Am 20. September führte Heinz Jucker den Historischen Rundgang durch Richterswil und enthüllte, welch beeindruckende Persönlichkeiten von hier das Geschehen im Dorf, gar in der Welt beeinflussten.
Text: Reni Bircher
Bilder: Guido Bircher
Zahlreich erschien die Zuhörerschaft – auch Auswärtige – vor dem «ersten Haus im Dorf», der ehemaligen Seidenzwirnerei von Rudolf Zinggeler-Syfrig (1819–1897). Zinggeler errichtete an der Seestrasse 1 eine imposante Fabrik, die bedauerlicherweise im Juni 2010 den Flammen zum Opfer fiel. Dem innovativen Industriellen hat Richterswil unter anderem das Hydrantensystem zu verdanken, welches aus dem angelegten Sternenweiher gespiesen wurde. Zur Eröffnung der Nordostbahn 1875 schoss auch zum ersten Mal die Fontäne in der Garnhänki in die Höhe, die noch heute betrieben und bewundert wird.
Sohn Rudolf Zinggeler-Danioth (1864–1954) übernahm später die Seidenzwirnerei, seine Leidenschaft allerdings galt der Fotografie. Er hatte eine Vorliebe für die abgeschiedenen Ecken der Schweiz und deren Bewohner. Im Gegensatz zu heute Schwerstarbeit – vor allem für diejenigen, welche die schwere Ausrüstung hinter Zinggeler junior hertragen mussten. Heute sind noch 16 000 seiner Glasnegative im Archiv für Denkmalpflege in Bern vorhanden, und das Nationalmuseum beherbergt über 2000 Fotografien.
Ein weiterer Fotograf war in Samstagern zuhause: Walter Bosshard (1892–1975) war in seinem Schaffen als Auslandsreporter äusserst erfolgreich und schoss die ersten Bilder von Mahatma Gandhi und Mao Zedong.
An der Gartenstrasse wuchs Dora Kalff-Gattiker (1904–1990) auf. Sie studierte am C.G. Jung-Institut Zürich Psychologie und entwickelte die «World Technique» der englischen Psychoanalytikerin Lowenfeld weiter. Im deutschen Sprachraum als Sandspiel- oder Sandkastentherapie bekannt, stellte Kalff-Gattiker fest, dass dieser nonverbale therapeutische Ansatz nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen erfolgreich anwendbar ist. Die Errungenschaften der Tiefenpsychologin werden bis heute angewendet.
Eine weitere erstaunliche Frau wuchs im heutigen Gemeindehaus 1 auf, dem ehemaligen Arzthaus der Familie Landis: Maria Fierz (1878–1956). Da ihr die Eltern ein Studium verweigerten, liess sie sich in London zur Sozialarbeiterin ausbilden. Zurück in der Schweiz, bot sie für junge Frauen Fürsorgekurse an. 1920 gründete sie zusammen mit ihrer Lebenspartnerin Marta von Meyenburg die Soziale Frauenschule in Zürich – heute das Departement für soziale Arbeit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft – und engagierte sich unter vielem anderem für das Frauenstimmrecht. «Leider hat sie die viel zu späte Einführung dieses Rechtes nicht mehr erlebt», schloss Heinz Jucker.
Spannend auch die Geschichte von Johannes Wild (1814–1894), einem Bauernsohn, hochintelligent und mit vielen Talenten. Eine Zufallsbegegnung mit einem Geometer in Wädenswil erweckte in ihm die Freude an Karten und Plänen. Wild besuchte die Industrieschule, studierte in Zürich, München und Wien. Er war der erste, der einen Gletscher vermass und seinen Schwund im Laufe der Jahre dokumentierte. Wild entwickelte die bis heute gängigen Landkarten im Mehrfarbendruck, erfand die darauf eingezeichneten Höhenkurven. Später war er Professor für Topografie und Geodäsie an der ETH Zürich. Seine Grabstätte befindet sich noch heute auf dem Richterswiler Friedhof, ein schwarzer Obelisk.
Nebst weiteren Persönlichkeiten aus diversen Bereichen findet sich auch ein Nobelpreisträger auf der Nachbarswil-Liste, nämlich Heinrich Rohrer (1933–2013), der zusammen mit Gerd Binning (wohnhaft gewesen Richterswil) das Rastertunnel-Mikroskop entwickelte und somit die Grundlage für Nanotechnologie begründete. 2011 wurde in Rüschlikon das gemeinsame Nanotechnologiezentrum der ETH Zürich und IBM eröffnet, das zu Ehren der beiden «Väter der Nanotechnologie» den Namen «Binnig and Rohrer Nanotechnology Center» erhielt.
