Wie bereits in der letzten Kolumne angekündigt, flogen wir nach São Paulo, um dort die internen Selektionen zu bestreiten. Die Woche in São Paulo begann am Montagmorgen schon perfekt, mein Trainer Bruno und ich erwachten nach einer erholsamen Nacht im Hotel eine Stunde vor Abflug. Zuvor in Porto Alegre schliefen wir auf Doppelstock-Betten, die nicht wirklich bequem waren. Unter leichter Hektik fuhren wir dann zum Flughafen und zu unserem Glück waren wir genau zur Einsteigezeit vor Ort. Das Klima dort war zu meinem Vorteil noch besser als in Porto Alegre. Die Luftfeuchtigkeit war gering und somit die Hitze entsprechend erträglicher. São Paulo liegt ca. 800 m über dem Meer. In Porto Alegre hatte ich mir durch ein Schwimmtraining eine Ohrenentzündung zugezogen und durch den Höhenunterschied merkte ich sie nun. Diese kleine Einschränkung musste ich in Kauf nehmen, konnte jedoch meine Vorbereitung trotzdem weiterführen. Schon lange fühlte ich mich nicht mehr so in Hochform wie dort. Das gab mir Sicherheit und Zuversicht für die bevorstehenden Rennen.
Der grosse Tag brach an, nach der Auslosung erhielt ich die Bahn 1 – war schon etwas verwundert darüber, da dies genau die Bahn war, wo die Bäume am Streckenrad in die Bahn hinein hingen. Nervös war ich ebenfalls . Klar wusste ich, dass ich zur Zeit der Schnellste bin. Jedoch muss jedes Rennen zuerst gefahren werden. Der Druck baute sich schnell ab, bereits nach 150 m hatte ich die Nase vorn. Lediglich ein Junior, der auch im Rennen fuhr, war auf annähernd meiner Höhe. Mein Konkurrent Gabriel Campos hatte Mühe und verlor an Plätzen, während ich in meinem gewohnten Rhythmus das Rennen kontrollierte. Die Endzeit betrug dann 06:53.95! Ich stellte damit einen neuen Streckenrekord auf. Noch nie war jemand so schnell auf der Bahn in Sao Paulo gefahren wie ich. Mein Vorgänger Anderson Nocetti hielt bis dahin den alten Rekord.
Am Samstag wurden die Bahnen nach dem System der FISA verteilt und damit bekommt der Schnellste vom Vortag die Bahn 3, der Zweitschnellste die Bahn 4, usw. Mit guter Zuversicht startete ich in das neue Rennen, nach 350 m gelang es mir das Rennen zu kontrollieren. Bestzeiten gab es zwar keine, aber das machte nichts. Ich gewann. Freitag hatten wir einen leichten Mitwind, Samstag eher einen stärkeren Gegenwind. Die Zielzeit betrug dann 07:09.45. Nun fiel auch die Entscheidung vom Cheftrainer: Ich werde nach Chile fahren, um dort Brasilien bei den Südamerikanischen Meisterschaften zu vertreten.
Auch Dopingkontrollen standen auf dem Programm. Kaum am Steg angelegt, wurde ich auf Schritt und Tritt begleitet. Wir durften nacheinander aufs Klo, um unsere Urinprobe abzugeben. Da die Herren noch nicht so sattelfest waren im Ablauf zogen sich die ganze Tests in die Länge. Gegen 14.00 Uhr durften wir dann wieder Hotel, endlich etwas essen und trinken. Hier ist zu erwähnen, dass das Rennen um 09.15 fertig war. Plötzlich, im Verlauf des Nachmittags, kriegte ich Kopfschmerzen. Vermutlich hatte nun die Ohrenentzündung genug und wollte ausbrechen. Wir suchten verzweifelt am Karneval-Samstag nach einer offenen Apotheke. Glücklicherweise gelang uns dies und am Abend um 22.00 Uhr konnte ich dann ein Schmerzmittel einnehmen. Am nächsten Morgen waren die Schmerzen passé, jedoch der Druck auf dem linken Ohr unerträglich. Vorsichtshalber habe ich dem Cheftrainer mitgeteilt, dass ich vermutlich heute nicht die gewohnte Leistung werde abliefern können, da ich diesen Druck verspürte. Er meinte dann, ich solle trotzdem starten, er sei überzeugt, meine Leistung würde dennoch ausreichen. Dem kam ich nach, musste aber bei 1200 m das Rennen abbrechen. Der Druck wurde bei jeder Pressatmung schlimmer. Ich lag aber auch da 3 Bootslängen voraus. Gleich nach dem Anlegen suchte ich das öffentliche Spital auf. Da stellte man die Diagnose Mittelohrentzündung und gab mir gleich harte Antibiotika. Nachmittags haben wir dann den Flug nach Rio angetreten und weiss Gott weshalb, habe ich mir an einer kleinen Wunde am Bein auch noch eine Infektion zugezogen. Als ich in Rio ankam, konnte ich kaum gehen. Zum zweiten Mal ab in das Spital – dieses Mal «Privat». Man wird eingeschrieben, untersucht, behandelt und zum Schluss direkt in die Buchhaltungsabteilung weitergeleitet, wo die Rechnung gleich zu begleichen ist. Ein wenig anders als wir das aus der Schweiz kennen. Nach ein paar Tagen ging es mir dadurch auch wieder besser und mittlerweile ist meine Wunde gut verheilt und die Ohrenentzündung ist ebenfalls weg.
