Wädenswil

Ein Leben voller Neugier zwischen Labor und Reben im Weinbaumuseum

Im obersten Stock des Weinbaumuseums in der Au wird bis Ende Oktober die umfassende Sonderausstellung «Müller-Thurgau» gezeigt. Ein weiterer Mosaikstein im Rahmen des Dachprojekts ErlebnisMüllerThurgau, den Feierlichkeiten zum 175. Geburtstag von Hermann Müller-Thurgau.

Die Ausstellung beleuchtet das facettenreiche Leben und Wirken des Schweizer Forschers, der nicht nur durch die nach ihm benannte Rebsorte bekannt wurde, sondern auch als Botaniker und Pflanzenphysiologe bedeutende Beiträge leistete. Sie zeigt Müller-Thurgau auch von der privaten Seite und weist auf seine vielfältigen anderen Tätigkeiten hin.
Die spannende Ausstellung betreten Besucherinnen und Besucher durch ein stilisiertes Gewächshaus. Was gleich ins Auge sticht und aussieht wie ein Sportpokal ist ein Ehrenbecher. Müller-Thurgau erhielt ihn zum Abschied aus dem deutschen Geisenheim, bevor er in Wädenswil die «Deutschschweizerische Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau» aufbaute. «Die wollten ihn wirklich nicht gehen lassen», weiss Mariska Beirne, Museumsleiterin und Kuratorin der Sonderausstellung. Doch hier wurde er gebraucht, steckte doch der heimische Obst- und Weinbau in einer grossen Krise: Die neue Eisenbahn brachte günstigen und guten Wein aus Italien und Frankreich, während hier fehlendes Wissen bessere Qualität verhinderte – und da war auch noch die Konkurrenz durch Kunstweinfabriken und Bierbrauereien.

Die Ausstellung ist in fünf Bereiche unterteilt, die wichtig waren für Müller-Thurgau und sein Leben. Da findet sich Privates; man erfährt etwa, dass er Gründungsmitglied der Sektion «Hoher Rohn» des Schweizerischen Alpenclubs war – Alpinismus war damals eine Freizeitbeschäftigung der oberen Gesellschaftsschicht. Müller-Thurgau war aber auch Mitglied im Turnverein.
Ein wesentlicher Teil der Ausstellung ist der Arbeit gewidmet, für die Müller-Thurgau weltberühmt wurde: der Forschung an einer neuen, früh reifenden Rebsorte, die ertragssicher ist und die auch in weniger begünstigten Lagen gute Resultate liefert. Bekanntlich hielt Müller-Thurgau die neue Rebsorte als eine Kreuzung von Riesling und Silvaner, und in offiziellen Schriften fand sich auch nie ein Hinweis, dass Müller-Thurgau an dieser Kreuzung zweifelte. Doch eine handschriftliche Notiz in seinen Aufzeichnungen zeigt, dass er nicht ausschloss, dass sich ein fremder Pollenkern eingefunden haben könnte. Diese Notizbücher von Müller-Thurgau werden in der Ausstellung gezeigt und stammen aus dem Nachlass seines Enkels Robert Fritzsche, der selbst Direktor der Forschungsanstalt war – und wurden vor der Entsorgung in der Mulde bewahrt.
Forschung, insbesondere auch seine Arbeit als «Schweizer Pasteur», und ein Ausblick in die Zukunft sind weitere Bereiche dieser Sonderausstellung. So legte Müller-Thurgau mit seiner Arbeit im Labor die Basis für die industrielle Obstsaftproduktion ohne Alkohol und war Mitbegründer der ersten Fabrik für alkoholfreie Weine. Auch wenn er so viel für die Volksgesundheit leistete – für die Abstinenzbewegung seines Freundes Auguste Forel liess er sich nie einspannen.
Eine weitere Tätigkeit Müller-Thurgaus war jene des Chefredaktors der Zeitschriften «Obst und Wein» sowie «Schweizer Gartenbau». Hier unterhielt er – Jahre vor Dr. Sommer in der berühmten Jugendpostille «Bravo» – einen Fragekasten, wo sich Wein- oder Obstbauern mit Problemen melden konnten. Die Ausstellung zeigt einen kleinen Auszug der gestellten Fragen. «Extrem praxisorientiert», schwärmt Mariska Beirne.
Sie weiss noch so viel mehr über diese Persönlichkeit zu berichten – eine Persönlichkeit, die das damalige Dorf Wädenswil auf die internationale Landkarte setzte. Darum empfiehlt es sich auch unbedingt, eine der Führungen zu besuchen.

Hermann Müller-Thurgau – eine spannende Persönlichkeit, die mit dieser Ausstellung lebendig bleibt.

Eintritt Sonderausstellung
Erwachsene Fr. 10.–, Kinder bis 16 Jahre in Begleitung der Eltern gratis.
Eintritt mit Führung, inkl. 1 Glas Riesling-Silvaner: Mitglieder
Fr. 20.–, Nicht-Mitglieder Fr. 30.–.
Öffnungszeiten: 25. Mai bis 26. Oktober 2025, sonntags 11–17 Uhr (Sommerferien 20.7., 27.7. und 3.8. geschlossen).
Führungen durch die Sonderausstellung: 22. Juni; 6. Juli; 24./31. August; 28. September, 12./26. Oktober, jeweils um 11.30 Uhr.

Weitere Infos und Veranstaltungen: erlebnismuellerthurgau.ch

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