Feuilleton Kolumne Wädenswil

Für einen Gerbeplatz mit Altwädenswiler Charme

Ein Komitee von Wädenswilerinnen und Wädenswilern kämpft gegen das Vorhaben eines Neubau-Riegels neben der Bahnhof-Unterführung. Es präsentiert Vorschläge für einen Gerbeplatz, der die Anreisenden mit Alt­wädens­wiler Charme empfängt und ein Bindeglied zwischen Dorfkern und See bildet.

Am 14. Juni 2015 wird über die Zukunft des Wädenswiler Gerbeplatzes abgestimmt. Die GLP fordert ein «Ja zu einem offenen Gerbeplatz», während der Stadtrat überzeugt ist, dass hier im alten Dorfkern der angemessene Ort für Verdichtung sei: Durch Umzonung und Verkauf von städtischem Land will er die Voraussetzungen für den Bau eines 5-geschossigen Grossbaus schaffen, der von der Poststrasse bis zur Unterführung reicht.

Zumauerung der Achse Dorfkern-Seebecken

Dass sich der Stadtrat endlich um eine ansprechende Gestaltung des Gerbeplatzes bemüht, ist begrüssenswert: Eine jahrzehntelang einseitig auf den Autoverkehr ausgerichtete Sanierungs- und Abriss-Politik hat statt eines Verweil-Raums eine Ödnis produziert. Ausserdem wurde ein baulicher Zeuge von Alt-Wädenswil so lange vernachlässigt, bis er als Schandfleck empfunden wurde.
Mit dem geplanten Gross-Neubau will der Stadtrat den tausenden von Luxuswohnungen und überteuerten Geschäftsräumen, die während des Bau-Rausches der letzten 15 Jahre entstanden sind, noch ein paar weitere hinzufügen.
Als Kompensation soll ein gassenartiger Platz entstehen – und zwar auf einem Areal, das gemäss Zonenordnung bereits ein Freiraum ist. Auf dieses angebliche Geschenk verzichten wir. Der Neubau wird die Achse zwischen Gerbestrasse und Seebecken, die durch die Bahn ohnehin schon gestört ist, endgültig zumauern und überdies dem neu-alten Platz ein klaustrophobes Aussehen verleihen.

Marktplatz mit Seeblick und ebenerdiger Verbindung zum Bahnhofplatz

Anders als der Stadtrat suggeriert, ist es durchaus möglich, den Gerbeplatz gegen die Seestrasse abzuschirmen, ohne den Blick auf den Seehimmel zu verbarrikadieren – nämlich mittels eingeschossiger Markt-Kleinbauten. Mit ihnen wird zugleich Raum für jenes belebende Kleingewerbe geschaffen, das zunehmend von Einkaufszentren verdrängt wird: Cafés, Blumenläden, Detailhandel, Zeitungsstände usf.
Ausserdem liesse sich eine solche elegante Kleinarchitektur mit einem Fussgängerstreifen zwischen Gerbe- und Bahnhofplatz kombinieren. Dass ein bequemer ebenerdiger Übergang über eine stark befahrene Verkehrsachse möglich ist, zeigt das Beispiel des Bahnhofplatzes in Zürich, wo sich Pendlerströme, Trams und Autos ohne grosse Probleme kreuzen, obwohl Verkehrsexperten das als unmöglich bezeichnet hatten.
Die Credit Suisse wäre sicher bereit, zu einer zeitgemässen Gestaltung ihres Vorplatzes Hand zu bieten.

Wohlfühlen dank Alt-Wädenswiler-Charme

Nichts macht einen Platz so anziehend wie eine Anzahl malerischer Altbauten.
Oft müssen diese zuerst aus einem Aschenputtel-Dasein erlöst werden. Das ist beim Haus Zum Zyt am seeseitigen Rand des Gerbeplatzes der Fall. Obwohl Fachleute dieses Züri­see­haus mit seinem Spätbiedermeier-Anbau als «unbedingt erhaltenswert» eingestuft hatten, haben es stadträtliche Neubau-Befürworter 1990 aus der Schutzliste gekippt. Stellt man sich das Haus Zum Zyt renoviert vor, wird klar, was für ein Schildbürgerstreich die Zerstörung dieses Baus wäre. Gerade weil er an die dörfliche und handwerkliche Vergangenheit Wädenswils erinnert, hätte er das Zeug, den Gerbeplatz zu einem wirklich urbanen Raum zu machen.

Fazit

Wird – wie wir hoffen – der stadträtliche Riegel-Vorschlag verworfen, hat das Komitee die Chance, für einen attraktiven Gerbeplatz mit Pavillon-Saum, einem renovierten Haus Zum Zyt und einem Fussgängerstreifen zum Bahnhofplatz zu kämpfen!
Andreas Hauser
Komitee Riegel Nein – Zyt zum Verwiile,
Heimatschutzforum Zürich

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