Am 20. September führte Heinz Jucker den Historischen Rundgang durch Richterswil und enthüllte, welch beeindruckende Persönlichkeiten von hier das Geschehen im Dorf, gar in der Welt beeinflussten.
Text: Reni Bircher
Bilder: Guido Bircher
Zahlreich erschien die Zuhörerschaft – auch Auswärtige – vor dem «ersten Haus im Dorf», der ehemaligen Seidenzwirnerei von Rudolf Zinggeler-Syfrig (1819–1897). Zinggeler errichtete an der Seestrasse 1 eine imposante Fabrik, die bedauerlicherweise im Juni 2010 den Flammen zum Opfer fiel. Dem innovativen Industriellen hat Richterswil unter anderem das Hydrantensystem zu verdanken, welches aus dem angelegten Sternenweiher gespiesen wurde. Zur Eröffnung der Nordostbahn 1875 schoss auch zum ersten Mal die Fontäne in der Garnhänki in die Höhe, die noch heute betrieben und bewundert wird.
Sohn Rudolf Zinggeler-Danioth (1864–1954) übernahm später die Seidenzwirnerei, seine Leidenschaft allerdings galt der Fotografie. Er hatte eine Vorliebe für die abgeschiedenen Ecken der Schweiz und deren Bewohner. Im Gegensatz zu heute Schwerstarbeit – vor allem für diejenigen, welche die schwere Ausrüstung hinter Zinggeler junior hertragen mussten. Heute sind noch 16 000 seiner Glasnegative im Archiv für Denkmalpflege in Bern vorhanden, und das Nationalmuseum beherbergt über 2000 Fotografien.
Ein weiterer Fotograf war in Samstagern zuhause: Walter Bosshard (1892–1975) war in seinem Schaffen als Auslandsreporter äusserst erfolgreich und schoss die ersten Bilder von Mahatma Gandhi und Mao Zedong.
An der Gartenstrasse wuchs Dora Kalff-Gattiker (1904–1990) auf. Sie studierte am C.G. Jung-Institut Zürich Psychologie und entwickelte die «World Technique» der englischen Psychoanalytikerin Lowenfeld weiter. Im deutschen Sprachraum als Sandspiel- oder Sandkastentherapie bekannt, stellte Kalff-Gattiker fest, dass dieser nonverbale therapeutische Ansatz nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen erfolgreich anwendbar ist. Die Errungenschaften der Tiefenpsychologin werden bis heute angewendet.
Eine weitere erstaunliche Frau wuchs im heutigen Gemeindehaus 1 auf, dem ehemaligen Arzthaus der Familie Landis: Maria Fierz (1878–1956). Da ihr die Eltern ein Studium verweigerten, liess sie sich in London zur Sozialarbeiterin ausbilden. Zurück in der Schweiz, bot sie für junge Frauen Fürsorgekurse an. 1920 gründete sie zusammen mit ihrer Lebenspartnerin Marta von Meyenburg die Soziale Frauenschule in Zürich – heute das Departement für soziale Arbeit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft – und engagierte sich unter vielem anderem für das Frauenstimmrecht. «Leider hat sie die viel zu späte Einführung dieses Rechtes nicht mehr erlebt», schloss Heinz Jucker.
Spannend auch die Geschichte von Johannes Wild (1814–1894), einem Bauernsohn, hochintelligent und mit vielen Talenten. Eine Zufallsbegegnung mit einem Geometer in Wädenswil erweckte in ihm die Freude an Karten und Plänen. Wild besuchte die Industrieschule, studierte in Zürich, München und Wien. Er war der erste, der einen Gletscher vermass und seinen Schwund im Laufe der Jahre dokumentierte. Wild entwickelte die bis heute gängigen Landkarten im Mehrfarbendruck, erfand die darauf eingezeichneten Höhenkurven. Später war er Professor für Topografie und Geodäsie an der ETH Zürich. Seine Grabstätte befindet sich noch heute auf dem Richterswiler Friedhof, ein schwarzer Obelisk.
Nebst weiteren Persönlichkeiten aus diversen Bereichen findet sich auch ein Nobelpreisträger auf der Nachbarswil-Liste, nämlich Heinrich Rohrer (1933–2013), der zusammen mit Gerd Binning (wohnhaft gewesen Richterswil) das Rastertunnel-Mikroskop entwickelte und somit die Grundlage für Nanotechnologie begründete. 2011 wurde in Rüschlikon das gemeinsame Nanotechnologiezentrum der ETH Zürich und IBM eröffnet, das zu Ehren der beiden «Väter der Nanotechnologie» den Namen «Binnig and Rohrer Nanotechnology Center» erhielt.