2022 zügelte ich nur 57,1 Kilometer weg, aus einer kleinen Wohnung im Dorfkern von Richterswil ins winzige Dörfli Luchsingen im Glarnerland. In mein eigenes Heim; den dreistöckigen Hausteil hatte ich schon seit 2014 besessen. Das glücklich gefundene, jahrhundertealte Vogthaus hatte meinem talentierten Vater und mir die Gelegenheit gegeben, uns mit Umbauten auszutoben. Eine grandiose Abwechslung zu meinem sonstigen Dasein als Historikerin – sonst gebeugt arbeitend über alten Schriften, in staubigen Archiven oder Bibliotheken. Nun halt gebeugt über Plättliarbeiten für neue Badezimmer, beim Verlegen von Holzböden, Aufbauen von Küchenkästen, Einziehen von Elektrokabeln, Isolieren, Tapezieren, Malen, Sägen, Montieren, Bohren usw. … So entwickelte sich das stattliche Holzhaus zu dem, was es nun immer für mich sein wird: My Home, My Castle.
Ich hatte keine unmittelbaren Pläne gehabt, Richterswil zu verlassen, mein Glarner Heimetli sollte ein Ferienort bleiben. Aber mein Vermieter meldete Eigenbedarf an, und die Entscheidung war in Sekunden getroffen: Nun halt Vollzeit im Glarnerland. Es ist ja nicht weit weg, wie gesagt. Es dauert nur eine eineinhalbstündige Zugfahrt bis nach Zürich. Ich erwartete keine allzu grosse Umstellung, ich bin/war als selbstständige Historikerin nicht auf einen Arbeitsplatz im Züribiet angewiesen, und meine Familie und Freundinnen würden mir deswegen nicht verloren gehen.
Der Kulturschock war ein sympathischer: es ist wunderbar still im und ums Haus, die Sterne leuchten unbehindert von menschlichen Lichtern, und die Dorfgemeinschaft ist unkompliziert.
Als Seekind fehlt mir natürlich das Wasser vom Zürichsee – die Linth ist da kein Ersatz; die Berge stehen der Sonne oft im Weg, so dass die Tage kürzer wirken, und sehr oft riecht es nach Gülle. Aber nichts macht mich froher, als nach dem Gewusel der Stadt (ja, «die Stadt», das ist immer nur Zürich – das wird sich für mich nicht ändern; Glarus, die Kantonshauptstadt, hat weniger Einwohnerinnen und Einwohner als Richterswil…) wieder in die sanfte Stille zu kommen, das Heu zu riechen – und ja, auch die Gülle. Keine Menschenmassen, keine «Druggete», keine Hetzerei. Es fühlt sich manchmal so an, als wäre ich in die 1980er Jahre zurückgefallen: Die Kinder baden im Dorfbrunnen, laufen in Skischuhen zum Bahnhof, und alle grüssen sich nicht nur auf der Strasse, sondern auch auf dem Perron.
Und daheim: Gartenarbeiten auf einer grünen/blumigen/gemüsigen/
beerigen Fläche, die den Namen verdient, in der Übergangszeit den Kachelofen anfeuern und im Winter in aller Frühe Schneeschaufeln. Und es soll nicht unerwähnt bleiben, dass uns der Föhn sehr oft herrlichstes Sonnenwetter beschert – derweil Webcams am Zürichsee traurigen Nebel anzeigen …
www.historisch.ch
2022 zügelte ich nur 57,1 Kilometer weg, aus einer kleinen Wohnung im Dorfkern von Richterswil ins winzige Dörfli Luchsingen im Glarnerland. In mein eigenes Heim; den dreistöckigen Hausteil hatte ich schon seit 2014 besessen. Das glücklich gefundene, jahrhundertealte Vogthaus hatte meinem talentierten Vater und mir die Gelegenheit gegeben, uns mit Umbauten auszutoben. Eine grandiose Abwechslung zu meinem sonstigen Dasein als Historikerin – sonst gebeugt arbeitend über alten Schriften, in staubigen Archiven oder Bibliotheken. Nun halt gebeugt über Plättliarbeiten für neue Badezimmer, beim Verlegen von Holzböden, Aufbauen von Küchenkästen, Einziehen von Elektrokabeln, Isolieren, Tapezieren, Malen, Sägen, Montieren, Bohren usw. … So entwickelte sich das stattliche Holzhaus zu dem, was es nun immer für mich sein wird: My Home, My Castle.
Ich hatte keine unmittelbaren Pläne gehabt, Richterswil zu verlassen, mein Glarner Heimetli sollte ein Ferienort bleiben. Aber mein Vermieter meldete Eigenbedarf an, und die Entscheidung war in Sekunden getroffen: Nun halt Vollzeit im Glarnerland. Es ist ja nicht weit weg, wie gesagt. Es dauert nur eine eineinhalbstündige Zugfahrt bis nach Zürich. Ich erwartete keine allzu grosse Umstellung, ich bin/war als selbstständige Historikerin nicht auf einen Arbeitsplatz im Züribiet angewiesen, und meine Familie und Freundinnen würden mir deswegen nicht verloren gehen.
Der Kulturschock war ein sympathischer: es ist wunderbar still im und ums Haus, die Sterne leuchten unbehindert von menschlichen Lichtern, und die Dorfgemeinschaft ist unkompliziert.
Als Seekind fehlt mir natürlich das Wasser vom Zürichsee – die Linth ist da kein Ersatz; die Berge stehen der Sonne oft im Weg, so dass die Tage kürzer wirken, und sehr oft riecht es nach Gülle. Aber nichts macht mich froher, als nach dem Gewusel der Stadt (ja, «die Stadt», das ist immer nur Zürich – das wird sich für mich nicht ändern; Glarus, die Kantonshauptstadt, hat weniger Einwohnerinnen und Einwohner als Richterswil…) wieder in die sanfte Stille zu kommen, das Heu zu riechen – und ja, auch die Gülle. Keine Menschenmassen, keine «Druggete», keine Hetzerei. Es fühlt sich manchmal so an, als wäre ich in die 1980er Jahre zurückgefallen: Die Kinder baden im Dorfbrunnen, laufen in Skischuhen zum Bahnhof, und alle grüssen sich nicht nur auf der Strasse, sondern auch auf dem Perron.
Und daheim: Gartenarbeiten auf einer grünen/blumigen/gemüsigen/
beerigen Fläche, die den Namen verdient, in der Übergangszeit den Kachelofen anfeuern und im Winter in aller Frühe Schneeschaufeln. Und es soll nicht unerwähnt bleiben, dass uns der Föhn sehr oft herrlichstes Sonnenwetter beschert – derweil Webcams am Zürichsee traurigen Nebel anzeigen …
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