Jeden ersten Donnerstag im Monat jammt das Trio in der Fabrikbeiz Wädenswil. Mit Klavier, Bass, Schlagzeug und einem geladenen Gast interpretieren sie Jazzklassiker und bringen damit die zahlreich erschienenen Gäste zum Schwingen.
Text: Ingrid Eva Liedtke
Wenn man den drei Musikern beim Spielen zusieht und zuhört, bricht ihre Leidenschaft auf, wie eine Knospe mit zahlreichen Blütenkammern. Die Konzentration einerseits, ihr Können sowie auch eine grosse Selbstvergessenheit ermöglichen es, dass die einzelnen Improvisationen ineinander übergehen und sich wiederum zu einem Ganzen, einer perfekten Blüte einer Melodie, auffalten, die schon lange existiert.
Jeder Musiker für sich hat sein eigenes Werden und geht seinen individuellen Weg mit der Musik. Alle drei sind ihr leidenschaftlich zugetan.
Tim Bond – Pianist
Tim Bond hat oft mit seinem angeheirateten Onkel Pete «Kubryk» Townsend Musik gemacht. Wegen ihm wollte er Jazz studieren und hat deshalb nach der Matura am Musischen Gymnasium Küsnacht den Vorkurs an der Jazzschule Basel besucht. «Dann wurde mir bewusst», so Tim Bond, «dass ich auch andere Stile auskundschaften möchte. Darum habe ich schliesslich in Zürich studiert, wo Pop- und Jazzstudiengang eng verwoben sind. Momentan bin ich mehrheitlich mit Pop- und HipHop-Artisten unterwegs.»
Eben gerade hat er an den Sport Awards mit Naomi Lareine gespielt.
«Mit ihr werde ich diesen Sommer auch am Arx-en-Ciel in Wädenswil auftreten», fügt er an. Als weitere Musiker, mit denen er viel zusammengearbeitet hat und unterwegs war, nennt er «L Loko und Drini», «Nickless» und «EAZ».
«Ich bin immer mit von der Partie, wenn sie live spielen. Man könnte mich einen ‹Klavierdienstleister› nennen.» Er erklärt das so: «Wenn ich mit diesen verschiedenen Künstlern unterwegs bin, spiele ich deren Songs. Selber komponiere ich auch, aber nicht kommerziell. Ich mag diesen finanziellen Druck dabei nicht. Ich will das vor allem für mich machen.»
Dabei vergisst Tim Bond beinahe zu erwähnen, dass er eine eigene Band hat. Muralim spielt modernen Jazz, Elektronisches, New School Jazz, wie er sagt. Die Band trat 2023 sogar am Jazzfestival Montreux Residency auf.
Wie der Name vermuten lässt, ist Tim Bond der Sohn von Andrew Bond und will sich – man kann es verstehen – nicht auf seine Herkunft reduzieren lassen. Trotzdem war sie prägend, denn in der Familie Bond war Musik immer präsent, sowohl durch seinen Vater als auch seinen Onkel Pete. «Mit Pete habe ich viel gespielt», erinnert sich Tim. «Mit meinem Vater konnte ich viel über Musik sprechen. Ich konnte mir zudem seiner Unterstützung sicher sein, denn mein Vater kennt die Branche und fand es somit nie stossend, dass ich diese Schiene fahren wollte. Ich hatte mit meinem Berufswunsch nie Schwierigkeiten in der Familie. Manchmal spiele ich sogar mit meinem Vater Konzerte.»
Tim Bond möchte seinen musikalischen Bogen mit dem Jazz wieder schliessen: «Ich komme vom Jazz, bin dann auf der kommerziellen Schiene gelandet, spiele aber immer noch gerne Jazz, wie ich das nun in der Fabrikbeiz mit Pete und Lukas tue, auch um mir dieses Genre des traditionellen Jazz zu bewahren.»
Er spielt neben Klavier auch Schlagzeug, und es versteht sich beinahe von selbst, dass Lukas Landis sein Schlagzeuglehrer war.
