Wädenswil

Ein Bauernhof, der Süchtigen Hoffnung macht

Auf Einladung des Rotary Clubs Au am Zürichsee lernten Fachleute aus Kirche und Sozialbereich ein ungewöhnliches Drogenentzugsprogramm kennen, das von Südamerika aus die Welt erobert. Es trägt den Namen «Fazenda der Hoffnung».

Um die «Fazenda», portugiesisch für Bauernhof, dreht sich alles. Menschen, die von der Drogensucht loskommen wollen, ziehen auf einem Bauernhof ein. Obschon sie auf scheinbar Unverzichtbares wie Fernseher, Handy und Internet verzichten müssen finden sie hier alles, was sie zum Leben brauchen: Arbeit statt Almosen und damit eine Aufgabe, eine Gemeinschaft, die sie als Menschen ernst nimmt, und christliche Spiritualität. Bemerkenswert ist auch, dass die Drogenabhängigen nicht von Psychologen oder Sozialarbeitern betreut werden sondern von ehemaligen Drogensüchtigen, die das Programm bereits durchlaufen haben.
«Das ist total gegen den Zeitgeist», meinte Christian Heim, Pfarrer und Leiter des Programms, durchaus stolz zum Publikum. Er und seine Mitstreiter hätten daher manches Vorurteil beiseite schaffen müssen. Das ist ihnen gelungen, die Entwicklung des unkonventionellen Programms beeindruckte die rund 80 interessierten Zuhörer. Vor 25 Jahren gründete ein deutscher Pater in Brasilien die erste Fazenda der Hoffnung, wo er auf einem Landgut schwerstabhängige Jugendliche betreute. Seither ist die Zahl der hoffnungsvollen Bauernhöfe stetig gestiegen. Heute gibt es gemäss Christian Heim über 90 Gemeinschaften in 14 Ländern, in denen insgesamt 3000 Jugendliche betreut werden.

Neu auch in der Schweiz

Die meisten Fazendas befinden sich in Lateinamerika, sie stehen aber auch in Asien, Russland, Deutschland – und nun auch in der Schweiz. Im letzten Frühling hat die Fazenda-Organisation in Wattwil im Toggenburg ein Kapuziner-Kloster übernommen, «mit dem Segen des St. Galler Bischofs», wie Heim betonte. «Besuchen Sie uns», ermunterte Moritz das Publikum. Der 35-Jährige ist einer der Betreuer in Wattwil. Er war 18 Jahre lang süchtig und kam auf einer Fazenda im Allgäu «endlich von den Drogen los». Zuvor habe er etliche erfolglose Entzüge hinter sich gebracht, berichtet er. Die Fazenda sei anders gewesen, hier habe man ihn «mit Liebe» empfangen.
In der Fragerunde zeigte sich, dass die Fazenda neugierig gemacht hatte. «Wir nehmen nur Leute, die freiwillig zu uns kommen», erklärte Leiter Christian Heim auf eine entsprechende Frage. Doch die Hausregeln sind streng: Drei Monate kein Familienbesuch, das Rauchen ist verboten, genauso wie Metadon. Dass diese Ersatzdroge in der Schweiz häufig verwendet werde, um Süchtige von den Drogen wegzubringen, fand Heim aufgrund des hohen Suchtpotenzials problematisch. (e)

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