Emil Steinberger ist wohl einer der bekanntesten Schweizer Kabarettisten, auch im nahen Ausland. Am 17. Juli wird er am Openair-Kino im Horn anwesend sein.
Interview: Reni Bircher
Bild: Edition E
Herr Steinberger, Sie touren gerade durch Deutschland und die Schweiz, um Ihren Film «Typisch Emil» vorzustellen. Sie mögen mir die Frage verzeihen, aber: Sie sind 92 Jahre alt – wie schaffen Sie das? Woher kommt diese Energie?
Die Energie kommt daher, dass mir meine Arbeit immer noch Spass macht und dass mir auch mein Publikum immer noch signalisiert, dass sie Freude an meinen Auftritten und an meinem Werk haben.
«Typisch Emil» ist ein Dokumentarportrait von Phil Meyer, Sie wirkten als Co-Autor mit, wie auch Ihre Frau Niccel und der Kameramann Elmar Bossard. Sehen Sie den Film als eine Art Vermächtnis?
Es war nicht das Ziel, einfach ein Dokument als Vermächtnis herzustellen. Wir wollten auf unterhaltsame Weise dieses verrückte Leben erzählen. Aber natürlich wird dieser Film noch viele Jahre aktuell bleiben.
«Typisch Emil» ist gespickt mit Filmschätzen, Höhepunkten Ihrer Karriere. Kam beim Zusammentragen solcher Dokumente Wehmut auf, Stolz, Freude?
Vor allem Freude. Auch wenn wir beim Schneiden bestimmte Szenen oft sahen, konnten wir darüber immer wieder lachen. Das Zusammentragen der Dokumente haben aber vor allem meine Frau Niccel und unser Kameramann, Elmar Bossard, bewerkstelligt. Ich habe mehr aus meinem Kopf heraus Momente aus meinem Leben zusammengetragen.
Ich kann mich sehr gut an die Familienabende erinnern, wenn «Emil» über den TV flimmerte. Das war immer eine Freude.
Wird solch feiner Humor wie der Ihre heutzutage zu wenig betrieben?
So wie ich die Szene beobachte, habe ich das Gefühl, dass die spielerische Art wieder mehr zum Tragen kommt.
Humor kann nicht immer korrekt sein: Dicke machen Dickenwitze, Österreicher Österreicher-Witze, Juden machen Juden-Witze.
Ich möchte behaupten, dass dies eine sozial-gesellschaftliche Errungenschaft ist, welche mit den heute teilweise intoleranten Ansichten einiger Menschen schwer zu vereinbaren ist. Dabei ist diese Art von Toleranz, dieses Sich-nicht-so-ernst-Nehmen, eine der stärksten menschlichen Eigenschaften, die er sich bewahren sollte.Wie denken Sie darüber?
Die ganze Wokeness macht ja bis zu einem gewissen Grad auch Sinn. Ich habe von mir aus immer darauf geachtet, z.B. keine Gags auf Kosten von Schwulen zu machen – was ja sehr einfach, aber auch billig gewesen wäre. Auch die Kirche und das Militär habe ich ausgespart. Leider wurde das mit der Wokeness auf die Spitze getrieben, wodurch es den Menschen verleidet ist. Ich habe aber den Eindruck, dass sich diese Situation wieder etwas normalisiert.
Emil hat ein Faible für den «kleinen Mann», die Figuren stehen sich oftmals selbst im Weg. Sie selbst haben die Ausbildung zum Postbeamten gemacht – unter vielen anderen eine Figur, welche Sie auf der Bühne oft parodierten. Haben Ihre persönlichen Erfahrungen den Figuren Leben eingehaucht?
Ja, hoffentlich. Denn die Figuren leben ja von einem Mix aus meiner Persönlichkeit und den Beobachtungen meiner Umwelt.
Bei allen Schwächen, welche die Figuren aufweisen, werden diese von Ihnen geradezu liebevoll, liebenswürdig dargestellt. Ist Emil Steinberger ein Menschenfreund?
Ich habe auch schon gesagt, ich liebe die Fehler der Menschen, da sie mir ja Material für meine Bühnen-Sketche bieten. Aber es ist nicht allein das. Ich liebe tatsächlich die Menschen.
Neben der Sprachhürde ist das Verständnis für Humor teilweise ja auch eine kulturelle Frage. Warum kommt «Emil» im deutschen – und auch im französischen – Sprachraum an?
Weil es bei meinen Figuren nicht nur um den Deutschschweizer geht, sondern um den Menschen im Allgemeinen. Das beweist sich auch immer wieder, wenn wir Menschen aus China oder Marokko und anderen Ländern begegnen, die ganz grosse Emil-Fans sind.
Sie haben ein Kleinkunsttheater gegründet, ein Kino geleitet und dem Zirkus Roncalli wieder auf die Beine geholfen. Warum sind Ihnen Kulturgüter dieser Art so wichtig?