Lukas Landis – Schlagzeuger
Lukas Landis ist in Wädenswil aufgewachsen. Schon während seiner Lehre als Elektroniker bei Alcatel hat er gemerkt, dass dies nicht sein Beruf ist. So begann der junge Schlagzeuger, der schon seit seinem 10. Lebensjahr spielt, zu unterrichten.
«Ich spielte zuerst Trommel, dann Schlagzeug. In meiner musikalischen Familie spielten alle mehrere Instrumente und alle Arten von Musikgenres. Da unser Vater Präsident der Harmonie Wädenswil und der Jugendmusik war, sind wir mit der Blasmusik gross geworden. Bei uns war es normal, dass es aus jedem Zimmer des Hauses tönte. Ich war im Keller.» Er lacht. «Und sonst war ich immer in irgendeinem Festzelt am Spielen.»
Die Initialzündung habe Willi Knecht, Oberstufenlehrer in der Au, ausgelöst. «Er hatte eine Schülerband und konnte uns die Freude am Musizieren ohne Noten beibringen», erinnert sich Lukas Landis.
Landis hat dann die Jazzschule St. Gallen besucht (damals eine höhere Fachschule).
«Ich habe mit allen möglichen Leuten Musik gemacht, in der Region, in Wädenswil, auch mit Freunden aus dem Studium. Ich habe alles gespielt, ausser Heavy Metal. In den Bierzelten, in denen ich spielte, konnte ich an einem Tag mehr verdienen als in der Lehre in einem Monat! Ich war an Live-Techno-Konzerten dabei, auch an der Streetparade, das war damals ‹in› und aufregend. Während dem Studium versteht man sich als Künstler und will am Puls sein. Man probiert vieles aus, weil man es künstlerisch spannend findet oder weil einen die Menschen, die die Musik machen, interessieren. Für ein Projekt war ich einmal einen ganzen Monat lang in Marokko.»
In der Region ist Lukas Landis auch bekannt als versierter Schlagzeug-Lehrer. Von Anfang an hat er immer unterrichtet; nicht weil er musste, so versichert er, sondern weil er gerne jungen Menschen, die freiwillig zu ihm kommen, etwas beibringe. «Ich kann sie dabei unterstützen, ihr inneres Feuer zu pflegen, sozusagen Holz nachschieben, anregen zu neuen Blickwinkeln – sie fördern. Das finde ich schön.»
Dann gründete er eine Familie, unterrichtete noch mehr. Die Musik, die er mache, habe sich dann verändert, sich gewissen finanziellen Notwendigkeiten angepasst. Galamusik, spielen auf Hochzeiten und Firmenfesten. «Mit Familie ist ein geordnetes und finanziell stabiles Leben wichtig.» Dem stimmt Tim Bond zu, der ebenfalls unterrichtet.
Ein Leben als Musiker
Beide versichern, dass es in der Schweiz möglich ist, als Musiker zu leben, und so kommen wir auf die Unterscheidung von «Musiker» und «Künstler» zu sprechen. Die Beiden erklären diese so: Ein Künstler stehe für seine eigene Musik und spiele somit vor allem seine Songs, bzw. Stücke oder Kompositionen. Der Musiker an und für sich spiele alles und auch zu verschiedenen Gelegenheiten. Er könne engagiert werden als Teil einer Band oder wie schon erwähnt für ein Fest, eine Veranstaltung. Beides könne erfüllend sein.
Tim Bond: «In der Schweiz kann man als Musiker gut leben. Es ist nicht so leicht, an die internationale Spitze zu kommen, weil die Szene hier nicht so gross ist, aber die Gagen sind gut.
Lukas Landis: «Im Ausland fährt man schon mal sehr weit für einen Auftritt mit einer Gage von 200 Euro. In der Schweiz spielt man für 600 Franken und hat nie einen so weiten Weg. Ich persönlich sehe mich als Unterhaltungstechniker, ich will die Menschen mit der Musik unterhalten.»
Tim unterscheidet: «Als Berufsmusiker hat man es nicht so schwer. Als Künstler, der seine Vision vertreten will, ist es schwieriger.»
