Das SchlossCinema Wädenswil bietet seinen Gästen stets mehr als nur Filme. Regelmässig holen sie Regisseurinnen und Regisseure direkt ins Kino nach Wädenswil. Nach der Vorstellung haben die Kinobesucher dadurch die einmalige Gelegenheit nach dem Film noch im Kino zu bleiben, und Filmschaffende stehen für ein exklusives Interview bereit und beantworten ihre Fragen zum Kinofilm. Im Oktober waren dabei die Filmemacherinnen der Dokumentarfilme «Blinder Fleck» und «Nebelkinder» im Fokus.
Text & Bilder: Noëmi Lea Hermann
Manche Filme sind mehr als nur etwas für den Feierabend, sie sind ein Weckruf, eine notwendige gesellschaftliche Intervention. Zwei solche Filme liefen letzten Monat im Schloss Cinema Wädenswil. Die Dokumentationsfilme «Blinder Fleck» und «Nebelkinder» behandelten Themen, die wir als Gesellschaft am liebsten ganz tief vergraben würden: Missbrauch, Gewalt und die schmerzhaften Folgen für die Opfer. Wir sprechen hier über die verdrängte Wahrheit unserer Gesellschaft, über Pädophilie und Kindesmissbrauch, ein absolutes Tabu.
Die Dokumentationen «Blinder Fleck» und «Nebelkinder» führen uns direkt in diese dunklen Ecken.
Schock über die organisierte Gewalt
Liz Wieskerstrauch hat mit ihrem Kinofilm «Blinder Fleck» ein Film geschaffen, der erschüttert. Es geht um organisierte und ritualisierte Gewalt an Kindern. Im Interview mit einer Vereinsmitarbeiterin von CARA, die sich für die Opfer von organisierter sexueller und ritualisierter Gewalt einsetzt und dem Schloss Cinema Wädenswil erzählt Liz Wieskerstrauch: «Ich beschäftige mich seit mehr als 25 Jahren mit diesem Thema. Als eine Frau mir direkt schilderte, dass sie vermutet, dass ihrem Kind so etwas passierte, dachte ich mir: Das darf nicht sein, darüber muss man nun endlich berichten!»
Die Stimmen der Betroffenen, die im Film ihren Mut zusammennehmen, um über ihre Torturen zu sprechen, dringen direkt ins Herz. Ihre Erzählungen sind ein dringender Hilfeschrei an eine Gesellschaft, die kollektiv wegsieht. Jede Aussage ist ein Stich, ein Beweis für das immense Leid, das im Verborgenen bleibt. Zerbrochene Kindheiten und lebenslange Traumata, die bis zur Dissoziativen Identitätsstörung (DIS) führen können. Es tut weh zu sehen, wie Betroffenen der Glaube versagt wird und Beweise ignoriert werden. Dieser Film ist ein Akt der Aufklärung und ein mutiger Schrei gegen das Wegschauen.
Der Nebel der Vergangenheit
Der Film «Nebelkinder» von Corinne Kuenzli beleuchtet ein tief sitzendes Schweizer Trauma, das viele bis heute beschäftigt: das Schicksal der ehemaligen Verdingkinder und ihrer Familien.
Man platzierte diese Kinder in Heimen oder auf Bauernhöfen; Orte, die eigentlich Schutz bieten sollten, aber unterstützt durch bürokratische Vertuschung oft zu Schauplätzen von Missbrauch und Gewalt wurden. Der Film zeigt einfühlsam, wie die unverarbeitete Gewalt, die ihre Eltern oder Grosseltern erlitten, wie das transgenertionale Trauma das Leben der Nachkommen von ehemaligen Verdingkindern stark beeinflusst.
Elf Jahre Recherche und Produktion manifestieren sich in Werk von Corinne Kuenzli. Sie bricht mit ihrem Film das jahrzehntelange, von Scham zementierte Schweigen. Der Zugang zu den Protagonisten erfolgte oft über das Archiv Bern, dem Ort, an dem die Nachfahren Akten durchforsten, um ihre fragmentierten Biografien zusammenzusetzen. Die Interviews legen offen, wie tief die Verletzungen das Fundament der Familien getroffen haben. Die Trauma wurde oft unbewusst weitergegeben, verstärkt durch die Kultur der Verheimlichung, symbolisiert durch den Befehl: «Erzähle ja nicht jemandem davon!»
Die Historikerin im Film bestätigt eine positive Entwicklung: «Im Bereich der gesellschaftlichen Aufarbeitung ist viel passiert.» Dennoch unterstreicht der Film die anhaltende Relevanz. «Nebelkinder» ist ein essenzielles Filmdokument, das belegt, dass die Geschichte «nicht mit dem Tod der Angehörigen» endet.
Dringender Appell, der alle etwas angeht
Die beiden Filme ermutigen das jahrelange Schweigen endlich zu brechen, die eigene Familiengeschichte selbst in die Hand zu nehmen und dadurch Heilung zu finden. Es ist ein hoffnungsvoller Prozess, der zeigt, dass man den Schmerz der Vergangenheit nicht mehr allein tragen muss.
Das Schloss Cinema Wädenswil war an diesen Abenden mehr als nur ein Ort der Unterhaltung, es wurde zum wichtigen Schauplatz für eine längst überfällige gesellschaftliche Aussprache.
Die beiden Filme sind in den nächsten Wochen schweizweit in verschiedenen Kinos zu sehen.