Stellen Sie sich einfach mal eine Welt ohne Kulturgüter vor, dann werden Sie schnell feststellen, was für eine triste, graue, traurige Welt das wäre, in der wir gar nicht überleben könnten. Ich bin auch der Meinung, man sollte sich in der heutigen Welt, in der es nur noch um Militär und sportliche Grossanlässe geht, noch stärker für die Kultur einsetzen.
Nachdem Sie 1987 «Emil» aufgaben, waren Sie in der Werbung tätig, haben als Sprecher bei Hörspielen mitgemacht, verfassten Zeitungskolumnen und Bücher … Steht der Kopf denn niemals still?
Die Inspirationen kommen ja täglich auf einen zu, vor allem, wenn man so ein neugieriger und kreativer Mensch ist wie ich, der über eine grosse Liebe zum Humor verfügt.
Wurden Ihnen nach Ihrem Entscheid, die Kabarettbühne zu verlassen, Vorwürfe oder Vorhaltungen gemacht deswegen? Haben Sie selbst irgendwann angefangen Ihren Entscheid anzuzweifeln?
Nein, es war der einzig richtige Entscheid. Ich habe das nie angezweifelt. Es wurde höchstens von Presseleuten und Fans in Frage gestellt, ob mir so eine Auszeit erlaubt sein sollte.
Im Film erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer von Ihrem Rückzug nach New York, und wie Sie zusammen mit Ihrer Ehefrau Niccel Steinberger in die Schweiz zurückkehrten. Von Ruhestand ist aber nie die Rede …
Ich sage es ja auch im Film, wir haben noch viele Ideen im Köcher.
Erst kürzlich wurde Ihnen der Ehren-Prix-Walo verliehen, eine der unzähligen Auszeichnungen – nicht nur im Kabarett-Bereich –, welche Sie bereits erhalten haben. Hat das noch eine Bedeutung für Sie?
Jede Anerkennung beweist, dass sich Menschen immer noch mit einer Person auseinandersetzen. Natürlich freue ich mich auch heute noch über solche Preise. Ausserdem hat auch unser Film einen Preis erhalten, nicht nur ich.
Sie arbeiten schon an einem neuen Projekt, ist das korrekt? Können Sie dazu etwas verraten?
Wie man bereits weiss, arbeite ich an meiner Autobiographie. Für den Film musste ich diese Arbeit eine Weile ruhen lassen. Und da immer neue Lebensmomente hinzukommen, muss ich auch immer wieder neue Kapitel anhängen (lacht).
Herr Steinberger, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Freude und Energie bei Ihrem Schaffen.
Emil Steinberger ist wohl einer der bekanntesten Schweizer Kabarettisten, auch im nahen Ausland. Am 17. Juli wird er am Openair-Kino im Horn anwesend sein.
Interview: Reni Bircher
Bild: Edition E
Herr Steinberger, Sie touren gerade durch Deutschland und die Schweiz, um Ihren Film «Typisch Emil» vorzustellen. Sie mögen mir die Frage verzeihen, aber: Sie sind 92 Jahre alt – wie schaffen Sie das? Woher kommt diese Energie?
Die Energie kommt daher, dass mir meine Arbeit immer noch Spass macht und dass mir auch mein Publikum immer noch signalisiert, dass sie Freude an meinen Auftritten und an meinem Werk haben.
«Typisch Emil» ist ein Dokumentarportrait von Phil Meyer, Sie wirkten als Co-Autor mit, wie auch Ihre Frau Niccel und der Kameramann Elmar Bossard. Sehen Sie den Film als eine Art Vermächtnis?
Es war nicht das Ziel, einfach ein Dokument als Vermächtnis herzustellen. Wir wollten auf unterhaltsame Weise dieses verrückte Leben erzählen. Aber natürlich wird dieser Film noch viele Jahre aktuell bleiben.
«Typisch Emil» ist gespickt mit Filmschätzen, Höhepunkten Ihrer Karriere. Kam beim Zusammentragen solcher Dokumente Wehmut auf, Stolz, Freude?
Vor allem Freude. Auch wenn wir beim Schneiden bestimmte Szenen oft sahen, konnten wir darüber immer wieder lachen. Das Zusammentragen der Dokumente haben aber vor allem meine Frau Niccel und unser Kameramann, Elmar Bossard, bewerkstelligt. Ich habe mehr aus meinem Kopf heraus Momente aus meinem Leben zusammengetragen.
Ich kann mich sehr gut an die Familienabende erinnern, wenn «Emil» über den TV flimmerte. Das war immer eine Freude.
Wird solch feiner Humor wie der Ihre heutzutage zu wenig betrieben?
So wie ich die Szene beobachte, habe ich das Gefühl, dass die spielerische Art wieder mehr zum Tragen kommt.
Humor kann nicht immer korrekt sein: Dicke machen Dickenwitze, Österreicher Österreicher-Witze, Juden machen Juden-Witze.