Lukas: «Als Künstler ist man auch viel Kritik ausgesetzt. Wenn man mit seinem Namen und seiner Idee hinsteht, ist man angreifbarer. Wenn ich mit meiner Partyband, der ‹4elle›, Oldies spiele, wecken wir Erinnerungen, und es ist sozusagen garantiert, dass wir damit viel Freude bereiten können. Emotionen werden geweckt.»
Verschiedene Engagements
Tim Bond findet es interessant viele verschiedene Projekte zu lancieren: «Ich habe letztes Jahr in 20 verschiedenen Projekten mitgemacht.
Lukas: «Natürlich hat das auch mit dem Instrument zu tun, das man spielt. Heutzutage gibt es einige Solokünstler, die gerne viele Musiker um sich versammeln, um ihre Ideen umzusetzen. Es ist toll, verschiedene Engagements zu haben.»
Interpretation und Improvisation
Eine Unterhaltung entspinnt sich weiter zu dem Thema Interpretation und Improvisation, denn an ihren gemeinsamen Jazz-Abenden in der Fabrikbeiz interpretieren sie Jazz-Klassiker. Lukas Landis beschreibt Improvisation mit einem schönen Bild: «Wenn wir eine Melodie spielen, ist das wie eine Nacherzählung. Es ist, als ob man im Rahmen eines Stückes eine neue Geschichte erfindet. Wir kennen uns gut und können aufeinander eingehen. So beeinflusst Tims Improvisation meine. Ein Stück kann man betrachten wie ein Haus, das wir musikalisch erkunden: Wo kann man überall hineingehen? Durch welche Fenster kann man hinausschauen? Kann man über den Zaun klettern? Das Fundament sollte immer beibehalten werden, sodass die Zuhörer nicht die Orientierung verlieren. Dann darf man alles ausloten und kann sogar die Treppe hinunterstolpern.» Er lacht.
In einer Formation sei das Vertrauen, der gegenseitige Respekt, sehr wichtig und bedinge, wie gross der Forscherdrang sich ausdehnen könne. «Man muss sich gut verstehen. Wenn zum Beispiel Pete leise spielt kann ich mich anpassen, sodass man uns beide hört. Ich könnte auch laut spielen, egoistisch, und damit würden die anderen übertönt.» Gegenseitiges Einfühlungsvermögen gewährt jedem seinen Platz.
Pete «Kubryk» Townsend – Bass
Das ist sicher der Moment, den Dritten im Bund vorzustellen, den Bassisten (er kann auch Gitarre spielen!).
Den Werdegang ihres Bandkollegen versuchen Tim Bond und Lukas Landis in dessen Abwesenheit wiederzugeben:
Tim Bond meint: «Er ist ein Vollblutmusiker, einer derer, die jeden Abend spielten, teilweise zwei Gigs. Er hat mit Grössen des Jazz gespielt und war rund 20 Jahre auf Tournee. Sein Studium war die Bühne. Er hat auch weit über die englische Landesgrenze hinweg musiziert. Er hat mit Tim Richards (Spirit Level) gespielt, mit Biréli Lagrène, Ronnie Cuber, Angelo Debarre und vielen anderen. Er ist beim Bassisten von Buena Vista Social Club in die Stunde gegangen.»
Pete Townsend ist verheiratet mit Helene Bond, der Schwester von Andrew, und lebt etwa seit 10 Jahren in der Schweiz.
Lukas: «Er war lange ein Musiker auf Tour. Seit er in der Schweiz ist, unterrichtet auch er viel und ist Familienvater. Nur auf Tournee zu sein, wird mit zunehmendem Alter schwieriger!»
Beide sind sich einig: «Er hat so viel Erfahrung, hat schon so viel erlebt, dass er auch eine grosse Routine hat.» Tim: «Er ist unglaublich solid. Alle stützen sich auf den Bass.» Lukas fügt begeistert hinzu: «Diese grosse Erfahrung, die vielen Stunden auf der Bühne sind mit nichts aufzuwiegen.»
Ein solides Handwerk – und was mehr?
Musik ist, so will man annehmen, mehr als nur solides Handwerk. Welches sind die grossen Gefühle, die sie auslöst? Was bedeutet sie für diese Musiker?
