2025 ist ein besonderes Jahr. Ein besonderes Jahr für Hermann Müller-Thurgau, der am 21. Oktober 1850 das Licht der Welt erblickte. Aber auch für Wädenswil, das endlich Gelegenheit bekam, seinen weltberühmten Einwohner zu würdigen. Am Freitag nach Müller-Thurgaus 175. Geburtstag wurde der Jubilar gefeiert.
Text & Bilder: Stefan Baumgartner
Gefeiert wurde einen Nachmittag und einen Abend lang im Rosenmattpark und in der Villa Gessner, dem heutigen reformierten Kirchgemeindehaus.
Ein buntes Programm unter dem Motto «LebensMittelPunkt – der Lebensmittel-Innovations-Markt» – gab Einblicke in die Errungenschaften von Hermann Müller-Thurgau, wie sie bis heute Wirkung erzielen und wie sie zu vielversprechenden Projekten unter den heutigen Bedingungen inspirieren. So war die ZHAW vertreten, die sich in ihrem Neubau «Future of Food» unter einem Dach für nachhaltige, genussvolle und gesunde Ernährung für alle Menschen engagiert. Auch das wäre ganz im Sinne des Jubilars. Die Fachzeitschrift Obst+Wein präsentierte sich, deren Redaktionsleitung Müller-Thurgau mit seiner Berufung nach Wädenswil 1891 gleich mitübernahm und die auch heute noch von ihrer Redaktionsstube aus auf das Schloss Wädenswil blickt. Bodensee Tourismus machte Werbung für ihre Müller-Thurgau-Veloroute, das Weinbauzentrum und das Weinbaumuseum zeigten sich ebenso wie der Strickhof und Agroscope. Fructus, die Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten, präsentierte die Obstsorte des Jahres 2025, der «Schweizer Orangenapfel»: Ein Resultat der von Hermann Müller-Thurgau in Wädenswil gestarteten Apfelzüchtung. Natürlich gab es auch Jubiläumsweine zu geniessen– einen aus Wädenswil, den anderen aus dem Thurgau.
Dieser abwechslungsreiche Lebensmittel-Innovations-Markt gab Schulklassen der Oberstufe, aber auch allen anderen Besucherinnen und Besuchern die Gelegenheit, sich mit dem Thema der Innovation für nachhaltige Lebensmittel zu befassen. Immer wieder gezeigt wurde der 50-minütige Dokumentarfilm «Das Genie vom Bodensee», der das Schaffen und Wirken von Hermann Müller-Thurgau in bewegten und bewegenden Bildern zeigt.
Memorial für Wädenswil
Den ganzen Tag über wurde – zusammen mit dem Künstler Fredinko – von allen Anwesenden an einem Hermann-Müller-Thurgau-Memorial gearbeitet. Die drei überdimensionierten Buchstaben H, M, T, die den Namen von Hermann Müller-Thurgau symbolisieren, werden künftig als Sitzbank im öffentlichen Raum in Wädenswil dienen. Wo genau, ist allerdings noch unklar.
Das Abendprogramm war dann geladenen Gästen vorbehalten: Vertretern aus den Branchenverbänden, aus Forschung, Wirtschaft und Politik.
Eine Video-Grussbotschaft kam von Bundesrat Guy Parmelin, selber Winzer. Er würdigte, dass Hermann Müller-Thurgau bis heute seine Spuren in den Rebbergen, in der Wissenschaft und in der Gesellschaft hinterlässt. Er wies auch darauf hin, dass Müller-Thurgau mit der Berufung an die Deutschschweizerische Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau einen wichtigen Grundstein für die institutionelle Forschung in unserem Lande gelegt habe. Der Bundesrat erwähnte auch, dass sich aus der damaligen Versuchsstation die heutige Agroscope entwickelt hat, der heute wichtigsten Forschungsinstitution der Land- und Ernährungswirtschaft in der Schweiz. Er sei stolz, diese Organisation in seinem Departement zu haben. Keine Erwähnung in seiner Videobotschaft fand der Hinweis, dass es auch sein Departement unter seiner Leitung war, das die Wirkstätte von Hermann Müller-Thurgau als Ort der Forschung und der Innovation aufgab.
Auch Lukas Bertschinger – Präsident des eigens für die Jubiläumsveranstaltungen gegründeten Vereins «ErlebnisMüllerThurgau» und Martin Wiederkehr, Präsident des Branchenverbandes Deutschschweizer Wein, wiesen auf die weiteren bahnbrechenden Innovationen von Müller-Thurgau – nebst der Entwicklung der nach ihm benannten Rebsorte – hin und insbesondere deren wirtschaftlichen Bedeutung bis heute. So wird beispielsweise die jährliche Wertschöpfung der durch Müller-Thurgau entwickelten und in der Weinherstellung, beim Backen, Brauen oder auch in der Pharmazie eingesetzten Reinzuchthefen auf 350 Milliarden (!) Franken geschätzt. Auch die Wertschöpfung aus der alkoholfreien Saftgewinnung und aus der Traube Müller-Thurgau selbst geht in die Milliarden Franken – jährlich.
