Wädenswil

Schenkung einer historischen Urkunde von 1578

Die Stadt Wädenswil hat eine interessante und sehr alte Urkunde von privater Seite als Schenkung erhalten.

Die gesiegelte Pergamenturkunde in Frühneuhochdeutscher Sprache stammt aus dem Jahr 1578. Sie wird neu das älteste Dokument im Stadtarchiv Wädenswil sein. Die frühsten bisher im Stadtarchiv überlieferten Urkunden stammen aus den 1580er und 1590er Jahren.
Beim neu übernommenen Dokument von 1578 handelt es sich um einen klassischen Schuldbrief aus dem 16. Jahrhundert: Klein-Hans Zürcher vom «Wädischwilerberg» (heute Schönenberg) lieh von Hans Jans aus Finstersee 220 Pfund Zürcher Währung und musste dafür jährlich 1 Pfund Zins bezahlen. Als Sicherheit gab er sein Grundstück in der Oberen Langwies an. Er oder seine Erben konnten die Schuld jederzeit durch Rückzahlung ablösen, was 1892 geschah, wie eine Notiz auf der Urkundenrückseite belegt.
Historische Schuldbriefe gehören zu den am häufigsten in Privatbesitz erhaltenen Dokumenten, da sie, wie das vorliegende Beispiel zeigt, über sehr lange Zeiträume gültig sein konnten. Auch die der Stadt Wädenswil geschenkte Urkunde war über mehrere Generationen im Besitz einer Wädenswiler Familie.

Historiker Adrian Scherrer erläutert, was solche Urkunden für die davon Betroffenen, aber auch für die heutige Geschichtsschreibung bedeutet: «In der frühen Neuzeit machten die wohlhabenderen Bevölkerungsschichten nicht selten Geldgeschäfte, dazu gehörten gerade auch die wohlhabenden Bauern auf der Zürcher Landschaft am Zürichsee. Da solche Schuldbriefe oft über sehr lange Zeiträume gültig waren – manchmal Jahrhunderte –, wurden sie gut aufbewahrt. In alteingesessenen Familien sind sie daher manchmal bis in die Gegenwart vorhanden.»

Ein Stück Wädenswiler Geschichte

Für die historische Forschung können Schuldbriefe insofern relevant sein, wenn sie etwa familiengeschichtlich belegen, wer wann wo ansässig war. Darüber hinaus enthalten sie oftmals sehr frühe Nennungen von Flurnamen.
Aus dem aktuell vorliegenden Schuldbrief geht hervor, dass der jährliche Zins, den Klein-Hans Zürcher zu bezahlen hatte, 1 Pfund betrug. Das entsprach im 16. Jahrhundert einem halben Gulden, d.h. etwa zwei Tageslöhnen eines Handwerkers – kein sehr hoher Betrag.
Das fragliche Grundstück in der Oberen Langwies lässt sich in Schönenberg verorten, da es benachbart zu Geissferen liegt, so die Urkunde. Langwies existiert als Flurname im Bereich des Tirggelwegs noch heute. Schönenberg wurde bis zum Bau der dortigen Kirche 1703 als Wädenswilerberg bezeichnet. Der Schuldinhaber stammte aus Finstersee – das war fussläufige Nachbarschaft.

Sorgfaltspflicht

«Schön ist bei der geschenkten Urkunde, dass das Siegel noch vorhanden ist», freut sich Scherrer. «Das fehlt bei solchen Schuldbriefen häufig.»
Die geschenkte Urkunde von 1578 wurde in den Bestand des Stadtarchivs Wädenswil integriert, der nun insgesamt über ein gutes Dutzend Pergamenturkunden verfügt. Die Urkunde lagert in einer Mappe aus speziellem Archivkarton liegend in einer Planschrankschublade im UG des Stadthauses.
Eine Ausstellung der Urkunde oder dergleichen ist aktuell nicht geplant. Wie in allen öffentlichen Archiven können im Stadtarchiv Wädenswil interessierte Personen die archivierten Unterlagen vor Ort einsehen. In Einzelfällen stehen auch Scans zur Verfügung.
Eine Transkription der neu eingegangenen Urkunde ist auf Nachfrage ebenfalls erhältlich. wa

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