Ich möchte behaupten, dass dies eine sozial-gesellschaftliche Errungenschaft ist, welche mit den heute teilweise intoleranten Ansichten einiger Menschen schwer zu vereinbaren ist. Dabei ist diese Art von Toleranz, dieses Sich-nicht-so-ernst-Nehmen, eine der stärksten menschlichen Eigenschaften, die er sich bewahren sollte.Wie denken Sie darüber?
Die ganze Wokeness macht ja bis zu einem gewissen Grad auch Sinn. Ich habe von mir aus immer darauf geachtet, z.B. keine Gags auf Kosten von Schwulen zu machen – was ja sehr einfach, aber auch billig gewesen wäre. Auch die Kirche und das Militär habe ich ausgespart. Leider wurde das mit der Wokeness auf die Spitze getrieben, wodurch es den Menschen verleidet ist. Ich habe aber den Eindruck, dass sich diese Situation wieder etwas normalisiert.
Emil hat ein Faible für den «kleinen Mann», die Figuren stehen sich oftmals selbst im Weg. Sie selbst haben die Ausbildung zum Postbeamten gemacht – unter vielen anderen eine Figur, welche Sie auf der Bühne oft parodierten. Haben Ihre persönlichen Erfahrungen den Figuren Leben eingehaucht?
Ja, hoffentlich. Denn die Figuren leben ja von einem Mix aus meiner Persönlichkeit und den Beobachtungen meiner Umwelt.
Bei allen Schwächen, welche die Figuren aufweisen, werden diese von Ihnen geradezu liebevoll, liebenswürdig dargestellt. Ist Emil Steinberger ein Menschenfreund?
Ich habe auch schon gesagt, ich liebe die Fehler der Menschen, da sie mir ja Material für meine Bühnen-Sketche bieten. Aber es ist nicht allein das. Ich liebe tatsächlich die Menschen.
Neben der Sprachhürde ist das Verständnis für Humor teilweise ja auch eine kulturelle Frage. Warum kommt «Emil» im deutschen – und auch im französischen – Sprachraum an?
Weil es bei meinen Figuren nicht nur um den Deutschschweizer geht, sondern um den Menschen im Allgemeinen. Das beweist sich auch immer wieder, wenn wir Menschen aus China oder Marokko und anderen Ländern begegnen, die ganz grosse Emil-Fans sind.
Sie haben ein Kleinkunsttheater gegründet, ein Kino geleitet und dem Zirkus Roncalli wieder auf die Beine geholfen. Warum sind Ihnen Kulturgüter dieser Art so wichtig?
Stellen Sie sich einfach mal eine Welt ohne Kulturgüter vor, dann werden Sie schnell feststellen, was für eine triste, graue, traurige Welt das wäre, in der wir gar nicht überleben könnten. Ich bin auch der Meinung, man sollte sich in der heutigen Welt, in der es nur noch um Militär und sportliche Grossanlässe geht, noch stärker für die Kultur einsetzen.
Nachdem Sie 1987 «Emil» aufgaben, waren Sie in der Werbung tätig, haben als Sprecher bei Hörspielen mitgemacht, verfassten Zeitungskolumnen und Bücher … Steht der Kopf denn niemals still?
Die Inspirationen kommen ja täglich auf einen zu, vor allem, wenn man so ein neugieriger und kreativer Mensch ist wie ich, der über eine grosse Liebe zum Humor verfügt.
Wurden Ihnen nach Ihrem Entscheid, die Kabarettbühne zu verlassen, Vorwürfe oder Vorhaltungen gemacht deswegen? Haben Sie selbst irgendwann angefangen Ihren Entscheid anzuzweifeln?
Nein, es war der einzig richtige Entscheid. Ich habe das nie angezweifelt. Es wurde höchstens von Presseleuten und Fans in Frage gestellt, ob mir so eine Auszeit erlaubt sein sollte.
Im Film erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer von Ihrem Rückzug nach New York, und wie Sie zusammen mit Ihrer Ehefrau Niccel Steinberger in die Schweiz zurückkehrten. Von Ruhestand ist aber nie die Rede …
Ich sage es ja auch im Film, wir haben noch viele Ideen im Köcher.
Erst kürzlich wurde Ihnen der Ehren-Prix-Walo verliehen, eine der unzähligen Auszeichnungen – nicht nur im Kabarett-Bereich –, welche Sie bereits erhalten haben. Hat das noch eine Bedeutung für Sie?
Jede Anerkennung beweist, dass sich Menschen immer noch mit einer Person auseinandersetzen. Natürlich freue ich mich auch heute noch über solche Preise. Ausserdem hat auch unser Film einen Preis erhalten, nicht nur ich.
Sie arbeiten schon an einem neuen Projekt, ist das korrekt? Können Sie dazu etwas verraten?
Wie man bereits weiss, arbeite ich an meiner Autobiographie. Für den Film musste ich diese Arbeit eine Weile ruhen lassen. Und da immer neue Lebensmomente hinzukommen, muss ich auch immer wieder neue Kapitel anhängen (lacht).
Herr Steinberger, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Freude und Energie bei Ihrem Schaffen.