Zurück zum Wesentlichen. Ich werde nun am 10. März 2016 nach Chile reisen, um mich da für die letzte Hürde vorzubereiten. Vom 22. bis 24. März 2016 finden dann in Curauma, Valparisio, die letzten Selektionen für die Olympischen Spiele 2016 statt. Das Auswahlverfahren ist nach FISA geregelt. Danach darf jede Nationalmannschaft, die gut genug ist, ein weibliches und ein männliches Boot selektionieren. Heisst kurzum, ich werde gegen den leichten Doppelzweier antreten. Definitiv geht das Boot an die Spiele, das entweder vom Rang her oder prozentual gesehen gegenüber der Weltbestzeit vorne liegt.
Ihr Steve Hiestand
Der Wädenswiler Steve Hiestand trainiert zur Zeit auf sein grosses Ziel, die Olympiade 2016 in Rio, hin. Unterstützen auch Sie ihn auf seinem Weg nach Rio, indem Sie Mitglied werden im «Gönnerverein Steve Hiestand». Für CHF 100 pro Jahr (IBAN CH13 0025 0250 1035 3040 K) sind Sie dabei! Weitere Infos unter www.stevehiestand.ch.
Wie bereits in der letzten Kolumne angekündigt, flogen wir nach São Paulo, um dort die internen Selektionen zu bestreiten. Die Woche in São Paulo begann am Montagmorgen schon perfekt, mein Trainer Bruno und ich erwachten nach einer erholsamen Nacht im Hotel eine Stunde vor Abflug. Zuvor in Porto Alegre schliefen wir auf Doppelstock-Betten, die nicht wirklich bequem waren. Unter leichter Hektik fuhren wir dann zum Flughafen und zu unserem Glück waren wir genau zur Einsteigezeit vor Ort. Das Klima dort war zu meinem Vorteil noch besser als in Porto Alegre. Die Luftfeuchtigkeit war gering und somit die Hitze entsprechend erträglicher. São Paulo liegt ca. 800 m über dem Meer. In Porto Alegre hatte ich mir durch ein Schwimmtraining eine Ohrenentzündung zugezogen und durch den Höhenunterschied merkte ich sie nun. Diese kleine Einschränkung musste ich in Kauf nehmen, konnte jedoch meine Vorbereitung trotzdem weiterführen. Schon lange fühlte ich mich nicht mehr so in Hochform wie dort. Das gab mir Sicherheit und Zuversicht für die bevorstehenden Rennen.
Der grosse Tag brach an, nach der Auslosung erhielt ich die Bahn 1 – war schon etwas verwundert darüber, da dies genau die Bahn war, wo die Bäume am Streckenrad in die Bahn hinein hingen. Nervös war ich ebenfalls . Klar wusste ich, dass ich zur Zeit der Schnellste bin. Jedoch muss jedes Rennen zuerst gefahren werden. Der Druck baute sich schnell ab, bereits nach 150 m hatte ich die Nase vorn. Lediglich ein Junior, der auch im Rennen fuhr, war auf annähernd meiner Höhe. Mein Konkurrent Gabriel Campos hatte Mühe und verlor an Plätzen, während ich in meinem gewohnten Rhythmus das Rennen kontrollierte. Die Endzeit betrug dann 06:53.95! Ich stellte damit einen neuen Streckenrekord auf. Noch nie war jemand so schnell auf der Bahn in Sao Paulo gefahren wie ich. Mein Vorgänger Anderson Nocetti hielt bis dahin den alten Rekord.