Stadtpräsident und Nationalrat Philipp Kutter bedauerte es, dass man Wädenswil eher mit einem Bettzeug-Fabrikanten als mit dem «Genie Müller-Thurgau» in Verbindung bringt. Der Präsident des Grossen Rates des Kantons Thurgau, René Walther, brachte die Grüsse der Thurgauer Regierung mit.
Ein starkes Zeichen der Verbundenheit der beiden Wirkungsorte von Müller-Thurgau – Geisenheim und Wädenswil – und eine grosse Ehre für Wädenswil war die Verleihung des renommierten Professor-Hermann-Müller-Thurgau-Preises der Geisenheim Alumni Association.
Erstmals nicht in Geisenheim verliehen, würdigt der Preis seit den 1970er-Jahren Persönlichkeiten, die sich in ausserordentlichem Masse verdient gemacht haben für die Ausbildung und Forschung in Geisenheim. Der Preisträger 2025, Prof. Dr. Hans Reiner Schultz, ist ein weltweit führender Forscher im Bereich Klimawandel und Weinbau und Präsident der Hochschule Geisenheim University. «Hans Reiner Schultz ist ein hervorragender Forscher und auch ein Vermittler zwischen Wissenschaft und ethischer Verantwortung, wie seine Berufung in die päpstliche Kommission ‹Laudato si› beweist», vermerkte Lukas Bertschinger in seiner Laudatio.
Abschliessend diskutierten Susi Steiger-Wehrli, Winzerin, Simone Bühlmann-Schütz, Apfelzüchterin, und der Müller-Thurgau-Preisträger 2025, Hans Reiner Schultz, zusammen mit Charlotte Pauk über den Beitrag der Züchtung und neuer Züchtungstechnologien zur Meisterung der anstehenden Herausforderungen im Obst-, Wein- und Gemüsebau. Und natürlich standen auch ausgezeichnete Müller-Thurgau-Weine, trocken und feinherb, aus Deutschland und der Schweiz, zur Degustation bereit.
Wäre Hermann Müller-Thurgau anwesend gewesen, er hätte Freude an dieser Feier gehabt. Auf seinem Rundgang durch Wädenswil hätte er einzig seine Versuchsstation, die all seine Erfolge ermöglichte, vermisst.
2025 ist ein besonderes Jahr. Ein besonderes Jahr für Hermann Müller-Thurgau, der am 21. Oktober 1850 das Licht der Welt erblickte. Aber auch für Wädenswil, das endlich Gelegenheit bekam, seinen weltberühmten Einwohner zu würdigen. Am Freitag nach Müller-Thurgaus 175. Geburtstag wurde der Jubilar gefeiert.
Text & Bilder: Stefan Baumgartner
Gefeiert wurde einen Nachmittag und einen Abend lang im Rosenmattpark und in der Villa Gessner, dem heutigen reformierten Kirchgemeindehaus.
Ein buntes Programm unter dem Motto «LebensMittelPunkt – der Lebensmittel-Innovations-Markt» – gab Einblicke in die Errungenschaften von Hermann Müller-Thurgau, wie sie bis heute Wirkung erzielen und wie sie zu vielversprechenden Projekten unter den heutigen Bedingungen inspirieren. So war die ZHAW vertreten, die sich in ihrem Neubau «Future of Food» unter einem Dach für nachhaltige, genussvolle und gesunde Ernährung für alle Menschen engagiert. Auch das wäre ganz im Sinne des Jubilars. Die Fachzeitschrift Obst+Wein präsentierte sich, deren Redaktionsleitung Müller-Thurgau mit seiner Berufung nach Wädenswil 1891 gleich mitübernahm und die auch heute noch von ihrer Redaktionsstube aus auf das Schloss Wädenswil blickt. Bodensee Tourismus machte Werbung für ihre Müller-Thurgau-Veloroute, das Weinbauzentrum und das Weinbaumuseum zeigten sich ebenso wie der Strickhof und Agroscope. Fructus, die Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten, präsentierte die Obstsorte des Jahres 2025, der «Schweizer Orangenapfel»: Ein Resultat der von Hermann Müller-Thurgau in Wädenswil gestarteten Apfelzüchtung. Natürlich gab es auch Jubiläumsweine zu geniessen– einen aus Wädenswil, den anderen aus dem Thurgau.
Dieser abwechslungsreiche Lebensmittel-Innovations-Markt gab Schulklassen der Oberstufe, aber auch allen anderen Besucherinnen und Besuchern die Gelegenheit, sich mit dem Thema der Innovation für nachhaltige Lebensmittel zu befassen. Immer wieder gezeigt wurde der 50-minütige Dokumentarfilm «Das Genie vom Bodensee», der das Schaffen und Wirken von Hermann Müller-Thurgau in bewegten und bewegenden Bildern zeigt.
