Richterswil

Shakespeare spricht Schweizerdeutsch

In der aktuellen Saison hat sich die Theatergruppe Richterswil (TGR) ganz den Aussteigern und Liebeswirren gewidmet – auf gleichwohl schlichte wie spektakuläre Weise.

Text: Reni Bircher
Bild: zvg

Vor vollem Haus – beziehungsweise voller Scheune – hat am 20. Juni das TGR-Ensemble Première gefeiert und sorgte mit dem Stück «Wie es euch gefällt» von William Shakespeare für viele Lacher, Hintersinn und tosenden Applaus beim Publikum.
Es geht um Verbannung und freiwillige Flucht in den Ardener Wald, wo sich vormals Adlige und Bürgerliche einem einfachen, doch überschaubaren und friedlichen Leben hingeben. Unruhe bringen erst die Neuankömmlinge, von Liebesqualen und – falschen? – Hoffnungen getrieben, sich Erlösung und einen Neuanfang wünschen … am liebsten mit dem Objekt der Begierde.

Wer hier eine simple Romanze erwartet, dürfte enttäuscht werden – ebenso wie die Protagonisten sich gegenseitig täuschen und sich selbst belügen – in Absicht oder unwissentlich –, um in ihrem Tun, ihrem Leid und den Geschehnissen auf der Welt einen Sinn zu entdecken. Und das tun die Schauspielerinnen und Schauspieler mit viel Ironie, Leidenschaft und äusserst professionell. So ist auch der Melancholiker Jacques noch melancholischer als es ihm von seinem Schöpfer auf die Brust geschrieben wurde.

Weniger ist mehr …

Die Szenen werden mit einem ausgeklügelt-simplen, mit wenigen Handgriffen wandelbaren Bühnenbild und recht «speziellen» Kostümen unterstrichen. So tragen die hochwohlgeborenen Töchter Rosalind und Celia einen Überzieher aus synthetischem Material, welches in den Wintermonaten jedem einen elektrischen Schlag versetzen muss, den die Trägerin berührt. Und die halbhohen, silbernen Schnürschuhe lassen vermuten, dass die beiden Damen sich kurz zuvor an einer «Space Oddity»-Tribute-Fete die Nacht um die Ohren geschlagen haben. Neckisch auch des Hofnarren Halsschmuck, welcher sich farblich der jeweiligen Umgebung anpasst. Solche optischen «Spitzen» sind einmal mehr Margritt Knüsel und Yolanda Thomas zu verdanken, die ein wunderbares Gespür für Details beweisen.

… und mehr ist mehr

Wer Shakespeare-Stücke kennt, weiss, wie essenziell die Betonung jedes Satzes zum Verstehen der alten Sprache ist. Die Mundartbearbeitung dieses recht schwierigen Stückes ist eine Meisterleistung. Andrea Gubler hat mit einer ersten Überarbeitung eine gute Basis geschaffen. Danach feilten Gubler, Mara Gyr und Regiseur Jordi Vilardaga daran herum, bis alles perfekt schien. Die Texte kommen den Schauspielerinnen und Schauspielern so ungezwungen, leicht und verständlich von den Lippen, als hätte Shakespeare selbst Schweizerdeutsch gesprochen und seine Schriften so verfasst.
Einen Löwenanteil an Text hat wohl Mara Gyr zu bewältigen, und schlüpft dabei in Gebaren und Ausdruck anscheinend mühelos in ihrer Doppelrolle hin und her. Narren dürfen bekanntlich alles sagen, und das tut Touchstone (Less Diener) auch: Laut, ohne Punkt und Komma, unverblümt, anrüchig – vermutlich hätte ihm so mancher gern den Mund mit Seife ausgewaschen.
Noch mehr zu verraten wäre schade, liebe Leserschaft. Lassen Sie sich persönlich von dem Theaterstück verzaubern und erheitern.
Auf und hinter der Bühne darf die Theatergruppe auf treue und kompetente Menschen bauen. Sie sorgen alle zwei Jahre für erfrischende, unkonventionelle und eigenwillige Interpretationen auf der Theaterbühne.

«Wie es euch gefällt» wird noch bis zum 12. Juli aufgeführt:
Mittwoch–Freitag, Samstag Dernière
Vorstellung jeweils um 20.00 Uhr
Theaterbeiz ab 18.30 Uhr (Anmeldung erwünscht)
Tickets bei Blickwinkel Optik, www.tgr.ch oder über Tel. 043 844 43 42
Spielort auf dem Hof Blum, Froh Ussicht, Samstagern

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