Am Samstag wurden die Bahnen nach dem System der FISA verteilt und damit bekommt der Schnellste vom Vortag die Bahn 3, der Zweitschnellste die Bahn 4, usw. Mit guter Zuversicht startete ich in das neue Rennen, nach 350 m gelang es mir das Rennen zu kontrollieren. Bestzeiten gab es zwar keine, aber das machte nichts. Ich gewann. Freitag hatten wir einen leichten Mitwind, Samstag eher einen stärkeren Gegenwind. Die Zielzeit betrug dann 07:09.45. Nun fiel auch die Entscheidung vom Cheftrainer: Ich werde nach Chile fahren, um dort Brasilien bei den Südamerikanischen Meisterschaften zu vertreten.
Auch Dopingkontrollen standen auf dem Programm. Kaum am Steg angelegt, wurde ich auf Schritt und Tritt begleitet. Wir durften nacheinander aufs Klo, um unsere Urinprobe abzugeben. Da die Herren noch nicht so sattelfest waren im Ablauf zogen sich die ganze Tests in die Länge. Gegen 14.00 Uhr durften wir dann wieder Hotel, endlich etwas essen und trinken. Hier ist zu erwähnen, dass das Rennen um 09.15 fertig war. Plötzlich, im Verlauf des Nachmittags, kriegte ich Kopfschmerzen. Vermutlich hatte nun die Ohrenentzündung genug und wollte ausbrechen. Wir suchten verzweifelt am Karneval-Samstag nach einer offenen Apotheke. Glücklicherweise gelang uns dies und am Abend um 22.00 Uhr konnte ich dann ein Schmerzmittel einnehmen. Am nächsten Morgen waren die Schmerzen passé, jedoch der Druck auf dem linken Ohr unerträglich. Vorsichtshalber habe ich dem Cheftrainer mitgeteilt, dass ich vermutlich heute nicht die gewohnte Leistung werde abliefern können, da ich diesen Druck verspürte. Er meinte dann, ich solle trotzdem starten, er sei überzeugt, meine Leistung würde dennoch ausreichen. Dem kam ich nach, musste aber bei 1200 m das Rennen abbrechen. Der Druck wurde bei jeder Pressatmung schlimmer. Ich lag aber auch da 3 Bootslängen voraus. Gleich nach dem Anlegen suchte ich das öffentliche Spital auf. Da stellte man die Diagnose Mittelohrentzündung und gab mir gleich harte Antibiotika. Nachmittags haben wir dann den Flug nach Rio angetreten und weiss Gott weshalb, habe ich mir an einer kleinen Wunde am Bein auch noch eine Infektion zugezogen. Als ich in Rio ankam, konnte ich kaum gehen. Zum zweiten Mal ab in das Spital – dieses Mal «Privat». Man wird eingeschrieben, untersucht, behandelt und zum Schluss direkt in die Buchhaltungsabteilung weitergeleitet, wo die Rechnung gleich zu begleichen ist. Ein wenig anders als wir das aus der Schweiz kennen. Nach ein paar Tagen ging es mir dadurch auch wieder besser und mittlerweile ist meine Wunde gut verheilt und die Ohrenentzündung ist ebenfalls weg.
Zurück zum Wesentlichen. Ich werde nun am 10. März 2016 nach Chile reisen, um mich da für die letzte Hürde vorzubereiten. Vom 22. bis 24. März 2016 finden dann in Curauma, Valparisio, die letzten Selektionen für die Olympischen Spiele 2016 statt. Das Auswahlverfahren ist nach FISA geregelt. Danach darf jede Nationalmannschaft, die gut genug ist, ein weibliches und ein männliches Boot selektionieren. Heisst kurzum, ich werde gegen den leichten Doppelzweier antreten. Definitiv geht das Boot an die Spiele, das entweder vom Rang her oder prozentual gesehen gegenüber der Weltbestzeit vorne liegt.
Ihr Steve Hiestand
Der Wädenswiler Steve Hiestand trainiert zur Zeit auf sein grosses Ziel, die Olympiade 2016 in Rio, hin. Unterstützen auch Sie ihn auf seinem Weg nach Rio, indem Sie Mitglied werden im «Gönnerverein Steve Hiestand». Für CHF 100 pro Jahr (IBAN CH13 0025 0250 1035 3040 K) sind Sie dabei! Weitere Infos unter www.stevehiestand.ch.