Richterswil

Fledermäuse stoppen Baumaschinen

Anfang Juni wurde in der Turnhalle des Schulhauses Feld 1 eine Fledermauskolonie mit 85 Tieren entdeckt, welche sich in der Jungenaufzucht befand – mitten im Baubetrieb der «Halle für Alle».

Text & Bild: Reni Bircher

Auf der Westfassade der Turnhalle haben sich Zwergfledermäuse oberhalb der Fenster in der Fassadenblechverkleidung eingenistet und sich der Aufzucht ihrer Jungen gewidmet. Als dies bemerkt wurde, stoppten die Bauarbeiten per sofort, und die Bauherrschaft nahm umgehend Kontakt mit der kantonalen Fachstelle auf, welche vor Ort 85 der kleinen Säugetiere bestätigte. Alle einheimischen Fledermausarten stehen unter Schutz, und die Tiere dürfen während der Aufzuchtzeit vom 1. Mai bis 15. August nicht gestört oder umgesiedelt werden.

Üblicherweise werden Gebäude mit einem registrierten Fledermausstandort vom kantonalen Fledermausschutz im Vorfeld einer Baubewilligung überprüft. Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Meldung eines registrierten Standorts beim Bauherrn. Im vorliegenden Fall wurde das Baugesuch unter dem Titel «Neubau» eingereicht, weshalb keine vorgängige Kontrolle durch den Fledermausschutz erfolgte. Zum Zeitpunkt vom Baustart, respektive der Altlastensanierung, befanden sich allerdings noch keine Fledermäuse vor Ort.
Generell war der Gemeinde zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht bekannt, dass sich an diesem Ort ein registrierter Fledermausstandort befindet. «Inzwischen wissen wir, dass die Fledermäuse in den letzten Jahren schon mehrmals im Gebäude waren, sich jedoch nicht jedes Jahr eingenistet haben», bestätigt die Kommunikationsabteilung der Gemeinde. Der Sachverhalt konnte gemeinsam mit dem kantonalen Fledermausschutz geklärt und mit Blick auf vergleichbare Situationen für die Zukunft besprochen werden. «Die Gemeinde ist nun für dieses Thema sensibilisiert und wird bei zukünftigen Baugesuchen noch sorgfältiger auf entsprechende Hinweise achten.»

Massnahmen für die Zukunft

Ab dem Zeitpunkt der Auffindung der Zwergfledermäuse fanden regelmässige Kontrollen durch die kantonale Fledermausschutzbeauftragte statt. Sie stellte dann fest, dass die Tiere das Quartier im Turnhallengebäude freiwillig verlassen hatten, vermutlich wegen der Hitze und der Sturmböen am Wochenende des 14./15. Juni. Bei der abschliessenden Kontrolle vom 19. Juni mit der Feuerwehr Richterswil und deren Hubretter konnte Entwarnung gegeben werden: Das Quartier war definitiv leer.
Bei den betroffenen Firmen und Behörden war die Erleichterung entsprechend gross, so konnten die Bauarbeiten auf der Grossbaustelle wieder in Angriff genommen werden.
Die Gemeinde hat beschlossen, am Schulhaus Feld 1 vorsorglich zwei Fledermauskästen anzubringen, voraussichtlich noch vor den Sommerferien. Diese wurden bei der Stiftung altra Schaffhausen bestellt, einer sozialen Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung. So bleibt der geschützten Tierart eine Alternative, sollten sich einige entschliessen, sich im Feld niederzulassen.
In einem Nistkasten, welche die Gemeinde geordert hat, finden bis zu 150 Fledermäuse Platz. Beim Bau der neuen «Halle für Alle» wird eine neue Behausung für die Fledermäuse bereits berücksichtigt (integrierte Schlitze). Entscheidend für den Erfolg einer Ansiedlung bzw. Aufzucht der Fledermäuse scheint der mehrschichtige Aufbau und insbesondere die Verkleidung mit Alu- bzw. Kupferblech zu sein: Die optimale Platzierung vorausgesetzt, wärmt sich das Blech bereits bei den ersten Sonnenstrahlen schnell auf, so dass die vorderste Kammer rasch warm wird. Im Tagesverlauf haben die Tiere dann die Möglichkeit, sich in den kühleren hinteren Bereich zurückzuziehen.

Die Zwergfledermaus …
… ist die europaweit weitverbreitetste Fledermausart und gehört zu den kleinsten Säugetierarten.
Sie erreicht eine Körpergrösse von 4,5 cm und eine Flügelspannweite von 25 cm. Dabei wiegt sie gerade mal zwischen 3,5–7 Gramm. Zum Vergleich: das Tierchen wiegt weniger als ein Würfelzucker und ist mit zusammengefalteten Flügeln gerade mal so gross wie eine Streichholzschachtel. (Quelle: Wikipedia)

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