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Recycling im Bauwesen – drei Unternehmen machen es vor

In Samstagern hat die Keller Metallbau AG ein neues Firmengebäude erstellt, das Pioniercharakter hat. Für den Neubau wurden Hunderte von gebrauchten Bauteilen aus den alten Shedhallen auf dem Tuwag-Areal in Wädenswil wiederverwendet. Dass das Projekt gelungen ist, liegt auch an der guten Zusammenarbeit mit der Tuwag Immobilien AG und dem Architekturbüro Hotz Partner. Die drei Parteien haben Mut bewiesen und an einem Strick gezogen.

Im Industriegebiet Fälmis in Samstagern ist der Umzug in vollem Gang. Die Keller Metallbau AG zieht in diesen Tagen mit Produktion und Büro aus dem Richterswiler Dorfkern in ihr neues Firmengebäude. Es ist ein Bau, der für bewussteren Umgang mit Ressourcen steht. Viele Bauteile wie Türen, Lampen und sogar Sanitäranlagen stammen nämlich nicht aus dem Katalog, sondern aus den historischen Shedhallen auf dem Tuwag-Areal in Wädenswil. Dort werden die 130 Jahre alten Gebäude derzeit für die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) umgebaut.

Ein Beitrag zum Umdenken in der Baubranche

Anstatt die Bauteile zu entsorgen, wurden sie fachgerecht ausgebaut, eingelagert und in Samstagern wieder eingesetzt – darunter 190 Meter Kabelkanäle, Radiatoren, Türen, Treppenstufen, WCs, Pissoirs und Waschbecken. Auch 110 Fenster aus Rückbauprojekten in Zürich fanden ihren Platz im Neubau.
«Das alles wäre entsorgt worden – und wir hätten es gleichzeitig für unseren Bau neu kaufen müssen», sagt David Keller, Geschäftsführer der Keller Metallbau AG, die er in vierter Generation führt. Es habe Mut gebraucht, dieses Projekt anzugehen, gibt er zu. «Doch heute sind wir glücklich, dass alles funktioniert hat – und stolz, gemeinsam mit unseren Partnern einen Beitrag zu einem Umdenken in der Branche zu leisten.»

Drei Partner – ein gemeinsames Ziel

Die Idee für das Projekt stammt von Elina Geibel und Sven Gerster vom Wädenswiler Architekturbüro Hotz Partner. Sie brachten das Wissen im zirkulären Bauen ein, kümmerten sich um die Planung und koordinierten die Abläufe. Die Tuwag Immobilien AG als Eigentümerin der Shedhallen stellte die Bauteile kostenlos zur Verfügung und ermöglichte deren sorgfältigen Rückbau. Und die Keller Metallbau AG übernahm mit ihrem handwerklichen Know-how Ausbau, Transport, Lagerung, Anpassung und Einbau der Materialien.
«Es ist nicht einfach ein Bauwerk – es ist der Beweis, dass nachhaltiges Bauen funktioniert», sagt Elina Geibel. «Die Baubranche verursacht weltweit rund 40 Prozent der CO2-Emissionen und in der Schweiz rund 80 Prozent des Abfalls. Diesen Irrsinn müssen und können wir gemeinsam bewältigen.»

Vertrauen und Planung als Erfolgsfaktoren

Die Umsetzung verlangte enge Abstimmung und gegenseitiges Vertrauen. «Ohne diese Basis wäre das nicht möglich gewesen», betont Geibel. «Wir mussten bereit sein, auch mal Fehler zu machen – und daraus zu lernen.»
Dank vorausschauender Planung liessen sich grössere Probleme vermeiden, und auch finanziell blieb das Projekt im Rahmen. «Es ist nicht teurer geworden, als wenn wir alles neu gekauft hätten», so Geibel. Man müsse sich aber bewusst sein: Sparen könne man mit der Wiederverwendung von Bauteilen auch nicht.

Logistik mit Geschichte

Für Thomas Brassel, CEO der Tuwag Immobilien AG, war das Projekt auch organisatorisch eine Herausforderung – und gleichzeitig eine Bereicherung: «Es war ein logistischer Kraftakt, aber es hat sich gelohnt. Unsere historischen Hallen erzählen nun eine neue Geschichte – und ihre Bauteile leben an einem anderen Ort weiter. Damit haben wir bewiesen, dass es auch anders geht.»

Auf dem Weg in die Öffentlichkeit

Das Projekt hat auch international Beachtung gefunden: Der deutsch-französische Kultursender ARTE begleitet den Bau mit einem Filmteam. Die Dokumentation über zirkuläres Bauen stellt den Neubau in Samstagern als Beispiel mit Modellcharakter vor. Die Ausstrahlung ist für Frühjahr 2026 geplant.

Für die Keller Metallbau AG bedeutet der Neubau nicht nur mehr Platz, sondern auch einen Neustart: Nach fast 130 Jahren in Richterswil gab es keine Möglichkeit zur Erweiterung. Der neue Standort bietet nun Raum für die Zukunft – auf einem Fundament aus der Vergangenheit.

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