Für Lukas Landis bedeutet Musik «Flow»! «Ich kann total im Moment sein, sodass alles andere ausgeschaltet ist. Wir drei funktionieren dann nur noch als Organismus. Jeder Egoismus ist weg. In der Musik kann ich das besonders einfach erreichen. Alles ist leicht, fliegt, fliesst, was jede Anstrengung aufwiegt. In dieser Gemeinschaft passiert etwas, nur in diesem Raum, in diesem Moment, Magie unter den Spielenden und mit dem Publikum. Ein unglaubliches Wechselspiel.»
Tim: «Da will ich mich anschliessen. Musik bedeutet mir alles. Jede Emotion, die ich erlebe, lasse ich musikalisch raus, Verliebtsein, Trauer, Schmerz, Wut. Auf eine Art archiviere ich so meine Gefühle. Eine Emotion geht in eine bestimmte Musik, und diese erinnert mich dann auch immer an den Zusammenhang. Musik ist Trägerin von Erinnerungen und Emotionen.»
Jazzjam
«Jazzjam» bedeutet zusammenzukommen und spontan zu musizieren. Ohne Proben! Das Interpretieren und Improvisieren schaffe die Möglichkeit, die momentanen individuellen Gefühle einfliessen zu lassen, einen Rahmen, in dem die Egos weg sind. Das sei einerseits sehr ansprechend und vor allem sehr ehrlich.
Musikalische Anliegen
Tim Bond: «Es ist mir ein Anliegen, Musik mit Menschen zu teilen. Es gibt Nischenmusiker und -musikerinnen, die nur ihr Ding durchziehen, was nur wenige verstehen. Das liegt mir nicht so. Es geht nicht um den Applaus, sondern darum, dass die Musik ankommt, dass sie die Menschen erreicht und berührt.»
Lukas Landis: «Mir ist es auch wichtig, dass man die Musik nicht immer so stilistisch trennt. Das Ausspielen der einzelnen Genres gegeneinander führt zu nichts. Die eigentliche Frage ist doch, ob Musik berühren kann. Es ist nicht ihr Anliegen clichiert zu werden. Es ist ihr Zweck Menschen zu berühren. Auch Bach würde heute neue Formen des musikalischen Ausdrucks finden, die künstlerisch hochwertig sind!»
Tim: «Es hat mit Kontrolle und Vorstellung zu tun, dass man eine klare Idee, die man im Kopf hat, auch umsetzen kann.»
Lukas: «Künstler werden oft dadurch inspiriert, was um sie herum passiert, und das kann sie dazu bringen Konventionen zu brechen und neue Visionen zu entwickeln. Dabei können sie scheitern oder nicht. Es ist immer ein Weg der Entwicklung. Ich denke, das gilt für alle grossen Künstlerinnen und Künstler. Es ist ein Reflektieren darüber, was ist und daraus etwas Neues schaffen. Das unterscheidet die Künstler vom Handwerker.»
Fabrikjam
Die Idee zum Fabrikjam in der Fabrikbeiz ist entstanden, weil die drei Musiker immer wieder auf die eine oder andere Art zusammen spielten.
«Irgendwann dachten wir: Warum spielen wir nicht mal alle zusammen für die Leute von hier? So kann man den Einwohnern von Wädenswil zeigen, welche Musiker hier leben und welche Musik sie spielen. Darum laden wir auch oft Gäste zu unserem Jam ein. Es sind immer tolle Musikerinnen und Musiker, und es ist schön, hier eine Plattform zu haben», erklärt Lukas.
Das Trio spielt jeweils am 1. Donnerstag im Monat. Wenn Gäste dazu eingeladen sind, bringen sie die Stücke mit, die gespielt werden. Das nächste und letzte Konzert in diesem Zyklus findet am 6. Februar statt. Gast ist Norma Haller, eine Sängerin aus Wädenswil.
Eine weitere Reihe ist geplant, in der das Trio manchmal alleine und manchmal mit Gast spielt. Infos unter www.gmtparty.ch/aktuell
Fabrikjam, jeweils 20.00 Uhr
6. März: Trio only
3. April: Trio mit Gast Jürg Morgenthaler, Sax und Klarinette
8. Mai: Trio only
5. Juni: Trio mit Gast Joa Fre, E-Gitarre
Jeden ersten Donnerstag im Monat jammt das Trio in der Fabrikbeiz Wädenswil. Mit Klavier, Bass, Schlagzeug und einem geladenen Gast interpretieren sie Jazzklassiker und bringen damit die zahlreich erschienenen Gäste zum Schwingen.
