigern sich oder es gibt kleine Rangeleien. Dann müssen wir einen gewissen Respekt einfordern und mal konsequent sein. Aber da die Kinder oft auch sehr interessiert sind und uns irgendwie auch als Vorbilder sehen, geht es meistens gut sie auf dieser Ebene zu motivieren. So können wir da ansetzen und ihnen auch Werte vermitteln.

Marc: Oft sprechen wir uns mit den Lehrerpersonen ab. Besser ist aber immer, wenn wir das Kind motivieren können.

Gibt es Highlights?
Marc: Ja, schon. Wenn ich zu gewissen Kindern eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen kann. Dann kann ich sie auch leichter motivieren. Ich mach gerne mal einen Witz, weil das eine Verbindung und Sympathie herstellt. Das zeigt sich dann, wenn sie sich auf dem Heimweg im Bus zu mir setzen. Dann weiss ich, sie vertrauen mir und mögen mich, auch wenn ein gewisser Respekt weiter besteht.

Dominik: Wie schon gesagt, sie sind sehr aufmerksam und beobachten uns. Es fällt ihnen sofort auf, wenn ich beim Friseur war. Dann möchten sie auch so eine «Frise» haben. Oder sie interessieren sich für meinen Beruf. Wir haben diese Vorbildfunktion vielleicht gerade deshalb, weil wir selber noch so jung sind und sie sich mit uns identifizieren können. Das tut mir selber auch gut, ist eine Bestätigung – und eine Verantwortung, die ich sehr ernst nehme.
Marc: Generell ist es einfach sehr schön mit Menschen zusammen zu arbeiten, mit den Kindern und den Lehrpersonen. So können wir etwas tun ür die Zivilgesellschaft.

Dominik: Das finde ich auch und das sollte noch viel mehr gefördert werden.

Der Einsatz von Zivis in den Schulen ist ein gutes Beispiel für eine Win-Win-Situation. Alle Beteiligten können nur profitieren von diesem schönen Zusammenspiel der verschiedenen Generationen.
Die «Zivis» leisten einen wertvollen Beitrag im Unterricht und in der Erziehung der Schülerinnen und Schüler, gerade weil ihre eigene Schulzeit noch nicht allzu lange zurückliegt. Gleichzeitig unterstützen sie die Lehrpersonen und lernen zudem viel Wertvolles in der Arbeit mit den Kindern.

Anmerkung der Redaktorin:
Wer in der Schweiz keinen Militärdienst absolvieren möchte, kann als Ersatz Zivildienst leisten. Zugelassen wird, wer militärdiensttauglich ist. Seit dem 1. Oktober 1996 ist in der Schweiz dazu das Zivildienstgesetz in Kraft. Davor hatte ein Militärdienstverweigerer mit einer Gefängnisstrafe von mehreren Monaten zu rechnen. Seit dem 1. April 2009 ist es auch nicht mehr nötig, einen Gewissenkonflikt zu beweisen. Der Zivildienst dauert das 1,5-fache des noch zu leistenden Militärdienstes, maximal also 390 Tage. Die Einsätze finden in gemeinnützigen Institutionen und Organisationen statt, in solchen des Gesundheits- und Sozialwesens und des Umwelt- und Landschaftsschutzes und bei Bergbauern.
Als Mutter von zwei Söhnen befürworte ich diese Alternative zum Militärdienst sehr.

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