Wädenswil

Sonntagsbraten oder Pizzakurier?

Bereits seit 2017 lädt die Historische Gesellschaft zu einer jährlich wechselnden Ausstellung in die Kulturgarage ein. «Sonntag. Kein Tag wie jeder andere», so der diesjährige Titel. Ein Tag mit Kirchgang, Freizeitaktivitäten und edlem Sonntagsgewand. Das Wesen des «siebten Tages» veränderte sich über die Zeit gewaltig.

Text: Alexia Bischof
Bilder: Stefan Baumgartner

Die beiden Kuratorinnen, Rebekka Stutz und Anna Schneider, wie auch der Präsident der historischen Gesellschaft, Christian Winkler, begrüssten die Gäste zur Vernissage am 23. Januar 2025 im «Sunntigsgwand». Sie hätten perfekt an die schön gedeckte Tafel mit Goldrandgeschirr gepasst. Doch diese Schönheit muss mit Abstand bestaunt werden, den Sonntagsbraten gedanklich vorstellen. Dafür darf sich die Besucherin oder der Besucher auf das alte Sofa setzen und sich eine digitale Zeitreise gönnen. Beobachtet von einer Makrame-Eule, welche anscheinend vom Vorstand extra dafür ersteigert wurde. Passend auch das Fünfzigerjahre-Radio, welches eine tolle Leihgabe ist.
Das alte Himmelbett bestaunt man mittels verschiedenen Texten, welche auf einer wunderbaren Bettdecke eingeblendet werden. Ein richtiges Erlebnis, nebenan eine Ausgabe von Robert Walsers «der Gehülfe», in dem ja bekanntlich die Wädenswiler Sonntage auch eine Rolle spielten.

Die ganze Ausstellung ist lichtdurchbrochen und erscheint einem leichter als in den vorherigen Jahren. Der Inhalt kommt aber keineswegs so leicht daher. Die angeheuerten Aufpasser, welche im 19. Jahrhundert während des sonntäglichen Gottesdienstes im Dorf schauen mussten, ob nicht irgendwo etwas Unlauteres geschieht. Man las etwa von «Gelerm» zweier Kinder in der Chalchtare; ja sogar gewaschen oder gearbeitet wurde während des Morgen-Gottesdienstes: Anna Knabenhans, des Jacob Zürers Frau vom Hangenmoos, hat während der Nachmittagspredigt Obst verkauft. Ja, sogar Kleider durften an diesen heiligen Sonntagen nicht draussen zum Lüften aufgehängt werden. Für uns heute unvorstellbar. Von den Ladenöffnungszeiten ganz zu schweigen. Da trafen die Ladenbesitzer Abmachungen im Restaurant «Frohsinn» im Jahre 1893.
Dem Dokument ist zu entnehmen, dass Zuwiderhandeln 10 Franken Busse gibt, die Hälfte geht an den, der angezeigt hat.

Die beiden Kuratorinnen, welche mehr als ein Dreivierteljahr konzipierten, lasen und die passenden Geschichten und Ausstellungsgegenstände suchten, haben eine spannende Ausstellung realisiert, die interessante Einblicke in sonntägliche Muster, Gewohnheiten und Begebenheiten möglich macht. Dank vielen fleissigen Helferinnen und Helfer kann die sehenswerte Ausstellung bis am 27.04.2025 besucht werden.
Am Sonntag finden Sie hoffentlich Zeit, und es darf – ausstellungsgerecht – kein Tag wie jeder andere sein.

Nehmen Sie auch an den verschiedenen Begleit-Events zur Ausstellung teil. Diese sind unter historische.ch zu finden.

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