Text: Ingrid Eva Liedtke
Wenn man den drei Musikern beim Spielen zusieht und zuhört, bricht ihre Leidenschaft auf, wie eine Knospe mit zahlreichen Blütenkammern. Die Konzentration einerseits, ihr Können sowie auch eine grosse Selbstvergessenheit ermöglichen es, dass die einzelnen Improvisationen ineinander übergehen und sich wiederum zu einem Ganzen, einer perfekten Blüte einer Melodie, auffalten, die schon lange existiert.
Jeder Musiker für sich hat sein eigenes Werden und geht seinen individuellen Weg mit der Musik. Alle drei sind ihr leidenschaftlich zugetan.
Tim Bond – Pianist
Tim Bond hat oft mit seinem angeheirateten Onkel Pete «Kubryk» Townsend Musik gemacht. Wegen ihm wollte er Jazz studieren und hat deshalb nach der Matura am Musischen Gymnasium Küsnacht den Vorkurs an der Jazzschule Basel besucht. «Dann wurde mir bewusst», so Tim Bond, «dass ich auch andere Stile auskundschaften möchte. Darum habe ich schliesslich in Zürich studiert, wo Pop- und Jazzstudiengang eng verwoben sind. Momentan bin ich mehrheitlich mit Pop- und HipHop-Artisten unterwegs.»
Eben gerade hat er an den Sport Awards mit Naomi Lareine gespielt.
«Mit ihr werde ich diesen Sommer auch am Arx-en-Ciel in Wädenswil auftreten», fügt er an. Als weitere Musiker, mit denen er viel zusammengearbeitet hat und unterwegs war, nennt er «L Loko und Drini», «Nickless» und «EAZ».
«Ich bin immer mit von der Partie, wenn sie live spielen. Man könnte mich einen ‹Klavierdienstleister› nennen.» Er erklärt das so: «Wenn ich mit diesen verschiedenen Künstlern unterwegs bin, spiele ich deren Songs. Selber komponiere ich auch, aber nicht kommerziell. Ich mag diesen finanziellen Druck dabei nicht. Ich will das vor allem für mich machen.»
Dabei vergisst Tim Bond beinahe zu erwähnen, dass er eine eigene Band hat. Muralim spielt modernen Jazz, Elektronisches, New School Jazz, wie er sagt. Die Band trat 2023 sogar am Jazzfestival Montreux Residency auf.
Wie der Name vermuten lässt, ist Tim Bond der Sohn von Andrew Bond und will sich – man kann es verstehen – nicht auf seine Herkunft reduzieren lassen. Trotzdem war sie prägend, denn in der Familie Bond war Musik immer präsent, sowohl durch seinen Vater als auch seinen Onkel Pete. «Mit Pete habe ich viel gespielt», erinnert sich Tim. «Mit meinem Vater konnte ich viel über Musik sprechen. Ich konnte mir zudem seiner Unterstützung sicher sein, denn mein Vater kennt die Branche und fand es somit nie stossend, dass ich diese Schiene fahren wollte. Ich hatte mit meinem Berufswunsch nie Schwierigkeiten in der Familie. Manchmal spiele ich sogar mit meinem Vater Konzerte.»
Tim Bond möchte seinen musikalischen Bogen mit dem Jazz wieder schliessen: «Ich komme vom Jazz, bin dann auf der kommerziellen Schiene gelandet, spiele aber immer noch gerne Jazz, wie ich das nun in der Fabrikbeiz mit Pete und Lukas tue, auch um mir dieses Genre des traditionellen Jazz zu bewahren.»
Er spielt neben Klavier auch Schlagzeug, und es versteht sich beinahe von selbst, dass Lukas Landis sein Schlagzeuglehrer war.