Memorial für Wädenswil
Den ganzen Tag über wurde – zusammen mit dem Künstler Fredinko – von allen Anwesenden an einem Hermann-Müller-Thurgau-Memorial gearbeitet. Die drei überdimensionierten Buchstaben H, M, T, die den Namen von Hermann Müller-Thurgau symbolisieren, werden künftig als Sitzbank im öffentlichen Raum in Wädenswil dienen. Wo genau, ist allerdings noch unklar.
Das Abendprogramm war dann geladenen Gästen vorbehalten: Vertretern aus den Branchenverbänden, aus Forschung, Wirtschaft und Politik.
Eine Video-Grussbotschaft kam von Bundesrat Guy Parmelin, selber Winzer. Er würdigte, dass Hermann Müller-Thurgau bis heute seine Spuren in den Rebbergen, in der Wissenschaft und in der Gesellschaft hinterlässt. Er wies auch darauf hin, dass Müller-Thurgau mit der Berufung an die Deutschschweizerische Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau einen wichtigen Grundstein für die institutionelle Forschung in unserem Lande gelegt habe. Der Bundesrat erwähnte auch, dass sich aus der damaligen Versuchsstation die heutige Agroscope entwickelt hat, der heute wichtigsten Forschungsinstitution der Land- und Ernährungswirtschaft in der Schweiz. Er sei stolz, diese Organisation in seinem Departement zu haben. Keine Erwähnung in seiner Videobotschaft fand der Hinweis, dass es auch sein Departement unter seiner Leitung war, das die Wirkstätte von Hermann Müller-Thurgau als Ort der Forschung und der Innovation aufgab.
Auch Lukas Bertschinger – Präsident des eigens für die Jubiläumsveranstaltungen gegründeten Vereins «ErlebnisMüllerThurgau» und Martin Wiederkehr, Präsident des Branchenverbandes Deutschschweizer Wein, wiesen auf die weiteren bahnbrechenden Innovationen von Müller-Thurgau – nebst der Entwicklung der nach ihm benannten Rebsorte – hin und insbesondere deren wirtschaftlichen Bedeutung bis heute. So wird beispielsweise die jährliche Wertschöpfung der durch Müller-Thurgau entwickelten und in der Weinherstellung, beim Backen, Brauen oder auch in der Pharmazie eingesetzten Reinzuchthefen auf 350 Milliarden (!) Franken geschätzt. Auch die Wertschöpfung aus der alkoholfreien Saftgewinnung und aus der Traube Müller-Thurgau selbst geht in die Milliarden Franken – jährlich.
Stadtpräsident und Nationalrat Philipp Kutter bedauerte es, dass man Wädenswil eher mit einem Bettzeug-Fabrikanten als mit dem «Genie Müller-Thurgau» in Verbindung bringt. Der Präsident des Grossen Rates des Kantons Thurgau, René Walther, brachte die Grüsse der Thurgauer Regierung mit.
Ein starkes Zeichen der Verbundenheit der beiden Wirkungsorte von Müller-Thurgau – Geisenheim und Wädenswil – und eine grosse Ehre für Wädenswil war die Verleihung des renommierten Professor-Hermann-Müller-Thurgau-Preises der Geisenheim Alumni Association.
Erstmals nicht in Geisenheim verliehen, würdigt der Preis seit den 1970er-Jahren Persönlichkeiten, die sich in ausserordentlichem Masse verdient gemacht haben für die Ausbildung und Forschung in Geisenheim. Der Preisträger 2025, Prof. Dr. Hans Reiner Schultz, ist ein weltweit führender Forscher im Bereich Klimawandel und Weinbau und Präsident der Hochschule Geisenheim University. «Hans Reiner Schultz ist ein hervorragender Forscher und auch ein Vermittler zwischen Wissenschaft und ethischer Verantwortung, wie seine Berufung in die päpstliche Kommission ‹Laudato si› beweist», vermerkte Lukas Bertschinger in seiner Laudatio.
Abschliessend diskutierten Susi Steiger-Wehrli, Winzerin, Simone Bühlmann-Schütz, Apfelzüchterin, und der Müller-Thurgau-Preisträger 2025, Hans Reiner Schultz, zusammen mit Charlotte Pauk über den Beitrag der Züchtung und neuer Züchtungstechnologien zur Meisterung der anstehenden Herausforderungen im Obst-, Wein- und Gemüsebau. Und natürlich standen auch ausgezeichnete Müller-Thurgau-Weine, trocken und feinherb, aus Deutschland und der Schweiz, zur Degustation bereit.
Wäre Hermann Müller-Thurgau anwesend gewesen, er hätte Freude an dieser Feier gehabt. Auf seinem Rundgang durch Wädenswil hätte er einzig seine Versuchsstation, die all seine Erfolge ermöglichte, vermisst.