Das SchlossCinema Wädenswil bietet seinen Gästen stets mehr als nur Filme. Regelmässig holen sie Regisseurinnen und Regisseure direkt ins Kino nach Wädenswil. Nach der Vorstellung haben die Kinobesucher dadurch die einmalige Gelegenheit nach dem Film noch im Kino zu bleiben, und Filmschaffende stehen für ein exklusives Interview bereit und beantworten ihre Fragen zum Kinofilm. Im Oktober waren dabei die Filmemacherinnen der Dokumentarfilme «Blinder Fleck» und «Nebelkinder» im Fokus.
Text & Bilder: Noëmi Lea Hermann
Manche Filme sind mehr als nur etwas für den Feierabend, sie sind ein Weckruf, eine notwendige gesellschaftliche Intervention. Zwei solche Filme liefen letzten Monat im Schloss Cinema Wädenswil. Die Dokumentationsfilme «Blinder Fleck» und «Nebelkinder» behandelten Themen, die wir als Gesellschaft am liebsten ganz tief vergraben würden: Missbrauch, Gewalt und die schmerzhaften Folgen für die Opfer. Wir sprechen hier über die verdrängte Wahrheit unserer Gesellschaft, über Pädophilie und Kindesmissbrauch, ein absolutes Tabu.
Die Dokumentationen «Blinder Fleck» und «Nebelkinder» führen uns direkt in diese dunklen Ecken.
Schock über die organisierte Gewalt
Liz Wieskerstrauch hat mit ihrem Kinofilm «Blinder Fleck» ein Film geschaffen, der erschüttert. Es geht um organisierte und ritualisierte Gewalt an Kindern. Im Interview mit einer Vereinsmitarbeiterin von CARA, die sich für die Opfer von organisierter sexueller und ritualisierter Gewalt einsetzt und dem Schloss Cinema Wädenswil erzählt Liz Wieskerstrauch: «Ich beschäftige mich seit mehr als 25 Jahren mit diesem Thema. Als eine Frau mir direkt schilderte, dass sie vermutet, dass ihrem Kind so etwas passierte, dachte ich mir: Das darf nicht sein, darüber muss man nun endlich berichten!»
Die Stimmen der Betroffenen, die im Film ihren Mut zusammennehmen, um über ihre Torturen zu sprechen, dringen direkt ins Herz. Ihre Erzählungen sind ein dringender Hilfeschrei an eine Gesellschaft, die kollektiv wegsieht. Jede Aussage ist ein Stich, ein Beweis für das immense Leid, das im Verborgenen bleibt. Zerbrochene Kindheiten und lebenslange Traumata, die bis zur Dissoziativen Identitätsstörung (DIS) führen können. Es tut weh zu sehen, wie Betroffenen der Glaube versagt wird und Beweise ignoriert werden. Dieser Film ist ein Akt der Aufklärung und ein mutiger Schrei gegen das Wegschauen.
Der Nebel der Vergangenheit
Der Film «Nebelkinder» von Corinne Kuenzli beleuchtet ein tief sitzendes Schweizer Trauma, das viele bis heute beschäftigt: das Schicksal der ehemaligen Verdingkinder und ihrer Familien.
Man platzierte diese Kinder in Heimen oder auf Bauernhöfen; Orte, die eigentlich Schutz bieten sollten, aber unterstützt durch bürokratische Vertuschung oft zu Schauplätzen von Missbrauch und Gewalt wurden. Der Film zeigt einfühlsam, wie die unverarbeitete Gewalt, die ihre Eltern oder Grosseltern erlitten, wie das transgenertionale Trauma das Leben der Nachkommen von ehemaligen Verdingkindern stark beeinflusst.
Elf Jahre Recherche und Produktion manifestieren sich in Werk von Corinne Kuenzli. Sie bricht mit ihrem Film das jahrzehntelange, von Scham zementierte Schweigen. Der Zugang zu den Protagonisten erfolgte oft über das Archiv Bern, dem Ort, an dem die Nachfahren Akten durchforsten, um ihre fragmentierten Biografien zusammenzusetzen. Die Interviews legen offen, wie tief die Verletzungen das Fundament der Familien getroffen haben. Die Trauma wurde oft unbewusst weitergegeben, verstärkt durch die Kultur der Verheimlichung, symbolisiert durch den Befehl: «Erzähle ja nicht jemandem davon!»
Die Historikerin im Film bestätigt eine positive Entwicklung: «Im Bereich der gesellschaftlichen Aufarbeitung ist viel passiert.» Dennoch unterstreicht der Film die anhaltende Relevanz. «Nebelkinder» ist ein essenzielles Filmdokument, das belegt, dass die Geschichte «nicht mit dem Tod der Angehörigen» endet.
Dringender Appell, der alle etwas angeht
Die beiden Filme ermutigen das jahrelange Schweigen endlich zu brechen, die eigene Familiengeschichte selbst in die Hand zu nehmen und dadurch Heilung zu finden. Es ist ein hoffnungsvoller Prozess, der zeigt, dass man den Schmerz der Vergangenheit nicht mehr allein tragen muss.
Das Schloss Cinema Wädenswil war an diesen Abenden mehr als nur ein Ort der Unterhaltung, es wurde zum wichtigen Schauplatz für eine längst überfällige gesellschaftliche Aussprache.
Die beiden Filme sind in den nächsten Wochen schweizweit in verschiedenen Kinos zu sehen.