Lukas Landis – Schlagzeuger
Lukas Landis ist in Wädenswil aufgewachsen. Schon während seiner Lehre als Elektroniker bei Alcatel hat er gemerkt, dass dies nicht sein Beruf ist. So begann der junge Schlagzeuger, der schon seit seinem 10. Lebensjahr spielt, zu unterrichten.
«Ich spielte zuerst Trommel, dann Schlagzeug. In meiner musikalischen Familie spielten alle mehrere Instrumente und alle Arten von Musikgenres. Da unser Vater Präsident der Harmonie Wädenswil und der Jugendmusik war, sind wir mit der Blasmusik gross geworden. Bei uns war es normal, dass es aus jedem Zimmer des Hauses tönte. Ich war im Keller.» Er lacht. «Und sonst war ich immer in irgendeinem Festzelt am Spielen.»
Die Initialzündung habe Willi Knecht, Oberstufenlehrer in der Au, ausgelöst. «Er hatte eine Schülerband und konnte uns die Freude am Musizieren ohne Noten beibringen», erinnert sich Lukas Landis.
Landis hat dann die Jazzschule St. Gallen besucht (damals eine höhere Fachschule).
«Ich habe mit allen möglichen Leuten Musik gemacht, in der Region, in Wädenswil, auch mit Freunden aus dem Studium. Ich habe alles gespielt, ausser Heavy Metal. In den Bierzelten, in denen ich spielte, konnte ich an einem Tag mehr verdienen als in der Lehre in einem Monat! Ich war an Live-Techno-Konzerten dabei, auch an der Streetparade, das war damals ‹in› und aufregend. Während dem Studium versteht man sich als Künstler und will am Puls sein. Man probiert vieles aus, weil man es künstlerisch spannend findet oder weil einen die Menschen, die die Musik machen, interessieren. Für ein Projekt war ich einmal einen ganzen Monat lang in Marokko.»
In der Region ist Lukas Landis auch bekannt als versierter Schlagzeug-Lehrer. Von Anfang an hat er immer unterrichtet; nicht weil er musste, so versichert er, sondern weil er gerne jungen Menschen, die freiwillig zu ihm kommen, etwas beibringe. «Ich kann sie dabei unterstützen, ihr inneres Feuer zu pflegen, sozusagen Holz nachschieben, anregen zu neuen Blickwinkeln – sie fördern. Das finde ich schön.»
Dann gründete er eine Familie, unterrichtete noch mehr. Die Musik, die er mache, habe sich dann verändert, sich gewissen finanziellen Notwendigkeiten angepasst. Galamusik, spielen auf Hochzeiten und Firmenfesten. «Mit Familie ist ein geordnetes und finanziell stabiles Leben wichtig.» Dem stimmt Tim Bond zu, der ebenfalls unterrichtet.
Ein Leben als Musiker
Beide versichern, dass es in der Schweiz möglich ist, als Musiker zu leben, und so kommen wir auf die Unterscheidung von «Musiker» und «Künstler» zu sprechen. Die Beiden erklären diese so: Ein Künstler stehe für seine eigene Musik und spiele somit vor allem seine Songs, bzw. Stücke oder Kompositionen. Der Musiker an und für sich spiele alles und auch zu verschiedenen Gelegenheiten. Er könne engagiert werden als Teil einer Band oder wie schon erwähnt für ein Fest, eine Veranstaltung. Beides könne erfüllend sein.
Tim Bond: «In der Schweiz kann man als Musiker gut leben. Es ist nicht so leicht, an die internationale Spitze zu kommen, weil die Szene hier nicht so gross ist, aber die Gagen sind gut.
Lukas Landis: «Im Ausland fährt man schon mal sehr weit für einen Auftritt mit einer Gage von 200 Euro. In der Schweiz spielt man für 600 Franken und hat nie einen so weiten Weg. Ich persönlich sehe mich als Unterhaltungstechniker, ich will die Menschen mit der Musik unterhalten.»
Tim unterscheidet: «Als Berufsmusiker hat man es nicht so schwer. Als Künstler, der seine Vision vertreten will, ist es schwieriger.»
Lukas: «Als Künstler ist man auch viel Kritik ausgesetzt. Wenn man mit seinem Namen und seiner Idee hinsteht, ist man angreifbarer. Wenn ich mit meiner Partyband, der ‹4elle›, Oldies spiele, wecken wir Erinnerungen, und es ist sozusagen garantiert, dass wir damit viel Freude bereiten können. Emotionen werden geweckt.»
Verschiedene Engagements
Tim Bond findet es interessant viele verschiedene Projekte zu lancieren: «Ich habe letztes Jahr in 20 verschiedenen Projekten mitgemacht.
Lukas: «Natürlich hat das auch mit dem Instrument zu tun, das man spielt. Heutzutage gibt es einige Solokünstler, die gerne viele Musiker um sich versammeln, um ihre Ideen umzusetzen. Es ist toll, verschiedene Engagements zu haben.»
Interpretation und Improvisation
Eine Unterhaltung entspinnt sich weiter zu dem Thema Interpretation und Improvisation, denn an ihren gemeinsamen Jazz-Abenden in der Fabrikbeiz interpretieren sie Jazz-Klassiker. Lukas Landis beschreibt Improvisation mit einem schönen Bild: «Wenn wir eine Melodie spielen, ist das wie eine Nacherzählung. Es ist, als ob man im Rahmen eines Stückes eine neue Geschichte erfindet. Wir kennen uns gut und können aufeinander eingehen. So beeinflusst Tims Improvisation meine. Ein Stück kann man betrachten wie ein Haus, das wir musikalisch erkunden: Wo kann man überall hineingehen? Durch welche Fenster kann man hinausschauen? Kann man über den Zaun klettern? Das Fundament sollte immer beibehalten werden, sodass die Zuhörer nicht die Orientierung verlieren. Dann darf man alles ausloten und kann sogar die Treppe hinunterstolpern.» Er lacht.
In einer Formation sei das Vertrauen, der gegenseitige Respekt, sehr wichtig und bedinge, wie gross der Forscherdrang sich ausdehnen könne. «Man muss sich gut verstehen. Wenn zum Beispiel Pete leise spielt kann ich mich anpassen, sodass man uns beide hört. Ich könnte auch laut spielen, egoistisch, und damit würden die anderen übertönt.» Gegenseitiges Einfühlungsvermögen gewährt jedem seinen Platz.
Pete «Kubryk» Townsend – Bass
Das ist sicher der Moment, den Dritten im Bund vorzustellen, den Bassisten (er kann auch Gitarre spielen!).
Den Werdegang ihres Bandkollegen versuchen Tim Bond und Lukas Landis in dessen Abwesenheit wiederzugeben:
Tim Bond meint: «Er ist ein Vollblutmusiker, einer derer, die jeden Abend spielten, teilweise zwei Gigs. Er hat mit Grössen des Jazz gespielt und war rund 20 Jahre auf Tournee. Sein Studium war die Bühne. Er hat auch weit über die englische Landesgrenze hinweg musiziert. Er hat mit Tim Richards (Spirit Level) gespielt, mit Biréli Lagrène, Ronnie Cuber, Angelo Debarre und vielen anderen. Er ist beim Bassisten von Buena Vista Social Club in die Stunde gegangen.»
Pete Townsend ist verheiratet mit Helene Bond, der Schwester von Andrew, und lebt etwa seit 10 Jahren in der Schweiz.
Lukas: «Er war lange ein Musiker auf Tour. Seit er in der Schweiz ist, unterrichtet auch er viel und ist Familienvater. Nur auf Tournee zu sein, wird mit zunehmendem Alter schwieriger!»
Beide sind sich einig: «Er hat so viel Erfahrung, hat schon so viel erlebt, dass er auch eine grosse Routine hat.» Tim: «Er ist unglaublich solid. Alle stützen sich auf den Bass.» Lukas fügt begeistert hinzu: «Diese grosse Erfahrung, die vielen Stunden auf der Bühne sind mit nichts aufzuwiegen.»
Ein solides Handwerk – und was mehr?
Musik ist, so will man annehmen, mehr als nur solides Handwerk. Welches sind die grossen Gefühle, die sie auslöst? Was bedeutet sie für diese Musiker?
Für Lukas Landis bedeutet Musik «Flow»! «Ich kann total im Moment sein, sodass alles andere ausgeschaltet ist. Wir drei funktionieren dann nur noch als Organismus. Jeder Egoismus ist weg. In der Musik kann ich das besonders einfach erreichen. Alles ist leicht, fliegt, fliesst, was jede Anstrengung aufwiegt. In dieser Gemeinschaft passiert etwas, nur in diesem Raum, in diesem Moment, Magie unter den Spielenden und mit dem Publikum. Ein unglaubliches Wechselspiel.»
Tim: «Da will ich mich anschliessen. Musik bedeutet mir alles. Jede Emotion, die ich erlebe, lasse ich musikalisch raus, Verliebtsein, Trauer, Schmerz, Wut. Auf eine Art archiviere ich so meine Gefühle. Eine Emotion geht in eine bestimmte Musik, und diese erinnert mich dann auch immer an den Zusammenhang. Musik ist Trägerin von Erinnerungen und Emotionen.»
Jazzjam
«Jazzjam» bedeutet zusammenzukommen und spontan zu musizieren. Ohne Proben! Das Interpretieren und Improvisieren schaffe die Möglichkeit, die momentanen individuellen Gefühle einfliessen zu lassen, einen Rahmen, in dem die Egos weg sind. Das sei einerseits sehr ansprechend und vor allem sehr ehrlich.
Musikalische Anliegen
Tim Bond: «Es ist mir ein Anliegen, Musik mit Menschen zu teilen. Es gibt Nischenmusiker und -musikerinnen, die nur ihr Ding durchziehen, was nur wenige verstehen. Das liegt mir nicht so. Es geht nicht um den Applaus, sondern darum, dass die Musik ankommt, dass sie die Menschen erreicht und berührt.»
Lukas Landis: «Mir ist es auch wichtig, dass man die Musik nicht immer so stilistisch trennt. Das Ausspielen der einzelnen Genres gegeneinander führt zu nichts. Die eigentliche Frage ist doch, ob Musik berühren kann. Es ist nicht ihr Anliegen clichiert zu werden. Es ist ihr Zweck Menschen zu berühren. Auch Bach würde heute neue Formen des musikalischen Ausdrucks finden, die künstlerisch hochwertig sind!»
Tim: «Es hat mit Kontrolle und Vorstellung zu tun, dass man eine klare Idee, die man im Kopf hat, auch umsetzen kann.»
Lukas: «Künstler werden oft dadurch inspiriert, was um sie herum passiert, und das kann sie dazu bringen Konventionen zu brechen und neue Visionen zu entwickeln. Dabei können sie scheitern oder nicht. Es ist immer ein Weg der Entwicklung. Ich denke, das gilt für alle grossen Künstlerinnen und Künstler. Es ist ein Reflektieren darüber, was ist und daraus etwas Neues schaffen. Das unterscheidet die Künstler vom Handwerker.»
Fabrikjam
Die Idee zum Fabrikjam in der Fabrikbeiz ist entstanden, weil die drei Musiker immer wieder auf die eine oder andere Art zusammen spielten.
«Irgendwann dachten wir: Warum spielen wir nicht mal alle zusammen für die Leute von hier? So kann man den Einwohnern von Wädenswil zeigen, welche Musiker hier leben und welche Musik sie spielen. Darum laden wir auch oft Gäste zu unserem Jam ein. Es sind immer tolle Musikerinnen und Musiker, und es ist schön, hier eine Plattform zu haben», erklärt Lukas.
Das Trio spielt jeweils am 1. Donnerstag im Monat. Wenn Gäste dazu eingeladen sind, bringen sie die Stücke mit, die gespielt werden. Das nächste und letzte Konzert in diesem Zyklus findet am 6. Februar statt. Gast ist Norma Haller, eine Sängerin aus Wädenswil.
Eine weitere Reihe ist geplant, in der das Trio manchmal alleine und manchmal mit Gast spielt. Infos unter www.gmtparty.ch/aktuell
Fabrikjam, jeweils 20.00 Uhr
6. März: Trio only
3. April: Trio mit Gast Jürg Morgenthaler, Sax und Klarinette
8. Mai: Trio only
5. Juni: Trio mit Gast Joa Fre, E-Gitarre